Fachhochschule NTA Prof

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Fachhochschule NTA Prof. Dr. Grübler gGmbH Isny
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Teil 2 – Differentialrechnung
Timo MEYER
Wintersemester 2005 / 2006
Empfohlene Literatur
 PAPULA, L., Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Bd. 1, Vieweg 102001
ISBN 3-528-94236-3

PAPULA, L., Mathematische Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Vieweg 82003
ISBN 3-528-74442-1
Ergänzende Literatur
 GOTTWALD, S. (Hrsg.), Meyers Kleine Enzyklopädie Mathematik, Meyers Lexikonverlag 141995
ISBN 3-411-07771-9

HAGGARTY, R., Diskrete Mathematik für Informatiker, Addison-Wesley 62004


KUSCH, L. u.a., Mathematik für Schule und Beruf. Teil 3 Differentialrechnung, Girardet 1964
Kusch, L. u.a., Mathematik für Schule und Beruf. Teil 4 Integralrechnung, Girardet 1967
ISBN 3-8273-7095-7
Links





Abiturhilfe Mathematik
Hilfen, Unterrichtsmaterial für Mathe
Mathematische Einzelthemen
Online-Lexikon Mathematik
Shareware Programm „MatheAss“
http://www.emath.de
http://www.joerg-rudolf.lehrer.belwue.de/
http://www.mathe-online.at/links/index.html
http://mo.mathematik.uni-stuttgart.de/lexikon/alle.html
http://www.matheass.de/matheass_de/download.htm
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Inhaltsverzeichnis
Einleitung .................................................................................................................... 03
TEIL 2:
Differentialrechnung
1
Abbildungsbegriff und Funktionenbegriff .............................................. 05
1.1
1.2
Abbildungsbegriff ........................................................................................ 05
Funktionenbegriff ........................................................................................ 05
2
Darstellungsformen einer Funktion ........................................................ 06
2.1
2.2
2.3
Analytische Darstellung .............................................................................. 06
Darstellung durch eine Wertetabelle ........................................................... 06
Parameterdarstellung einer Funktion .......................................................... 06
3
Allgemeine Funktionseigenschaften ...................................................... 07
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
Nullstellen ...................................................................................................
Symmetrieverhalten ....................................................................................
Monotonie und Beschränktheit ...................................................................
Periodizität und Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen ........................
Umkehrfunktion (inverse Funktion) .............................................................
4
Grenzwert und Stetigkeit einer Funktion ................................................ 14
4.1
4.2
4.2.1
4.2.2
4.2.3
4.3
Reelle Zahlenfolgen und ihr Grenzwert ......................................................
Grenzwert einer Funktion ...........................................................................
Für x  x0, an der Stelle x0 ....................................................................
Grenzwert einer Funktion für x    .................................................
Unbestimmte Ausdrücke .......................................................................
Stetigkeit einer Funktion .............................................................................
5
Rationale Funktionen ............................................................................... 24
5.1
5.1.1
5.1.2
5.2
5.2.1
5.2.2
Ganze rationale Funktionen ........................................................................
Eigenschaften ........................................................................................
Nullstellen einer Polynomfunktion f(x) und Horner-Schema ..................
Gebrochene rationale Funktionen ...............................................................
Partialbruchzerlegung gebrochenrationaler Funktionen ........................
Asymptote einer gebrochenrationalen Funktion ....................................
6
Kurzeinführung Arkusfunktionen ............................................................ 33
6.1
6.2
Ableitungsformeln von Arkusfunktionen ...................................................... 33
Tabellenübersicht der Eigenschaften von Arkusfunktionen ........................ 34
2
07
08
10
11
12
14
16
16
18
20
22
24
25
25
27
28
32
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Einleitung
Das Wort „Mathematik“1 stammt aus der griechischen Sprache und bedeutet die Lehre
von den Zahlen und Raumgrößen. Unser heutiges Informationszeitalter wäre ohne die
Mathematik nicht denkbar, deshalb ist sie die Grundlage für alle technischen Berufe. Die
Elemente der Mathematik sind also die Zahlen- und Raumgrößen. Die Lehre von den
Zahlengrößen (Arithmetik) teilt sich in folgende mathematische Disziplinen auf:
1.
2.
3.
Das Rechnen mit Ziffern (1; 2; 3; 4; …)
Das Rechnen mit Buchstaben (a; b; c; …)
Das Auflösen von Gleichungen (Algebra)
Die Lehre der Raumgrößen (Geometrie) teilt sich auf in:
1.
2.
Die Lehre von den Flächen (Planimetrie)
Die Lehre von den Körpern (Stereometrie)
Die Trigonometrie verbindet Raum- und Zahlengrößen. Sie setzt Zahlen mit Winkeln und
Strecken in Verbindung.
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich immer mehr Spezialgebiete aus den
bestehenden Teilgebieten, die sehr komplex mit einander verbunden sind.
Gegen Ende des 18. Jahrhundert legten die Mathematiker Gottfried Wilhelm L EIBNITZ2 und
Isaac NEWTON3 unabhängig von einander die Grundlage für ein neues Teilgebiet der
Arithmetik, welche versucht räumliche Beziehungen rechnerisch zu erfassen. Die
Erfassung geschieht durch Gleichungen und Funktionen, insbesondere deren Wachstum,
Krümmung, dem Verhalten im Unendlichen und der Flächeninhalte unter den
Funktionskurven.
Die Lehre der Funktionsuntersuchungen (Analysis) beschäftigt sich intensiv mit
1.
2.
Grenzwerten von Folgen und Reihen
Funktionen von reellen Zahlen, deren Stetigkeit, Differenzierbarkeit und
Integration
Im 19. Jahrhundert beschäftige sich der Mathematiker Johann Carl Fredrich G AUß4 u.a. mit
der Vermessung von gekrümmten Flächen und Räumen. Gauß als Landvermesser und
Kartograph für das Königreich Hannover tätig. Später wurde er auch Professor an der
1
2
3
4
Alt-Griech: Adj. μαθηματικός (mathematikos) – „zum Lernen gehörig“; abgeleitet von dem Verb μανθάνω
(manthano) – „lernen“.
Gottfried W. LEIBNITZ (* 01.07.1646 in Leipzig; + 14.11.1716 in Hannover) war ein deutscher Philosoph
und Naturwissenschaftler, Mathematiker, Diplomat, Doktor beider Rechte und galt als Universalgelehrter
seiner Zeit.
Sir Isaac NEWTON (* 04.01.1643 in Lincolnshire; + 31.03.1727 in London) war ein englischer Physiker,
Mathematiker, Astronom, Alchemist und Philosoph. Newton gehört auch zu den Begründern der
Differentialrechnung (einem Teilgebiet der Infitesimalrechnung), die er fast zeitgleich mit Leibnitz, aber
unabhängig von ihm, entwickelte.
Johann Carl Friedrich GAUß (* 30.04.1777 in Braunschweig; + 23.02.1855 in Göttingen) war ein
deutscher Mathematiker, Astronom und Physiker mit einem breit gefächerten Feld an Interessen. Er wird
als einer der wichtigsten Mathematiker angesehen und als „Fürst der Mathematik“ oder „princeps
mathematicorum“ bezeichnet.
3
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Universität in Göttingen. Einer seiner Studenten war auch der bekannte deutsche
Mathematiker Bernd RIEMANN, nachdem eine Methode zur Bestimmung des
Flächeninhalts zwischen der x-Achse und einer beschränkten Funktion f(x) innerhalb eines
Intervalls benannt wurde (Riemann’sches Integral).
Gauß ist auch der Stifter und Namensgeber der Gaußschen Zahlenebene, die wie das
bekannte kartesische5 Koordinatensystem6 aufgebaut ist. In der Gaußschen Zahlenebene
(Koordinatensystem) werden auf der x-Achse die reellen Zahlen, auf der y-Achse die
imaginären Zahlen und in den vier Quadranten die komplexen Zahlen dargestellt.
Nach der Gaußschen Darstellung sind alle komplexen Zahlen Punkte einer Ebene. Eine
reelle Zahl entsteht, wenn der imaginäre Teil der komplexen Zahlen gleich Null ist. Bei den
imaginären Zahlen ist der reelle Teil der komplexen Zahl gleich Null. Folgende
schematische Übersicht gibt einen ersten Überblick über das gesamte Zahlensystem.
Schematische Übersicht über die Zahlen7
Zahlen
Komplexe Zahlen
1 + 2i;
1+
3 – i;
i
Imaginäre
Zahlen
(Realteil = 0)
Reelle Zahlen
(Imaginärteil = 0)
3;
3
;–
2
2; ;
i; – 5i;
1 ;  i
–e
Rationale
Zahlen
Ganze Zahlen
Brüche
1; 12; – 5; – 21
2
5 1
;– ;
7
4 3
1
;
2
Irrationale
Algebraische
irrat. Zahlen
2 ; 13
Zahlen
Transzendent
irrat. Zahlen
 ; e; sin 30°
Dieses Skript gibt eine Einführung in die Grundlagen der Funktionenlehre und
Differentation sowie Integration. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit des
behandelten Vorlesungsstoffes erhoben.
5
6
7
Das kartesische Koordinatensystem ist nach dem französischen Philosophen und Mathematiker René
DESCARTES (1596-1650) benannt. Sein rationalistisches Denken prägte auch die nach ihm benannte
philosophische Schule Cartesianismus.
Neben dem rechtwinkligen (kartesischen) Koordinatensystem kann man zur Festlegung eines Punktes in
einer Ebene das Polarkoordinatensystem benutzen, welche auch als Kugelkoordinaten bezeichnet
werden. Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 158-163.
Vgl. KUSCH. Differentialrechnung. 11.
4
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Teil 1: Funktionenlehre
1
Abbildungsbegriff und Funktionenbegriff
Funktionen dienen zur
 Darstellung und
 Beschreibung
von
 Zusammenhängen und
 Abhängigkeiten
zwischen
 zwei physikalisch-technischen Messgrößen
1.1
Abbildungsbegriff
Jedem Element x aus der Menge X wird durch eine vorgegebene
ABBILDUNGSVORSCHRIFT f ein Element y aus der Menge Y zugeordnet.
Es entsteht dabei eine Menge der geordneten Wertepaare (x,y) mit x  X und y  Y.
Diese Menge der Wertepaar (x,y) bezeichnet man als:
ABBILDUNGSVORSCHRIFT DER MENGE X AUF DIE MENGE Y
1.2
Funktionsbegriff
Unter einer FUNKTION versteht man eine ABBILDUNGSVORSCHRIFT, die jedem
Element x aus der Menge D genau ein Element y aus der Menge W zuordnet y = f(x) wobei
x:
y:
D:
W:
unabhängig Variable, Argument
abhängige Variable, Funktionswert
Definitionsbereich der Funktion
Wertebereich der Funktion
Beispiel zum Verständnis des Funktionsbegriffes und des Definitionsbereiches:
y = lg(–x) –
1
x5
–x>0

x+5  0
x<0

x  –5
x ,0\ 5

oder x ,55,0
5
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
2
Darstellungsformen einer Funktion
2.1
Analytische Darstellung
WS 2005 / 2006
Die Zuordnungsvorschrift ist in Form einer Gleichung gegeben.
Y f x
Explizite Darstellung (für y direkt)
Fx; y0 Implizite Darstellung (für y indirekt)
Beispiel:
y x2 ; y sin x
Fx; yln y x2 0
Fx; yxy 2 0
explizite Darstellung:
implizite Darstellung:
2.2
Darstellung durch eine Wertetabelle
y x2
x
y
2.3
3
9
2
4
1 0
1
0
+1
1
+2
4
+3
9
Parameterdarstellung einer Funktion
Abläufe8, die sich mit der Zeit t verändern, d.h. Funktionen der Zeit (t – Hilfsvariable)
x = x(t),
8
y(t)
t1 t t2
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 140-141.
6
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
3
Allgemeine Funktionseigenschaften
3.1
Nullstellen
WS 2005 / 2006
Eine Funktion f(x) besitzt in x0 eine NULLSTELLE, wenn f(x0) = 0
Beispiel:
y = x² – 2x + 1
besitzt in x1/2 = 1 eine doppelte Nullstelle
Die Suche nach den Nullstellen9 einer Funktion f(x) entspricht der Lösung einer
Gleichung f(x) = 0
Man erhält die Nullstellen der Funktion, indem man y=0 setzt und die entsprechenden
Werte für x (Nullstellen) ausrechnet mit folgender Formel bei quadratischen Gleichungen:
„Mitternachtsformel“
x1/2 =
9
b 
„PQ-Formel“
b 2  4ac
2a
x1/2 = –
p

2
p
( )2  q
2
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 141 und 188: „Eine Polynomfunktion
n-ten Grades besitzt höchstens n (reelle) Nullstellen“.
7
T. Meyer
3.2
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Symmetrieverhalten
Es gibt zwei Symmetriearten10
 Spiegelsymmetrie11
 Punktsymmetrie12
Def.: Eine spiegelsymmetrische Funktion zur y-Achse
ist auch eine gerade Funktion f(x)
denn für jedes x D wird folgende Bedingung erfüllt:
f(x) = f(x)
Jede Potenzfunktion y = xn mit geradem Exponenten
(y = x², y = x4, y = x6, …)
ist eine spiegelsymmetrische Funktion.
10
11
12
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 142-144.
Eine andere Bezeichnung für Spiegelsymmetrie ist Achsensymmetrie, adj. axialsymmmetrisch.
Eine andere Bezeichnung für Punktsymmetrie ist Zentralsymmetrie, adj, zentralsymmetrisch.
8
T. Meyer
Def.:
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Eine punktsymmetrische Funktion zum Koordinatenursprung
ist eine ungerade Funktion, wenn
f(x) =  f(x)
punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung
Jede Potenzfunktion y = xn mit ungeradem Exponenten
(y = x³, y = x5, y = x7, …)
ist eine punktsymmetrische Funktion.
9
T. Meyer
3.3
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Monotonie und Beschränktheit
x1 und x2 sind zwei beliebige Werte aus dem Definitionsbereich D einer Funktion y = f(x).




x1 , x2
x1 , x2
x1 , x2
x1 , x2




D
D
D
D
und
und
und
und
f (x1)  f (x2)  monoton wachsend13
f (x1)  f (x2)  monoton fallend
f (x1) < f (x2)  streng monoton wachsend
f (x1) > f (x2)  streng monoton fallend
streng monoton wachsend
streng monoton fallend
13
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 144.
10
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Beschränktheit einer Funktion
Eine Funktion heißt beschränkt14, wenn ihr Wertebereich W nach oben und nach unten
begrenzt ist, z.B. ein Intervall. Sie heißt nach oben bzw. nach unten beschränkt, wenn W
nach oben bzw. nach unten beschränkt ist.
Beispiel:
3.4
y = x3 + 3x,
y = x2 -2,
y = 3 x ,
D = R und W = R
D = R und W = ( – 2, +  )
D = ( –  , 3) und W = (0, +  )
Periodizität15 und Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
Wenn x, x + p  D und f(x + p) = f(x) dann ist f(x) periodisch mit p
14
15
Vgl. GOTTWALD. Meyers Enzyklopädie Mathematik. 119.
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 147.
11
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
= 180° ; 2= 360° ; 3= 540° ; 4= 720°
y = sin x , mit p = 2  da sin (x + 2  ) = sin x
y = sin x, y = cos x, y = tan x, y = cot x
Schnittpunkte16 einer Funktion
Mit der y-Achse gilt x = 0. ; Mit der x-Achse gilt y = 0.
3.5
Umkehrfunktion17 (inverse Funktion)
Man löst zuerst die Funktionsgleichung y = f(x) nach der Variablen x auf und erhält so die
nach der Variablen x aufgelösten Form g(y).
y = f(x)  x = g(y)
Durch formales Vertauschen der beiden Variablen
xy
gewinnt man schließlich die Umkehrfunktion.
F-1 = y = g(x)
16
17
In manchen Mathebüchern werden die Schnittpunkte auch als Schnittstellen bezeichnet.
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 148-152.
12
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Beispiel:
y = f(x)  y =
x = g(y) =
y–2=
y=
1
x2
WS 2005 / 2006
| Stammfunktion
1
y2
| Variablen x und y vertauschen
1
x
| D = R \ {0}
1
+2
x
| Umkehrfunktion
Nicht jede Funktion ist jedoch umkehrbar, sie ist dann umkehrbar, wenn aus:
x1  x2
f(x1)  f(x2)
stets
folgt.
y = x² ist im Intervall –  < x < +  nicht umkehrbar, da
x1  x2  f(x1)  f(x2)
1. Streng monoton wachsende oder fallende Funktionen sind stets
umkehrbar.
2. Bei der Umkehrung einer Funktion werden der Definitionsbereich D und
der Wertebereich W miteinander vertauscht.
3. Die Umkehrfunktion erhält man durch Spiegelung der Funktion an der
Geraden y = x.
13
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
4
Grenzwert und Stetigkeit einer Funktion
4.1
Reelle Zahlenfolgen und ihr Grenzwert
WS 2005 / 2006
Def.: Unter einer reellen Zahlenfolge versteht man eine geordnete
Menge reeller Zahlen.
An = a1, a2, a3, …, an, an+1, … (n N)
a1, a2, …, sind Glieder der Folge, an ist das n-te Glied der Folge
{an} = 1, 3, 5, 7, 9, 11, …
1
2
1
3
1
4
1
5
an    …
{an} = -1, 1, -1, 1, …
Eine Zahlenfolge kann als diskrete Folge18 aufgefasst werden, die jedem n  N genau
eine Zahl an  R zuordnet.
N  N , an = f(n)
Beispiel:
1
1
1
,– ,– ,…
2
4
6
1)
an = –
2)
an = 13, 23, 33, …
3)
an = 0,
1 2 3
, , ,…
2 3 4
1
2n

an = –

an = n3

an = 1 –
nN
|n N
1
n
|n N
Darstellung einer Zahlenfolge
Die Glieder einer Zahlenfolge lassen sich durch Punkte auf einer Zahlengerade darstellen.
Beispiel:
18
an = 1 –
1
1 2 3
= 0, , , , …
n
2 3 4
Die „diskrete Mathematik“ als Zweig der Mathematik befasst sich mit mathematischen Strukturen, die
abzählbar oder endlich sind. Im Gegensatz zu anderen Gebieten wie der Analysis, die sich mit
kontinuierlichen Strukturen beschäftigt. Der Begriff „diskret“ kann durch den Begriff „eckig“ verdeutlicht
werden.
14
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
1
2
0
15
2
3
WS 2005 / 2006
3
4
1
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Schlussfolgernd aus der Zahlenfolge an = 1 –
WS 2005 / 2006
1
stellt man fest, dass sie einem exakt
n
definierten Grenzwert g zustreben.
Graphische Darstellung in einem Koordinatensystem ( n, an )
Die Menge aller Punkte Pn= (n, an) in einem Koordinatensystem heißt Graph der Folge an:
an = 1 –
1
n
Grenzwert19 einer Folge
Wertetabelle
n
an
1
0
2
0,5
3
0,667
…
…
10
0,9
…
…
100
0,99
…
…
1000
0,999
…
…
Ein Glied von an unterscheidet sich also um so weniger von 1 je größer n ist.
19
Vgl. KUSCH. Differentialrechnung. 85: „Nähern sich eine Anzahl von Größen, z.B. x1, x2, x3, …, xn, immer
mehr einer konstanten Größe k, ist k also die Grenze (limes), der die Zahlenfolge mit wachsendem n
zustrebt, so nennt man die Größe k den Grenzwert der Zahlenfolge“.
16
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Schlussfolgerungen



Alle Funktionswerte sind kleiner als 1; an < 1, n  N
Mit zunehmenden n werden die Glieder der Folge größer (aber immer kleiner 1) und
unterscheiden sich dabei immer weniger von 1.
1
Die Zahl 1 wird als Grenzwert der Folge an = 1 –
bezeichnet.
n
Eine Folge heißt konvergent, wenn sie einen Grenzwert g besitzt.
„Limes von an für n gegen Unendlich gleich g“
Lim an = g
n
Eine Folge, die keinen Grenzwert20 besitzt, heißt divergent.
4.2
Grenzwert einer Funktion
4.2.1
Für x

x0, an der Stelle x0
Eine Funktion21 y = f(x) mit x  D sei in einer Umgebung x = x0 definiert. Dabei versteht
man unter einer Umgebung eines Punktes x0 die Menge aller Werte x die x0 – , x0 + 
x x0 – , x0 + Bereich
x0 – 
x0 + 
x0
Def.:
Die Funktion f(x) besitzt an der Stelle x0 einen Grenzwert g, wenn
für jede beliebige Zahlenfolge xn D und lim xn = x0 die dazugehörige
n0 
dazugehörige Folge yn = f(xn) gegen g konvergiert.
lim f(x) = g
x x0
20
21
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 163-167.
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 168-171.
17
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Beispiel:
A:
WS 2005 / 2006
Grenzwert von y = x² an der Stelle x0 = 2.
Man unterscheidet den linksseitigen Grenzwert von f(x) = x² an der Stelle x0 = 2.
Lim x2
x
B:
 2
1
2
X
und den rechtsseitigen Grenzwert von f(x) = x² an der Stelle x0 = 2.
Lim x2
x
 2
2
3
X
zu A) Zahlenfolge von links gegen die Zahl 2 konvergierend Folge von x-Werten:
xn = 1,9; 1,99; 1,999; 1,9999; …
Durch die Funktionsgleichung f(x) = x² wird jedem Glied dieser Zahlenfolge ein
Funktionswert zugeordnet.
F(xn) = xn²
xn
f(xn)
1,9
3,61
1,99
3,9601
1,999
3,996001
1,9999
3,99960001
…
…
Daraus wird ersichtlich, dass die Folge der Funktionswerte gegen den Wert 4 konvergiert.
Lim f(xn) =
n

lim x 2n = lim x2 = 4
n

x
 2
zu B) Zahlenfolge von rechts gegen die Zahl 2 konvergierend.
Xn
f(xn)
2,1
4,41
2,01
4,0401
2,001
4,004001
2,0001
4,00040001
…
…
Die Funktion y = f(x) muss nicht an der Stelle x0 definiert sein und kann trotzdem einen
Grenzwert g an der Stelle x0 besitzen !!!
18
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
4.2.2
Grenzwert einer Funktion für x
WS 2005 / 2006
  
Wenn x-Werte unbeschränkt wachsen x   und die Folge der Funktionswerte f(xn) für
jede über alle Grenzen hinaus wachsende Zahlenfolge xn gegen die Zahl g strebt, so heißt
g der Grenzwert der Funktion22 für x  
lim f(x)
n
=
 
oder
g
lim f(x)
n
=
 
g
Beispiel:
1
x
f(x) =
xn
f(xn)
1
1
10
0,1
|x>0
100
0,01
1000
0,001
10000
0,0001
…
…
Rechenregeln für Grenzwerte
1)
lim C * f(x)
x
2)
 x0
=
 x0
=
| C  Konstante
C * lim f(x)
 x0
lim f(x)  lim g(x)
x
lim [ f(x) * g(x) ]
x
=
x
lim [ f(x)  g(x) ]
x
3)
 x0
 x0
x
 x0
[ lim f(x) ] * [ lim g(x) ]
x
 x0
x
 x0
lim f ( x)
lim g ( x)
x  x0
 x0
x
4)
lim
x
5)
6)
f ( x)
n
 x0
lim [ f(x)n ]
x
=
 x0
lim
x
f ( x)
g ( x)
 x0
=
n
=
[ lim f(x) ]n
 x0
x
7)
lim a
x
8)
9)
 x0
1
=0
x
+
lim
x
22
 x0
lim [ loga f(x) ]
x
=
x
lim f ( x)
x  x0
x
f(x)
| lim g(x)  0
 x0
lim f(x)
a
=
loga [ lim f(x) ]
x
und
 x0
1
=0
x
–
lim
x
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 171-173.
19
 x0
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Rechenformeln ohne Beweis
1)
lim
x
2)
3)
x
sin x
=0
x
x
lim ( x * sin
und
0
x
lim e-x
=
–
sin x
=0
x
+
lim
und
0
lim
x
sin x
=1
x
lim x*tan
x
5)
1
ex
–
=
sin x
=0
x
–
10)
11)
+
12)
13)
0
ex
=0=

x
+
x
20
0
–
0
1
x
lim (1+ )x = e
x
lim
cos x
=+ 
x
lim (x*cot x) = 1
x
1
x
=
lim ex = 0
x
+
+
lim
x
lim (1+ )x = e
x
9)
x
+
=
1
cos 0
=
1
cos
x
+
lim e-x = 0
x
8)
lim
1
x
lim ex = 
x
7)
+
=
1
lim e x
x – 
1
x
+
1
x =0
1
x
lim
x
6)
1
x
lim
oder
x
sin
4)
1
)=0
x
0
lim
x
sin
–
1
=
1
1
T. Meyer
4.2.3
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Unbestimmte Ausdrücke23
Wenn
an

+
und
bn

+
, so gilt:
1.
an + bn
=
(+  ) + (+  )
=
+
2.
an * bn
=
(+  ) * (+  )
=
+
3.
an b
=

=

n
Wenn
23
WS 2005 / 2006
an

und
a
bn

b
, so gilt:
1.
an + bn
=
a+ 
=
+
2.
an * bn
=
a* 
=
+
|
a>0
3.
an * bn
=
a* 
=
–
|
a<0
4.
an
bn
=
a

=
0
5.
an b
=
a+ 
0 für 0  a  1

 für a  1
6.
an  b
=
a- 
 für 0  a  1

0 für a  1
7.
bn a
=
a
 für a  0

0 für a  0
n
n
n
Vgl. KUSCH. Differentialrechnung. 87: „Viele Funktionen ergeben für bestimmte x-Werte Ausdrücke, die
keinen Sinn erkennen lassen, sogenannte ‚unbestimmte Formen’. So kann es vorkommen, dass für
einen Wert x = a die Funktion f(a) nicht existiert, d.h. ein unbestimmter Ausdruck entsteht. Nähert sich
jedoch x immer mehr dem Wert a, ohne ihn je zu erreichen, so nähert sich die Funktion f(x) einem festen
Grenzwert b“.
21
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Wenn
an
1.
bn
an
2.
an b
3.
loga n
Wenn
an

n

und
0
bn
b
=
b
0
=
=
a+ 
0 für b  0

 für b  0
=
log 0
=
und
0
bn

WS 2005 / 2006
, so gilt:
b  0

a n  0
–

, so gilt:
1.
an
bn
=
0

=
0
|
an > 0
2.
bn
an
=

0
=

|
an > 0
3.
an b
=
0+ 
=
0
|
an > 0
n
22
T. Meyer
4.3
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Stetigkeit einer Funktion
Eine Funktion heißt y = f(x) und x  D heißt stetig in x = x0  D, wenn
1.
f(x0) existiert, d.h. die Funktion f(x) ist in x0 definiert, (Funktionswert)
2.
lim f(x) = g existiert und
x
3.
 x0
f(x0) = g Funktionswert und Grenzwert der Funktion stimmen an der Stelle
x0 überein.
Lim f(x) = f(x0) = g
x
 x0
Beispiel:
a)
y = x² ist stetig an jeder Stelle ihres Definitionsbereiches
D = (–  ,+  ), f(x) = x2
ist eine stetige Funktion
lim x2 = 1 = f(x)
x
b)
y=
1
x
1
ist an der Stelle x = 0 nicht stetig, da dort nicht definiert. Sie besitzt
dort eine Definitionslücke.
 1, x  0

c) y = f(x) = 0, x  0
1, x  0

ist in x = 0 unstetig, da der Grenzwert an dieser Stelle nicht existiert.
Zwar ist der linksseitige und der rechtsseitige Grenzwert vorhanden,
sie unterscheiden sich jedoch voneinander.
Diese Unstetigkeit heißt Sprungunstetigkeit24.
24
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 174-178.
23
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
e) y =
|x|
x
WS 2005 / 2006
ist an der Stelle x = 0 nicht definiert, also existiert dort kein
Funktionswert f(0). Damit ist die erste Bedingung für die Stetigkeit
nicht erfüllt. Außerdem ist:
lim
x
=
lim
 0
lim
x
|x|
x
|x|
x
x
=
x
= –1 =
g1
= –1 =
gr
 0
lim
 0
x
x
x
x
 0
g1  gr
C. y =
x
x
lim
x
=
1
=
g1
=
1
=
gr
 0
lim
x
x
x
x
x
 0
g1 = gr
24
T. Meyer
5
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Rationale Funktionen
Die rationalen Funktionen kann man folgenden beiden Bereichen zuordnen


5.1
Ganze rationale Funktionen
Gebrochene rationale Funktionen
Ganze rationale Funktionen
Funktionen vom Typ
y = f(x) = an * xn + an-1 * xn-1 + an-2 * xn-2 + … + a1 * x1 + a0
|x R
werden als ganzrationale Funktionen25 oder Polynomfunktionen bezeichnet. Eine ganze
rationale Funktion lässt sich stets auf oben genannte Form bringen, bei der die Konstanten
(Koeffizienten, auch als Polynomkoeffizienten bezeichnet) mit der Veränderlichen x durch
Addition und Multiplikation verknüpft werden. Der höchste Exponent n der unabhängig
Veränderlichen gibt den Grad der Funktion26 bzw. den Polynomgrad an.
Beispiele:
y=4
|n=0
konstante Funktion
|n=1
lineare Funktion
y = 2x2 – 3x + 5
|n=2
quadratische Funktion
y = 4x8 – x5 + 3x – 10
|n=8
y = 2x –
3
Quadratische Funktionen:
y = ax2 + bx + c
25
26
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 179.
Vgl. KUSCH. Differentialrechnung. 31: „Die Zahl n gibt den Grad der Funktion an, wobei n stets eine
positive ganze Zahl ist. Man nennt a0; a1 … an-1; an die Koeffizienten, es sind reelle Konstanten. (Daher
bedeutet das Auftreten gebrochener und irrationaler Koeffizienten keinen Widerspruch zur Definition der
ganzen rationalen Funktion)“.
25
T. Meyer
5.1.1
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Eigenschaften
Beispiel:
y = x3 – 6x2 + 7,2x + 1,2
Grenzwert:
lim (x3 – 6x2 + 7,2x + 1,2)
x
 
= lim x3 (1 –
x
 
6
1,2
7, 2
+ 2 + 3)
x
x
x
lim x3 * 1 =  
x
 
Die Polynomfunktion ist im gesamten Definitionsbereich stetig!
Definitionsbereich: D = R
Schnittstellen mit den Koordinatenachsen:
x=0

ys = 1,2
y=0

x3 – 6x2 + 7,2x + 1,2
x1  0,14797 

x 2  1,9
 berechnet mit Horner-Schema
x3  4,23142 
5.1.2
Nullstellen einer Polynomfunktion f(x) und Horner-Schema



Eine Polynomfunktion n-ten Grades besitzt höchstens n reelle Nullstellen.
Abspaltung eines Linearfaktors führt zu einem reduzierten
Polynom f1(x) vom Grade n-1. Die Stelle x1 ist dabei eine Nullstelle des Polynoms nten Grades.
F(x) = (x – x1) * f1(x)
1. Bsp. Polynomdivision und PQ-Formel:
x3 – 2x2 – 5x + 6
(Nullstellen bei x=1; x=3; x= –2)
(x3-2x2-5x+6) / (x-3) = x2 + x – 2
-(x3-3x2)
x2-5x
-(x2-3x)
-2x+6
-(-2x+6)
0
x1/2 = –
p

2
p
( )2  q
2
x1/2 = –
1

2
1
( ) 2  (2)
2
x1 = – ½ + 1,5 = 1
26

x2 = – ½ – 1,5 = – 2
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Horner-Schema
Das Horner-Schema27 ist ein Rechenverfahren28 in der Mathematik
 zur Berechnung der Funktionswerte einer ganzrationalen Funktion
 zur Schrittweisen Reduzierung einer Polynomfunktion (Nullstellenbestimmung)
Dividiert29 man die Funktion
f(x) = a3x3 + a2x2 + a1x1 + a0
durch die lineare Funktion
x – x0
so erhält man eine Polynomfunktion 2. Grades und eine Restfunktion r(x):
f(x) / (x – x0) = b2x2 + b1x1 + b0 + r(x)
Dabei sind die Koeffizienten des neuen Polynoms
Polynomkoeffizienten a3, a2, a1, a0 und den Wert x0 bestimmt:
eindeutig
durch
die
b2 = a3
b1 = a2 + a3x0
b0 = a1 + a2x0 + a3x 02
Die Restfunktion ist echt gebrochen und von der Form:
r(x) =
a3 x 3  a 2 x 2  a1 x1  a0
f ( x0 )
=
x  x0
x  x0
Man sieht, dass im Zähler genau der Funktionswert von f(x)
Stelle x0 auftritt. Die
Restfunktion r(x) verschwindet, wenn x0 eine Polynomnullstelle ist, dann ist:
f(x) = 0 und daraus r(x) = 0
Die Koeffizienten b2, b1, b0 sind in diesem Falle genau die Koeffizienten des 1. reduzierten
Polynoms.
2. Bsp. Horner-Schema
f(x) = 4x3 -21x2 + 18x + 12
27
28
29
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 191-195.
Das nach dem Engländer William George HORNER (1786-1837) benannte Rechenverfahren war bereits
dem chinesischen Mathematiker Chu SHIH-CHIEH (1270-1330) bekannt, welcher die Methode als „fan fa“
bezeichnete. Man könnte sagen, dass Horner diese Methode 500 Jahre später wieder entdeckt hatte.
Die Division von Summen ist eine Verallgemeinerung des Divisionsalgorithmus für ganze Zahlen und
beruht wie dieser auf der Deutung der Division als Subtraktion gleicher Summanden.
27
T. Meyer
5.2
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Gebrochene rationale Funktionen
Funktionen, die als Quotient zweier Polynomfunktionen (ganzrationaler Funktionen) g(x)
und h(x) darstellbar sind, heißen gebrochenrationale Funktionen30:
y=
a x m  a m1 x m1  ...  a1 x1  a0
g ( x)
= m n
h( x )
bn x  bnn 1 x n 1  ...  b1 x1  b0
Eine gebrochenrationale Funktion ist für jedes x  R definiert mit Ausnahme der
Nullstellen des Nennerpolynoms31.


m<n
m>n
echt gebrochenrationale Funktion
gebrochenrationale Funktion
Jede unecht gebrochenrationale Funktion lässt sich in eine ganzrationale (Kap 5.1) und
eine echt gebrochene rationale Funktion zerlegen. Dies kann mit Hilfe der Partialdivision
geschehen.
Algorithmus
1. Dividend und Divisor in alphabetischer Reihenfolge ordnen
2. Das erste Glied des Dividenden durch das erste Glied des Divisors teilen
3. Der entstehende Quotient / das Ergebnis wird mit dem Divisor multipliziert und
dieses Produkt vom Dividenden subtrahiert
4. Den Rest analog bearbeiten
30
31
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 200-201.
Vgl. KUSCH. Differentialrechnung. 46: „Pole (Unendlichkeitsstellen) sind Nullstellen des Nenners, die
nicht zugleich den Zähler Null werden lassen. Sie können auf der x-Achse in positiver und negativer
Richtung verschoben sein oder mit der y-Achse zusammenfallen. Pole ungerader Ordnung sind Pole mit
[Vor-]Zeichenwechsel, Pole gerader Ordnung sind Pole ohne Zeichenwechsel. Pole sind vertikale
Asymptoten“.
28
T. Meyer
5.2.1
A.
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Partialbruchzerlegung gebrochenrationaler Funktionen32
Nenner in Form einer quadratischen Funktion mit zwei Nullstellen.
(ax2 + bx +c)
Form:
=
a (x-x1) * (x – x2)
Addiert oder subtrahiert man mehrere Brüche mit linearen Ausdrücken im Nenner, so
entsteht ein gebrochenrationaler Term:
4
6 x  22
2
2 ( x  5)  4 ( x  3)
+
=
= 2
x5
x3
x  8 x  15
( x  3) ( x  5)
Es muss möglich sein diesen Prozess umzukehren, und zwar um aus einem komplizierten
gebrochenrationalen Term einfachere Bestandteile nach einer Zerlegung zu erhalten:
6 x  22
4
2
=
+
x5
x3
x  8 x  15
2

Partialbruchzerlegung33
Diese Aufgabenstellung spielt bei der Integration gebrochenrationaler Funktionen eine
große Rolle.
Lösungsansatz
6 x  22
6 x  22
=
x  8 x  15
( x  3) ( x  5)
2
Prüfung ob zwei verschiedene Nullstellen vorhanden sind
1. Schritt:
Nullstellen des Nenners
2. Schritt:
Ermittlung von A und B, welche unbekannte Konstanten darstellen.34
32
33
34
X1:
Einfache Nullstelle
A
x  x1
x1:
Zweifache Nullstelle
A1
A2
+
x  x1
( x  x1 ) 2
x1:
Drei Nullstellen
A
B
C
+
+
2
x  x0
x  x0
( x  x0 )
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 440-447.
Anzahl der Partialbrüche = Anzahl der Nullstellen des Nennerpolynoms.
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 441.
29
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Beispiel:
Führen Sie eine Partialbruchzerlegung durch!
18 x 3  21x 2  30 x  24
Y=
6 x 2  17 x  12
1. Schritt:
Partialdivision durch Polynomdivision
2. Schritt:
Partialbruchzerlegung des echt gebrochenrationalen Anteils
19 x  26
6 x 2  17 x  12
Nullstellen ermitteln mit PQ-Formel35
4
3
6x2 – 17x + 24 = 6 *  x   *  x  

3

2
Um einen einfacheren Ausdruck zu erhalten, zerlegt man noch die 6.
4
3
6x2 – 17x + 24 = 6 *  x   *  x   = (3x-4) * (2x -3)

3

2
Lösung
2
5
18 x 3  21x 2  30 x  24
= 3x – 5 +
+
2
3x  4
2x  3
6 x  17 x  12
35
PQ-Formel:
x1/2 = –
p

2
p
( )2  q
2
30
T. Meyer
B.
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Partialbruchzerlegung beim Nenner in Form einer quadratischen Gleichung
mit einer doppelten Nullstelle:
Form:
(ax2 + bx +c)
=
a (x – x0)2
Wenn die quadratische Gleichung eine doppelte Nullstelle besitzt, muss als Ansatz für die
Partialbruchzerlegung folgender Ausdruck verwendet werden.
A
B
+
2
x  x0
( x  x0 )
Allgemein bei k-facher Nullstelle
Ak
Ak 1
A2
A1
+
+…+
+
k
k 1
2
( x  x0 )
( x  x0 )
( x  x0 )
( x  x 0 )1
Beispiel:
y=
7x 2  6x  3
x3  x2  x  1
Da eine echtgebrochenrationale Funktion vorliegt muss keine Partialdivision durchgeführt
werden. Finden einer Nullstelle durch Probe: x = 1
(x3 – x2 – x +1) / (x – 1) = x2 – 1
C. (x3 – x2)
C. x +1
C. (– x +1)
0
(x3–x2–x+1) = (x–1) * (x2 –1) = (x–1)*(x+1) (x–1)
oder
(x3–x2–x+1) = (x–1)2*(x+1)
Da hier eine doppelte Nullstelle vorliegt, lautet der Ansatz für die Partialbruchzerlegung
folgendermaßen:
B
C
A
7x 2  6x  3
=
+
+
2
3
2
x 1
x 1
( x  1)
x  x  x 1
Lösung:
3
4
2
7x 2  6x  3
=
+
+
2
3
2
x 1
x 1
( x  1)
x  x  x 1
31
T. Meyer
C.
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Partialbruchzerlegung beim Nenner, der keine reellen Nullstellen besitzt.
y=
 x3  9x 2  x  5
x4 1
Hier muss man keine Gleichung x4 –1 = 0 lösen, da man die Nullstellen sofort überblicken
kann.
x4 –1 = (x2 –1)(x2 +1) = (x–1) * (x+1) (x2 +1)
Da der letzte Faktor nicht in reelle Linearfaktoren zerlegbar ist, lässt man für die
Partialbruchzerlegung den entsprechenden quadratischen Ausdruck stehen:
A
B
Cx  D
 x3  9x 2  x  5
==
+
+ 2
4
x 1
x 1
x 1
x 1
–x3 + 9x2 – x + 5 =
A(x+1)(x2+1) + B(x+1)(x2+1) + (Cx+D)(x+1)(x–1)
=
A(x3+x2+x+1) + B(x3–x2+x–1) + (Cx3+Dx2–Cx–D)
=
(A+B+C)*x3 + (A–B+D)*x2 + (A+B–C)*x + (A–B–C)
 A  B  C  1 

  2A  C  D  8
 A  B  D  9

 A  B  C  1 
 A  B  D  5   2 A  (C  D)  4




 4 A  12  A  3


2A-2B = 14
B = (2A – 14) *
1
=–4
2
C=–1+4–3=0
D=2
3
4
2
 x3  9x 2  x  5
=
+
+ 2
4
x 1
x 1
x 1
x 1
Nun kann evtl. noch eine Probe zur Überprüfung gemacht werden, um zu beweisen, dass
die Zerlegung mit der gegebenen gebrochenrationalen Funktion übereinstimmt.
32
T. Meyer
5.2.2
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Asymptote einer gebrochenrationalen Funktion
Wir untersuchen nun das asymptotische Verhalten36 einer gebrochenrationalen Funktion
im Unendlichen37.
Zähler
a( x)
=
sind
Nenner
b( x )
neben den Hoch-, Tief- und Wendepunkten, die im Rahmen der Differentialrechnung
folgende Besonderheiten zu beachten:
Bei der Untersuchung einer gebrochenen rationalen Funktion y =
1.
Bestimmung der Nullstellen
a(x) = 0 setzen
2.
Bestimmung der Polstellen
g(x) = 0 setzen
3.
Bestimmung der Lücken
y=
4.
Bestimmung der Asymptoten
x    gehen lassen
0
a( x)
=
0
b( x )
a x n  a * x n 1  ...  a 2 x 2  a1 x1  a0
Zähler
= n m n 1 m1
Nenner
bm x  bm1 x  ...  b2 x 2  b1 x1  b0
5.
a)
n<m
y = 0;  x-Achse
b)
n=m
y = a;  Asymptote parallel x-Achse
c)
n>m
y = y1 +y2;  y1 = Asymptote
Bestimmung der Schnittpunkt
mit der y-Achse
x = 0 setzen und y berechnen
Die Nullstellen des Nenners sind die Polstellen der Funktion, welcher senkrechte
Asymptoten darstellen.
Bildet man die Umkehrfunktion der Funktion
1
x
2n
1
so wird aus der senkrechten
Asymptote eine waagerechte Asymptote.
36
37
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 206-208.
Vgl. KUSCH. Differentialrechnung. 49: „Asymptoten sind Geraden oder Kurven, die man als Tangenten
von Funktionen im Unendlichen auffassen kann“.
33
T. Meyer
6.
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Kurzeinführung Arkusfunktionen
Die trigonometrischen Funktionen38 ordnen einem Winkel x in eindeutiger Weise einen
Funktionswert zu. In der Praxis stellt sich jedoch häufig (z.B. beim Lösen trigonometrischer
Gleichungen) genau das umgekehrte Problem:
Der Funktionswert einer trigonometrischen Funktion ist bekannt, zu
bestimmen sind die zugehörigen Winkel.
So besitzt beispielsweise die Gleichung tan x 1 in R unendlich viele Lösungen.
tan x = 1
x=

4
 k *
Die Umkehrung der Tangensfunktion ist demnach nicht eindeutig. Beschränkt man sich
jedoch bei der Lösung der Gleichung tan x 1 auf den Winkelbereich




– <x< ,
so erhält man genau eine Lösung
x0 =
2
2
4

Grundsätzlich
lassen
sich
trigonometrische
Funktionen
infolge
fehlender
Monotonieeigenschaften nicht umkehren. Beschränkt man sich jedoch auf gewisse
INTERVALLE, in denen die Funktionen streng monoton verlaufen und dabei sämtliche
Funktionswerte annehmen, so ist jede der vier Winkelfunktionen umkehrbar.
Die Umkehrfunktionen bezeichnet man als ARKUSFUNKTIONEN39
Ableitungsformeln von Arkusfunktionen40
6.1
38
39
40
1
1.
y = arc sin(x)

y’ =
2.
y = arc cos(x)

y’ = –
3.
y = arc tan(x)

y’ =
4.
y = arc cot(x)

y’ =
1 x2
1
1 x2

–1  x  +1

–1  x  +1
1
1 x2
1
1  x2
Vgl. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 258-266.
Wird ebenfalls auch als zyklometrische Funktion bezeichnet.
Ableitungen werden über die Differentation der Umkehrfunktion
Differentialrechnung. 137-140.
34
gebildet.
Vgl.
KUSCH.
T. Meyer
6.2
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
WS 2005 / 2006
Tabellenübersicht der Eigenschaften von Arkusfunktionen
Arkussinusfunktion
y = sin x
Definitionsbereich
Wertebereich
Nullstellen
Symmetrie
Monotonie


2
x
y = arc sin x
–1  x  1

2
–1  y  1

x0 = 0
ungerade
wachsend

2
y

2
x0 = 0
Ungerade
wachsend
  
Die Arkussinusfunktion y = arc sin x ist die Umkehrfunktion der auf das Intervall  ; 
 2 2
beschränkten Sinusfunktion.
Arkuskosinusfunktion
Definitionsbereich
Wertebereich
Nullstellen
Symmetrie
Monotonie
y = cos x
0x 
–1  y  1
x0 =
y = arc cos x
–1  x  1
0y 
x0 = 1

2
keine
streng monoton fallend
Keine
streng monoton fallend
Arkuskosinusfunktion y = arc cos x ist die Umkehrfunktion der auf das Intervall [0,  ]
beschränkten Kosinusfunktion.
Arkustangensfunktion
y = tan x
Definitionsbereich
Wertebereich
Nullstellen
Symmetrie
Monotonie
Asymptoten


x
y = arc tan x
– x 

2
2
– y 


2
y

2
x0 = 0
ungerade
streng monoton wachsend
x0 = 0
ungerade
streng monoton wachsend
x= 
y= 

2

2
Die Arkustangensfunktion y = arc tan x ist die Umkehrfunktion der auf das Intervall
  
 2 ; 2  beschränkten Tangensfunktion.
35
T. Meyer
Vorlesungsmitschrift Mathematik I
Arkuskotangensfunktion
y = tan x
Definitionsbereich
0x 
Wertebereich
– y 

Nullstellen
x =
0
Symmetrie
Monotonie
Asymptoten
WS 2005 / 2006
y = arc tan x
– x 
0y 
keine
2
keine
streng monoton fallend
x=0
x= 
keine
streng monoton fallend
y=0
y= 
Arkuskotangensfunktion y = arc cot x ist die Umkehrfunktion der auf das Intervall [0,  ]
beschränkten Kotangensfunktion.
36
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