Kohärentes (klassisches) Licht / Nichtklassisches Licht von Richard Kastner Elektromagnetischer Oszillator Das der quantentheoretischen Beschreibung des Lichts zugrundeliegende Modell ist der elektromagnetische Oszillator. Wir beschreiben die Lichtwellen mit einer komplexen Vektorfunktion als räumlich-zeitliche Schwingungsmoden in Form einer ebenen Welle u x, t u 0 e i kx t . (1) Dabei ist u0 der Polarisationsvektor, die Frequenz und k c der Wellenvektor. Diese Schwingungsmode definiert ein System in Raum und Zeit, das durch das Quantenfeld „Licht“ angeregt werden kann. Das Potential des Lichtfeldes nehmen wir als harmonischen Oszillator an, der in der algebraischen Darstellung im wesentlichen durch den Vernichtungsoperator â beschrieben wird. â steht für eine quantisierte Amplitude, mit der die räumlich-zeitliche Mode angeregt werden kann. Sie ist nicht vorherbestimmt oder vom Beobachter festgelegt, hängt aber vom Zustand der Mode ab. Die elektrische Feldstärke des Lichtfeldes (der magnetischen Teil wird vernachlässigt) postulieren wir als E u * x, t aˆ ux, t aˆ . (2) Hierbei ist â der Vernichtungsoperator für Bosonen (Photonen). Für diesen gilt die Vertauschungsrelation aˆ, aˆ 1 , (3) wobei wir, wie auch im folgenden, das Plank'sche Wirkungsquantum so gewählt haben, daß gilt 1. (4) Zur Bestimmung der Anzahl der in einer Mode enthaltenen Photonen führen wir den Photonzahl-Operator ein: nˆ aˆ aˆ (5) Dann definieren wir uns noch einen Phasenschieber-Operator Uˆ e i nˆ , (6) der bei seiner Wirkung auf â , wie der Name schon andeutet, die Amplitude â mit einer Phasenverschiebung versieht Uˆ aˆ Uˆ aˆ e i . Die komplexe Amplitude â zerlegen wir in ihren Real- und Imaginärteil Seite 1 (7) aˆ 1 2 qˆ i pˆ (8) und erhalten die sogenannten Quadraturkomponenten q̂ und p̂ qˆ 1 2 aˆ aˆ pˆ i 2 aˆ aˆ . (9) q̂ und p̂ können als „Ort“ und „Impuls“ des elektromagnetischen Oszillators angesehen werden, es handelt sich hierbei jedoch um Koordinaten des Phasenraums und nicht etwa um Ort und Impuls etwa eines Photons. Die Quadraturkomponenten q̂ und p̂ entsprechen in der Optik der „in-Phase“- bzw. „außer-Phase“-Komponente der Amplitude des elektrischen Feldes, bezogen auf eine bestimmte Referenz-Phase. Die Quadraturkomponenten erfüllen die Vertauschungsrelation qˆ, pˆ i . (10) Die Verschiebung der Phase rotiert q̂ und p̂ : Uˆ qˆ Uˆ qˆ cos pˆ sin Uˆ pˆ Uˆ qˆ sin pˆ cos (11) Der Übergang von der Orts-Darstellung zur Impuls-Darstellung entspricht also einer Phasenverschiebung von 2 . Wenn wir schließlich den Photonzahl-Operator n̂ durch die Quadraturkomponenten q̂ und p̂ ausdrücken, erhalten wir nˆ 1 qˆ 2 pˆ 2 2 2 2 ( Hˆ ) . (12) Die rechte Seite dieser Gleichung steht für die Energie eines harmonischen Oszillators mit Einheitsmasse und –frequenz. Die Energie des elektromagnetischen Oszillators ist also gegeben durch die Photonenzahl + 12 . Der additive Zusatz 12 ist die Nullpunktsenergie, also die Energie des Zustandes, in dem es keine Photonen gibt (Dunkelheit, Grundzustand des Systems). Quadraturkomponenten-Zustände Als erste Zustände des elektromagnetischen Oszillators führen wir die Quadraturkomponenten-Zustände p und q ein, die Eigenzustände der Quadraturkomponenten sind, mit den Eigenwertgleichungen: qˆ q q q pˆ p p p (13) Die Orts- und Impulsdarstellung sind über die Fouriertransformation miteinander verbunden, d.h. die Eigenzustände der einen Komponente sind die Fouriertransformierte der Zustände der anderen und umgekehrt Seite 2 q 1 2 p 1 2 e iqp p dp e . iqp (14) q dq Die Quadraturkomponenten-Zustände haben keine physikalische Bedeutung, sie tauchen nur in vielen mathematischen Rechentricks immer wieder auf. Aber ihre Wellenfunktionen q q ~ p p bzw. haben eine physikalische Bedeutung. Ihr Betragsquadrat q gibt die Wahrscheinlichkeitsverteilung an. 2 Fock-Zustände Eine weitere wichtige Klasse von Zuständen sind die Eigenzustände des PhotonzahlOperators, die nach dem russischen Physiker V.A. Fock auch Fock-Zustände genannt werden nˆ n n n . (15) Wenn n Eigenzustand von n̂ mit dem Eigenwert n ist, dann muß auch â n ein Eigenzustand zum Eigenwert n 1 sein. Tatsächlich ist nˆ aˆ n aˆ aˆ 2 n aˆ aˆ aˆ aˆ n n 1 aˆ n , (16) wobei wir im zweiten Schritt die Vertauschungsrelation für den Vernichter (3) ausgenutzt haben. Analog läßt sich auch zeigen, daß aˆ n Eigenzustand mit dem Eigenwert n 1 ist. Damit erhalten wir einen fundamentalen Zusammenhang zwischen den FockZuständen, nämlich: aˆ n n n 1 aˆ n n 1 n 1 (17) Die beiden Vorfaktoren ergeben sich daraus, daß natürlich gelten muß: n aˆ aˆ n n (18) Die Zahl der Photonen wird immer nur in ganzen Schritten erhöht bzw. erniedrigt. Wenn wir die Photonzahl immer weiter verringern, gelangen wir schließlich in den Grundzustand mit n 0 . Dort muß gelten: nˆ 0 aˆ aˆ 0 0 Diese Gleichung ist erfüllbar durch die Forderung Seite 3 (19) aˆ 0 0 . (20) Mit der Zusammensetzung des Vernichtungsoperators aus den Quadraturkomponenten und deren Darstellung im Schrödinger-Bild in der q-Darstellung pˆ i qˆ q q erhalten wir die folgende Differentialgleichung für die Wellenfunktion des Grundzustandes aˆ 0 q 1 q 0 q 0 q 2 (21) Die Lösung dieser Gleichung ist 0 q 1 4 e q2 2 (22) 1 Der Vorfaktor 4 ergibt sich aus der Normierung der Wellenfunktion. In der p-Darstellung erhält man auf analoge Weise p2 1 ~0 p 4 e 2 (23) Der Grundzustand mit der Photonzahl n 0 ist also wohldefiniert. Alle anderen FockZustände lassen sich durch n-fache Anwendung des Erzeugungsoperators gewinnen, sie sind also Anregungen des Grundzustandes. Für jeden Fock-Zustand n gilt n aˆ n n! 0 . (24) Die Fock-Zustände haben zwar reizvolle physikalische Anwendungen, sie finden unter anderem Verwendung in der Quantenfeldtheorie, aber als Zustände mit einer exakt definierten Zahl von Teilchen (Photonen) sind sie mit der heutigen Technik sehr schwer zu erzeugen. Kohärente Zustände Die Eigenzustände des Vernichtungsoperators bilden die nächste Klasse von Zuständen des elektromagnetischen Oszillators, die sogenannten kohärenten Zustände, nach dem amerikanischen Physiker R.J. Glauber auch Glauber-Zustände genannt. Für sie gilt â (25) Die kohärenten Zustände haben als Eigenzustände des Vernichtungsoperators wohldefinierte Amplituden und Phasen arg . Der bei den Fock-Zuständen eingeführte Grundzustand ist ebenfalls ein kohärenter Zustand zum Eigenwert 0 . Die Energie eines kohärenten Zustandes ist gegeben durch Seite 4 Hˆ aˆ aˆ 1 2 12 . 2 (26) Sie setzt sich zusammen aus der klassischen Wellenintensität und der Energie des Grundzustands. Wenn wir die Phase eines kohärenten Zustandes durch die Anwendung des Phasenschieber-Operators verschieben, so erhalten wir 2 Uˆ e i . (27) Es verschiebt sich nur die Phase von arg , kohärente Zustände zeigen hier also ein wellenähnliches Verhalten. Zur genaueren Untersuchung der kohärenten Zustände führen wir zunächst einen Verschiebungsoperator ein: * Dˆ e aˆ aˆ (28) Dieser Verschiebungsoperator verschiebt die Amplitude â um die komplexe Zahl Dˆ aˆ Dˆ aˆ . (29) Außerdem ist er unitär, so daß gilt Dˆ Dˆ 1 Wir fügen jetzt zu dem kohärenten Zustand eine negative Verschiebung hinzu: aˆ Dˆ Dˆ Dˆ aˆ Dˆ 1 Dˆ aˆ Dˆ aˆ Dˆ 0 Damit haben wir eine weitere Darstellung für den Grundzustand gefunden. Es gilt offenbar 0 D̂ . (30) Mit diesem Zusammenhang lassen sich, wie auch schon bei den Fock-Zuständen gezeigt, alle anderen Zustände aus dem Grundzustand gewinnen. Die kohärenten Zustände sind also nichts anderes, als Verschiebungen des Grundzustandes Dˆ 0 . (31) Um die Wirkung solcher Verschiebungen noch etwas genauer zu untersuchen, zerlegen wir zunächst in Real- und Imaginärteil Seite 5 1 2 q 0 i p 0 (32) und drücken den Verschiebungsoperator (28) durch q̂ und p̂ aus Dˆ e ip0 qˆ iq0 pˆ (33) Dann greifen wir noch in die mathematische Trickkiste. Nach der Baker-HausdorffFormel gilt für zwei Operatoren F̂ und Ĝ , deren Kommutator mit beiden kommutiert e F G e ˆ ˆ 12 Fˆ ,Gˆ ˆ ˆ e F eG e 12 Fˆ ,Gˆ ˆ ˆ eG e F (34) Dies wenden wir auf unseren Verschiebungsoperator an und erhalten Dˆ e i p q0 e i p0 qˆ e i q0 pˆ 2 (35) q0 Mit pˆ i wird der letzte Faktor zu e i q0 pˆ e q . Dies ist nichts anderes als ein q Translationsoperator, seine Wirkung auf eine Wellenfunktion besteht nur darin, daß er diese einfach verschiebt e q0 q q q q0 . (36) Die Wirkung des gesamten Verschiebungsoperators D̂ auf eine Wellenfunktion besteht also aus folgenden drei Teilen: Die Wellenfunktion wird zunächst verschoben. Dann wird sie mit e i p0 q multipliziert (in der q-Darstellung). i p0 q0 2 Zum Schluß wird noch ein Phasenfaktor e angehängt. Da die kohärenten Zustände, wie oben gezeigt, durch Anwendung des Verschiebungsoperators aus dem Grundzustand hervorgehen, läßt sich auch die Wellenfunktion eines kohärenten Zustandes aus der Grundzustandswellenfunktion (22) berechnen. In der qDarstellung ergibt sich: q 0 q q 0 e i p 14 e 0 q e i p0 q0 2 q q 0 2 e i p0 q e 2 i p0 q0 2 (37) Analog erhält man in der p-Darstellung: p ~ 14 e p p0 2 2 e i q0 p e i p0 q0 2 (38) 2 2 Aus den Gleichungen (37) und (38) sieht man sofort, daß q und ~ p Gaußförmig sind mit derselben Breite, wie die Gaußkurve für den Grundzustand. Nur die Fluktuationen des Nullpunktes (Grundzustand) „verschmutzen“ die Amplitude (siehe auch Abb. 1). Seite 6 Abb. 1: Darstellung der Unschärfe eines kohärenten Zustandes im Phasenraum Die kohärenten Zustände kommen, so nahe wie die Quantenmechanik es erlaubt, an wellenähnliche Zustände des elektromagnetischen Oszillators. Sie werden auch als klassische Zustände bezeichnet und Lichtfelder, die aus einem Ensemble von kohärenten Zuständen aufgebaut sind, nennt man auch „klassisch“. Alle Zustände, die nicht als ein solches Ensemble aufgefaßt werden können, werden daher als „nichtklassische Zustände“ bezeichnet. Klassisches Licht ist technisch recht einfach zu erzeugen und spielt in der experimentellen Praxis eine große Rolle. Ein wichtiges Anwendungsbeispiel ist der Laser, dessen kohärentes Licht ein wunderbares Experimentierwerkzeug darstellt. Gequetschte Zustände Bei der Diskussion der kohärenten Zustände hatten wir gesehen, daß ihre Unschärfe nicht größer ist, als die der Amplituden der Quadraturkomponenten im Grundzustand. Die Varianzen sind 2 q 1 2 2 p und 1 . 2 (39) Nun stellt sich die Frage, ob dies auch das quantenmechanische Optimum ist. Oder gibt es etwa noch Zustände mit einer geringeren Unschärfe? Immerhin gilt ja in der Quantenmechanik die Heisenberg’sche Unschärferelation q p 1 . 2 (40) Nun hat Pauli für die Ortswellenfunktion q eines Zustandes , den wir als Kandidaten für einen minimal-unscharfen Zustand betrachten, die folgende Bedingung gefunden: q 2 q 2q 2 0 (41) Im Fall der minimalen Unschärfe gilt das Gleichheitszeichen und es ist q p 12 . Daher ergibt sich die Differentialgleichung 1 q 0 2 2 2 q q Die Lösung für die Wellenfunktion q eines minimal-unscharfen Zustandes ist Seite 7 (42) q 2 2 q e 14 q2 4 2 q . (43) Normierung Die Wellenfunktion des Zustandes mit minimaler Unschärfe ist also ebenfalls Gaußförmig, wie beim Grundzustand der kohärenten Zustände. Die Varianz 2 q darf jetzt aber auch kleiner sein als 12 . Dies hat aber auch seinen Preis, den die HeisenbergRelation muß nach wie vor erfüllt bleiben, und 2 p ist dann dementsprechend größer. Insgesamt gesehen können wir den Zustand in der einen Komponente „zusammenquetschen“, müssen dafür aber eine Verbreiterung in der anderen Komponente in Kauf nehmen (siehe dazu auch Abb. 2). Abb. 2: Darstellung der Unschärfe zweier gequetschter Zustände im Phasenraum Wir beschreiben die Abweichung der Varianzen von ihren Werten im Grundzustand mit dem Quetschungsparameter 2 q 1 2 e 2 2 p ; 1 2 e 2 (44) Wie kann man nun den Grundzustand „zusammenquetschen“? Mathematisch betrachtet geht das ganz einfach, wir skalieren einfach die Wellenfunktion 0 q e 2 0 e q . (45) Da Orts- und Impulsdarstellung über die Fouriertransformation miteinander verknüpft sind, ist die Impulsfunktion einfach die Fouriertransformierte ~ p e 2 0 e p . (46) Aus den Gleichungen sieht man noch einmal, daß die p-Wellenfunktion gestreckt wird, wenn man die q-Wellenfunktion quetscht. Auch im umgekehrten Fall wird gleichzeitig die q-Funktion gestreckt, wenn die p-Funktion gequetscht wird, ganz wie es Heisenberg verlangt. Wenn wir nun die Orts-Wellenfunktion nach ableiten, so erhalten wir 1 q q 2 q q 1 i qˆ pˆ i pˆ qˆ 2 Seite 8 (47) Mit der Definition der Quadraturkomponenten (9) und der Vertauschungsrelation (3) sieht man sofort, daß i qˆ pˆ i pˆ qˆ aˆ 2 aˆ 2 (48) Wenn wir uns den Quetschungsoperator als 2 2 aˆ aˆ Sˆ e 2 (49) definieren, dann können wir die formale Lösung der Differentialgleichung durch Ŝ ausdrücken und erhalten für den gequetschten Grundzustand Sˆ 0 . (50) Da unser Verschiebungsoperator D̂ nichts an der Unschärfe verändert, können wir mit seiner Hilfe wieder alle anderen Zustände dieser Klasse aus dem zugehörigen Grundzustand gewinnen. Alle minimal-unscharfen Zustände sind also gequetschte Verschiebungen des Grundzustandes Dˆ Sˆ 0 . (51) Damit ist die Wellenfunktion eines gequetschten Zustandes in der q-Darstellung gegeben durch q 14 e 2 e e 2 q q0 2 2 Seite 9 e i pq e i p0 q0 2 . (52)