1 Vorlesung Experimentalphysik II am 25.4.1999 und 26.4.1999 J. Ihringer 6.4 Induktion, Wechselstrom 6.4.1 Induktion und Faradaysches Induktionsgesetz Michael Faraday (*22, September 1791, †25. August 1867), zuerst als Buchbinder tätig, Autodidakt und deshalb nahezu ohne formale Ausbildung, ab 1827 Professor der Chemie und der Physik, entdeckte 1831 die von ihm schon lange vermutete Umkehrung des auch von ihm zehn Jahre zuvor entdeckten Elektromotors: Er konnte zeigen, daß in einer im Magnetfeld zur Rotation gebrachten Metallscheibe ein elektrischer Strom fließt, d.h., daß in der Scheibe eine elektrische Spannung induziert wird. Faraday erklärte seine Beobachtungen - in Ermangelung mathematischer Kenntnisse- mit Nahwirkung im Bereich von elektrischen und magnetischen Feld- und Kraftlinien und begründete damit die klassische Feldtheorie. Aus der Elektrostatik ist bekannt, daß die Bilanz des Flusses der elektrischen Feldstärke aus den ein Volumen umgebenden Flächen die darin befindliche Ladung zeigt (Satz von Gauß Ostrogradski). In der Magnetostatik zeigt der Stromfluß durch eine Fläche das diese Fläche umgebende Magnetfeld (Ampèresches Durchflutungsgesetz). In der Statik erschienen die beiden Felder als getrennte Phänomene. Ein Zusammenhang zwischen elektrischer und magnetischer Feldstärke entsteht aber, wenn sich die Konfiguration von Leitern und Feldern zeitlich verändert. Das ist die Aussage des Faradayschen Induktionsgesetzes. 6.4.1.1 Das Faradaysche Induktionsgesetz Das Faradaysche Induktionsgesetz verbindet die zeitliche Änderung des Produktes aus magnetischer Feldstärke und von dieser durchflossenen Fläche mit der dadurch „induzierten“ Spannung. Das Skalar Produkt aus Feldstärke B und durchflossener Fläche A ist aber gerade der magnetische Fluß Φ, vgl. Abschnitt 6.3. Das Faradaysche Induktionsgesetz lautet damit: Die Induktionsspannung ist proportional zur zeitlichen Änderung des Induktionsflusses Φ: B A U d d ( A B) dt dt 2 Das Gesetz zeigt zunächst, daß die Induktion einer Spannung eine zeitliche Änderung in der Anordnung von Feldstärke und Fläche voraussetzt. Die Betrachtung der Ableitung zeigt aber auch, daß es drei grundlegende, unterschiedliche Änderungen des Aufbaus gibt, die zur Induktion einer Spannung führen: Man kann das Feld B, die Fläche A oder den Winkel zwischen der Flächennormalen und der Feldrichtung ändern: Formel U Anmerkung Ableitung des magnetischen Flusses nach der Zeit, ausgedrückt in den Beträgen der Feldstärke und der Fläche und dem Winkel zwischen Flächennormale und Feldstärke. d d d ( A B) A B cos dt dt dt A B A B cos U Def. des Skalarprodukts dA dB d B cos A cos A B. sin dt dt dt Induzierte Spannung in Abhängigkeit von A, B und . Tabelle 1 Das Induktionsgesetz Ist nur eine der Größen A, B und eine Funktion der Zeit, dann folgt Induzierte Spannung Zeitlich veränderliche Größe U dA B cos dt Größe A der Fläche (vgl. Versuch 1a) U dB A cos dt Betrag B der Feldstärke (vgl. Versuch 1b) U d A B sin dt Richtung zwischen der Flächennormalen und dem Feldvektor (vgl. Versuche 2 und 3) Tabelle 2 Das Induktionsgesetz bei nur einer zeitlich variablen Größe A, B oder Aus dem Induktionsgesetz folgt als Einheit für die Feldgröße B , letztere heißt auch Flußdichte oder magnetische Induktion , B V 2s Tesla m Versuch 1 Aufbau nach Abb. 1, Induktion bei 1a) langsamer Bewegung des Leiterstücks, 1b) schneller Bewegung. 2.) Das Magnetfeld wird ein- und ausgeschaltet, dadurch wird bei unveränderter Leiterschleife in dieser eine Spannung induziert. 2a) Ausschalten des Magnetfelds bei großer Leiterschleife 2b) Ausschalten des Magnetfelds bei kleiner Leiterschleife 3 6.4.1.2 Lorentzkraft und Induktionsgesetz Das Faradaysche Induktionsgesetz kann man bei Betrachtung der Kräfte auf eine Ladung q im magnetischen und elektrischen Feld gut verstehen. Im Aufbau der Abbildung 2 wird eine Spannung induziert, indem man die vom Magnetfeld durchflossene Fläche bei Bewegung eines Leiterstücks verändert. v x t Bewegtes Leiterstück B U FL b v FE x Abbildung 1 Kräfte auf die Ladungen in einem im Magnetfeld bewegten Leiterstück. Die Färbung des Leiters (rot positive, grün negative Ladung) symbolisiert die mit der Bewegung fortschreitende Ladungstrennung. Auf eine im Magnetfeld B mit der Geschwindigkeit v bewegte Ladung wirkt die Lorentzkraft FL . Jetzt wird die Ladung mechanisch bewegt, indem ein Leiterstück der Länge b im Feld B eines Magneten mit der konstanten Geschwindigkeit v in der Zeit t entlang eines Weges x geführt wird. Die Kraft auf die Ladungen führt zu einer Ladungstrennung, dadurch entsteht im Leiter ein elektrisches Feld E . Dieses Feld verursacht an den Enden des Leiterstücks die Spannung U b E . Formel FL q v B x FL q v B q B t FE q E U E b U FE q b FL FE x U q B q t b U b x A B B t t Anmerkung Lorentzkraft in Richtung des Leiters: Die Geschwindigkeit steht senkrecht zum magnetischen Feld, deshalb ist das Vektor- gleich dem gewöhnlichen Produkt. Kraft auf die Ladung im elektrischen Feld, das sich durch die Ladungstrennung aufbaut. Die elektrische Feldstärke erzeugt eine Spannung zwischen den Enden des Leiters, die Kraft wird durch die Spannung ausgedrückt. Zu jeder Zeit sind beide Kräfte entgegengerichtet, aber von gleichem Betrag, daraus folgt: Die induzierte Spannung ist proportional zur zeitlichen Änderung der vom Magnetfeld durchflossenen Fläche A b x 4 Tabelle 3 Induzierte Spannung bei Bewegung eines Leiters senkrecht zu den magnetischen Feldlinien. Durch die Bewegung des Leiters im Magnetfeld wurde also eine Spannung erzeugt. Die induzierte Spannung ist zur Geschwindigkeit der Bewegung des Leitungsstücks proportional. Man erkennt im vorhergehenden Versuch aber auch, daß auch bei unbewegtem Leiterstück, d. h. gleichbleibender Fläche, eine Spannung induziert wird, wenn sich das Magnetfeld zeitlich ändert. Die für die Induktion maßgebende Größe ist eben, gemäß dem Faradayschen Gesetz, die zeitliche Änderung des magnetischen Flusses . 6.4.1.3 Variation der Richtung zwischen der Flächennormalen und dem Feldvektor: Erzeugung von Wechselstrom Der Winkel zwischen der Flächennormalen und dem Feldvektor läßt sich leicht verändern, indem man bei vorgegebener Richtung des Magnetfeldes die Leiterschleife dreht. Feldstärke B Kollektor Flächennormale A Winkel (t ) Leiterschleife Drehachse Zeitlich veränderliche Projektion der Leiterschleife Abbildung 2 Zur Änderung des Winkels zwischen der Flächennormalen und dem Feldvektor bei Drehung einer Leiterschleife. Die Leiterschleife ist strichliert zu einer anderen Zeit eingezeichnet. Mit dem Winkel ändert sich die Projektion der Leiterschleife auf eine Ebene senkrecht zur Feldrichtung. Versuch 2 Drehung einer Leiterschleife im konstanten Magnetfeld Wird die induzierte Spannung am Schleifring abgegriffen, dann erhält man bei Drehung der Schleife mit konstanter Drehzahl eine Wechselspannung mit Sinus Form. Man erkennt das unmittelbar aus dem Induktionsgesetz: 5 Formel d A B sin dt (t ) t d dt 2 2 T U U (t ) A B sin U 0 sin t Anmerkung Richtung zwischen der Flächennormalen und Feldvektor (vgl. Versuche 2 und 3) Winkel (t ) bei konstanter Winkelgeschwindigkeit Ableitung nach der Zeit Definition der Winkelgeschwindigkeit, Frequenz und Periode T . Die Periode ist die Zeit für eine Umdrehung. Wird und d dt in das Induktionsgesetz eingesetzt, dann ergibt sich eine Wechselspannung mit Sinus Form Tabelle 4 Induktion einer Wechselspannung bei Drehung einer Leiterschleife mit konstanter Drehzahl 6.4.1.4 Induktion in einer Spule mit n Windungen Wird in einer Schleife eine Spannung induziert, dann wird die Überführungsarbeit für eine Einheit der Ladung aufgebracht. Bei n Schleifen vervielfacht sich die Arbeit entsprechend. Die Arbeit ist additiv, deshalb vervielfacht sich die Spannung bei Verbindung der Schleifen: d U n dt Wird die induzierte Spannung in einer Spule mit n Windungen erzeugt, dann ist die Spannung proportional zur Windungszahl der Sekundärspule. Versuch 3 Der Elektromotor mit Permanentmagnet wird als Generator betrieben. Es bestätigt sich Faradays Vermutung, daß die Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie im Elektromotor umkehrbar ist. 6.4.1.5 Der Selbstinduktionskoeffizient Wenn in feststehenden Spulen die Induktion mit einer zeitlichen Änderung des Magnetfelds verbunden ist, dann kann die induzierte Spannung mit Hilfe des „Selbstinduktionskoeffizienten“ L unmittelbar als Funktion des das Magnetfeld erzeugenden Stroms formuliert werden: Formel d dB dI U IND n n A L dt dt dt n B 0 I l n dI dB U IND n A n A 0 dt l dt A L 0 n2 l Anmerkung Induktionsgesetz für variable magnetische Feldstärke Konstante Feldstärke in einer Spule der Länge l mit Windungszahl n bei Strom I Aus Vergleich mit dem Induktionsgesetz der ersten Zeile folgt L als Koeffizient von dI dt : Selbstinduktionskoeffizient für eine lange Spule der Länge l, Fläche A und Windungszahl 6 L 1 Volt Sekunde 1Henry ( H ) Einheit des Selbstinduktionskoeffizienten Ampere Tabelle 5 Selbstinduktionskoeffizient einer langen Spule 6.4.1.6 Die Lenzsche Regel Das negative Vorzeichen im Induktionsgesetz zeigt, daß die induzierte Spannung U Sek stets so gerichtet ist, daß das Magnetfeld BSek des durch sie verursachten Stromes I Sek der Induktionsursache BPr im (t ) entgegenwirkt. Abstoßende Kraft zwischen den Spulen BPr im (t ) n BSek 0 I Sek l I Sek U Sek RSek U Pr im (t ) Abbildung 3 Zur Lenzschen Regel: Bei schnell ansteigender Spannung im Primärkreis, z. B. beim Einschalten, wird die Sekundärspule abgestoßen. Wären die Felder gleichgerichtet, dann würde der in der Sekundärwicklung induzierte Strom in der Primärwicklung eine den Primärstrom verstärkende Spannung induzieren, so daß von selbst die Leistung des Aufbaus stets wachsen würde. Versuch 4 Zwei Spulen stehen hintereinander. Der Einschaltstrom in der ersten induziert einen Strom in der zweiten, das Magnetfeld dieses Stromes treibt die Spulen auseinander. Im folgenden Versuch wir klar, daß bei kleinen Widerständen im Sekundärkreis sehr hohe Ströme fließen, entsprechend hoch wird das magnetische Gegenfeld. Das Induktionsgesetz gibt nur die Spannung vor. Versuch 5 Induktion in einem Ring mit und ohne Schlitz. Der Ring ohne Schlitz wird abgestoßen, weil die in ihm induzierte Spannung einen Strom erzeugt, dessen Magnetfeld dem erzeugenden in der Primärspule entgegengerichtet ist. Der geschlitzte Ring bleibt liegen, weil in ihm kein Strom fließt und somit kein magnetisches Gegenfeld induziert wird. Ist der Stromkreis in der Sekundärspule unterbrochen, dann wird zwar auf der Sekundärseite eine Spannung induziert, aber es fließt kein Strom und somit baut sich kein Gegenfeld auf. BPr im (t ) U Pr im (t ) U Sek A dBPr im dt 7 Abbildung 4 Induktion bei offenem Sekundärkreis. Die Spule bleibt kräftefrei, es gibt kein magnetisches Gegenfeld. Versuch 6 Wirbelstrombremse auf ein Pendel im Magnetfeld: a) ohne b) mit Schlitzen Versuch 7 Im Aufbau nach der folgenden Abbildung erkennt man: a) Wird auf der Primärseite eine Dreiecksspannung angelegt, dann wird auf der Sekundärseite eine Rechteckspannung induziert b) Die induzierte Spannung ist proportional zur Windungszahl der Sekundärspule c) Wird die Sekundärspule über die Primärspule hinausgeschoben, dann fällt die induzierte Spannung im magnetischen Streufeld außerhalb der Primärspule stark ab. Sekundärwicklung, verschiebbar Primärwicklung Abbildung 5 Primär- und Sekundärspule zum Induktionsversuch Primärspannung t Sekundärspannung t Tabelle 6 Die Sekundärspannung zeigt die negative Ableitung der Primärspannung Versuch 8 Die ringförmige Anordnung der Primärspule vermeidet das Streufeld Versuch 9 Ein kernfreier ringförmiger Hochfrequenztransformator um eine Gas gefüllte Kugel erzeugt längs seiner Achse ein zeitlich schnell veränderliches Magnetfeld. Dieses induziert im Gasraum - anstelle einer koaxialen Wicklung - eine Spannung. Dadurch fließt ein Strom im Gas, der es zum Leuchten angeregt. 8 Abbildung 6 Schema des Hochfrequenztransformators. Nur der äußere Strom ist in Drähten geführt, das axiale Magnetfeld induziert den Strom im Gas 6.4.1.7 Die vier Maxwellschen Gleichungen Die vier Maxwellschen Gleichungen für zeitlich konstante Felder aus Abschnitt 6.3 können nun um das Faradaysche Induktionsgesetz auf zeitlich veränderliche Felder erweitert werden: Satz von Gauß-Ostrogradski für elektrische Felder Für magnetische Felder gilt: „Ladungen sind die Quellen des elektrischen „Es gibt keine magnetischen Einzelladungen“ Feldes“ Q E dA Oberfläche 0 Oberfläche E B dA dA Faradaysches Induktionsgesetz: „Ein sich zeitlich änderndes magnetisches Feld erzeugt ein quellenfreies elektrisches Feld“ d E d s B dA dt Fläche Rand B dA 0 Ampèresches Durchflutungsgesetz: „Ströme sind die Quellen des magnetischen Feldes“ Bds Rand 0 I 9 ds E ds B B I dA Tabelle 7 Die vier Maxwellschen Gleichungen. Die oberen beiden Gleichungen betreffen die Bilanz des Flusses aus einem Volumen, die unteren die Durchflutung einer Fläche. Orange: Elektrische-, Türkis: Magnetische Feldlinien, Blau: Strom 6.4.2 Wechselstrom und Drehstrom 6.4.2.1 Wechselstrom Bei Rotation einer Spule im Magnetfeld entsteht ein Wechselstrom mit Sinus Form: U (t ) U 0 sin t Versuch 10 Mit dem Aufbau von Versuch 2 wird der Wechselstromgenerator vorgeführt. 6.4.2.2 Effektivwert der Wechselspannung Die Wechselspannung ist durch Maximalwert, Frequenz und Kurvenform (meistens mit Sinus Form) gegeben. Will man sie mit einer einzigen Zahl charakterisieren, so muß man diese definieren. Man führt dazu ihren Effektivwert ein. Dieser entspricht der Spannung eines Gleichstroms, der an einem ohmschen Widerstand die gleiche Leistung wie der Wechselstrom im zeitlichen Mittel verrichtet. Formel P U Eff I Eff U I 2 U (t ) 2 U 0 U (t ) I (t ) sin 2 t R R 1 sin 2 t 2 2 U U I 0 2 R Anmerkung Gesucht ist die Gleichspannung U Eff , die am gleichen Verbraucher R die zeitlich gemietete Leistung des Wechselstroms liefert Leistung des Wechselstroms zur Zeit t Mittelwert der sin-Funktion Zeitlich gemietete Leistung des Wechselstroms 10 Effektivwerte mit dieser Leistung 2 U Eff U 2 Eff U 0 I Eff R 2 R U U Eff 0 2 Effektivwert der Wechselspannung Tabelle 8 Effektivwert für Wechselspannung mit Sinus Form In Haushalts Stromnetz beträgt die Netzspannung (effektiv) 230 V bei 50 Hz und zeigt Sinus Form, die momentane Spannung oszilliert also 50 mal in der Sekunde zwischen ihren Extremwerten +-325 V. 6.4.2.3 Drehstrom, Drehstrommotoren und Generatoren Unter Drehstrom versteht man drei Wechselstromnetze, als „Phasen“ R, S und T bezeichnet, die gegeneinander um 1200 phasenverschoben sind. Eigentlich wären für die drei Netze 6 Leitungen erforderlich, man legt aber jeweils eine Leitung jeder Phase auf Erdpotential, so daß 3 Leitungen zum „Mittelpunktsleiter“ M zusammengefaßt werden. Somit genügen vier Leitungen für ein Drehstromnetz. Der Sinn dieser Anordnung wird im Hinblick auf die Krafterzeugung klar. Im Zeigerdiagramm gibt die Länge der Pfeile die Effektivwerte der Spannungen, ihre Richtung die Phasenlage an. Die Spannung zwischen zwei Phasen errechnet sich aus dem Zeigerdiagramm geometrisch zu U RS 2 U sin 60 0 U 3 Mit dem Effektivwert U=230 V folgt für die Spannung „zwischen den Phasen“ URS=398 V S 398 V R T 230 V Abbildung 7 Zeigerdiagramm zur Berechnung der Spannung zwischen den Phasen Wie aus dem Zeigerdiagramm ersichtlich ist, stehen im Drehstromnetz die (effektiv) Spannungen 398 V und 230 V jeweils 3 mal zur Verfügung. Je nach Art des Anschlusses- in „Dreieck“ oder in „Sternschaltung“- liegen 230 oder 398 V am Verbraucher. Zu den Steckdosen der Hausinstallationen wird jeweils eine Phase und der Mittelpunkt geführt (230 V). In unterschiedlichen Stockwerken oder Räumen können durchaus unterschiedliche Phasen liegen. Deshalb kommt es vor, daß ein Bildschirm z.B. an der einen Steckdose angeschlossen 11 flimmert, an der anderen nicht, wenn das Netz einer Phase durch einen Verbraucher gestört wird und die Steckdosen an unterschiedlichen Phasen liegen. R 230 V 380 V S M T Abbildung 8 Ohmsche Widerstände als Verbraucher an einem Drehstromnetz, links in Sternschaltung, rechts in Dreiecksschaltung angeschlossen. Wenn die drei Widerstände gleich groß sind, fließt über M kein Strom. Drehstrommotoren und Generatoren Aus dem Faradayschen Induktionsgesetz ist bekannt, daß nicht nur mechanische Veränderungen der vom Magnetfeld durchflossenen Fläche, sondern auch die zeitliche Änderung des Magnetfeldes in einer Leiterschleife einen Strom induziert. Mit Hilfe des Drehstroms gelingt es, mit festen Stator Spulen ein sich im Raum drehendes Magnetfeld zu erzeugen. Wird ein Leiter in dieses Feld gebracht, dann induziert das Drehfeld im Leiter einen Strom, der nach der Lenzschen Regel seiner Ursache, also der Änderung des Drehfeldes im Leiter, entgegenwirkt. Dem Durchlaufen der Drehfeldlinien kann der Leiter aber nur dadurch entgegenwirken, daß er sich im Drehsinn des Magnetfeldes mitdreht. Genau das ist aber bei Elektromotoren erwünscht! Man erkennt daraus, daß sich Drehstrommotoren durch einen besonders einfachen Aufbau auszeichnen, man braucht vor allem keinen verschleißenden Kollektor. Es genügt tatsächlich, daß ein Leiter im Drehfeld drehbar gelagert ist, die in ihm induzierten Wirbelströme nehmen ihn in Drehrichtung des Feldes mit. Motoren dieser einfachsten Bauart heißen Wirbelstrommotoren. Die Anker von Drehstrommotoren werden als Kurzschlußläufer bezeichnet, weil man zum Aufbau des induzierten Magnetfeldes einen kräftigen Stromfluß durch dicke Kupferleitungen braucht. Obwohl die physikalische Grundlage so robust ist, daß sich das Drehen des Ankers in einem Drehfeld praktisch nicht verhindern läßt, liegt doch viel Entwicklungsarbeit in der Optimierung der Drehmoment/Drehzahl Kennlinie. Es ist klar, daß bei gleicher Drehzahl von Drehfeld und Anker das Drehmoment verschwindet, weil sich der Leiter relativ zum Feld nicht mehr bewegt. Deshalb arbeiten diese Motoren mit Schlupf und werden als Asynchronmotoren bezeichnet. Im Prinzip wächst ihr Drehmoment mit zunehmendem Schlupf, der Verlauf der Drehmomentkennlinie kann aber konstruktiv (Anzahl der Spulen etc.) beeinflußt werden. Ist der Anker selbst magnetisch, dann folgt er dem Feld mit dessen Drehfrequenz. So arbeitet der Synchronmotor, sein Drehmoment fällt aber rapide ab, sobald er außer Takt gerät. In der unten links skizzierten „Sternschaltung“ liegen an den Verbrauchern 230 V. Man kann die Verbraucher aber auch in der „Dreiecksschaltung“ „zwischen die Phasen“ legen, an jedem Verbraucher liegt dann die Effektivspannung von 398 V. 12 Versuch 11 Drehfeld mit a) Kurzschlußläufer b) mit Ring c) mit Magnetnadel Abbildung 9 Läufer mit Turbinenschaufeln eines 84,6 MW Generators des Kopswerks, Österreich, 500 UpM, Spannung am Generator 12,5 kV Drehstromgeneratoren Im Drehstromgenerator rotiert ein Läufer mit drei im Winkel von 1200 symmetrisch angebrachten Spulen in einem homogenen Magnetfeld. In jeder dieser Spulen wird eine gegenüber den anderen um 1200 phasenverschobene Wechselspannung erzeugt. Die drei „Phasen“ werden mit R, S und T bezeichnet, bei der im folgenden dargestellten Sternschaltung gibt es noch den „Mittelpunkt“ M, der auf Erdpotential gelegt wird. Elektrisch leitender Läufer R Rotierende r Magnet M S T Wicklung des Stators Generator mit je einer feststehenden Spule für jede Phase und einem angetriebenem, rotierenden Magneten als Läufer Drehstrommotor in Sternschaltung, feststehende Spulen mit Kurzschlußläufer 13 Abbildung 10 Schema der Verdrahtung zwischen Drehstromgenerator und Drehstrommotor Abbildung 11 Straßenbahn mit Drehstromantrieb, Planung um 1900. Neue Lokomotiven (z. B. ICE) fahren tatsächlich mit Drehstrom, der aber Wechselstrom in der Lokomotive aus einphasigem mit einer für den Betriebszustand optimalen Frequenz erzeugt wird.