Im Reich der fünf Sinne

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Im Reich der fünf Sinne
Der größte Meister aller Zeiten formte eines Tages aus hervorragenden Materialien ein
wunderbares Wesen. Dieses Geschöpf hatte einen Körper aus Kopf, Hals, Rumpf und
Armen und Beinen. Es konnte sich bewegen, schlafen, essen und denken. Der Meister
nannte dieses kostbare Wesen "Namuh" und setzte es in eine wunderbare Welt. In dieser
Welt sollte Namuh sein Leben verbringen, wachsen und gedeihen.
Der Meister besah sich Namuh in dieser Welt und dachte nach. "Wenn Namuh in dieser
Welt leben soll, dann möchte ich auch, dass es mit dieser Welt Kontakt aufnehmen kann
und die Schönheiten und die Gegensätzlichkeiten erlebt."
Namuh
Großer Meister,
du hast mich hierher gebracht,
aber was soll ich da tun?
Ich weiß, ich kann schlafen,
denken, essen und mich bewegen.
Aber ich bin allein.
Hilf mir!
Großer Meister Warte Namuh!
Du bist ein wenig ungeduldig.
Ich werde dir den ersten Schlüssel
zur Welt um dich her geben.
Damit kannst du dir
diese Welt aufschließen.
Dann wirst du erleben,
dass du nicht allein bist.
Du wirst staunen,
was es alles rundherum zu entdecken gibt
und selbst in dir
wirst du Wunder über Wunder erkennen.
Die Sinnesorgane genial konstruierte
Werkzeuge zur
Wahrnehmung
Namuh blinzelt Was ist das!
Ahhh! So hell und klar!
Meister
Das mein liebes Namuh ist das Licht.
Du kannst jetzt
sehen.
Namuh
Meister, erkläre mir doch,
wie das funktioniert!
Meister
Auf der Vorderseite deines Kopfes,
im Gesicht hast du zwei Augen.
Mit ihrer Hilfe kannst du sehen.
Du unterscheidest hell und dunkel,
nah und fern und außerdem
erkennst du mit den Augen die Farben
in allen Schattierungen um dich herum.
Die Augen sind
Sinnesorgane.
Das Auge unser Fenster nach
draußen
Namuh
Ja, es ist schön hier.
Ich sehe eine bunte Vielfalt
an Farben und Formen.
Auch hell und dunkel kann ich unterscheiden,
aber wie geht das?
Meister
Komm mit, Namuh,
ich zeige dir alles,
was du wissen willst.
Schau in den Spiegel!
Siehst du die beiden Augen?
Namuh
Ja! Die sind hübsch!
Meister
Es freut mich, dass sie dir gefallen.
Das, was du in der Mitte siehst,
diesen kleinen schwarzen Punkt,
das nennt man
Pupille.
Sie ist der sichtbare Teil der
Linse.
Die Linse ist eine Öffnung,
die den Lichteinfall regelt.
Die Pupillenöffnung kann sich vergrößern
oder verkleinern, je nachdem
wie viel Licht durchgelassen werden soll.
"Die Annahme, das
Auge mit seinen
unnachahmlich
kunstvollen
Einrichtungen für
Die farbige ringförmige Fläche rundherum
Scharfeinstellung,
heißt
Regelung des
Iris oder Regenbogenhaut.
Lichteinfalls und
Ausgleich
Sie kann blau, grün, grau oder braun sein
sphärischer und
in den unterschiedlichsten Schattierungen.
chromatischer
Abberation habe
Weil das Auge sehr empfindlich ist, muss es
sich durch
immer gut befeuchtet werden.
natürliche Auslese
Das
bilden können, ist,
Augenlid
schließt sich immer wieder und verteilt dabei die wie ich offen
zugebe, in höchstem
Maße widersinnig."
Tränenflüssigkeit
Charles Darwin
über den gesamten
Augapfel.
Mit Hilfe des
Augenmuskels
kann sich der Augapfel übrigens bewegen.
Das heißt, du kannst nach oben und unten,
nach links und nach rechts schauen,
ohne den Kopf zu bewegen.
Meister
Die feinen Härchen,
die du am unteren und oberen
Lidrand
sehen kannst, nennt man
Wimpern.
Sie schützen das Auge vor Fremdkörpern.
Die Augen liegen gut geschützt
in knöchernen Höhlen, den
Augenhöhlen,
an deren oberem Rand du die
Augenbrauen
erkennen kannst.
Sie verhindern,
dass dir Schweiß von der Stirn in die Augen rinnt,
wenn du dich anstrengst.
Namuh
Das ist alles sehr genial durchdacht.
Schau Meister, die bunten Blumen auf der Wiese
und die Schmetterlinge.
Jeder ist ganz einzigartig, farbenprächtig und fein
geformt.
Und der Himmel über mir ist ein riesengroßes
blaues Zelt mit weißen Wattewölkchen.
Toll, dass ich das jetzt alles sehen kann.
In der nächsten Zeit war Namuh sehr beschäftigt damit, alle Farben und Formen, alle
Schattierungen von hell und dunkel zu entdecken, Bewegungen in der Ferne und in der
Nähe wahrzunehmen und sich seines Daseins zu erfreuen.
Namuh
Seltsam!
Die Blätter am Baum bewegen sich manchmal
ganz wild
und die Vögel öffnen ihre Schnäbel, ohne dabei
etwas zu fressen.
Da muss ich doch den großen Meister fragen,
was das bedeuten soll.
Meister
Namuh, ich merke,
du hast etwas Neues entdeckt.
Ich will dir weiter
die Welt rund um dich aufschließen.
Hier ist der zweite Schlüssel:
Du kannst hören.
Namuh
Ja, ich höre ganz deutlich ein leises Zwitschern
und Piepsen.
Was ist das?
"Würden wir den
Gehörsinn verlieren,
ginge uns eine
entscheidende
Orientierungsmöglichke
it verloren."
Werner Gitt
Meister
Das sind die Vögel im Baum,
die du mit deinen Ohren hören kannst. Die Ohren
sind auch
Sinnesorgane.
Namuh
Ohren?
Was ist denn das?
Ich kann keine Ohren an mir sehen!
Meister
Seitlich an deinem Kopf hast du Ohren. Du kannst
sie im Spiegel sehen.
So ein Ohr ist ein tolles Ding.
Mit der
Ohrmuschel
und ihren lustigen Rillen und Furchen kannst du
Geräusche und Töne rund um dich einfangen und
mit dem komplizierten Bauwerk des
Innenohres
wahrnehmen. Das Innenohr selbst liegt geschützt
vom
Trommelfell
in deinem Kopf. Geräusche, also
Schallwellen
nimmt das Trommelfell als
Schwingungen
auf. Ganz feine Knochen,
die wie
Steigbügel, Hammer und Amboss
aussehen,
leiten den Schall bis zur
großen Schnecke
im Innenohr, mit der du eigentlich hören kannst.
Außerdem hilft dir das Ohr,
Gleichgewicht
zu halten und
Druckunterschiede
auszugleichen.
Namuh
Das ist toll!
Jetzt höre ich auch das sanfte Murmeln des
Baches,
das Rascheln der Blätter im Wind und das
Summen von vielen kleinen Tieren über der
Wiese.
Meister
So ist es, liebes Namuh.
Du kannst deine Umgebung jetzt nicht nur sehen,
sondern auch hören.
Das Ohr das Sinnesorgan mit der
genauesten Messtechnik
Namuh
Horch, da raschelt etwas im Gras!
Was ist denn das?
Da muss ich genauer hinhören...
Meister lächelt
Mach das nur, liebes Namuh!
Namuh beginnt nun ganz genau hinzuhören auf alles, was sich in seiner Umgebung so tut.
Manchmal schließt es sogar die Augen, um besser hinhören zu können. Namuh entdeckt
eine Vielzahl von Tönen und Geräuschen um sich her. Wasserplätschern, Blätterrauschen,
Summen, Zirpen, Zwitschern, Brummen, Singen und unendlich viel mehr. Einmal kommt der
große Meister zu Namuh.
Meister
Namuh, mein Liebes,
ich habe dir etwas mitgebracht.
Heute schließe ich dir wieder eine Tür zum Reich
der Sinne auf.
Der dritte Schlüssel.
Namuh
Ja, Meister, was ist es diesmal?
Meister
Du hast da mitten in deinem Gesicht eine
Nase.
Halte diese Rosenblüte unter deine Nase und
atme langsam ein!
Namuh
Mmh. Das duftet ja ganz zart.
Was ist das?
Meister
Das ist der Duft der Rose.
Mit deiner Nase kannst du riechen.
Die Nase ist wieder ein
Sinnesorgan,
sie beherbergt den
Geruchsinn.
Mit ihr kannst du die verschiedensten Gerüche
wahrnehmen. In deiner Nase hast du eine
riesengroße Zahl an
Riechzellen.
Wann immer ein Geruch dort auftrifft,
kannst du den Geruch wahrnehmen.
Mit der Zeit wirst du verschiedene Gerüche auch
wieder erkennen.
Außerdem hat deine Nase noch die Aufgabe,
die Luft, die du einatmest,
mit einer großen Anzahl
winziger Härchen
zu reinigen, anzuwärmen und mit der
Nasenschleimhaut
zu befeuchten.
Pass auf, ich gehe mit dir ein Stück
und du sagst mir,
was du riechst....
Namuh
Das ist eine wunderbare Idee.
Komm, wir gehen durch den schattigen Wald bis
zum See.
Also hier im Wald rieche ich den Duft von
Nadelbäumen und Harz,
feuchtem Holz und Schwammerln.
Meister
Ja, gut.
Riechst du auch den Bärlauch
und das Moos?
Namuh
Da muss ich meine Nase näher dran halten,
dann rieche ich es bestimmt.
Jetzt merke ich schon,
dass wir bald beim See sind:
Die Luft riecht schon nach Wasser.
Ich rieche auch schon das Schilf am Ufer ...
Meister
Du merkst schon,
was man alles mit der Nase wahrnehmen kann.
Oft erkennst du sogar einen Ort,
wo du schon einmal warst,
am Geruch wieder.
Namuh
Das ist toll,
da brauche ich ja
nicht einmal die Augen
und Ohren zu benutzen.
Ich gehe einfach der Nase nach!
Und in den nächsten Tagen konzentriert sich Namuh ganz auf die Gerüche und Düfte in
seiner Welt. Es riecht an Blumen und Blättern, an Früchten und Bäumen.
Namuh
Großer Meister,
ich finde du hast diese Welt hier ganz toll
gemacht.
All die Farben und Geräusche,
die Düfte und Töne,
das ist wunderbar.
Ich kann tagelang riechen,
sehen und hören und ,
ich entdecke immer wieder etwas Neues.
Meister
Das freut mich Namuh,
dass es dir gefällt,
aber du hast noch nicht alles kennengelernt.
Der vierte Schlüssel fehlt noch.
Jetzt will ich dir etwas Besonderers geben.
Öffne einmal deinen Mund.
Namuh
Mmh. Ist das lecker.
Was ist das?
Das schmeckt köstlich, so saftig und fruchtig ...
Meister
Das ist eine ganz reife Erdbeere.
Du schmeckst ihr Aroma auf der
Zunge.
Sie beherbergt den
Geschmackssinn,
ist also auch ein
Sinnesorgan.
Bisher hast du deine Zunge nur zum Reden
gebraucht,
aber jetzt kannst du mit ihr auch deine Nahrung
schmecken.
Namuh
Schmeckt alles so wie diese Erdbeere? Oder gibt
es verschiedene Geschmacksrichtungen?
Meister
Das ist eine gute Frage.
Die Zunge kann mit ihren
Geschmacksknospen
vier große
Geschmacksrichtungen
wahrnehmen.
Süß, sauer, salzig und bitter.
Aber die meisten Nahrungsmittel sind eine
Mischung dieser vier Richtungen.
Außerdem kannst du nur dann schmecken, wenn
die Nahrung
wasserlöslich
ist.
Dieses Auflösen der Geschmacksstoffe besorgt
der
Speichel
im Mund,
der auch die
Schleimhaut,
mit der dein Mund ausgekleidet ist, feucht hält.
Hier koste einmal!
Namuh
Das sind alles herrliche Dinge,
die du mir da auftischst.
Ich bin schon gespannt,
wie sie schmecken.
Das schmeckt sehr sauer.
Was ist das?
Meister
Das ist eine Zitrone.
Und nun die nächste Frucht.
Namuh
Das ist bitter,
sieht aber ganz ähnlich aus wie die Zitrone.
Meister
Das ist eine Grapefruit.
Koste weiter!
Namuh
Das schmeckt salzig.
Davon bekomme ich Durst.
Meister
Da hast du recht.
Es ist auch Salz.
Salz bindet Wasser in deinem Körper und macht
durstig.
Darum solltest du beim Salzen deiner Nahrung
sparsam sein.
Namuh
Und das ist noch eine Erdbeere.
Die schmeckt süß. Mmh.
Jetzt kenne ich die vier Geschmacksrichtungen:
süß, sauer, salzig und bitter.
Ab heute wird das Essen und Trinken viel
aufregender,
denn jetzt kann ich genau feststellen, wie etwas
schmeckt.
"Bisher hat die
Wissenschaft nur
tastend zu erkunden
begonnen, nach welchen
Regeln uns der
Geruchsinn das
unermessliche Gebäude
der Erinnerung
erschließt."
Richard Axel
Namuh kostet und schmeckt sich durch seine Welt. Das Essen und Trinken ist eine
spannende Angelegenheit geworden. Von Zitronenlimonade und Kakao über
Radicchiosalat und Sardellenfilets. Bald entwickelt Namuh persönliche Vorlieben, was ihm
schmeckt. Immer wieder probiert es aber auch etwas Neues.
Und wieder bekommt Namuh Besuch vom großen Meister.
Meister
Liebes Namuh,
hast du alles gesehen, gehört, gerochen und
gekostet,
was es in deiner Welt
um dich herum gibt?
Namuh
Ach, großer Meister,
damit werde ich wohl nie fertig.
Es gibt so unglaublich viel zu entdecken. Es
macht auch solchen Spaß ...
Meister
Warte, Namuh, ich will dir noch einen Schlüssel
zum Reich der Sinne geben,
damit du wirklich alles wahrnehmen kannst.
Namuh
Wirklich?
Gibt es denn noch etwas,
was ich nicht erkennen kann?
Meister
Ja, das gibt es!
Ein Sinn fehlt dir noch: der
Tastsinn.
Jetzt kannst du ab sofort
tasten und fühlen.
Hier! Da hast du ein Küken.
Namuh
Ist das herzig, so leicht und so weich.
Mit flaumigen Federn.
Ich spüre das Küken in meiner Hand.
Es ist warm und weich,
das kleine Herz klopft schnell,
aber ganz zart und die kleinen Füße
suchen Halt auf meinen Fingern.
Das kitzelt!
Meister
Ja, das kannst du alles spüren.
Deine
ganze Haut,
die gesamte Oberfläche deines Körpers, ist mit
verschiedenen
Sinnespunkten
übersät.
Diese Sinnespunkte lassen dich unterscheiden,
ob etwas
warm oder kalt, hart oder weich, rau oder glatt
ist.
Du kannst erkennen,
ob sich etwas
feucht oder trocken
anfühlt
und du kannst auch
Schmerz
wahrnehmen.
Nicht jede Stelle deiner Haut ist gleich
empfindlich.
Die
Zungenspitze
und die
Fingerkuppen
sind sehr empfindlich
und können auch kleinste Unebenheiten
ertasten.
Für
Wärme und Kälte
bist du zum Beispiel am oberen Rücken
besonders empfindlich.
Die Haut ist dein
größtes Sinnesorgan.
Namuh
Wow! Da tut sich ja wieder eine neue Welt auf.
Jetzt wird es noch einmal spannender. Gerade
spüre ich den frischen Wind in meinem Gesicht
und die spitzen Steine unter meinen Füßen.
Und das Küken in meiner Hand.
Meister
Jetzt bist du gänzlich im Reich der Sinne
angelangt.
Schau einmal in die Ferne!
Namuh
Oh! Was sehe ich!
Da sind ja noch viele Wesen wie ich.
Lauter Namuhs!
Ich sehe, wie sie hin und herlaufen.
Ich höre ihr Lachen und ihr Plaudern. Schau, sie
umarmen einander,
sie essen und trinken mitsammen
und dort pflücken welche einen duftenden
Blumenstrauß.
Können die auch alle sehen, hören riechen,
schmecken und fühlen?
Meister
Aber ja!
Sie sind auch schon alle
im Reich der
fünf Sinne
angekommen. Jetzt könnt ihr eure Sinne
miteinander benutzen und euch erzählen,
was ihr schon entdeckt habt.
Das Alleinsein und die Langeweile haben damit
ein Ende, findest du nicht auch, Namuh?
Namuh
Ja, das glaube ich auch.
Und danke noch einmal für die Schlüssel,
mit denen du mir das Reich der fünf Sinne
aufgeschlossen hast.
Meister
Gern geschehen.
Nütze deine Sinne,
so oft du kannst.
Sie werden dein Leben bereichern.
Damit ist Namuh im Reich der Sinne angelangt und sehr beschäftigt. Es möchte doch jedem
erzählen, was es gehört hat, was sich angenehm und unangenehm anfühlt, was es am
liebsten schmeckt, wie sein Lieblingsduft riecht und was seine Augen gerade sehen. 
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