(Herpes_lang.doc) Augenärzte warnen: Herpes bedroht das Sehen! Fast jeder Mensch trägt die Viren in sich. Doch nur wenige wissen: Herpes kann ins Auge gehen Millionen kennen dieses Gefühl: Es kribbelt, es spannt, es brennt auf der Lippe. Und plötzlich bilden sich schmerzende Bläschen. Sie platzen auf, verkrusten und heilen ohne Behandlung erst nach einer Woche wieder ab. Herpes-Alarm! Doch Lippenherpes ist keineswegs nur eine harmlose Hautkrankheit. Was viele Betroffene nicht wissen: „Herpes-Viren können auch ins Auge gelangen und dort teilweise schwere Schäden hervorrufen“, warnt Augenarzt und Kongresspräsident Dr. Armin Scharrer (Fürth) auf dem 28. Internationalen Kongress der Deutschen Augenchirurgen (DOC), der vom 11. bis 13. Juni in Leipzig stattfindet. „Diese Schäden reichen von der einfachen Bindehautentzündung bis hin zur Erblindung. Manchmal hilft dann nur noch eine Hornhaut-Verpflanzung.“ Fakt ist: Über 90 Prozent aller Menschen in Deutschland haben sich irgendwann mit dem Herpes simplex Virus Typ 1 (HSV-1) infiziert, oft schon in der Kindheit. Sie tragen dieses Virus, das sowohl Lippen-, als auch Augenherpes auslösen kann, lebenslang in sich. Bei einer Schwächung des Immunsystems, bei Infektionen, Stress oder mechanischer Reizung kann es zu einem Ausbruch kommen. Deshalb leiden rund 40 Prozent der Erwachsenen mindestens einmal im Leben unter einem Lippenherpes. Bei fast jedem zweiten Betroffenen bricht der Herpes öfter aus. Teilweise sogar mehrmals pro Jahr. Als besonders infektiös gilt dabei die Flüssigkeit, die austritt, wenn die Bläschen aufplatzen. „Schon durch eine unbedachte Handbewegung können die Viren dann leicht durch Schmierinfektion auf das Auge übertragen werden“, sagt Dr. Scharrer. Auch Küsse sind in dieser Situation gefährlich. Von der Lippe ans Auge – der Weg ist nicht weit. Augenärzte schätzen, dass bei Lippenherpes die HSV-Viren in etwa ein bis zehn Prozent der Fälle auf das Auge übergreifen. Leichte Infektionen heilen oft von selbst wieder ab, besonders bei einem starken Immunsystem. Aber es kann auch zu massiven Komplikationen kommen. Neben den Herpes simplex Viren gibt es jedoch noch eine weitere Gefahr: Auch Varizella zoster Viren (VZV) können das Augenlicht bedrohen. Das sind die Erreger aus der Gruppe der Herpesviren, die bei Kindern Windpocken und bei Erwachsenen die gefürchtete Gürtelrose auslösen. Dabei kommt es zu einem schmerzhaften, streifenförmigen Hautausschlag mit Blasen auf einer Körperseite. Etwa jeder fünfte Mensch erkrankt während seines Lebens einmal an Herpes zoster. Pro Jahr sind es rund 400.000. Aber: Bei rund 50.000 tritt die Gürtelrose im Gesicht auf, bei rund 20.000 Patienten greifen die Viren auf die Augenhornhaut über. Dr. Scharrer: „Damit sind Herpes-Viren die mit Abstand häufigste Ursache für eine virale Entzündung der Augenhornhaut.“ Diese Entzündung macht sich durch typische Beschwerden bemerkbar. Wenn ein Auge rot wird, wenn es juckt und brennt oder besonders viel Flüssigkeit absondert, wenn ein Fremdkörpergefühl besteht („es reibt wie Sand im Auge“) oder wenn die Augen morgens beim Aufwachen verklebt sind, kann eine Herpes-Erkrankung der Grund dafür sein. „Ob bei diesen Symptomen nur eine bakterielle oder eine virale Bindehautentzündung oder eine Herpesinfektion der Augenhornhaut vorliegt, kann nur ein Fachmann feststellen“, so Dr. Scharrer. „Deshalb sollte jeder Betroffene bei diesen Beschwerden unbedingt einen Augenarzt aufsuchen. Ganz besonders dann, wenn gleichzeitig oder zu anderen Zeitpunkten eine Herpeserkrankung oder eine Gürtelrose aufgetreten ist.“ Liegt eine oberflächliche Herpesinfektion am Auge vor, behandelt sie der Augenarzt in der Regel mit Augentropfen oder Augensalben, die antivirale Wirkstoffe enthalten (z.B. Trifluoridin, Idoxuridin, Vidarabin, Aciclovir). Haben die Herpesviren bereits tiefere Schichten der Augenhornhaut befallen, kommen auch antiviral wirkende Tabletten oder Infusionen sowie antientzündliche Wirkstoffe (Steroide/Cortison) zum Einsatz. Eine frühzeitige Untersuchung beim Augenarzt und eine rechtzeitige Therapie können eine Ausbreitung in tiefere Schichten oft noch verhindern. Wenn die Herpesinfektion am Auge jedoch chronisch geworden ist und sich Schwellungen, Trübungen oder Narben in der Augenhornhaut gebildet haben, hilft in manchen Fällen nur noch eine Hornhaut-Transplantation. „Dabei müssen die ganze Hornhaut bzw. alle Schichten verpflanzt werden“, erklärt Dr. Scharrer. „Denn es besteht immer die Gefahr, dass sich das Herpesvirus in der untersten Schicht festsetzt, auch wenn nur die oberen Schichten geschädigt sind.“ Zumindest vor Herpes zoster kann man sich jetzt durch eine Impfung schützen. Seit 2013 ist auch in Deutschland ein Impfstoff verfügbar, der das Ausbrechen einer Gürtelrose und das Auftreten langanhaltender Nervenschmerzen nach einem Zoster-Ausbruch um mehr als 50 Prozent reduzieren kann. Der ZosterImpfstoff ist für Personen über 50 Jahre zugelassen. Die Injektion ist nur einmal erforderlich und erfolgt unter die Haut am Oberarm. Dr. Scharrer: „Weil zehn bis zwanzig Prozent aller Zoster-Infektionen das Gesicht und die Augen betreffen und dieses Risiko gerade ab einem Alter von 50 Jahren deutlich ansteigt, kann dieser neue Impfstoff auch vor Zoster-Erkrankungen des Auges schützen. Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung muss jedoch immer individuell getroffen werden. Neben dem Hausarzt beraten auch Augenärzte ihre Patienten gern darüber, ob und wann eine Impfung ratsam ist.“ Für Infektionen mit Herpes simplex gibt es noch keinen verfügbaren Impfstoff. Aktuelle Publikationen über experimentelle Studien am Tiermodell machen aber Hoffnungen auf zukünftige Entwicklungen auch auf diesem Gebiet. Für Patienten, die bereits an einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Herpes im Bereich der Augen, der Bindehaut oder der Lider erkrankt waren, der wieder abgeklungen ist, werden auf dem DOC-Kongress neue Empfehlungen diskutiert. Dr. Scharrer: „Weil hier das Risiko für ein erneutes Auftreten vergleichsweise hoch liegt, sollten sich die Betroffenen gerade jetzt im Sommer vor UV-Strahlung schützen und eine qualitativ gute Sonnenbrille tragen. Außerdem ratsam ist die Anwendung von Augentropfen mit künstlichen Tränen, weil das Feuchthalten der Augen vor einem erneuten Ausbruch schützen kann.“