12. Qualitätszirkel der SLAK in Frankenberg Tagesordnung für 27.02.2008, 18 bis 21 Uhr 1) Rückblick auf den 11. Qualitätszirkel am 26.09.07 - Verabschiedung der Praxishilfen Reisekrankheit, Prostataleiden, Sodbrennen und Hämorrhoiden - Verabschiedung des Protokolls 2) Rabattverträge 3) Gefahrstoffverordnung 4) Läuse 5) Herpes Praxishilfen für Schwerpunktthemen Zielstellung ist es, für jede Indikation Praxishilfen zur Beratung, zur Selbstmedikation und zur Selbstbehandlung in der Apotheke nach folgendem Vorgehen zu erarbeiten. 1) Rationale, möglichst evidenzbasierte Bewertung von Wirksamkeit und Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimitteltherapie 2) Kommunikation: Wie kommen wir mit dem Patienten ins Gespräch? Welche Informationen erfragen wir auf welche Weise vom Patienten? 3) Welche Arzneimittel wollen wir empfehlen, und welche Anwendungshinweise wollen wir geben? 4) Welche Hinweise auf Nebenwirkungen Kontraindikationen wollen wir geben? 5) Ziel: Praxishilfe als Flußschema und Läusebefall Die Kopflaus (Pediculus humanus capitis) ist ein flügelloses, ausgewachsen etwa 2 bis 3 mm großes abgeplattetes Insekt. Sie lebt in der Regel permanent auf ihrem Wirt im Kopfhaar. I. Fakten entwicklungsfähigen Eiern in der Regel bis höchstens 1 cm von der Kopfhaut entfernt etwa sieben Tage nach der Eiablage schlüpfen Larven Larven sind nach etwa neun Tagen geschlechtsreif Vom Ei bis zur ersten Eiablage der Weibchen dauert es etwa 17 bis 20 Tage. Befruchtete Weibchen legen lebenslang etwa drei bis fünf Eier täglich Entwicklungsfähige Eier sind im Haar durch ihre gelbliche bis mittelbräunliche Färbung schwerer zu finden. Läuse überleben getrennt vom Wirt bei Zimmertemperatur in der Regel nicht mehr als zwei Tage. Die optimalen Lebensbedingungen hat die Kopflaus bei etwa 28 °C, ab Temperaturen von 22 °C verlangsamt sich ihre Entwicklung, und bei 10 °C kommt sie fast zum Stillstand. Der hauptsächliche Übertragungsweg geht direkt von Mensch zu Mensch bei engem Kontakt durch Überwandern der Parasiten von Haar zu Haar. Kopfläuse können weder springen noch fliegen. II. Behandlung Zuerst ist der Nissenkamm ein wichtiges Mittel um gegen die Kopfläuse vorzugehen. Zum leichten Auffinden der Kopfläuse und ihrer Nissen empfiehlt es sich, die Haare mit einem Nissenkamm über einem großen Bogen weißem Papier sehr sorgfältig auszukämmen. Mit pedikuloziden Substanzen wurden in verschiedenen Studien Erfolgsraten von über 90% erzielt. Da Kopflausmittel nicht zuverlässig alle Eier abtöten und in Abhängigkeit vom Mittel und dessen Anwendung Larven nach der Erstbehandlung nachschlüpfen können, muss innerhalb eines engen Zeitfensters unbedingt eine Wiederholungsbehandlung mit dem Kopflausmittel durchgeführt werden - optimal ist Tag 9 oder 10., weil bis zum 8. Tag noch Larven nachschlüpfen und ab dem 11. Tag junge Weibchen bereits neue Eier ablegen können. Das regelmäßige Kämmen mit dem Nissenkamm während einer Zeitspanne von mindestens (!) acht Tagen ist bei allen hier vorgeschlagenen Behandlungen eine wichtige Begleitmaßnahme, nicht zuletzt um zu kontrollieren, ob man die Kopfläuse und ihre Eiablagen wieder los geworden ist. Schals, Mützen, Handtücher, Betttücher, Kopfkissenbezüge, Plüschtiere sollten bei mindestens 60 °C gewaschen oder für zehn Minuten im Trockner behandelt werden. Wenn das Waschen nicht möglich ist, kann man die Gegenstände für vier Tage bei Zimmertemperatur in einem dichten Plastikbeutel einschließen oder einen Tag lang bei -15 °C in der Gefriertruhe lagern. Ein Absaugen von Polstermöbeln, Teppichen, Autositzen und dergleichen ist ebenfalls ratsam. III. Fehlerquellen zu kurze Einwirkzeiten, zu sparsames Ausbringen des Mittels, eine ungleichmäßige Verteilung des Mittels, eine zu starke Verdünnung des Mittels in triefend nassem Haar, das Unterlassen der Wiederholungsbehandlung! weltweit beobachtete Resistenzen, insbesondere gegen Permethrin IV. Informationsmaterial - Siehe Wikipedia Selbstmedikationsmöglichkeiten Allethrin / Piperonylbutoxid (Jacutin® Ped. Spray)i Zulassung nach §18 IfSG Problem: Sprühnebel kann eingeatmet werden keine validen klinische Daten Permethrin (Infecto Pedicul® Lösung) Pyrethrum (Goldgeist® forte Lösung)i Zulassung nach §18 IfSG Zulassung nach §18 IfSG Engl., N=129, Nissenkamm 57% , Permethrin 13% nissenund läusefrei ii Keine validen klinische Daten Anwendungsbeobachtung: 90%ige Erfolgsquoteiii Als Medizinprodukte stehen Zubereitungen mit Kokosöl und -derivaten (z.B. Mosquito® Läuse Shampoo (Zulassung nach §18 IfSG befristet auf 2 Jahre), Aesculo® Gel), Dimeticon (Etopril® Lösungiv, Nyda L® Lösung, Jacutin® Pedicul Fluid (Erfolgsquote 65% im Vergleich zu Phenothrin mit 75 %v) bzw. Kokosöl, Anisöl und Ylang-Ylangöl (Paranix® Spray) zur Verfügung. Die Ergebnisse des Umweltbundesamtes sind nicht mit denen randomisiert kontrollierter klinischer Studien vergleichbar. Die Bescheinigung einer 100%tigen Wirkung durch das Umweltbundesamt garantiert keine 100%-ige Wirkung in der alltäglichen Anwendung. In England hat man über Jahrzehnte die Einmalbehandlung mit Pyrethroiden oder Malathion empfohlen und möglicherweise damit die Resistenzbildung gefördert. Wenn man den Eindruck hat, die Läuse sind gegen ein pyrethroidhaltiges Mittel (Infectopedicul, Goldgeist Forte oder Jacutin Pedicul Spray) resistent, empfiehlt sich der Wechsel in eine andere Wirkstoffgruppe (Nyda L, EtoPril, Mosquito Läuseshampoo) oder zu einem anderen Wirkprinzip (Bug Busting Methodevi), denn es ist in dem Fall davon auszugehen, dass die Läuse gegen ähnliche Wirkstoffe in dieser Gruppe ebenso unempfindlich sind. Lippenherpes Lippenherpes (Herpes simplex labialis) ist eine Viruserkrankung, die durch das Herpes-simplexVirus Typ 1 (HSV Typ 1, selten HSV Typ 2) hervorgerufen wird. Dabei entstehen an den Lippen kleine, nässende Bläschen (Sekret hochinfektiös). Diese Stellen sind empfindlich, schmerzen und jucken. Prävalenz Weltbevölkerung: 85 %; Prävalenz unter den 12-jährigen in Industriestaaten: 40 %. Bei 20-40 % bricht das Leiden aus, bei den meisten 2-3 x jährlich, bei 5-10% > 6 x jährlich. Latenz in den Ganglien. I. Ursache Die Ursache der Fieberblasen (Lippenherpes) ist das Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV Typ 1). Es wird durch folgende Mechanismen übertragen: Direkter Kontakt, z.B. beim Küssen; Tröpfcheninfektion, z.B. beim Husten, Niesen, Sprechen; Schmierinfektion, z.B. gemeinsames Benutzen eines Trinkglases; Die erste Infektion erfolgt meist im Kindesalter zwischen drei und fünf Jahren. Zwischen der Ansteckung und dem Krankheitsausbruch (Inkubationszeit) liegen meist zwei bis zwölf Tage. II. Reaktivierte Viren Das Virus greift die obersten Zellen der Haut an, dort bilden sich nässende Bläschen. Von der Oberhaut wandert das Virus über die Nervenbahnen zu den Nervenwurzeln. Hier bleibt es in einer Art Dämmerzustand, um bei geschwächtem Immunsystem wieder aktiv zu werden. Entlang der Nervenbahnen breitet es sich auf umgekehrtem Weg wieder in Richtung Haut aus und erscheint dort in Form von Bläschen (Reaktivierung). Auslöser für eine Reaktivierung sind beispielsweise: UV-Strahlung (Herpes solaris); Menstruation (Herpes menstrualis); Fieberhafte Infektionskrankheiten; Hormonelle (z.B. Schwangerschaft) und psychische Faktoren (z.B. Stress); Immunschwäche; Verletzungen; Ekelempfinden; mentaler Streß, Erschöpfung. Die Bläschen heilen innerhalb von acht bis zehn Tagen aus. III. Behandlung Lippenherpes wird nur behandelt, wenn die Beschwerden sehr ausgeprägt sind. Außerdem sind immer nur die Symptome, nicht aber die Ursache (Herpes-simplex-Virus) behandelbar. IV. Vorbeugung Allgemein gilt: Eine gesunde Lebensweise mit abwechslungsreicher Ernährung, Sport und ausreichend Schlaf stärkt das Immunsystem des Körpers. Und dies ist ein Voraussetzung, um das Herpes-simplex-Virus im Zaum zu halten. Bei starker Sonneneinstrahlung (z.B. Gletschersonne) Auftragen von Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor auf die Lippen und Regionen um den Mund; am wirkungsvollsten so genannte Sun-Blocker-Pasten. Ansteckungsgefahr verringern! Die Bläschen nicht mit den Händen berühren, denn Sie können das Virus auf andere Körperstellen übertragen. Auf keinen Fall Neugeborene berühren, denn eine Infektion mit dem Virus kann zu einer Gehirnhautentzündung (Enzephalitis) führen. Immer die Hände waschen, wenn man mit den Bläschen in Kontakt gekommen ist. Therapeutika gegen Lippenherpes Verminderung der Schmerzdauer, Episodendauer: Aciclovir Generica Permeation durch die Haut im Vergleich zu Zovirax geringer (Heumann < Stada < Zovirax) vii Zovirax® 5 x tgl. Penciclovir alle 2 Std. Verkürzung: 0,5 bzw. 0,6 Tage (n=686 bzw. n=699) Verkürzung: 1,0 Tage (n=3057) Reduktion schmerzhafter Episoden 0,6 Tage viii Reduktion schmerzhafter Episoden um 0,3 bzw. 0,4 Tage viii signifikante Überlegenheit bei einer Studie mit 40 Patienten im Vergleich zu Zovirax ix Cochrane Review: Nicht vorhanden. Melissenblätterextrakt: Cochrane Review: Nicht vorhanden. Studien deuten auf leichte Besserung der Beschwerden hin. Cochrane Review: Nicht vorhanden. Studien deuten auf leichte Besserung der Beschwerden hin. Rötung und Schwellung signifikant niedriger befallene Lippenfläche reduziert bei frühem Behandlungsbeginn Verlängerung des rezidivfreien Intervalls i HABEDANK, B., KLASEN, J. (Umweltbundesamt): Fortbildung für den öffentlichen Gesundheitsdienst 2006, Berlin 22.-24. März 2006 (Vortrag); http://www.bfr.bund.de/cm/232/kopflausbefall_welche_mittel_wirken.pdf#search=%22kopflausbefall%20habed ank%22 ii Nigel Hill (Hochschule für Hygiene und Tropenmedizin, London) et al.: British Medical Journal (DOI: 10.1136/bmj.38537.468623.E0) iii BIALEK, R.: Kinder- u. Jugendarzt 2005; 36: 197-202; HAUSTEIN, U.-F. et al.: Akt. Dermatol. 2002; 28: 406-9 iv BURGESS, I.F. et al.: BMJ 2005; 330: 1423 (4 Seiten) v Ärzte Ztg. vom 5. Juli 2007 vi BMJ Publishing Group: „Brit. Nat. Formulary 51”, März 2006, Seite 603-5 vii Bultmann JM, Patz B, Schnitzler P, Reichling J. Gleicher Wirkstoff - gleiche Wirkung? Dtsch Apoth Ztg 2004; 144: 1975 - 80. viii Spruance SL, Rea TL, Thoming C, Tucker R, Saltzman R, Boon R: Penciclovir cream for the treatment of herpes simplex labialis. A randomized, multicenter, double-blind, placebo-controlled trial. Topical penciclovir Collaborative Study Group. JAMA 1997; 277: 1374 - 1379. Raborn GW, Martel AY, Lassonde M, Lewis MAO, Boon R, Spruance SL: Effective treatment of herpes simplex labialis with penciclovir cream. J Am Dent Assoc 2002, 133: 303 - 309. ix Lin L, Chen XS, Cui PG, Wang JB, Guo ZP, Lu NZ, Bi ZG, Jia H, Yang XY: Topical application of penciclovir cream for the treatment of herpes simplex facialis/labialis: a randomized, double-blind, multicenter, acyclovir-controlled trial. J Dermatol Treat 2002, 13: 67 - 72.