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SONDERDRUCK aus
Freundlich überreicht durch:
2/2014
[1] MATERNALE UND AKTIVE IMMUNITÄT
Influenza-Erkrankungen können auch
außerhalb der Winterzeit auftreten.
Eine intensive Tierkontrolle ist
wichtiger denn je.
Influenza – Diagnostik zählt!
Mast- und Sauenbetriebe klagen vermehrt über hartnäckige Influenza-Fälle, die Monate andauern.
Nur eine ausgefeilte Diagnostik bringt die genauen Ursachen ans Licht.
E
ine Influenza kommt fünf Tage,
bleibt fünf Tage und geht fünf
Tage. Das war jahrelang die Standardaussage erfahrener Tierhalter.
Doch diese klare Symptomatik zeigt sich
in den letzten Jahren in den seltensten
Fällen. Denn die sogenannte Influenza
verbrüdert sich oft mit anderen Erregern. Sie können das Geschehen enorm
verstärken oder verschleppen.
Auslöser der Erkrankung sind häufig
wechselnde Außentemperaturen in der
Herbst- und Winterzeit. Verbunden mit
Windeinflüssen sind diese ein großes
Potenzial für Klimastörungen im Stall.
Gepaart mit einem hohen Erregerdruck
hält die Immunität der Ferkel und Mastschweine dem oft nicht stand.
SUS
Bakterielle Co-Erreger lassen sich auch durch
die Sektion unbehandelter Tiere eingrenzen.
Fieber und Fressunlust
In der Folge kommt es zu Husten,
erschwerter Atmung und hohem Fieber.
Teilweise ist eine Störung des Allgemeinbefindens mit verringerter oder fehlender Futter- und Wasseraufnahme erkennbar. Je nach Genetik sind diese Symptome für den Tierhalter aber schwer
auszumachen. Oftmals lässt erst eine
genaue Tierbeobachtung und die Ermittlung der Körpertemperatur den Grad der
Erkrankung erkennen.
Das klassische Influenzabild zeigt eine
hohe Erkrankungsrate speziell der Mastschweine und Sauen in kurzem Zeitraum. Die Saug- und Aufzuchtferkel sind
oft noch durch maternale Antikörper
geschützt.
Die Mastgruppen erkranken in der
Regel je nach Grad der Trennung der
Abteile zeitversetzt. Auch im Sauenbestand durchläuft die klassische Influenza
die Herde schrittweise. Je besser die
Gruppen getrennt sind, umso länger
braucht das Virus zur Verbreitung.
Todesfälle sind bei reinen Influenza-Infektionen sehr selten. Wenn Ausfälle zu
beklagen sind, handelt es sich meist um
hochtragende Sauen.
Das „neue“ Krankheitsbild
Aktuell weicht das Bild der Influenza-Infektion aber besonders in größeren
SUS
Co-Erreger wie PRRS, PCV2 oder Leptospiren lassen sich mithilfe von Nasentupfern abgrenzen.
Sie sind Teil des Labor-Standardpakets.
Fotos: Heil
Betrieben häufig vom bekannten Schema ab. Im Sauenbestand dominieren
Reproduktionsstörungen. Hierzu gehören vermehrtes Umrauschen, Aborte in
allen Stadien, mehr lebensschwache und
tot geborene Ferkel sowie Gebärmutterentzündungen nach dem Abferkeln.
Betroffene Sauen zeigen teils dezenten
Husten, oft nur wenig Fieber und Fressunlust. In ungeschützten Beständen tritt
Husten bei Saug- und Absatzferkeln auf.
Hier kommt es auch zum Anstieg
der Körpertemperatur, allerdings auch
innerhalb der Tiergruppe zeitversetzt.
In der Mast zeigen sich Husten und
Fieber oft deutlicher. Betroffen sind häufig insbesondere Tiere oberhalb 60 kg
Gewicht. Die milde Symptomatik der
Infektion kann sich im Bestand über
Monate hinziehen. Todesfälle ergeben
sich in der Regel erst durch eine Co-Infektion mit anderen Erregern.
Typisch ist, dass sich immer wieder
empfängliche Tiergruppen infizieren.
Dies zeigt sich darin, dass antibiotische
Bestandsbehandlungen keine nachhaltige Besserung bringen.
Neue Influenza-Subtypen
Ein Grund für die schwierige Bekämpfung der Influenza-Viren ist ihre hohe
Variabilität. Diese hat in den letzten Jahren einen Influenza-Subtyp hervorgebracht, der sich hinsichtlich seiner klini-
schen Symptome (Reproduktionsstörungen) und milden Atemwegsklinik schwer
von anderen Erregern unterscheiden
lässt. Es ist das sogenannte pandemische
H1N1-Influenza A-Virus.
Der neue Subtyp ist seit 2009 in verschiedenen schweinedichten Regionen
Deutschlands nachweisbar. Regelmäßig
kommt es in instabilen Mast- und Sauenbetrieben zu Influenza-ähnlichen Symptomen. Das Geschehen ist keinewegs auf
die Herbst- oder Winterzeit begrenzt.
Vielmehr ist auch in wechselhaften Sommermonaten ein Ausbruch möglich.
Diagnostik ist das A&O
Das Auftreten des neuen Subtyps hat
die richtige Erkennung und Behandlung des Influenza-Geschehens weiter
erschwert. Eine intensive Diagnostik ist
daher unverzichtbar. Insbesondere wenn
Reproduktionsstörungen im Sauenbestand im Vordergrund stehen, muss
unbedingt eine zielgerichtete, ausgefeilte Abklärung der Ursachen erfolgen.
Hierbei gilt es zunächst, Mykotoxinbelastungen, haltungsbedingten Stress,
mangelnde Wasserhygiene oder Managementfehler als Ursache auszuschließen.
Dann gehören serologische und virologische Blutuntersuchungen in ausreichender Anzahl zur Basisdiagnostik. Dabei
sind spezielle PCR- und Serologie-Tests
notwendig. Aktuell ist außerdem ein
Serologische und virologische Blutuntersuchungen gehören zur Basisdiagnostik.
Ausschluss der anzeigepflichtigen Erkrankungen unerlässlich.
Co-Erreger abgrenzen
Auch die Abgrenzung der Influenza-Infektion besonders zu PRRS, PCV2,
Leptospiren, Parvo und Rotlauf ist Teil
des Labor-Standardpakets. Hier spielt die
Entnahme von speziellen Nasentupfern
von akut erkrankten Tieren eine wichtige
Rolle. Bei längerer Problematik sollte in
jedem Fall auch die gepaarte Serumprobe
von erkrankten Tieren im Abstand von
drei bis vier Wochen in Erwägung gezogen werden. Im Abortmaterial lässt sich
das Influenzavirus nicht nachweisen,
aber einige andere wichtige Erreger.
Zusätzlich ist die Sektion frisch erkrankter Tiere mit anschließender Labordiagnostik zu empfehlen. Dabei ist die
Auswahl mehrerer Tiere sinnvoll, um
Zufallsbefunde zu vermeiden.
In Mastbeständen mit starker Atemwegsproblematik ist ein ähnliches Vorgehen wie bei den Sauen zu empfehlen.
Differenzialdiagnostisch sind hier einige
bakterielle Erreger zu berücksichtigen.
Diese können optimal durch die Sektion
unbehandelter Tiere bestimmt werden.
Organbefunde und Schlachthofchecks
sind in der speziellen Diagnostik von
untergeordneter Bedeutung. Die Anwendung von Kaustricken und Lungenspülproben zur Aufklärung einer speziellen
Erkrankung im Bestand ist nicht sinnvoll. Diese Methoden eignen sich eher
für Monitoringprogramme.
Zwei Fälle aus der Praxis
Die Notwendigkeit einer umfangreichen Diagnostik macht deutlich, wie
komplex das Influenzageschehen heute
ist. Entsprechend muss die Behandlung
speziell auf den Betrieb zugeschnitten
sein. Wie dies aussehen kann, zeigen
zwei Fälle aus der Praxis.
Im ersten Fall geht es um einen Sauenbetrieb. Hier traten im Sommer vergangenen Jahres Reproduktionsstörungen,
gehäufte perakute Todesfälle und Sauen
mit Fressunlust auf. Gleichzeitig waren
in der Ferkelaufzucht fiebrige Atemwegsinfektionen feststellbar. Beides deutete
auf eine mögliche Infektion mit dem
pandemischen Influenza-Virus hin.
Dieser Anfangsverdacht wurde jedoch
durch eine angepasste und aufwendige
Diagnostik im Sauenbestand widerlegt.
So konnte trotz intensiver Probennahme
kein Pandemie-Virus nachgewiesen wer-
den. Stattdessen wurde eine Influenza-Infektion der Ferkel mit den „alten“
Influenza-Subtypen ermittelt.
Die Infektion hatte im Bestand Fuß
gefasst, obwohl eine regelmäßige Vakzination der Sauen erfolgte. So hat der
Betrieb die Jungsauen während der Eingliederung und die Altsauen vor dem
Abferkeln gegen Influenza geimpft.
Als Gegenmaßnahme wurde das Impfschema umgestellt. Und zwar wird die
Sauenherde jetzt im Rahmen einer
Bestandsimpfung geschützt.
Bereits drei Wochen nach der Optimierung der Impftermine hatte sich die
Infektion im Aufzuchtstall „totgelaufen“. Gleichzeitig hatte sich die Problematik in der Sauenherde weitgehend
beruhigt.
Mast: PRRS als Co-Erreger
Der nächste Praxisfall spiegelt die Situation in der Mast wider. Der Betrieb lebt
kontinuierlich mit einer scheinbar
beherrschbaren PRRS-Infektion. Doch
seit dem Sommer 2013 traten massive
Atemwegs-Infektionen bei Tieren mit
mehr als 70 kg Lebendgewicht auf. Bei
wiederkehrendem Fieber waren teilweise
auch Todesfälle zu beklagen.
Obwohl der Ferkelerzeuger eine intensive Vakzination der Sauenherde gegen
PRRS durchführt, breitete sich das Krankheitsbild im Mastbestand aus. So waren
auch die nachgestallten Gruppen zunehmend betroffen. Selbst scheinbar genesene Mittel- und Endmastgruppen zeigten
akute Rückfälle. Die Verlust- und Kümmerer-Raten stiegen rasant an.
Die Diagnostik bestätigte die bekannte
PRRS-Infektion. Zudem brachte sie das
Influenza-A-Virus hervor. Im Sauenbetrieb konnte mittels Sektion auch in den
Lungen der Aufzuchtferkel das Influenza-Virus nachgewiesen werden.
Die lange Persistenz der Erkrankung
im Bestand und eine vorausgegangene,
sogenannte starke Sommergrippe des
Betriebsleiters deuteten auf einen Eintrag des Pandemie-Virus in den Mastbestand in Alleinlage hin. Eine wiederholte, zielgerichtete Beprobung mittels
Nasentupfer sowie zugehöriger Serologie
bestätigten den Verdacht aber nicht.
Als Maßnahme wurde daher beim Ferkelerzeuger die PRRS-Impfung auf die
Ferkel erweitert. Dies hat die Symptomatik in der Mast sofort gestoppt. Auch in
der Ferkelaufzucht beim Sauenhalter verbesserte sich der Gesundheitszustand
schlagartig. Offensichtlich hatte die
SUS
PRRS-Infektion die Immunität der Ferkel
extrem geschwächt. So konnten auch die
maternalen Antikörper gegen Influenza
keinen Schutz mehr bieten.
Die Beispiele zeigen, dass beim Nachweis des Influenzavirus – altbekannt
oder pandemisch – unbedingt eine
Abklärung aller anderen Faktoren sowie
möglicher Co-Erreger erforderlich ist.
Influenza-Impfung prüfen
Als Prophylaxe gegen das Influenza-AVirus ist eine Impfung der Sauenherde
mit entsprechend zugelassenen Vakzinen (H1N1, H1N2, H3N2) geeignet. Zur
Unterbrechung von Infektionsketten ist
im Einzelfall auch eine temporäre Impfung der Ferkel in Erwägung zu ziehen.
In klar diagnostizierten Pandemie-Virus-Fällen ist der innovative pandemische Influenza-Impfstoff ein wichtiges
Instrument zur Gesunderhaltung. Mit
einer behördlichen Ausnahmegenehmigung kann in betroffenen Beständen in
der Regel zusätzlich zum konventionellen Impfstoff gegen das Pandemie-Virus
geimpft werden. Wegen möglicher Übertragungen des Pandemie-Virus durch
Menschen auf die Schweine ist eine frühzeitige, alljährliche Schutzimpfung von
Kontaktpersonen empfehlenswert.
Fazit
Influenza-Erkrankungen sind heute
oft komplex und langwierig. Denn das
Virus verbrüdert sich gern mit Co-Erre-
gern und hat durch seine Variabilität
neue Sub-Typen hervorgebracht. Neben
einer ausgefeilten Diagnostik ist daher
ein strikter Bekämpfungsplan gefragt:
■ Landwirte müssen Atemwegs- und
Reproduktionsprobleme früh erkennen.
■ In schweinedichten Gebieten ist die
konventionelle Influenza-Impfung der
Sauenherde zu empfehlen.
■ In klar diagnostizierten Fällen ist der
neue Impfstoff gegen pandemische
Influenza ein wichtiges Instrument.
■ Ratsam ist zudem der humane Influenza-Impfschutz. Der Landwirt darf nie
grippekrank in den Stall gehen!
Ruth Wilmsen, Tierarztpraxis Egen, Kevelaer
Dieser Sonderdruck wird mit besonderer Genehmigung des Landwirtschaftsverlages GmbH, Hülsebrockstraße 2 – 8, 48165 Münster, herausgegeben.
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