Seminarveranstaltung: Motivationspsychologie Thema # 3: Aggression Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Gliederung • • • • • Vorstellen des Themas Vorstellen verschiedener Aggressionstheorien Anwendungsbeispiel: Hooliganismus - Einführung PAUSE Anwendungsbeispiel: Hooliganismus – Verbindung von Theorie und Praxis • Filmausschnitte • Fragen und Diskussion Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Gliederung • Vorstellen des Themas • Vorstellen verschiedener Aggressionstheorien Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer a) Frustrations-Aggressions-Theorie 1939 von Dollard und seinen Mitarbeitern (Doob, Miller, Mowrer und Sears) Kern: F -> A (-> F) streng formuliert: Frustration führt in jedem Fall zu Aggression, Aggression setzt in jedem Fall Frustration voraus! Erläuterung: Frustration ergibt sich aus der Störung einer zielgerichteten Handlung Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer a) Frustrations-Aggressions-Theorie Kritik • • • Frustration als der einzige Auslöser für Aggression? Setzt Aggression wirklich immer Frustration voraus? Bewirkt (ausgelebte) Aggression wirklich Frustration? • Mögliche Alternativen aus Frustration: Flucht oder Apathie • Aufgeweichte Form: Frustration schafft Anreize zu Aggression (es entsteht eine Reizhierarchie; stehen andere Reize über der Frustration, wird Aggression aufgeschoben) Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer b) Modelllernen / Imitationslernen 1973 von Albert Bandura • • • Aggression wird wie jedes andere Verhalten erlernt! relevant für das Erlernen sind: Verstärkungen ( + / - ; selbst), sowie klassische Konditionierungskonzepte (Signallernen, operante u. instrumentelle Konditionierung) Modelllernen: Aggressivität wird von z.B. Kindern bei anderen als „funktionierendes Mittel“ erkannt und dadurch als Option übernommen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer b) Modelllernen / Imitationslernen • • • • Modell wird erlernt spezifische Situation wird beobachtet, Modell kann dann abgerufen werden bei positiver Verstärkung wird das Modell fester ins Verhaltensrepertoire übernommen Je öfter sich das Verhalten so bewährt, desto fester ist es dann verankert Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer c) Entwicklungstheorie 1994 von Howell Huesmann • • • • • Aggression wird wie jedes andere Verhalten durch früh erlernte Programme gesteuert Bei der Beobachtung des Verhaltens anderer Personen enkodiert das Kind die Ereignissequenzen in Scripts Scripts umfassen: Ereignisse, Verhaltensweisen und Ergebnisse Gleicht eine Situation der „Scriptsituation“, wird das erlernte Verhalten als Option geprüft (Abwägung mit erlernten Normen) und evt. angewendet Verstärkung spielt dann wieder eine Rolle bei der Frage der Verankerung (Resistenz ggü. Modifikationen) Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer d) Kognitive Assoziationstheorie ab 1962 von Leonard Berkowitz • • • • • • Emotionale Gefühle sind ein assoziatives Netzwerk Verknüpfung von spezifischen Gefühlen, physiologischen Prozessen, motorischen Reaktionen und Erinnerungen unerwartete (negative) Ereignisse führen zu negativem Affekt (Ärger) dieser Ärger kann zu Flucht oder Kampf (Aggression) führen durch Priming über das Netzwerk kann sich Aggression entwickeln ausschlaggebende Faktoren können beispielsweise extreme Temperaturen sein Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer d) Kognitive Assoziationstheorie Kritik • • Theorie prognostiziert aggressives Verhalten, auch wenn es in keiner Weise erlernt oder verstärkt wurde Wie äußert sich dann also Aggression / aggressives Verhalten? Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer e) Psychoanalytische Aggressionstheorien ab 1905 von Siegmund Freud • • • • • Dualistisches Modell: 2 Urtriebe Destrudo (Todestrieb) und Eros (Lebenstrieb) im Zusammenspiel dieser beiden ergibt sich das menschliche Verhalten dabei entsteht auch immer ein Aggressionstrieb durch Sublimierung, Projektion, Verschiebung oder Hemmung kann mit dem Aggressionstrieb umgegangen werden Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer e) Psychoanalytische Aggressionstheorien ab ca. 1910 von Alfred Adler • • • • • Aggression ist ein Trieb / Instinkt zum Kämpfen die Unterdrückung dieses Triebes führe zu Angst beim Individuum die Auslebung des Instinktes kann bei „durchschnittlichen Menschen“ in völlig anderer Form erfolgen (Sport, Hilfsbereitschaft, Altruismus) später betrachtet er den Aggressionsinstinkt eher untergeordnet er diene teils unbewusst der Bewältigung von Problemen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer e) Psychoanalytische Aggressionstheorien Kritik • „Freud hat hier eindrucksvoll spekuliert; allerdings konnten ihm selbst viele Psychoanalytiker dabei nicht folgen.“ (Selg, H.) • bei diesen „Instinktheorien“ ist die Nachprüfbarkeit besonders fragwürdig Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer zu e) Kartharsis • • • • die Kartharsistheorie greift auf das psychoanalytische Triebmodell zurück (keine eigenständige Theorie) Aggressives Verhalten führt zu einer Reduktion von Aggression (Karthasis ~ Reinigung) somit können über kontrollierte Handlungen Aggressionen abgebaut werden später auch i. V. m. der A-F-T aufgegriffen worden Kritik • • empirisch schwierig zu belegen (Experimente waren eher uneindeutig) In der Realität zieht Aggressivität eher noch mehr Aggression nach sich -> dies spricht für die lerntheoretischen Ansätze Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer f) Ethologisches Instinktkonzept ab 1963 von Konrad Lorenz • • • • • Aggressionstrieb ist einer von 4 bedeutenden Trieben dieser hat viele unterschiedliche Funktionen unter anderem dient er zur Arterhaltung, indem in bestimmten Situationen Aggression über Flucht oder Angriff entscheidet Aggression = intraspezifischer Kampftrieb (Ausschluss von zwischenartlichen Auseinandersetzungen) Aggressionsenergie wird ständig nachgebildet, Entladung hängt von externen Reizen ab (starke Anlehnung an „Dampfkesseltheorie“) Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer f) Ethologisches Instinktkonzept Kritik • • Lorenz überträgt seine gewonnenen Erkenntnissen an Gänsen einfach auf den Menschen beim Menschen wirke sich dann der Aggressionstrieb besonders schwer aus, da in der Zivilisation der natürliche Einsatz bzw. „Entladungsmöglichkeiten“ fehlen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Übersichtsschema zu Theorien Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Gliederung • Vorstellen des Themas • Vorstellen verschiedener Aggressionstheorien • Anwendungsbeispiel: Hooliganismus - Einführung Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Hooliganismus Seminar Motivationspsychologie Thema: Aggression - Anwendungsbeispiel Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Gliederung 1. Begriffsdefinition / Struktur und Organisation 2. Krawall beim Fußball, Umfang und Ausmaß 3. Hooliganismus – Verbindung von Theorie und Praxis Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Hooliganismus 1. Begriffsdefinition Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Begriffsdefinition Herleitung des Begriffes • Erste Erwähnung 1898 in engl. Tageszeitung • Irisch-stämmige Familie „Houlihan“ • „Hooley‘s gang“ Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Hooliganismus „bezeichnet nicht Zuschauergewalt an sich, sondern eine Subkultur, die im Umfeld des Fußballs gewalttätig handelt.“ [Quelle: Ingo-Felix Meier, Hooliganismus in Deutschland, S.6] Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Hooliganismus 1. Struktur und Organisation Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Einteilung gem. Polizei und Ordnungsdienst •Kategorie A: Friedliche Fußballfans, die lediglich am Fußball interessiert sind •Kategorie B: Gewaltbereite/-geneigte Fußballfans, die Gewalt im Umfeld des Fußballs in Kauf nehmen •Kategorie C: Gewaltsuchende Fußballfans, die ausschließlich auf Gewalt aus sind Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Schätzungen der Polizei für die Saison 2002/03 3000 2675 2500 2175 2000 1500 1470 982 1000 Bundesliga 2. Liga 500 0 Kategorie B Kategorie C Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Zum Vergleich Zuschauerzahlen in der Saison 2002/03 • Bundesliga gesamt: 9.764.735 pro Spiel: 31.911 • 2. Liga gesamt: 3.089.625 pro Spiel: 10.097 Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Struktur • Altersdurchschnitt: 15-30 Jahre • Alle Gesellschaftsschichten vertreten (Arbeiter, Angestellte, Ärzte, Anwälte, Ingenieure, Polizisten und Soldaten) • kein direkter Zusammenhang zwischen Stellung in der Gesellschaft und Gewaltbereitschaft im Umfeld des Fußballs Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Struktur Schulabschluss 45,00% 40,00% 35,00% 30,00% 25,00% Gesamt D Hooligans 20,00% 15,00% 10,00% 5,00% 0,00% ohne Abschluss Hauptschulabschluss mittlere Reife HS-/FHS-Reife Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Hooliganismus 2. Krawalle beim Fußball, Umfang und Ausmaß Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Ausschreitungen: Umfang/Ausmaß Im Zusammenhang mit Krawallen im Umfeld des Fußballs kam es in der Saison 2002/03 in der BL und 2.Liga zu: • 3.389 Strafverfahren • 5.175 freiheitsentziehenden Maßnahmen • 222 verletzten Personen (52 Polizisten, 77 Gewalttäter und 93 Unbeteiligte) Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Strafverfahren 31 40 Körperverletzung 911 72 Sachbeschädigung Hausfriedensbruch 163 Landfriedensbruch Diebstahl 177 Widerstand § 86 a StGB 197 352 Erschleichen von Leistungen Verstoß gegen WaffG Raub 217 263 Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Ausmaß / Umfang • Ausschreitungen vorwiegend vor oder nach dem Spiel • Telefonische Koordination der Treffen unter den verfeindeten Hooligans • Örtliche und zeitliche Trennung vom eigentlichen Fußballspiel • Neben organisierten „Matches“ auch spontane Aufeinandertreffen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Zielrichtung der Gewalt • Häufig wahllos gegen gegnerische Fans sämtlicher Kategorien • Auch zielgerichtete Gewalt gegen Fans der Kategorien B und C Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Beispiele 1.) 01.10.2004 2.Liga: RW Essen – Eintracht Frankfurt 2.) 03.10.2004 „Match“ am Tag der deutschen Einheit 3.) Randale in der griechischen „National Division“ Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Impressionen Charleroi EM 2000: Deutschland - England Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Impressionen Charleroi EM 2000: Deutschland - England Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Impressionen England: Bild der Chelsea Headhunters Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Gliederung • • • • • Vorstellen des Themas Vorstellen verschiedener Aggressionstheorien Anwendungsbeispiel: Hooliganismus - Einführung PAUSE Anwendungsbeispiel: Hooliganismus – Verbindung von Theorie und Praxis Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Frustrations-AggressionsHypothese Langzeitmodell • Individuelle Frustration der Hooligans führt zu aggressivem Handeln Æ Wissenschaftlich kaum zu operationalisieren Æ Empirisch nicht überprüfbar Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Frustrations-AggressionsHypothese Kurzzeitmodell • Auf unmittelbare Frustration folgt Aggression Æ Erwartungen an das Spiel werden nicht erfüllt Æ Operationalisierbar und empirisch nachprüfbar Æ Feldstudien widerlegen Kurzzeitmodell Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Operantes Konditionieren und verbal aggressive Zuschauerhandlungen • Erfolgt auf Verhalten der Zuschauer ein Erfolg für die Mannschaft wird das zukünftige Verhalten der Zuschauer verstärkt Æ Nicht kontingentes Eintreten des Erfolges Æ intermittierende Verstärkung Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Operantes Konditionieren und verbal aggressive Zuschauerhandlungen • Weitere Aggressionsverstärkung durch Bekräftigung des Verhaltens der Fans untereinander (Anerkennung, Aufmerksamkeit) ÆInsbesondere für aggressive Handlungen und Äußerungen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Modelllernen und aggressive Zuschauerhandlungen • Aggressionen werden durch Beobachten am Modell erlernt (Bandura) Æ Hierbei spielt die Wahrnehmungsebene keine Rolle Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Modelllernen und aggressive Zuschauerhandlungen • Modellhaftes Verhalten von Erwachsenen hat enormen Einfluss auf Kinder und Jugendliche Æ Jüngere Fans schauen sich ihr Verhalten bei Älteren ab Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Modelllernen und aggressive Zuschauerhandlungen • Aggressive Vorbilder regen nicht nur zur Nachahmung an, sondern haben auch eine enthemmende Wirkung auf bereits gelernte aggressive Verhaltensmuster Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Modelllernen und aggressive Zuschauerhandlungen • Verhalten von wenig attraktiven Modellen und sogar abgelehnten Personen werden nachgeahmt, wenn sie als nützlich und erfolgreich empfunden werden Æ Übernahme aggressiver Sprechchöre, Gesänge, Drohgebärden und Gesten von verfeindeten Fangruppierungen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Modelllernen und aggressive Zuschauerhandlungen • Gewalttätige Handlungen von Hooligans, obwohl unter Strafe gestellt, können verstärkt werden durch positive Bewertungen anderer Hooligans und dem Anstieg im Ansehen (Anerkennung, Aufmerksamkeit, Zuwendung) Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Modelllernen und aggressive Zuschauerhandlungen • Der Spieler als Modell „Kampf um den Ball“ als modellhafte Aggressionen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Lerntheoretische Konzepte Sozial-kognitive Lerntheorie und aggressive Zuschauerhandlungen • Prozess des Lernens am Erfolg und am Modell als aktiver kognitiver Prozess unter Berücksichtigung von Erwartungen und Motivationen Æ Abgewogene Entscheidung (Bandura) Æ Fußball, als aggressiver Mannschaftssport, wirkt als Lernmodell besonders auf Hooligans, da in deren Subkultur aggressive Handlungen positiv bewertet und verstärkt werden Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Triebtheoretische Konzepte • Mensch als passives Objekt mit einem nicht steuerbaren und nicht erlernten Aggressionstrieb • Sportliche und nationale Wettkämpfe als Katharsis (Lorenz) ÆZuschauer müssten nach dem Spiel eine geringere Bereitschaft für aggressives Handeln zeigen Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer Triebtheoretische Konzepte Folgerungen: ÆZuschaueraggressionen können nicht gemindert werden ÆZuschaueraggressionen als gewünschte Form des Abbaus von Aggressionen (Katharsis) Kevin-Gunter Daehmlow Oliver Fischer