LERNPAPIER GK: Gewalttheorien

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Pädagogik 12 GK Lernpapier: Aggressionstheorien Datum:____________
1 Rauchfleisch:
PSYCHOANALYSE
Gewalttätiges Verhalten ist häufig Folge schwerer FRÜHKINDLICHER MANGELERFAHRUNGEN und erlebter
TRAUMATA.
Straffällige Gewalttäter haben oft eine (evtl. subjektiv) traumatische Kindheit hinter sich, z.B.:
- soziale Instabilität der Familie
- intrafamiliäre Spannungen
- ökonomische Probleme
- Beziehungsabbrüche
↓
 Entstehung von (Ur-)Misstrauen
 Anstauungen von Wünschen und Ansprüchen, sowie ein Hunger nach Zuwendung und Bestätigung (oralaggressiver Kernkonflikt)
 gleichzeitig Angst vor tiefergehenden Beziehungen (Sehnsucht-Angst-Dilemma)
 starke Abwehrmechanismen
→ z.B. Spaltung: Menschen sind manchmal (nur) gut oder (nur) böse
→ oder Verleugnung: z.B. der eigenen Kindheitstraumata oder negativen Verhaltens
 gestörte Realitätswahrnehmung => Entwicklungshemmung + mangelnde Integration
 Entstehung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS):
→ Menschen als Mittel zum Zweck
→ überhöhtes Ich-Ideal (unerreichbar)
→ geringe Frustrationstoleranz
 extreme Frustration  Aggression
Prävention: Vermeidung frühkindlicher Traumata (Ausgleich finanz. Benachteiligung, Vermeidung von
Ausgrenzung in Randgruppen, institutionelle Unterstützung bei Erziehung, Elternkurse)
2 a) Dollard: FA- Theorie
EXPERIMENTELLE AGGRESSIONSFORSCHUNG
Frustration (Hindernisse, Provokation, körperlicher Stress) führt zu Aggression
Prävention: Vermeidung frustrierender Situationen
ABER Frustration kann auch positiv wirken, z.B. zum Lernen / zu Veränderung anregen oder die
Persönlichkeitsentwicklung fördern (s. Erikson).
2 b) Nolting: FA- Theorie
BEHAVIORISMUS
Frustration kann zu Aggression führen. Folgende Bedingungsfaktoren machen gewalttätiges Verhalten
wahrscheinlicher.
1) negative Bewertung (z.B. Absicht des anderen) => Ärger => Aggression
2) + Verhaltensrepertoire (eher gewalttätig als konstruktiv problemlösend)
3) + fehlende Hemmungen
4) + aggressive Modelle und Signale (u.a. Provokateur)
Prävention:
1) wohlwollende Behandlung / Erziehung, Fördern von Einfühlungsvermögen & Gelassenheit
2) konstruktive Problemlösekompetenzen fördern
3) Hemmungen durch Strafen (Vorsicht! => mehr Frust) und Einfühlungsvermögen fördern
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4) z.B. Waffen schlechter verfügbar machen, Medien zensieren, vorbildliches Verhalten zeigen, aggressiv
aufgeladene Situationen meiden, stellvertretende Bestrafung vermeiden
2 c) Nolting: Bedeutung des Erzieherverhaltens
Maximale Kontrolle
BIOGRAPHIEFORSCHUNG
Minimale Kontrolle
Wärme
untypisch für Aggressivität, aber problematisch -
Kälte
verschiedene unerfreuliche Auswirkungen
besonders aggressions-fördernd
Besonders förderlich ist emotionale Wärme in Verbindung mit angemessener Kontrolle.
Aber: Sozioökonomische Lebensbedingungen und familiäre und außerfamiliäre Faktoren sind zu beachten!
Generell führt v.a. das Erzieherverhalten zu Gewalt, was von den Kindern als missachtend empfunden wird!
Prävention: Institutionelle Aufklärung (z.B. Pädagogikunterricht) und Unterstützung (z.B. Jugendamt).
Vertrauenslehrer, Freunde oder Psychologen können als ‚Schutzfaktoren‘ dienen.
3 Sutterlüty: die ‚Gewaltkarriere‘
BIOGRAPHIEFORSCHUNG
Gewalttätiges Verhalten ist häufig Folge KINDLICHER OHNMACHTSERFAHRUNGEN. Die Gewaltakte stellen
für die Täter eine INNERE BEFRIEDIGUNG dar.
I
Opfer von familiärer Gewalt / Erleben familiärer Gewalt an Elternteil oder Geschwistern
↓
Ohnmachtsgefühle (v.a. wenn Gewalt aus nicht nachvollziehbaren Gründen angewendet wurde)
oder
Missachtungserfahrungen (v.a. bei gezielter Demütigung)
II
Epiphanische Erfahrung: erste eigene Gewaltakte
↓
Rollentausch wird als Wendepunkt gesehen, das Opfer wird zum Täter
III
Handlungsschemata der Gewaltausübung
Drang, Opfererfahrungen auszugleichen
+
andere werden negativ interpretiert (wollen sie demütigen, ärgern, unterdrücken)
+
Suchen von Triumphgefühlen durch Gewalt
+
Gewalt wird irgendwann als etwas Positves angesehen
↓
Gewaltakte werden wiederholt
Prävention: Institutionelle Aufklärung (z.B. Pädagogikunterricht) und Unterstützung (z.B. Jugendamt).
Vertrauenslehrer, Freunde oder Psychologen können als ‚Schutzfaktoren‘ dienen.
4 Heitmeyer:
INDIVIDUALISIERUNG => DESINTEGRATION => GEWALT
Individualisierung nimmt zu durch…
- gesteigerten materiellen Lebensstandard => verschiedene Lebensstile
- gestiegene soziale und geographische Mobilität
- höhere individualisierende Bildung
SOZIALPÄDAGOGIK
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Die Folgen der Individualisierung sind ambivalent.
positiv
- mehr Entscheidungsfreiheit
- leistungsabhängiger Lebensstandard (= nicht
durch den der Eltern festgelegt)
-
Pluralismus
-
Selbstverwirklichung durch Beruf
-
freie Partnerwahl
…
negativ
- Entscheidungszwang, mehr Verantwortung
- Leistungsdruck & Benachteiligung durch
Lebensumfeld oder angeborene
Leistungsfähigkeit (ADHS, Behinderungen etc.)
- Konflikte zwischen verschiedenen
Wertvorstellungen, mangelnde Sicherheit durch
Traditionen, Normen & Werte
- Forderung nach Flexibilität => mangelnde
Sicherheit in der Familie
- wechselnde Beziehungen
…
Wer in der Leistungsgesellschaft nicht besteht, wird ausgegrenzt: DESINTEGRATION
Dies führt zu einem Mangel an Selbstwertgefühl: VERUNSICHERUNG
Heitmeyer beschreibt drei Ebenen, auf denen Desintegration stattfinden kann
- die sozial-strukturelle Ebene
- die institutionelle Ebene
- die personale Ebene
GEWALT dient jetzt…
… der Identitätsdarstellung (z.B. Überlegenheitsgefühl, Stolz etc.)
… dem Gemeinschaftsgefühl (kriminelle/gewalttätige Gruppen als Ersatzfamilie)
GEWALT ALS PRODUKTIVE REALITÄTSVERARBEITUNG
4 ARTEN DER GEWALT
1. expressive Gewalt (nicht kalkulierbar)
Ziel: Aufmerksamkeit, Anerkennung, Darstellung der eigenen Person; Opfer wird zufällig ausgewählt, Täter
sind Menschen, die Nicht-Unterscheidbarkeit und Langeweile als Bedrängung empfinden
(akzeptable Form: Tabuverletzungen)
2. instrumentelle Gewalt
Ziel: Selbstdurchsetzung bei geringen Durchsetzungschancen, Probleme lösen, Anschluss finden => Opfer:
ausgewählt, Überlegung zu Tat (z.B. Mobbing von Kollegen)
3. regressive Gewalt (= hinter demokratische Werte zurückfallend)
Ziel: Ausdruck von Überlegenheit, Aufhebung von unsicherheitsfördernden Desintegrationsprozessen
(politisch, sozial, beruflich) und Erlangen ethnischer Überlegenheit,
Opfer: Minderheiten (z.B. Nationalität), Anwendung: politische Motive
4. autoaggressive Gewalt (auf sich selbst gerichtet)
Ziel: Gewalt als letztes Mittel, Wunsch wahrgenommen zu werden, Problemlösung für sich selbst,
Opfergefühl
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6 Eisenberg:
SOZIOLOGIE
Es gibt KONKRETE AUSLÖSEFAKTOREN für Amokläufe. In der Regel sind die Täter generell desintegriert.
Hinzu kommt dann immer noch ein akutes traumatisches (noch stärker desintegrierendes) Erlebnis, z.B.:
- Scheidung
- Arbeitsplatzverlust
- Schulverweis etc.
Eisenberg führt die Zunahme von Amokläufen auf eine negative Entwicklung der Gesellschaft zugunsten der kalten
Kapitallogik zurück:
 Rücksichtslosigkeit führt zu Erfolg
 berufliche Anforderungen steigen

wirkt sich auf die Kindererziehung aus:
 ambivalente Verhaltensanforderungen an Eltern: Beruf  Kinder
 Kind wird nach eigenem Nutzen beurteilt

EMOTIONALE KÄLTE (z.B. an Bedingungen geknüpfte Liebe)

MEDIEN werden als Ersatzerzieher missbraucht / dienen als Ersatzbefriedigung für fehlende Geborgenheit

 ausgeprägte Modelle fehlen
 Narzissmus wird verstärkt
+
SCHULEN haben höhere Leistungsanforderungen und führen zu Frustration und Kränkung
Prävention: Eltern müssen ihrer Erzieherfunktion gerecht werden und emotionale Sicherheit bieten. Schulen
müssen als Ersatzvorbilder dienen, wenn dies nicht geleistet wird. Anforderungen an Kinder müssen
angemessen sein.
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