Teure Fehler schon in Stellenanzeigen vermeiden

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RECHT UND STEUERN
Diskriminierungsverbot
Teure Fehler schon in Stellenanzeigen vermeiden
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der
­ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der
sexuellen Identität verhindern. Unzulässige Diskriminierungen sind daher auch im Arbeitsrecht verboten. Einem diskriminierten Arbeitnehmer können Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche zustehen.
Eine unterschiedliche Behandlung kann indes
zulässig sein. Dazu muss das Merkmal wegen
der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der
Bedingungen der Ausübung eine wesentliche
und entscheidende berufliche Anforderung
darstellen. Anschaulich wird dies am Beispiel
des Mannequins für Damenbekleidung. Eine
solche Tätigkeit kann selbstverständlich nur
eine Arbeitnehmerin ausüben.
Immer wieder wird übersehen, dass das Diskriminierungsverbot schon bei der Stellensuche
und im Bewerbungsverfahren gilt. Dies bedeutet, dass bereits bei der Stellenanzeige und im
Vorstellungsgespräch (im Zusammenhang mit
dem Fragerecht des Arbeitgebers) Vorsicht geboten ist. Beide sind ohne Verstoß gegen das
Benachteiligungsverbot zu gestalten.
Im gerichtlichen Verfahren genießen Stellenbewerber, die Ansprüche wegen einer eventuellen Diskriminierung geltend machen, Beweis­
erleichterungen. Sie müssen zunächst nur Indizien beweisen, die eine Diskriminierung
vermuten lassen. Anschließend muss das Unternehmen beweisen, dass gerade keine unzulässige Diskriminierung vorliegt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah das Gebot
der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung
verletzt, weil in einer Stellenanzeige nach einem
„Geschäftsführer“ Ausschau gehalten wurde. Es
gab keinen Zusatz „m/w“ noch wurde „ein/e
Infos zum Arbeitsrecht
Die IHK Offenbach am Main bietet interessierten Unternehmen am 16. und 23. September 2013 die Möglichkeit, sich zur Einstellung und Kündigung von Arbeitnehmern
in zwei Veranstaltungen zu informieren.
Details und die Möglichkeit zur Anmeldung
­finden Sie unter http://ihkof.de/arbrecht.
Geschlechtsneutral formulierte Stellenanzeigen sind eine Möglichkeit, Verstöße ­gegen das Allgemeine
­Gleichbehandlungsgesetz zu vermeiden. Foto: Fotolia
Geschäftsführer/in“ gesucht. Die Richter werteten die nicht neutrale Formulierung als Indiz
einer Benachteiligung der Bewerberin und sprachen ihr eine Entschädigung von einem potentiellen Bruttomonatsgehalt (13.000 Euro) zu.
Selbst die Einladung weiblicher Bewerber änderte nichts an der Verurteilung des Arbeitgebers.
Eine Stellenanzeige, die „ausgezeichnete
Deutsch- und Englischkenntnisse“ beinhaltete,
ist nach dem Landesarbeitsgericht SchleswigHolstein kein Indiz für eine Diskriminierung
wegen der ethnischen Herkunft. Die Entschädigungsklage einer russischstämmigen Bewerberin wurde daher abgelehnt.
Werden „Mitarbeiter zwischen 25 und 35 Jahren als Net-Entwickler und SQL Datenbankentwickler“ gesucht, ist die Stellenanzeige ein
Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters.
Ältere Arbeitnehmer können nach dem Bundesarbeitsgericht selbst dann eine Entschädigung verlangen, wenn das Unternehmen keine
Arbeitnehmer einstellt. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs ist aber, dass der ältere
Bewerber objektiv für die Stelle geeignet ist.
Die Formulierung in einer Stellenausschreibung
„Wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz
in einem jungen motivierten Team.“ ist nach
dem Landesarbeitsgericht Nürnberg für sich
genommen noch kein Indiz, welches eine Diskriminierung wegen des Alters vermuten lässt.
Das Adjektiv „jung“ beziehe sich nicht auf den
Bewerber, sondern beschreibe die aktuelle
Struktur der Belegschaft.
Werden in einer Stellenausschreibung für ein
Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/
Young Professionells“ gesucht und richtet sich
die Anzeige ausdrücklich an „Berufsanfänger“,
können diese Bezeichnungen nach dem Bundesarbeitsgericht Indizien einer unzulässigen
Benachteiligung wegen des Alters sein. Insofern
sei „Young Professionell“ mit „junger Fachmann/Fachfrau“ zu übersetzen. Geklagt hatte
ein 36-jähriger Volljurist.
Autor:
Dr. Joachim Reiff,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Arbeitsrecht
Telefon (069) 915 0 999 0
E-Mail [email protected]
Offenbacher Wirtschaft 07/08 2013
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