Programmheft als PDF - Staatskapelle Dresden

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13. Oktober 2016
Semperoper
2. KAMMERABEND
D O N N ER S TAG 13.10 .16 2 0 U H R
I SEMPEROPER DRESDEN
2. KAMMERABEND
Tangente Quattro
Anja Krauß,
Franz Schubert Violine
Heiko Mürbe Viola
Ulrich Rüger Violoncello
Blechbläser der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Helmut Fuchs, Johannes Häusle*,
Siegfried Schneider Trompete
Nicolas Naudot Basstrompete
Zoltán Mácsai, Miho Hibino, Lars
Scheidig*, Miklós Takács Horn
Michael Bigelmaier (als Gast),
Jürgen Umbreit, Frank van Nooy,
Danilo Koban (als Gast) Posaune
Jens-Peter Erbe Tuba
Manuel Westermann Pauken
Christian Langer, Simon Etzold,
Yuka Maruyama* Schlagzeug
Jobst Schneiderat Orgel
Federico Kasik,
Robert Kusnyer Violine
Luke Turrell Viola
Matthias Wilde,
Titus Maack Violoncello
Viktor Osokin* Kontrabass
* Akademist / Akademistin
PROGRAMM
Severiano Briseño (19 0 2 -19 8 8)
Tangente Quattro
»El Sinaloense«
Bearbeitung: Osvaldo Golijov
Streichquartettkompositionen
und -bearbeitungen:
Stevie Wonder (*19 5 0)
Alexandra Vrebalov (*19 7 0)
»Sir Duke«
Bearbeitung: Jörg Widmoser
»Pannonia Boundless«
Aníbal Troilo (1914 -19 7 5)
»Responso«
Bearbeitung: Osvaldo Golijov
Astor Piazzolla (19 21-19 9 2)
»Four for Tango« (1989)
Agustín Lara (18 9 7-19 7 0)
»Se ne hizo fácil«
Bearbeitung: Osvaldo Golijov
George Gershwin (18 9 8 -19 37 )
»Summertime«
Bearbeitung: Manfred Grafe
Astor Piazzolla (19 21-19 9 2)
aus »Las Cuatro Estaciones Porteñas«:
»Otoño Porteño« (Der Herbst)
Bearbeitung: Thomas Werner-Mifune
Rezső Seress (18 9 9 -19 6 8)
»Gloomy Sunday«
Bearbeitung: Osvaldo Golijov
PAU S E
Henri Tomasi (19 01-19 71)
»Fanfares liturgiques«
für Blechbläserensemble
mit Pauken und Schlagzeug
1. Annonciation
2. Evangile
3. Apocalypse (Scherzo)
4. Procession du Vendredi-Saint
Sofia Gubaidulina (*19 31)
»Risonanza«
für 2 Trompeten, Basstrompete,
4 Posaunen, Orgel und 6 Streichinstrumente
Dirigent: Helmut Branny
Zum 85. Geburtstag der Komponistin
Samuel Barber (1910 -19 81)
»Mutations from Bach«
für 4 Hörner, 3 Trompeten,
3 Posaunen, Tuba und Pauken
ZUM PROGRAMM
S
ie spielen nicht einfach, sie grooven, jonglieren mit Klassikern und
variieren Werke von Komponisten wie Wynton Marsalis oder Philip
Glass: Tangente Quattro besteht aus Mitgliedern der Sächsischen
Staatskapelle Dresden und der Dresdner Philharmonie sowie einem
freischaffenden Musiker. Gewöhnlich mit klassischer Musik arbeitend,
erkundet das Ensemble vorzugsweise musikalische Pfade jenseits des etablierten Konzertrepertoires. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Werke des argentinischen Bandoneon-Spielers und Komponisten Astor Piazzolla, der auch als Begründer des Tango Nuevo gilt, einer Weiterentwicklung des traditionellen Tango
Argentino. Aber auch Stücke u. a. von George Gershwin, des amerikanischen
Soul-und Pop-Sängers Stevie Wonder, Aníbal Troilo, genannt „Pichuco« und
argentinischer Musiker und Arrangeur, des ungarischen Pianisten und Komponisten Rezső Seress sowie der Mexikaner Augustín Lara und Severiano Briseño
stehen auf dem heutigen Programm. Über ihr Repertoire und musikalisches
Anliegen vermerkt das Ensemble: »Tangente Quattro liebt musikalische Reisen,
ob in den Rausch der Minimal Music, nach Südamerika oder ins Zigeunerlager.
Mit viel Freude widmen wir uns der Musik mit anderer Leidenschaft und anderem Witz.« Anja Krauß, die außerdem Violonistin in der Staatskapelle Dresden
ist, führt durch den Programmteil von Tangente Quattro.
»Obwohl ich der Verwendung der meisten modernen Ausdrucksformen nicht
aus dem Weg gegangen bin, bin ich doch im Inneren stets Melodiker geblieben.
Ich schreibe für ein großes Publikum«, verrät Henri Tomasi sein musikalisches
Credo. Das Leben des 1901 in Marseille geborenen Komponisten zeigt sich für
weltliche und geistliche Ausrichtungen gleichermaßen offen. Der zeitweilige Mitstreiter von Francis Poulenc und Darius Milhaud verdient seinen Unterhalt zunächst als Bar- und Kinopianist, bevor er als Rundfunkdirigent nach FranzösischIndochina geht. Immer mehr findet er seinen Weg zu Gott und zieht sich in ein
Kloster zurück, um sich nach dem Zweiten Weltkrieg vom Glauben abzuwenden.
1935 schreibt er eine Musik für die Radiofassung von O. V. de Milosz’ »Miguel
Mañara«, eine Nacherzählung der Don-Juan-Legende, in der der große Verführer
wieder auf die richtige Bahn kommt. Tomasi verwendet diese Musik in den frühen
1940er Jahren für eine entstehende Oper: Don Juan beendet sein ausschweifendes
Leben durch den Eintritt ins Kloster, wird hier vom Höllenfeuer verschlungen
und kehrt später als Mönch zurück. Das Thema trägt Parallelen zu Tomasis Leben. Er steckt mitten in einer unglücklichen Liebesaffäre, die seine Ehe belastet.
Als einziger Ausweg scheint ihm die religiöse Klausur. Die Gräuel des Zweiten
Weltkriegs lassen ihn jedoch an der christlichen Heilslehre zweifeln. Außerdem
gelingt ihm die Aussöhnung mit seiner Frau. Er wechselt die Mauern: 1945 nimmt
er die Position des Dirigenten an der Opéra de Monte-Carlo an. Die vier »Fanfares
liturgiques« sind Teil seiner Oper »Don Juan de Mañara«. Zunächst im Sinne eines
Konzertstücks als »Fanfares concertantes« bezeichnet, erhalten sie wenig später
ihren nunmehrigen Titel. Der vierte Satz, eine Karfreitagsprozession, stammt
aus dem zweiten Akt der Oper. Die Szene spielt in der Umgebung von Sevilla, wo
derartige Festzüge das Bild der Heiligen Woche prägen. Als die Prozession vorbeizieht, schöpft Miguel Mañara, der mutlos dem Tod seiner geliebten Frau folgt,
Orientierung und Kraft aus der Stimme des Heiligen Geistes.
In ihrem 23-minütigen Werk »Risonanzwa« wendet sich Sofia Gubaidulina
dem Phänomen des Nachhalls oder Widerklangs zu. Betrachtet man die binnenmusikalische Anlage, so arbeitet die Komponistin hier mit ausgewählten
Resonanzprinzipien und Resonanzeffekten, bezogen u. a. auf die Obertonreihe
bzw. Naturtonreihe als Folge charakteristischer Intervalle, die aus der Schwingung von Saiten und Luftsäulen entstehen. Das Stück für 14 Solisten trägt Züge
eines Concerto grosso; vier Gruppen und eine solistische Orgel konzertieren
miteinander. Die Aufteilung der Instrumente ergibt sich aus der Besetzung und
Stimmung: die Trompeten sind einen Viertelton tiefer gestimmt; Posaunen, erste
Violine, ers­tes Cello und Kontrabass sind regulär gestimmt. Dagegen tönen
zweite Violine, Viola und zweites Cello ebenfalls einen Viertelton tiefer. Mit der
Verbindung der Stimmung und dem Typus des Concerto grosso stellt sich Sofia
Gubaidulina in die Tradition des achtzehnten Jahrhunderts. Die damals beliebte
Scordatura (abweichende Stimmung) schärft die Klangfarbe und lässt Experimente mit Mikrointervallen zu. Im späten Herbst 2000 beginnt Gubaidulina mit
der Komposition, nachdem ihr Opus summum, die Johannes-Dilogie, in weiten
Teilen beendet ist. »Risonanza« ist ein Werkauftrag für Reinbert de Leeuw und
dessen Schönberg Ensemble. Im Februar 2001 liegt es abgeschlossen vor, wenige Monate später kommt es am 18. April 2001 im Amsterdamer Concertgebouw
zur Uraufführung. Piccolotrompete und Orgel eröffnen das Werk, durchbrochen
von zahlreichen Pausen, die mit einer geheimnisvollen Bedeutung aufgeladen
werden. In ihnen hallt nach, was vorangegangen ist. Nach verschiedenen Gruppenkombinationen und einer Orgelkadenz treten die Posaunen hinzu. Spätestens
hier liefern sich die Instrumente ein dichtes Konzertieren. Die tiefen Streicher
produzieren mit Wassergläsern Glissando-Effekte. Auswahl der Saiten, Rhythmus und Dauer werden der freien Phantasie der Spieler überlassen. Immer mehr
kommt es zu einem Gegenklingen der Instrumentengruppen. Wenn die vierte
Posaune wiederholt eine Obertonreihe intoniert, ist der Schlussteil erreicht –
eingeleitet von einer neuerlichen Orgelkadenz, die schwingend zwischen C-Dur
und Des-Dur tonale Überblendungen schafft, bevor mit Einsatz der Piccolotrompete die Ausgangsbesetzung wiederhergestellt ist. Die Posaunen steigen ab in
tiefste Tiefen, die Streicher auf in höchste Höhen – deutlicher ist die komplementäre Struktur einer Resonanz nicht auszumachen. Der Klangraum wird ausgereizt, um bis zu den Randbezirken des Widerhalls vorzudringen.
Samuel Barber wird meist mit einem seiner Werke in Verbindung gebracht: dem
Adagio for Strings, das 1938 als Streichorchestersatz unter Toscaninis Leitung
uraufgeführt wird und eigentlich den zweiten Satz seines B-Dur-Quartetts bildet – eine Musik voll expressiver Direktheit, die schnell über den Konzertsaal
hinaus Berühmtheit erlangt. Barber stammt aus West Chester, einer Kleinstadt in
der Nähe von Philadelphia an der amerikanischen Ostküste. Bereits mit 14 Jahren
erhält er am neu gegründeten Curtis Institute in Philadelphia eine umfassende
Ausbildung in Gesang, Klavier, Komposition und Dirigieren u. a. bei Fritz Reiner
und George Szell. Ein Stipendium ermöglicht ihm von 1935-37 einen Aufenthalt
in Rom. Barber, so heißt es, spielt oder studiert fast täglich die Werke Bachs.
1967 stellt er die »Mutations from Bach« für Blechbläser und Pauken fertig. Ein
Jahr später wird das Stück, das auch als »Meditations on a Theme of Bach« bekannt ist, am 7. Oktober 1968 in der New Yorker Carnegie Hall vom American
Symphony Orchestra unter der Leitung von Leopold Stokowski erstmalig aufgeführt. Es besteht aus einer kurzen Folge von vier Veränderungen über den
Choralgesang zum Abendmahl »Christe, du Lamm Gottes«. Gegenüber Leopold
Stokowski äußert sich Barber über das Werk: »Zunächst erklingt es in der Akkordfolge von Joachim Decker (1604), dann in der Harmonisierung von J. S. Bach aus
der Kantate Nr. 23 (›Du wahrer Gott und Davids Sohn‹), danach im Canon alla
duodecima aus dem Choralvorspiel Nr. 21 in Bachs Orgelbüchlein, ferner als Zitat
aus dem Rezitativ ›Ach, gehe nicht vorüber‹ aus Bachs Kantate Nr. 23 und endet
mit der Wiederkehr der alten Version des Chorals.« Barber ordnet die Melodie
demnach weitgehend chronologisch, beginnend mit Deckers abgedunkelter
Fassung aus dem frühen siebzehnten Jahrhundert, gefolgt von Bachs heller und
reicher Harmonisierung aus der genannten Kantate und ihrer kontrapunktischen
Setzung im Orgelbüchlein. Zudem tönt Barbers eigenes Arrangement der Harmonisierung aus Bachs Kantate für gedämpfte Trompete im hohen Register und
Solohorn, das die melodische Linie spürbar hervorhebt.
ANDRÉ PODSCHUN
Tangente Quattro
Das Dresdner Streichquartett Tangente Quattro wurde im Herbst 2012 aus Musikern der Staatskapelle Dresden, der Dresdner Philharmonie und der freien
Musikszene gegründet. Anja Krauß (Violine) stammt aus Dresden und spielt seit
1998 in der Staatskapelle Dresden. Franz Schubert (Violine) ist ebenfalls Dresdner. Im Alter von 23 Jahren engagierte ihn die Sächsische Staatskapelle Dresden,
deren ersten Violinen er bis heute angehört. Heiko Mürbe (Viola) ist seit 1989
Mitglied der Dresdner Philharmonie und zudem Gründungsmitglied der Dresdner Kapellsolisten. Der in Dresden geborene und lebende Cellist Ulrich Rüger
konzertiert zudem als Mitglied des Karalis Cello Quartetts. Er war mehrfach Gast
des Rastrelli Cello Quartetts und des Leipziger Bach Collegiums. Diverse Erstausgaben edierte er bei renommierten Verlagen und hat sich als Arrangeur für
verschiedene Besetzungen einen Namen gemacht.
VORSCHAU
1. Aufführungsabend
M O N TAG 17.10 .16 2 0 U H R
S E M P ER O P E R D R E S D E N
Lorenzo Viotti Dirigent
Matthias Wollong Violine
Ludwig van Beethoven
Violinkonzert D-Dur op. 61
Ernest Chausson
Symphonie B-Dur op. 20
Kammermusik der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden
Verantwortlich:
Friedwart Christian Dittmann,
Ulrike Scobel und Christoph Bechstein
IMPRESSUM
Sächsische Staatskapelle Dresden
Chefdirigent Christian Thielemann
Spielzeit 2016| 2017
H E R AU S G E B E R
3. Symphoniekonzert
Sächsische Staatstheater –
Semperoper Dresden
© Oktober 2016
S O N N TAG 3 0 .10 .16 11 U H R
R E DA K T I O N
M O N TAG 31.10 .16 2 0 U H R
André Podschun
D I E N S TAG 1.11.16 2 0 U H R
TEXT
S E M P ER O P E R D R E S D E N
Omer Meir Wellber Dirigent
Camilla Nylund Sopran
Michael König Tenor
Thomas E. Bauer Bariton
Franz-Josef Selig Bass
MDR Rundfunkchor
Richard Strauss
Serenade Es-Dur op. 7
für 13 Blasinstrumente
Joseph Haydn
Symphonie f-Moll Hob. I:49 »La Passione«
Sofia Gubaidulina
»Über Liebe und Hass«
Oratorium für Soli, Chor und Orchester
Deutsche Erstaufführung
Auftragswerk der Sächsischen Staatskapelle
Dresden, der Stiftung Frauenkirche Dresden,
des Philharmonischen Orchesters Rotterdam
und des Gergiev Festivals Rotterdam
Kostenlose Konzerteinführungen
jeweils 45 Minuten vor Beginn im
Opernkeller der Semperoper
Der Einführungstext von André Podschun
ist ein Originalbeitrag für dieses Heft
B I L D N AC H W E I S
Frank Höhler
G E S TA LT U N G U N D S AT Z
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