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European Journal of Human Genetics (2010) 18; doi:10.1038/ejhg.2010.42
& 2010 Macmillan Publishers Limited All rights reserved 1018-4813/10
www.nature.com/ejhg
Indikationskriterien für genetische Diagnostik
Bewertung der Validität und des klinischen Nutzens
(Clinical utility gene card)
Indikationskriterien für die Krankheit:
Marfan-Syndrom Typ 1 und verwandte Phänotypen [FBN1]
Mine Arslan-Kirchner1, Eloisa Arbustini2, Catherine Boileau3, Anne Child4, Gwenaelle CollodBeroud5, Anne De Paepe6, Jörg Epplen7, Guillaume Jondeau8, Bart Loeys6 and
Laurence Faivre9
1.
2.
1
Institute of Human Genetics, Hannover Medical School, Hannover, Germany
Laboratorio di Diagnostica Molecolare, Patologia Cardiovascolare e dei Trapianti, Centro
Malattie Genetiche Cardiovascolari, Policlinico San Matteo, Pavia, Italy
3. 3Département de Génétique, Institut de Recherche Necker Enfants Malades, Hopital Necker –
Enfants Malades, Paris, France
4. 4Sonalee Laboratory, Cardiac and Vascular Sciences, St George's University of London,
London, UK
5. 5Laboratoire de Génétique Moléculaire, CHU de Montpellier, Institut Universitaire de
Recherche Clinique, Montpellier, France
6. 6Center for Medical Genetics, Ghent University Hospital, Gent, Belgium
7. 7Department of Human Genetics, Ruhr University Bochum, Bochum, Germany
8. 8Service de Cardiologie, CHU Hôpital Xavier Bichat – Claude Bernard, Paris, France
9. 9Centre de Génétique, Centre Hospitalier Universitaire de Dijon, Dijon, France
Korrespondenz: Dr. M. Arslan-Kirchner, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule
Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, D-30625 Hannover, Germany. Tel: +49 511 532 6532; Fax: +49 511
532 8533; E-mail: [email protected]
2
Diese Clinical Utility Gene Card wurde nach ihrer ersten Online-Publikation am 7. April 2010 korrigiert:
Dem Verlag war mitgeteilt worden, dass auf dem eingereichten Manuskript sieben Autorennamen
fehlten. Diese sind jetzt oben angefügt.
1. Angaben zur Krankheit
1.1 Name der Krankheit (Synonyme)
Marfan-Syndrom Typ 1 und verwandte Phänotypen.
1.2 OMIM# der Krankheit
154700.
1.3 Name der untersuchten Gene oder DNA-/Chromosomensegmente
FBN1.
1.4 OMIM# des Gens
134797
1.5 Mutationsspektrum
Mehr als 1.700 verschiedene krankheitsverursachende Mutationen wurden beschrieben (UMD
database1; Collod-Béroud et al2; Collod-Beroud G, pers. Mitt.).
Alle Arten von Mutationen wurden beschrieben. Bei einer Untersuchung von 1.013 Probanden mit
pathogener FBN1-Mutation wurde folgende Verteilung gefunden: 56% Missense-Mutationen; 17%
Frameshift-Mutationen; 14% Nonsense-Mutationen; 11% Splice-Mutationen; 2% In-frame-Deletionen.3
1.6 Untersuchungsmethoden
Zwei unterschiedliche Strategien für das FBN1-Mutationsscreening finden ggw. Anwendung:
1. Direkte Sequenzierung der genomischen exonischen DNA mit den flankierenden IntronSequenzen;
2. oder DHPLC oder high-resolution melting und nachfolgender Bestätigung durch direkte
Sequenzierung.
Wenn keine Mutation gefunden wurde, kann in klinisch überzeugenden Fällen eine Suche nach
genomischen FBN1-Umlagerungen mittels MPLA oder verwandten Techniken empfohlen werden.
Wahrscheinlich wird durch dieses Verfahren die Mutationserkennungsrate signifikant verbessert: In
einer Untersuchung von 101 Patienten mit Marfan-Syndrom und verwandten Phänotypen und
fehlendem Nachweis einer FBN1-Mutation bei direkter Sequenzierung konnte bei zwei Patienten (2%)
mittels MLPA eine genomische FBN1-Deletion nachgewiesen werden.4 In ähnlicher Weise
identifizierten Liu et al. 5 in einer Serie von 60 Patienten, von denen 55 die diagnostischen Kriterien
eines MFS erfüllten, mittels RT-PCR zwei genomische FBN1-Deletionen (3,3%).
Die SSCP-Analyse scheint für das FBN1-Mutationsscreening im Vergleich zur direkten Sequenzierung
wegen geringer Effizienz weniger geeignet zu sein: Loeys et al. 6 entdeckten bei 95 Patienten durch
Screening mit SSCP 73 Sequenzvarianten. Durch Sequenzierung der 22 Patienten mit normaler
SSCP entdeckten sie weitere 13 Mutationen.
1.7 Analytische Validierung
Beide Stränge werden sequenziert. Wenn eine Mutation gefunden wurde, soll dieser Befund durch
Verwendung eines anderen Primers und/oder, wenn möglich, eines zweiten Verfahrens (PCR mit
Restriktionsenzym-Verdau, high-resolution melting oder DHPLC) gesichert werden.
1.8 Geschätzte Häufigkeit der Krankheit (Inzidenz bei Geburt ("Geburtsprävalenz")
oder Prävalenz in der Bevölkerung)
In einem Bericht wird eine Bevölkerungsprävalenz von 3:10.000 genannt. 7
1.9 Ggf. Prävalenz der Krankheit in der Bevölkerungsgruppe, aus der die untersuchte Person
stammt
Entfällt.
1.10 Diagnostisches "Setting"
____________________________________________
ja
nein
____________________________________________
A. (Differential)diagnostik
B. Prädiktive Diagnostik
C. Risikoermittlung bei Angehörigen
D. Pränatal
____________________________________________
Anmerkung:
Das FMN1-Mutationsscreening zur Sicherung der Diagnose eines Marfan-Syndroms erscheint nicht
sinnvoll, wenn die Patienten die internationalen diagnostischen Ghent-Kriterien erfüllen.8 Es ist aber in
den folgenden Situationen von Nutzen, wenn entschieden werden soll, ob regelmäßige Kontrollen und
präventive Therapien in Hinblick auf eine Aortendilatation indiziert sind: 9, 10
1. Die Patienten erfüllen die internationalen Ghent-Kriterien nicht, besonders Patienten mit
isolierter Ectopia lentis und Patienten mit verdächtigen kardiovaskulären Symptomen in
Kombination mit Skelettbefunden, oder sporadische Fälle in frühem Alter. 11
2. Prädiktive Tests bei jungen Kindern (Nachkommen von betroffenen Eltern) oder Verwandten
(große klinische Heterogenität). 12
Die Entscheidung für eine Suche nach FBN1-Mutationen kann abhängig von familiären und
persönlichen Umständen unterschiedlich ausfallen. Die Indikationen für Genotypisierung könnte auf
alle Fälle/Familien ausgeweitet werden, bei denen die genetische Diagnose Einfluss auf die
Lebensweise (Sportler), den Behandlungsbeginn oder die Häufigkeit klinischer Kontrollen und
Verlaufsstudien hat.
FBN1-Mutationsscreening kann auch bei Patienten indiziert sein, wenn Fragen zur Fortpflanzung
bestehen.Eine vorgeburtliche Diagnostik des Marfan-Syndroms wird selten gewünscht, es kann aber
erwartet werden, dass mit zunehmender Verfügbarkeit von Mutationsanalysen im FBN1-Gen auch die
Nachfrage nach vorgeburtlicher Diagnostik steigt. Sie ist durch DNA-Analyse an fetalen Zellen nach
Chorionzottenbiopsie in der 10.-12. Schwangerschaftswoche möglich13, wenn die familiäre
krankheitsverursachende Mutation bekannt ist. Wenn die Schwangere selbst betroffen ist, muss eine
maternale Kontamination der Chorionzottenbiopsie sorgfältig ausgeschlossen werden. In seltenen
Fällen, wenn eine grosse Familie erfasst, die krankheitsverursachende Mutation aber nicht gefunden
wurde, kann eine Kopplungsanalyse durchgeführt werden. Eine vorgeburtliche Diagnose soll in dieser
Situation aber nur angeboten werden, wenn eine verlässliche Kopplung nachgewiesen und ein
krankheits-assoziierter Haplotyp eindeutig identifiziert wurde. Notwendig ist eine sorgfältige Analyse
intra- und extragenischer FBN1-Marker.
Eine vorgeburtliche Diagnostik kann von Fall zu Fall mit Paaren besprochen werden, die diese Frage
in einer genetischen Klinik aufwerfen, weil die Patienten in der Familie z.B. schwere kardiale
Symptome aufweisen. Die praktische Anwendung der vorgeburtlichen Diagnostik bleibt aber wegen
der großen klinischen Variabilität, auch innerhalb einer Familie, und wegen bisher fehlender
Möglichkeiten, den Schweregrad im Einzelfall vorauszusagen, problematisch. Dagegen ist es sehr
unwahrscheinlich, dass ein erwachsener Betroffener ein Kind mit neonatalem MFS bekommt. Diese
Fälle traten bisher immer als Folge einer Neumutation im FBN1-Gen auf.
Alternativ kann in Familien mit bekannter krankheitsverursachender Mutation eine genetische
Präimplantationsdiagnostik (PID) angeboten werden. Regeln, Gesetze und Richtlinien sind aber in
europäischen Ländern unterschiedlich, in einigen Ländern ist die PID verboten.
2. Testcharakteristika
2.1 Analytische Sensitivität (Anteil positiver Testergebnisse, wenn der gesuchte Genotyp
vorhanden ist)
Praktisch 100%.
Möglich ist die präferentielle Amplifikation eines Allels, wenn der Primer mit einem SNP oder einer
Deletion zusammenfällt. Solche Fälle sind aber die Ausnahme.
Klassische Kriterien zur Bestimmung der Pathogenität einer FBN1-Mutation sind die folgenden:
1. Nonsense-Mutation
2. Splice-site-Mutationen die in kanonischen Splice-Sequenzen auftreten oder die auf
RNA/cDNA-Ebene das Splicen verändern.
3. Out-of-frame- und In-frame-Deletionen oder -Insertionen
4. De novo Missense-Mutation (bei gesicherter Vaterschaft und fehlender Erkrankung der Eltern)
5. Missense-Mutation, deren Segregation in einer Marfan-Familie zuvor nachgewiesen wurde
6. Missense-Mutation mit Austausch oder Schaffung eines Zysteins (42% der MissenseMutationen)
7. Missense-Mutation in der cbEGF-Konsensus-Sequenz (22% der Missense-Mutationen)
8. Missense-Mutation mit Austausch einer hochkonservierten Aminosäure (6% der MissenseMutationen)
Bei anderen Missense-Mutationen sollte, wenn möglich, eine Segregationsanalyse in der Familie
durchgeführt werden, und auch dann, wenn die Variante bei 400 ethnisch vergleichbaren Kontrollen
bisher nicht gesehen wurde.
2.2 Analytische Spezifität (Anteil negativer Testergebnisse, wenn der gesuchte Genotyp
nicht vorhanden ist)
Praktisch 100%.
2.3 Klinische Sensitivität (Anteil positiver Testergebnisse, wenn die Krankheit vorhanden ist)
Die klinische Sensitivität kann von variablen Faktoren wie Alter oder Familienanamnese abhängen. In
diesen Fällen soll eine allgemeine Stellungnahme erfolgen, auch wenn eine Quantifizierung nur von
Fall zu Fall möglich ist.
Einige Studien haben sich mit der Frage der klinischen Sensitivität für die Erkennung von FBN1Mutationen beschäftigt. Abhängig von der für das Mutationsscreening angewendeten Methode und
auch abhängig von den jeweiligen, für eine molekulare Diagnostik erforderlichen klinischen Kriterien
wurden unterschiedliche Ergebnisse erhalten. Tatsächlich besteht für FBN1-Mutationen eine erheblich
variable Expressivität, und die klinische Sensitivität ist höher, wenn die Patienten die Ghent-Kriterien
erfüllen. Es folgen die Ergebnisse neuerer Studien mit angemessenen Patientenzahlen:
1. Identifizierung von FBN1-Mutationen bei 86 von 93 Individuen mit klassischem Marfan2.
3.
4.
5.
6.
Syndrom, die alle die Ghent-Kriterien erfüllen (93%); SSCP und direkte Sequenzierung der
negativen Fälle6 Identifizierung von FBN1-Mutationen bei 74 von 81 Individuen mit MFS oder Marfan-ähnlichen
Phänotypen (91,4%); DHPLC14
Identifizierung von FBN1-Mutationen bei 69 von 105 Individuen mit vermutetem MFS, die alle
die Ghent-Kriterien erfüllen (76%); direkte Sequenzierung15
Identifizierung von FBN1-Mutationen bei 90 von 110 Individuen, die die Ghent-Kriterien
erfüllen (82%), bei 84 von 315 Individuen mit unvollständigem MFS (27%), bei 19 von 38
Individuen mit Ectopia lentis (50%) und bei keinem von 45 Individuen mit Aneurysma der
Aorta ascendens; SSCP und DHPLC. Mehr Mutationen wurden mittels DHPLC gefunden: Z.B.
bei Individuen mit klassischem MFS 91% mittels DHPLC ggü. 75% mittels SSCP16
Identifizierung von FBN1-Mutationen bei 80 von 85 Individuen, die die Ghent-Kriterien erfüllen
(88%) und bei 36% von Patienten mit anderen Typ I-Fibrillinopathien; DHPLC17
Identifizierung von FBN1-Mutationen bei 193 von 266 Individuen, die die Ghent-Kriterien
erfüllen (72,5%), bei 61 von 105 mit unvollständigen Ghent-Kriterien (58%) und bei 3 von 21
(14,3%) Patienten, die als mögliche Fälle von MFS überwiesen wurden, aber in keinem
Organsystem wichtige diagnostische Kriterien erfüllten. 18
Für die unvollständige klinische Sensitivität zum FBN1-Mutationsscreening bei MFS sind mehrere
Erklärungen möglich:
1. Genetische Heterogenität: Mutationen in den TGFBR1- und TGFBR2-Genen wurden bei
Patienten mit MFS oder vermutetem MFS gefunden;19 Sakai et al. fanden 1 Patienten mit
einer TGFBR1-Mutation in einer Serie von 49 Patienten (2%) und 2 TGFBR2-Mutationen
(4%);20 Mátyás et al.21 berichten über 10 TGFBR1- oder TGFBR2-Mutationen bei 70 nicht
miteinander verwandten Patienten, bei denen zuvor keine FBN1-Mutation gefunden worden
war; Singh et al.22 fanden 2 TGFBR1- und 5 TGFBR2-Mutationen bei 41 nicht miteinander
verwandten Patienten, die die Ghent-Kriterien erfüllten oder nicht erfüllten und bei denen in
der kodierenden Region keine FMN1-Mutationen gefunden worden waren; Stheneur et al.23
fanden 6 Mutationen im TGFBR2-Gen und 1 im TGFBR1-Gen bei 105 MFS-Patienten und 9
Mutationen im TGFBR2-Gen und 2 Mutationen im TGFBR1-Gen bei 247 Patienten mit
unvollstädigem oder vermuteten MFS, bei den Patienten beider Gruppen war keine FBN1Mutation gefunden worden. Screening für TGFBR1/2 sollte als erster Schritt erwogen werden,
wenn einer der folgenden klinischen oder bildgebenden Befunde erhoben wird:
Hypertelorismus, Uvula bifida, Gaumenspalte, Kraniosynostose, klinische Symptome eines
vaskulären Ehlers-Danlos-Syndroms, geschlängelte Arterien und Aneurysmen.
2. Unvollständiger Nachweis von Mutationen mit den verwendeten Methoden: Mutationen in den
5′-Upstream-Regionen24 oder Intronmutationen.25
2.4 Klinische Spezifität (Anteil negativer Testergebnisse, wenn die Krankheit nicht vorhanden
ist)
Die klinische Spezifität kann von variablen Faktoren wie Alter oder Familienanamnese abhängen. In
diesen Fällen soll eine allgemeine Stellungnahme erfolgen, auch wenn eine Quantifizierung nur von
Fall zu Fall möglich ist.
Wahrscheinlich 100%, es gibt aber keine Daten für diese Fragestellung.
2.5 Positiv klinisch prädiktiver Wert (Lebenszeitrisiko für das Auftreten der Krankheit, wenn der
Test positiv ist)
Die Wahrscheinlichkeit ist nahezu 100%.
Über Ausnahmefälle mit unvollständiger Penetranz wurde berichtet. 26
Bemerkenswert ist die Alterabhängigkeit einer großen Zahl von MFS-Manifestationen. Ein Kind mit
einer FBN1-Mutation könnte als Risikoperson identifiziert werden, wird MFS-Symptome erst später
entwickeln.
Obwohl alle Patienten mit krankheitsverursachender FBN1-Mutation im Laufe ihres Lebens klinische
Symptome entwickeln, erscheint es möglich, dass sie letztendlich nicht die internationalen Kriterien für
MFS erfüllen.
2.6 Negativ klinisch prädiktiver Wert (Wahrscheinlichkeit die Krankheit nicht zu entwickeln,
wenn der Test negativ ist)
Angenommen wird hier ein familiär bedingt erhöhtes Risiko für ein nicht betroffenes Individuum. Ggf.
sind allelische und Locus-Heterogenität zu berücksichtigen.
Indexfall in der Familie wurde vorab untersucht:
Nahezu 100%.
Indexfall in der Familie wurde vorab nicht untersucht:
In einem solchen Fall soll wiederum eine prädiktive Testung der Familienmitglieder nur erfolgen, wenn
bei einem Indexfall die krankheitsverursachende Mutation identifiziert wurde.
3. Klinischer Nutzen
3.1 (Differential)diagnose: Die untersuchte Person ist klinisch betroffen
(Zu beantworten wenn in 1.10 "A" angekreuzt wurde)
3.1.1 Kann eine Diagnosesicherung anders als durch genetische Untersuchungen erfolgen?
Nein. Ja, (weiter mit 3.1.4) klinisch bildgebend endoskopisch biochemisch elektrophysiologisch auf andere Weise (bitte beschreiben) (Ghent-Kriterien8) 3.1.2 Beschreiben Sie die Belastung für den Patienten durch alternative Diagnosemethoden
Durch kardiologische (incl. Echokardiographie), orthopädische (incl. Röntgen) und ophthalmologische
Untersuchungen kann, wenn auch nicht immer, die Diagnose etabliert werden.
Gelegentlich ist bei Patienten, die mit vorgenannten Untersuchungen die internationalen Kriterien nicht
vollständig erfüllen, ein MRI erforderlich, um für die Sicherung der Diagnose eine Ektasie der
Duragefäße nachzuweisen oder auszuschließen. Eine Ektasie von Duragefäßen wird auch bei vielen
anderen Krankheiten des Bindegewebes gefunden, z.B. Ehlers-Danlos- und Loeys-Dietz-Syndrom.
Durch deren Nachweis allein kann daher kein MFS diagnostiziert werden.
3.1.3 Wie ist die Wirtschaftlichkeit alternativer Diagnosemethoden für den Kostenträger zu bewerten?
Unbekannt.
3.1.4 Wird die Art der Behandlung des Krankheitsfalls durch die genetische Diagnostik beeinflusst?
_____________________________________________________________________________________
Nein
Ja
Therapie (bitte beschreiben)
Die Indikation für die medikamentöse Therapie oder den
Ersatz dilatierter Aortensegmente ist bei Patienten mit oder
ohne Nachweis der pathogenen FBN1-Mutation ähnlich.27 Da
nicht alle Mutationen erkannt werden und ein FBN1-Screening
nicht in allen Ländern in gleicher Weise verfügbar ist, sollen
alle Patienten unmittelbar nach der klinischen Diagnose
angemessen behandelt werden. Da aber der Nachweis einer
Mutation im FBN1-Gen ein Hauptkriterium der internationalen
Nosologie ist, kann das molekulargenetische Ergebnis bei der
Diagnose eines MFS Auswirkungen hinsichtlich regelmäßiger
kardiologischer Kontrolluntersuchungen und der
Verschreibung von Medikamenten zur Prävention oder
Begrenzung einer Aortendilatation haben.
Prognose (bitte beschreiben) Ähnlich führt ggw. der Nachweis einer FBN1-Mutation für
einen MFS-Patienten im Vergleich zu Patienten ohne
bekannte Mutation nicht zu einer veränderten Prognose. Aber
es gibt Hinweise, dass Patienten mit TGFBR1/2-Mutation eine
extensivere bildgebende Überwachung der Aorta benötigen
und dass sie evtl. ein erhöhtes Risiko für eine Dissektion bei
geringerem Durchmesser der Aorta haben. 28 Deshalb könnte
der Nachweis einer FBN1- ggü. einer TGFBR1/2-Mutation
doch Prognose, Management und Therapie beeinflussen.
Management (bitte beschreiben)Die Ergebnisse der genetischen Tests haben Bedeutung für
die genetische Beratung, sie ermöglichen die prädiktive
Testung von Kindern und symptomarmen Familienmitgliedern
und die genaue Bestimmung des Wiederholungsrisikos.
Seltene Fälle von somatischen Mosaiken und Keimbahnmosaiken wurden beschrieben.29, 30, 31
Der Nachweis einer FBN1-Mutation kann auch hilfreich für
Patienten sein, die die klinischen Ghent-Kriterien nicht erfüllen
und die auch noch keine Veränderung der Aorta aufweisen.
Dadurch wird das Risiko vermieden, dass sie aus
Kontrollprogrammen herausfallen.10, 32 Alle Fälle sollten
dauerhaft in einer multidisziplinären Klinik betreut werden.
Präventive und medizinische Behandlung einer
Aortendilatation wird allen Patienten mit der klinischen
Diagnose eines MFS und Patienten mit einer FBN1-Mutation
empfohlen, auch wenn keine Symptome an der Aorta
erkennbar sind.10, 27 Aber diese Empfehlung wird evtl. nicht in
allen europäischen Ländern gleich beurteilt: Einige Gruppen
schlagen vor, mit der medizinischen Therapie erst zu
beginnen, wenn regelmäßig angefertigte Echokardiogramme
definitiv eine Progredienz ergeben, weil in einigen Familien mit
Symptomen lediglich an Augen und Skelett eine
Herzbeteiligung nicht erkennbar ist. 33
_________________________________________________________________________________
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben keine Interessenkonflikte an.
Acknowledgements
Diese Arbeit wurde unterstützt von EuroGentest, ein EU-FP6 gefördertes NoE, Kontrakt-Nummer
512148 (EuroGentest Unit 3: ‘Clinical genetics, community genetics and public health’, Workpackage
3.2).
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