7. Elementsynthese und Sternentwicklung 7.1 Kernprozesse in der Sonne a) Sonnen-Eigenschaften MS = 1.989 ⋅ 1030 kg RS = 6.96 ⋅ 108 m VS = 1.3 ⋅ 1027 m3 ρ S = 1.41 kg/dm3 (¼ von Erde) SK = Solarkonst. = LS = 1.36 ⋅ 103 W/m 2 2 4πrSE LS = 3.85 ⋅ 1026 W Massenabnahme 91% H und 9% He (O,C,N,Si,Mg,Fe ≤ 10-3) dMS = 4.2 ⋅ 109 kg/s dt ∆MS (5 ⋅ 109 a) ≈ 3.4 ⋅ 10 −4 MS Oberflächen-Temperatur Unter Annahme, dass Sonne ein schwarzer Körper ist lässt sich aus Strahlungsleistung mit StefanBoltzmann Gesetz die Oberflächen-Temperatur der Sonne berechnen: dW = 4π RS2σ ⋅ T 4 dt Teff = 5770 K Temperatur im Innern der Sonne Betrachte Sonne als Kugel der Masse M und Radius R im Hydrostatischen Gleichgewicht. Es gilt für die Radiale Druckänderung dP/dr: Der Gesamtdruck ist unter Vernachlässigung des Strahlungsdrucks gleich dem Gasdruck PG: GM (r ) dP = − ρ (r ) dr r2 PG = ρ kT m m = Masse der Gasteilchen Bei 106 K ist Wasserstoff im innern vollständig ionisiert (Plasma): m = 1 2(mp + me ) ≈ 0.5 ⋅ mp Setzt man ρ=const. kann man den Druck im Zentrum der Sonne bestimmen: Die mittlere Temperatur T im Inneren der Sonne ergibt sich dann mit ρ = ρ S zu PC ≈ 2.5 ⋅ 1014 Pa Genaue Rechnungen liefern um Faktor 100 größeren Druck TS ≈ 6 ⋅ 106 K 1 Unter Berücksichtigung der korrekten radialen Dichteverteilung ergeben sich die gezeigten radialen Temperaturund Druckverhältnisse im Innern der Sonne: T(Zentrum)≈1.5·107 K Hälfte der Sonnenmasse innerhalb eines Radius r<0.25RS b) Energieerzeugung: Wasserstoffbrennen Coulomb-Abstoßung → Tunneleffekt Fusionsrate VC = 1 4πε 0 ⋅ Z1Z2e 2 r ZF = nd nt ⋅ σ f (v )v v K1 Z1 EKin K2 Z2 [Fusionen/(m3s)] Maxwell-Verteilung mit EKin ≈ 1 keV ↔ T ≈ 107 K σ f (E ) Nur Kerne aus dem äußersten Schwanz der MaxwellVerteilung nehmen an Fusion teil: Stabiler Zustand langsamer Fusison 2 p-p Zyklus der Sonne I II III CNO Zyklus (Bethe und Weizsäcker) Weiterer Zyklus der bei Sonne aber nur untergeordnete Rolle spielt, aber bei heißeren Sternen den Hauptanteil der Energieerzeugung ausmachen kann. T ≈ 15 ⋅ 106 K Netto-Reaktion: ν 4⋅1H → 24He + 2e + + 2ν e + 2γ + ∆E Kohlenstoff wirkt dabei als Katalysator ν 3 c) Energietransport Energieerzeugung im wesentlichen innerhalb Kugel mit Radius r < 0.25RS → Energietransport • Wärmeleitung im Innern der Sonne vernachlässigbar • Konvektion spielt bei Sonne nur im Außenbereich eine Rolle: r = 0.84 … 0.98 RS Typische Transportzeiten durch Schicht mit 105 km Dicke: 55 h • Im überwiegenden Teil der Sonne (r<0.84RS) wird Energie durch Strahlung transportiert. Photonen → e+e- → Bremstrahlung d.h. Strahlungstransport ist nicht geradlinig → Diffusion: → typ. Transportzeiten ~107 Jahre. d) Sonnenneutrinos Sage, Gallex Homestake 2-body decays Neutrino Detektoren: Cl2 Detektoren νe + 37Cl → 37Ar + e, 37Ar → 37Cl (EC) Eν>0.8 MeV Ga Detektors νe + 71Ga → 71Ge + e Eν>0.2 MeV H2O Detektoren Elastische Streuung: νe + e → νe +e Eν>5 MeV (Sensitivität) 4 Radio-chemische Experimente: Homestake, SAGE, GALLEX (MPI-K HD) • Homestake Mine, 1400 m Tief Homestake Cl2 experiment • 615 t of C2Cl4 (Perchlorethylen) = 2.2x1030 37Cl Atome R.Davies, Nobelpreis 2002 • Man benutzt 36Ar und 38Ar um die wenigen 37Ar Atome (~ 1 Atom/Tag) rauszuspülen. • Zählt die radioaktiven Zerfälle von 37Ar SSM Vorhersage Solares Neutrino-Problem: Experimentelle Zusammenfassung (Status ~2000) Eν>0.8 MeV Eν> 5 MeV Eν>0.2 MeV Eν> 5 MeV Neutrino Defizit Erklärung: Sonnenmodell falsch Elektron-Neutrinos oszillieren in andere Neutrino-Flavour und gehen so für die Messung verloren. Gibt es einen νµ / ντ Fluss von Sonne ? 5 Sudbury Neutrino Observatory (SNO) → Gesamter Neutrinofluss von Sonne • 6 m radius transparent acrylic vessel • 1000 t of heavy water (D2O) • 9456 inward looking photo multipliers • Add 2 t of NaCl to detect neutrons Neutrino Nachweis mit SNO νe Charged current σ (ν µ ) = σ (ν τ ) = 0 φν = φν W n p νx νx e Elastic scattering 0.154 ⋅ σ (ν e ) = σ (ν µ ) = σ (ν τ ) φν = φν + (φν µ + φντ ) / 6 Z e − e νe e νe e− νe σ (ν e ) = σ (ν µ ) = σ (ν τ ) φν = φν + φν µ + φντ e Cherenkov Light − W e Neutral current Cherenkov Light e− νe Z n n 35 Neutron Cl (n,γ )36 Cl 6 SNO – Evidenz für Neutrino Oszillationen Electron neutrino flux is too low. Interpreted as Total flux of neutrinos is correct. νe ↔ νµ or ντ oscillation Sonnenmodell ist korrekt 7.2 Fusion und Elementsynthese in massereichen Sternen Wasserstoffbrennen: ähnlich wie bei leichten Sternen Heliumbrennen und α-Reaktionen: Ist Wasserstoff im Innern verbraucht steigt infolge von Kontraktion die Temperatur auf etwa 108 K und der Prozess des Heliumbrennens beginnt. 3α Prozess 4 He + 4He →8Be + γ 8 Be + 4He ↔12C ∗ →12C + γ Rückreaktion von C nach Be und He ist 1000mal häufiger Weitere (α,γ) Reaktionen möglich: C (α ,γ )16 O(α ,γ )20 Ne(α ,γ )24 Mg (α ,γ )28 Si 12 Bei höheren Temperaturen als beim 3α Prozess kann auch 14N (Produkt des CNO Zyklus) zerstört werden: 14 N (α ,γ )18 F (e + ,ν e )18 O(α ,γ )22 Ne(α , n)25 Mg Liefert freie Neutronen zum Aufbau schwerer Elemente (A > 56) durch s-Prozess im “Roten Riesen” 7 Kohlenstoffbrennen: Nach Ende des Heliumbrennens und der α-Reaktionen kann bei Temperaturen von 6…7·108 K das Kohlenstoffbrennen einsetzen dessen wichtigste Reaktionen zu 20Ne führen: C +12C → 23Na + p 12 23 Na( p,α )20 Ne C +12C → 20Ne + α 12 Weitere Brennphasen: Neonbrennen: Bei Energien von 1.5…2·109 K sind thermische Photonen energiereich genug um 20Ne durch Photodesintegration zu zerstören: 20 Durch Folgereaktionen mit α Teilchen Ne(γ ,α )16 O 20 Ne(α ,γ )24 Mg (α ,γ )28 Si Sauerstoffbrennen und Siliziumbrennen folgen bei noch höheren Temp.: O +16O→ 28Si + α 16 bzw. ⎧ 56Ni + γ Si + 28Si → ⎨ 52 ⎩ Fe + α 28 Brennphasen : Stern mit M = 25 MS Brenndauern werden mit steigender Temperatur immer kürzer. Endstadium : Im Endstadium hat ein massereicher Stern eine Zwiebelschalenstruktur: Eisenkern und Schalen in denen noch Fusionsprozesse laufen. Stark aufgebläht: Roter Riesenstern 8 7.3 Nukleosynthese schwerer Elemente (A>56) • Entstehung schwerer Elemente nicht durch Fusion H/He im Urknall Fusion in Sternen Neutroneneinfangreaktionen Isotopenhäufigkeit im Sonnensystem relativ zur Häufigkeit von Si die auf 106 festgelegt ist. • Entstehung schwerer Element durch Neutroneneinfangreaktionen: Saatkern fängt Neutonen ein, bis radioaktives Isotop entsteht → durch β Zerfall entsteht ein neues Element Neutroneneinfang und β Zerfall wiederholen sich so dass sich sukzessive immer schwere Elemente bilden. s-Prozess (“Slow neutron capture“) Neutronenbestrahlung der schweren Elemente Neuroneneinfänge sind langsamer als β Zerfall. Durch β Zerfall entstehen stabile Kerne ⇒ Synthesepfad entlang des Stabilitätstals Prozess läuft während des Heliumbrennens in “Roten Riesen“ ab und erklärt die Entstehung der Elemente bis Z=82 (Kerne mit größerem Z nicht mehr stabil genug um Neutronen anlagern zu können). http://nuclear-astrophysics.fzk.de/index.php?id=36 9 r-Prozess („rapid neutron capture“) • Bei sehr hohen Neutronendichten: mittlere Neutroneneinfangzeit typ. 10-4 s, sehr viel kürzer als Halbwertszeit für β Zerfall • Synthesepfad etwa 10-20 Masseneinheiten zum Stabilitätstal verschoben • Entstehung neutronenreicher β-instabiler Kerne, die sich nach ihrer Bildung über eine Reihe von β Zerfällen in stabile Kerne umwandeln. • Kurze Dauer des r-Prozess und die hohe Neutrondichten deuten daraufhin, dass Prozess wahrscheinlich in Super-Novae abläuft 7.4 Sternenentstehung und -entwicklung Sternentstehung durch Kontraktion riesiger Molekülwolken. Jeans-Kriterium: pGas < pgrav M≥ 2kT ⋅R Gm m = mittlere Masse der Gasatome Fragmentation: Molekülwolken mit Massen von 102…105 MS sind bei Temperaturen von T = 20…100 K instabil. Orion-Nebel (M42) - Hubble ST: nächstgelegenes Sternentstehungsgebiet Sie kondensieren zu Protosternen mit Massen M = 0.1 … 102 Ms 10 Stabile Sternphasen (Hauptreihenentwicklung) Durch die Kontraktion der Molekülwolke steigt der Druck und die Temperatur im Innern des Protosterns. Der Stern geht durch verschiedene Kontraktionsphasen → stabile Sternphasen abhängig von Masse des Sterns • M < 0.1 Ms Zentraltemperatur zu niedrig um Kernfusion zu zünden: Braune Zwerge • 0.1 MS < M < 0.25 Ms Zündtemperatur für pp-Zyklus nur in kleinem Zentralbereich, da starke Konvektion existiert kann aber alles H verbrannt werden. Am Ende kollabiert der Stern und wird zu einem Weissen Zwerg (erkaltet langsam) • 0.25 MS < M < 1.5 Ms Zündbedingung für pp-Zyklus in einem Kernbereich (r < 0.3R) erfüllt. Zentrum der Sterne ist radiativ, die Hülle konvektiv (Keine Vermischung zwischen Hülle und Kern) He Es entsteht ein Heliumzentralbereich, um ihn herum eine Wasserstoffbrennschale. H Brennzone • M > 1.5 Ms Zentraltemperatur hoch genug, dass CNO Zyklus wesentlichen Teil der Energieproduktion übernimmt. Fusion auf kleinen Kernbereich beschränkt (großer Temperaturgradient) der durch Konvektion gut durchmischt wird: Wasserstoff nimmt im Kern gleichmässig ab. Spätphasen der Sternentwicklung Leichte Sterne Sterne mit niedrigen Massen (Sonne) bilden nach der H und der He Brennphase Kerne aus O und C. Aufgrund einer Temperaturerhöhung des Kerns setzt Heliumbrennen in dünner Schale um Kern ein → starke Expansion der Sternenhülle “Roter Riese”: Sternenwind und Massenverlust. 1. Sternmasse ~ Ms (nach Massenverlust): Augrund der niedrigen Temperatur im Zentralbereich kommt es nicht zum Kohlenstoffbrennen. Fusionsprozess stoppt. Stern kühlt ab und kontrahiert. Für M < MCh (Chandrasekhar Masse) = 1.4 MS verhindert der Fermidruck der Elektronen das vollständige Kollabieren des Sterns: Weisser Zwerg 11 2. Sternenmasse > 1.4 MS (nach Massenverlust): Fermidruck (Elektronen) wird überwunden – aufgrund der Kontraktion steigt Temperatur weiter an und Kohlenstoffbrennen zündet: Explosiver Ablauf – C Detonation ohne Reststern ?? Schwere Sterne M > 8Ms Sterne gehen durch die oben beschriebenen Brennphasen. Nachdem Stern über keine Brennstoff mehr verfügt kontrahiert Zentralbereich. Durch Elektroneneinfang entsteht im Inneren des Sterns innerhalb kurzer Zeit (1 s) ein Neutronenstern: ρ ≥ 2·107kg/m3 (= Atomkerndichte) Inkompressible Neutronen/Materie bremst die von außen weiter einfallende Sternmaterie → Neutronenkern schwingt zurück → Sckockwelle nach außen 1. Schockwelle erreicht Sternenoberfläche und es kommt zum Abstoßen der Sternenhülle und zu einer Supernova (Typ II). Zurück bleibt ein Neutronenstern im Zentrum. 2. Schockwelle kommt im Neutronensterninnern zum Stehen. Dann kann durch die Stoßfront hindurch weiter Materie angesammelt werden: Materie kollabiert zu einem schwarzen Loch. Krebsnebel mit Pulsar (Neutronen-Stern) 12 7.5 Primordiale Nukleosynthese (Urknall) Quark-Ära: t=10-6s, kT=O(1 GeV) • Plasma aus Quark, Gluonen Leptonen und Photonen Quark-Confinement • Bildung von Mesonen und Nukleonen • Mesonen zerfallen. Nukleonen und AntiNukleonen vernichten sich gegenseitig: kleiner Überschuss an Nukleonen (10-9, CP Verletzung – kann nicht durch Standardmodell erklärt werden). Urknall Weitere Abkühlung: t=1s, kT=O(1 MeV) n + ν ↔ p + e− Beim Freeze-Out Nn Np t =1s ⎛ m − mp ⎞ ⎟⎟ ≈ 0.2 = exp⎜⎜ n ⎝ kT ⎠ fallen aus Gleichgewicht n + e+ ↔ p + ν ν entkoppeln, e+ e- zerstrahlen Nukleonsynthese: t ≈ 300 s, kT=O(0.05 MeV) Zu diesem Zeitpunkt war Photonhintergrund soweit verdünnt, dass keine Photodissoziation des Deuterons 2H + γ → n + p mehr stattfinden konnte. Damit war die Bildung schwerer Kerne möglich: n + p → 2H + γ 2 H + n → 3H + γ 3 H + p→ 4He + γ 2 H + p→3He + γ 3 He + n→ 4He + γ 4 He + 3H →7Li + γ konkurriert mit 7 Li + p → 2⋅4 He Keine stabilen Kerne mit A=5 oder A=8: Bildung von Kernen schwerer als Li erst sehr viel später im Inneren von Sternen. 13 Vorhersage der Häufigkeit leichter Elemente WMAP → wichtige Stütze kosmologischer Modelle Neutron-Proton Verhältnis für t=300s (Nukleonsynthese) ergibt sich aus dem Verhältnis beim Ausfrieren der Neutrinos: r = Nn (t ) 0.20 ⋅ exp( −t / τ n ) = ≈ 0.135 N p (t ) 1.20 − 0.20 ⋅ exp( −t / τ n ) Bei Nukleonsynthese werden praktisch alle n in 4He eingebaut (mN=Nukleonm.): 1 Nn ⋅ 4mN 2 M (H ) = (Np − Nn ) ⋅ mN M ( 4 He) = Y= M ( 4He) 2Nn 2r = = ≈ 0.24 4 2 N + N − N 1 +r M ( He) + M (H ) n p n Messwerte: ρ Baryon = (3.0 ± 1.5) × 10−28 kg m−3 η= NB = ( 4.0 ± 2) × 10−10 Nγ 14