Stabilität

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Kern- und Teilchenphysik
Grundlegende Eigenschaften der Atomkerne:
• Weizsäcker Massenformel
• Grenzen der Stabilität
• Zerfallsgesetz
• α-Zerfall
Folien und Übungsblätter im Internet:
http://www.ikp.uni.koeln.de/reiter/vorlesungen.shtml
Erinnerung: Bindungs-, Separationsenergie
Die Bindungsenergie BE(Z,A) wird für Atome definiert,
(Masse der Atome kann man präziser messen):
BE(Z,A) = [Z ·M(1H) + (A - Z) ·Mn - M(Z,A)] · c2
M(1H) Masse eines Wasserstoffatoms M(1H) = Mp + me
atomare Bindungsenergie von 13,6 eV kann vernachlässigt werden.
• me = 0,511 MeV/c2
• Mp = 938,272 MeV/c2 = 1836,149 me
• Mn = 939,573 MeV/c2 = 1838,695 me
Ruhemasse des Elektrons
Ruhemasse des Protons
Ruhemasse des Neutrons.
Massendefekt ∆ = (M(Z,A) - A · 931,5 MeV/c2) · c2
atomare Masseneinheit: 1u = 1/12m [12C] 1u = 931,5 MeV/c2
Neutronenseparationsenergie Sn
Energie die benötigt wird um ein Neutron aus dem Kern zu entfernen:
Sn = BE(Z,A) - BE(Z,A-1) = [M(Z,A-1) -M(Z,A) +Mn] · c2
Protonenseparationsenergie Sp
Energie die benötigt wird um ein Proton aus dem Kern zu entfernen:
Sp = BE(Z,A) - BE(Z-1,A-1) = [M(Z-1,A-1) -M(Z,A) +M(1H)] · c2
Erinnerung: Bindungsenergie pro Nukleon
Die Bindungsenergie ist eine sehr wichtige Größe mit Information über:
 Kräfte zwischen den Nukleonen
 Stabilität der Kerne
 Energiebilanz von Reaktionen oder Zerfällen
Betrachte:
Fusion
Zweikörperzerfälle
Bindungsenergie/Nukleon
für stabile Kerne
Weizsäcker Massenformel
C. F. von Weizsäcker (1935): semi-empirische Formel für die Bindungsenergie
Hauptbeitrag ist die Kondensationsenergie, proportional zur Zahl der Nukleonen.
Jedes Nukleon im Inneren eines Kerns ist mit ~16 MeV gebunden. Reichweite der
Kernkraft ist kurz, d.h. etwa Nukleonenabstand. Dichte der Kerne im Zentrum
gleich: ρKern ~0.17 Nukleon/fm3
Volumenterm:
+aV A
Analogie Flüssigkeitstropfen, const. Dichte im Kern wie in Tropfen V~A, R~A1/3
Oberfächenterm:
- aS A2/3
Für Nukleonen an der Kernoberfläche ist die Bindung reduziert; proportional zu R2
bzw. A 2/3
Coulombterm:
- aC Z(Z-1)/A1/3
Elektrische Abstoßung der Protonen führt zu Reduzierung von BE; prop. zu Z(Z-1)
Weizsäcker Massenformel
Unsymmetrischen Besetzung der Neutronen- und Protonenzustände.
(Vorgriff: Grund der ungleichen Besetzung ist die Coulombabstoßung).
N-reiche schwere Kerne (> A~40) sind stärker gebunden als symmetrische N~Z
Kerne.
Asymmetrieterm:
-aA (Z-A/2)2/A
Argument
Totale Energie eines Fermigases :
EF
ET = ∫ 2E
0
dn
dE
dE
ungeladene Nukleonen :
5
3
A
E T = 2cA  
2
Protonen und Neutronen :
2
−
3
5

 53
E T = cA  N + Z 3 


−
2
3
Weizsäcker Massenformel
Bindungsenergie für Kerne mit gerader Protonen- und Neutronenzahl hoch,
für Kerne mit ungerader Protonen- und ungerader Neutronenzahl besonders klein.
Paarungsterm:
δ = aP / A1/2
+δ für gg-Kerne
0 für ug-, gu-Kerne
−δ für uu-Kerne
Separationsenergien
der Barium-Isotope
Was passiert bei N=82?
Weizsäcker Massenformel
Parameter: aV, aS, aC, aA, aP
werden aus Massenmessungen
empirisch bestimmt.
aV = 15.85 MeV
aS = 18.34 MeV
aC = 0.71 MeV
aA = 92.86 MeV
δ∼aP A-1/2
aP = 11.46 MeV
Die Massenformel beschreibt globale Eigenschaften der Kernbindung,
Kernstruktureffekte verursachen
deutliche Abweichungen!
Zur Stabilität der Kerne
Weizsäcker - Massenformel für Massen
2
−
−
(
1
)
(
/
2
)
Z
Z
Z
A
+ aA
±δ
m( Z , A) = ZmH + ( A − Z )mn − aV A + aS A2 / 3 + aC
1/ 3
A
A
Tal der Stabilität :
 ∂m( Z , A) 
=0


 ∂Z  A=const
A
Z0 =
1.98 + 0.015 A2 / 3
Stabile, in der Natur vorkommende
Kerne bilden ein schmales Band in
der N-Z-Ebene der Nuklidkarte.
Begrenzung der Stabilität
Für Isotope mit deutlichem Neutronenüberschuß ist es energetisch günstig,
wenn sich ein Neutron in ein Proton umwandelt. Bei neutronenarmen Kernen
findet der umgekehrte Prozeß statt, die Umwandlung eines Protons in ein
Neutron. Diese β-Zerfälle beruhen auf der schwachen Wechselwirkung.
Auf der sehr neutronenarmen bzw. -reichen Seite ist die Kernstabilität durch
Bn< 0 bzw. Bp< 0 begrenzt, d.h. p-Emission ist möglich.
Die Bedingung Bn= 0 bzw. Bp= 0 definiert die sog. ´Abbruchkanten´.
Zweikörperzerfälle
Die Nuklide von Fe und Ni besitzen die höchste Bindungsenergie pro Nukleon.
Bei schweren Kernen nimmt die Bindungsenergie wegen der wachsenden
Coulombabstoßung der Protonen ab. Die Kerne können in zwei oder mehrere
leichtere Kerne zerfallen, wenn folgende Bedingung erfüllt ist:
Zweikörperzerfall:
M(A,Z) > M(A-A´, Z-Z´) + M(A´,Z´)
Sehr häufig ist 4He-Emission (α-Zerfall), da die Bindungsenergie eines 4HeKerns sehr hoch ist.
Sehr schwere Kerne können durch spontane Spaltung oder Cluster-Zerfall in
zwei (oder sehr selten auch in drei) leichtere Kerne zerfallen.
Radioaktivität
Radioaktive Zerfälle wurden zuerst von Becquerel 1896 entdeckt und später von
Marie und Pierre Curie an schweren, natürlich radioaktiven, Kernen untersucht.
Dabei wurden Zerfallsketten von α- und β-Zerfällen analysiert.
Radioaktivität eines Nuklids bedeutet einen statistischen Zerfall, dessen
Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit durch eine Zerfallskonstante λ charakterisiert
ist.
Zerfallskonstante und Aktivität
Als Aktivität A ist die Zahl der Zerfälle pro Zeiteinheit dt in einer Probe von N
Kernen definiert. Bei ausreichend großem N ergibt sich:
A(t ) = −
dN
= λN
dt
Die Zerfallskonstante λ hängt mit der mittleren Lebensdauerτ bzw. der
Halbwertszeit T½ zusammen:
τ=
1
λ
und
T1 / 2 =
ln 2
= ln 2 ⋅ τ
λ
Zerfallsgesetz
Beobachtet man eine Probe über eine gewisse Zeit, sinkt ihre Aktivität A(t),
weil die Zahl der Kerne N(t) kontinuierlich abnimmt. Einen quantitativen
Zusammenhang bekommt man aus - dN/dt = N λ
Die Lösung dieser DGL lautet:
N (t ) = N 0e − λt = A(t ) / λ
Dabei ist N0 die Zahl der Kerne bei t = 0.
Messen kann man λ bei bekanntem N (quasi konstant) über A oder, bei
kurzlebigen Isotopen, über die Zeitfunktion von A(t).
Als Einheit der Aktivität verwendet man das Becquerel Bq:
1 Bq = 1 Zerfall / s
Die Aktivität des menschlichen Körpers (ca. 70 kg) ist ~3700 Bq und stammt vor
allem aus dem Zerfall von 40K und 14C.
Die Aktivität in Gebäuden variiert zwischen 100 und 1000 Bq, vor allem aus
dem Zerfall vom 222Rn einem (α-Strahler in der 238U - Zerfallskette) und seinen
Zerfallsprodukten.
α-Zerfall
Beim α-Zerfall wird ein α -Teilchen vom radioaktiven Kern emittiert.
Ordnungszahl (Atomzahl) um zwei (vier) Einheiten reduziert.
Energiedifferenz der Atommassen:
Q = M(Z,A) - M(Z - 2,A - 4) - M(4He)
= B(Z - 2;A - 4) + Bα(28,3 MeV) - B(Z;A):
Der Q-Wert einer Reaktion oder eines Zerfalles ist die verfügbare Energie, die
sich unter den beteiligten Teilchen als kinetische Energie aufteilt.
Hier ist Q also die kinetische Energie
des α 's und die Rückstossenergie des
Tochterkernes. Da Mutter- und Tochter
feste Massen haben sind α 's monoenergetisch mit kinetischen Energien von
einigen MeV (4 -10 MeV).
Aufnahme der Ionisationsdichte in einer
Nebelkammer. Spuren aus einer kollimierten
α -Quelle (214Po -> 210Pb + α). Die konstante
Länge der Spuren zeigt, dass die α 's
monoenergetisch sind (Q= 7.7 MeV).
α-Zerfall
Protonen und Neutronen sind auch in schweren Kernen mit bis zu 7 MeV gebunden,
und können daher nicht aus dem Kern entweichen. Die Emission eines gebundenen
Systems ist eher möglich, da zusätzlich Bindungsenergie zur Verfügung steht.
Von Bedeutung ist dies insbesondere für α-Teilchen, da sie eine außerordentlich große
Bindungsenergie von 7.1MeV/u haben.
Atomkerne besitzen eine Coulombbarriere, die ein sich im Kern formiertes Alphateilchen daran hindert, diesen zu verlassen. Das α-Teilchen müßte dazu eine potentielle
Energie besitzen, welche größer als das abstoßende Coulombpotential ist:
VCoul
2( Z − 2)e 2 2( Z − 2)αc
=
=
r
r
Klassisch ist es für E < Vcoul unmöglich,
diese Barriere zu überwinden; quantenmechanisch besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das α-Teilchen, die Barriere
und damit den klassisch verbotenen Bereich
zu durchdringen. Tunneleffekt.
Tunneleffekt Q.M. Wiederholung I
Quantenmechanik: Zeitunabhängige
Schrödingergleichung:
A
B
C
2 ∂2
−
ψ ( x) + V ( x)ψ ( x) = Eψ ( x)
2m ∂x 2
2
Normierungsbedingung : ∫ dxψ ( x) = 1
Für das positive Potenzial gibt es in der
klassischen Mechanik keine gebundenen
Zustände.
Betrachten nur Energien unterhalb der
Höhe der Barriere. In der klassischen
Physik wird ein Teilchen, das sich auf
die Barriere zubewegt, total reflektiert.
Es kann nicht in das Innere der Barriere
eindringen.
Quantenmechanik:
Allgemeiner Ansatz für Lösungen
in Gebieten A,B,C:
L
Tunneleffekt Q.M. Wiederholung II
Betrachte Teilchen das von links einläuft und
dann reflektiert und transmittiert wird.
A
B
C
• Im Gebiet C also nur eine nach rechts
laufende Welle => γ-=0
• Normierung so, daß α+=1
L
Die Koeffizienten S und α- haben folgende
physikalische Bedeutung:
Betrachte den Teilchenstrom:
Für die ebenen Wellen in A und C gilt:
Die Wahrscheinlichkeiten für
Transmission und Reflexion:
Tunneleffekt Q.M. Wiederholung III
Betrachte Lösung in Bereichen A, B, C
A
B
C
L
Wie vorher nur für B Substitution κ = i k
und Untersuchung der Anschlußbedingungen
Transmissionskoeffizienten T
2




κ
k
2
0
1

T = 1 + 4  +  sinh κL 


 k0 κ 


−1
Für große Barrieren κL>>1 gilt:
1
sinh −1 ≈ exp( 2κL)
4
 2L

2m(V0 − E ) 
T ( E ) ≈ const ⋅ exp −
 

Die Transmissionswahrscheinlichkeit
T(E) ist nicht Null. Die Teilchen können
also die Barriere durchdringen. Dies ist
ein spezifisch quantenphysikalischer
Effekt, der in der klassischen Physik
keine Entsprechung hat.
Aufenthaltswahrscheinlichkeit:
 Ψ(x) 2
α-Zerfall und Tunneleffekt
Quantenmechanik: Tunnelwahrscheinlichkeit
läßt sich für ein endliches Kastenpotential
exakt berechnen:
 2L

2m(V0 − E ) 
T ( E ) = exp −
 

Für einen allgemeinen Potenzialberg ist dies
nicht möglich.
Näherungsformel: Zwischen den klassischen
Umkehrpunkten wird das Potential in n kleine
Schwellen der Breite ∆x zerlegt.
 x2  2
 
T ( E ) = ∏ Ti ( E ) = exp − ∫ dx 
2m(V ( x ) − E )  

 
 x1 
i =1
n
Annahmen:
- Exponentialfaktor ist wesentlich größer als
Eins
-WKB (Wentzel, Kramers, Brillouin) Näherung
für kontinuierliche Potentiale V(x)
L
α-Zerfall Zerfallswahrscheinlichkeit
Das α-Teilchen bewegt sich in einem mittleren
Potenzial V(r) im Tochterkern. Im Inneren des
Kern ist V0 konstant, außerhalb des Kernradius
R ist es ein reines Coulomb-Potenzial
Beispiel 238U (Vorgriff):
-V0 ~ -100 MeV R = ~ 10 fm
VC
L
Ansatz für die Zerfallswahrscheinlichkeit pro
Zeiteinheit λ:
λ=S·ω·P
• S Wahrscheinlichkeit daß sich bereits im
Kerninneren ein α-Teilchen formiert hat.
• ω Frequenz, mit der das Teilchen an die
Barriere stößt.
• P ist die Penetrabilität, die Wahrscheinlichkeit
für einen Tunnelprozess.
Ri
Ra
V0
Bemerkung:
Das α-Teilchen kann im Kern auch
Bahndrehimpuls l tragen. Diesen
Vernachlässigen wir im folgenden,
d.h. es gilt nur für Zerfälle zwischen
Grundzuständen mit l=0.
α-Zerfall Zerfallswahrscheinlichkeit
P ist die Penetrabilität,
Wahrscheinlichkeit für
Tunnelprozess:
Nebenrechnung:
P = e −2G mit Gamow Faktor G
G ( Eα ) =
Ra

1
2
(
(
)
)
dr
m
V
r
E
−


∫R  

i
2 Ze 2
mit V(Ra ) = Eα =
Ra
R
a
2
2 Ze 2
−E
2m ∫ dr
G ( Eα ) =

r
Ri

Ri
2m
2
−
2 Ze arccos
Ra
Eα


R
E
beachte i = α
Ra Vc
2
=

Coulombpotential
Ausgedehnte Barriere
2
Ri Ri
− 2
Ra Ra
für Eα << Vc bzw. Ra >> Ri gilt

Ri

−
arccos

Ra


2
Ri Ri
− 2
Ra Ra

 π
≈ −
2


Ri
Ra





α-Zerfall und Geiger-Nutall Gesetz
P = e −2G mit Gamow Faktor G
G ( Eα ) =
2

π
2m
2 Ze 2  −
Eα
2
Ri 

Ra 
Für den Logarithmus der Zerfallskonstante gilt das Geiger-Nuttall’sche Gesetz:
Zusammenhang zwischen Halbwertszeit und Energie der α-Teilchen
ln λ = ln S - ln ∆t - 2G(E α)
Z
Z
= b( Z ) − a
≈ −a
Eα
Eα
S - α-Formation
∆t - Frequenz des α im Kern
P - Gamow-faktor
τ=
1
λ
und
T1 / 2 =
ln 2
= ln 2 ⋅ τ
λ
Geiger-Nutall Gesetz
α-Zerfallsreihen
Kurze Halbwertszeit
α-Zerfallsreihen
Zerfall von 238U
Erzeugt
Edelgas
Radon
Zusammenfassung
Weizsäcker Massenformel: Stabile, in der Natur vorkommende Kerne bilden
ein schmales Band in der N-Z-Ebene der Nuklidkarte.
Für sehr neutronenarme bzw. –reiche Kerne definiert die Bedingung Bn= 0 bzw.
Bp= 0 die sog. ´Abbruchkanten´.
Die Nuklide von Fe und Ni besitzen die höchste Bindungsenergie pro Nukleon.
Bedingung für einen Zweikörperzerfall: M(A,Z) > M(A-A´, Z-Z´)+M(A´,Z´)
α-Zerfall: Tunnelprozess durch die Coulombbarriere des Kernpotentials
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