Die Bedeutung von Römer 9-11 im christlich-jüdischen Gespräch von Wolfgang Kraus, Saarbrücken 1. Vorklärungen und Wegmarken1 1.1. Begrifflichkeit Wenn ich im Folgenden von der Bedeutung von Röm 9-11 „im christlich-jüdischen Dialog“ oder „im christlich-jüdischen Gespräch“ rede, muss der doppelte Gebrauch dieser Begrifflichkeit im deutschen Kontext beachtet werden: Zum einen ist damit der konkrete Dialog gemeint, der zwischen Christen und Juden zu bestimmten Themen erfolgt. Hier könnte man, was Röm 9-11 angeht, auf den früheren Landesrabbiner von Niedersachsen Henry G. Brandt verweisen, der in einem Diskussionsbeitrag das Bild des Paulus von der Wurzel und den unterschiedlichen Zweigen in Röm 11 dahingehend modifizieren wollte, dass er vorschlug, besser von zwei Bäumen zu reden, die aus einer Wurzel kämen, als von einem Baum mit unterschiedlichen Zweigen. Zum andern dient die Begrifflichkeit „christlich-jüdischer Dialog“ aber auch als Bezeichnung für ein (mehr oder weniger) institutionalisiertes Gespräch innerhalb der Kirche/Kirchen. Christlich-jüdischer Dialog meint hier eine „Such-Bewegung“ innerhalb der Kirche, die sich mit dem Verhältnis der Kirche zum Judentum beschäftigt. Es geht also hierbei um eine Selbstreflexion innerhalb der Kirche, die fragt: wer sind wir im Verhältnis zum Judentum? Und hier gibt es bei allen Unterschieden zwischen den christlichen Konfessionen zunehmend einen Konsensus zumindest innerhalb der großen Kirchen in Deutschland: dass nämlich das Gespräch zwischen Christen und Juden essentiell ist.2 Von Bedeutung ist dabei, dass diejenigen, die sich dieser Such-Bewegung verbunden fühlen, großen Wert darauf legen, „Dialog“ im Unterschied zu einem früheren Verständnis von „Mission“ zu verstehen. Dem jüdischen Partner - sei er nun körperlich präsent oder nicht soll dabei „auf Augenhöhe“ begegnet werden und er soll in seinem Selbstverständnis zu Wort kommen. Dialog heißt dezidiert: keine Judenmission. Bei diesem Unternehmen „christlichjüdischer Dialog“ waren von Anfang an jüdische Gesprächspartner in den christlichen Gremien mit dabei. Aber es ging primär um Fragen christlichen Selbstverständnisses angesichts des Judentums. 1 Es handelt sich beim folgenden Text um den beim Symposion gehaltenen Vortrag, der um einige Fußnoten mit Zitatnachweisen erweitert wurde. Auf eine vollständige Bibliographie wurde bewusst verzichtet. Es ging mir darum (s. vor allem Abschnitte 4.5.6), eine These in die Diskussion einzubringen. 2 Vgl. hierzu grundsätzlich: R. Rendtorff/H.H. Henrix, Hg., Die Kirchen und das Judentum. Dokumente von 1945-1985, Paderborn München 1988, sowie H.H. Henrix/W. Kraus, Hg., Die Kirchen und das Judentum. Dokumente von 1986-2000, Gütersloh Paderborn 2001. 1 Auf dieser zweiten Bedeutung, dem (institutionalisierten) Gespräch innerhalb der Kirche wird bei dem, was ich sagen möchte, der Akzent liegen. 1.2. Das Thema von Röm 9-11 In der Diskussion um Röm 9-11 waren neben Einzelproblemen vor allem drei Sachverhalte umstritten: (1) Die Zusammengehörigkeit von Röm 1-8 mit 9-11, (2) der (stringente) Aufbau bzw. die inhaltliche Kohärenz und (3) das eigentliche Thema der drei Kapitel.3 Ich gehe davon aus - ohne das jetzt im Detail nachweisen zu können - dass (ad 1) die thematische und sachlich-inhaltliche Zusammengehörigkeit von Kap. 1-8 und 9-11 und darüber hinaus (vgl. insbes. 15,7-13!) gegeben ist4 und dass (ad 2) Röm 9-11 einen kohärenten, zielgerichteten Argumentationsgang darstellen, wobei es mir besonders auf die Korrespondenz von 9,1-5 und 11,28-32 und den zusammenfassenden Schlusshymnus (11,33-36) ankommt.5 Was (3) das Thema angeht, so bin ich der Meinung, dass es um „Israel“ als Gottesvolk geht.6 „Gottes Gerechtigkeit“ ist in Christus cwri.j no,mou erschienen (Röm 3,21). Sie wird jedoch durch Gesetz und Propheten bezeugt und war als zidkat-JHWH („Gottes Gemeinschaftstreue“) in der gesamten Geschichte Israels am Werk. Damit stellt sich die Frage nach der Identität des Gottes Israels mit dem Vater Jesu Christi.7 Es geht in Röm 9-11 nicht primär um das Verhältnis von „Kirche und Israel“, sondern um „Israel“ selbst, und zwar um den Widerspruch zwischen der Heilszusage, die nach dem Zeugnis der Schrift Israel gilt, und dem gegenwärtigen Stand der Mehrheit Israels außerhalb des Heils in Christus. 8 Es geht also nicht nur um die Zuverlässigkeit des Gotteswortes (Röm 9,6). Diese Frage ist eine Teilfrage und könnte durch den Hinweis auf Gottes „mit Auswahl verfahrenden Ratschluss“9 oder mit dem Verweis auf den geretteten Rest beantwortet sein. Es geht auch nicht um 3 Dies kann hier nicht im einzelnen entfaltet werden, s. dazu: W. Kraus, Das Volk Gottes. Zur Grundlegung der Ekklesiologie bei Paulus, WUNT 85, 1996 (Neuaufl. 2004), 269-333 („Juden und Heiden unter der Verheißung Gottes nach dem Römerbrief“), bes. 290ff, hier auch ausführliche Literaturhinweise; vgl. daneben W. Kraus, Paulinische Perspektiven zum Thema „bleibende Erwählung Israels“, in: ders., Hg., Christen und Juden Perspektiven einer Annäherung, Gütersloh 1997, 143-170. 4 Begründung: (1) Röm 9-11 ist Ausführung eines Teiles des in 1,16f angegebenen Themas. (2) Die von Röm 3,1-5 her offenen Fragen erhalten erst hier ihre Antwort. (3) Röm 9-11 bildet die Grundlage für Röm 15,7-13.2533. (4) Die universale Erlösung durch das Evangelium wird einerseits durch die gegenwärtige Leidensexistenz der Glaubenden, andererseits durch die Ablehnung des Evangeliums seitens der Mehrheit der Juden in Frage gestellt. D.h. Kap. 5,12-8,39 und 9-11 sind zwei Durchführungen zu ein und demselben Sachverhalt: der Infragestellung der Gottesgerechtigkeit durch die gegenwärtige sog. „Wirklichkeit“. 5 Gliederung bei Kraus, Volk Gottes, 294f. 6 Wenn ich im Folgenden von „Israel“ spreche, dann soll das im theologischen und nicht im politischen Sinn verstanden werden. Ich nehme damit den biblischen Sprachgebrauch auf. 7 N. Walter, Zur Interpretation von Römer 9-11, ZThK 81, 1984, 172-195. 8 Walter, Interpretation, 189. 9 O. Hofius, Das Evangelium und Israel. Erwägungen zu Römer 9-11, ZThK 83, 1986, 297-324: 303 (im Anschluss an H. Lietzmann). 2 missionsstrategische Zugeständnisse, zu denen sich Paulus genötigt sieht,10 sondern um eine eminent theologische Frage:11 Was ist mit dem bisherigen Gottesvolk Israel angesichts der Offenbarung der Gottesgerechtigkeit in Christus? „Hat denn Gott sein Volk verstoßen?“ Diese in 11,1 explizit gestellte Frage schwingt unausgesprochen seit 9,1 mit. 1.3. Wegmarken Um zu ermessen, was wir bis heute erreicht haben im „christlich-jüdischen Dialog“, wo wir inzwischen stehen und welche Bedeutung Röm 9-11 dabei hat, sollten wir uns einen kurzen Moment vor Augen halten, woher wir kommen, wir: das ist die Kirche und ihre Theologie. Meine Beispiele sind dem deutschen Kontext entnommen, aber sie stehen paradigmatisch auch für die Entwicklung in anderen Kirchen. [Petit Anfang] Erlauben Sie, dass ich, bevor ich auf Röm 9-11 eingehe, eine Analogie bemühe: In einer Diskussion über Sinn und Unsinn der mit dem Jahr 1968 verbundenen Umwälzungen sagte ein Diskussionsteilnehmer: Um zu verstehen, in welcher Situation man sich in den 1960er Jahren in Deutschland befand, sollte man sich z.B. vergegenwärtigen, dass es noch im Jahr 1965 für eine Frau, die ein Bankkonto eröffnen wollte, notwendig war, die Einverständniserklärung ihres Mannes vorzulegen. Die Zeiten haben sich geändert. So ähnlich kommt es mir vor, wenn ich die Diskussionen nachlese, die in den 60er Jahren zum Thema Christen und Juden geführt wurden. Die Zeiten haben sich auch hier geändert. Aber es ist wichtig, sie in Erinnerung zu behalten. [Petit Ende] 1.3.1. 1948 Im Jahr 1948 verabschiedete der Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) also eine Nachfolgeorganisation der Bekennenden Kirche - das sog. „Darmstädter Wort zur Judenfrage“.12 Er spricht darin zwar zunächst von der Schuld, die Christen gegenüber Juden auf sich geladen haben. Dann aber heißt es hinsichtlich der Stellung Israels als Volk Gottes: Israel habe seinen Messias gekreuzigt und damit seine Erwählung und Bestimmung verworfen. Deshalb sei die Erwählung auf die Kirche übergegangen. Israel stehe unter dem Gericht und sei damit eine stete Warnung an die christliche Gemeinde, dass Gott nicht mit sich spotten lasse. 10 J. Becker, Paulus. Der Apostel der Völker, Tübingen 1989, 495f; ähnlich E. Brandenburger, Paulinische Schriftauslegung in der Kontroverse um das Verheißungswort Gottes (Röm 9), ZThK 82, 1985, 1-47, hier: 8. 11 J.D.G. Dunn, The Partings of the Ways Between Christianity and Judaism, London u.a. 1991, 148; P. v.d. Osten-Sacken, Römer 9-11 als Schibbolet christlicher Theologie, in: ders., Evangelium und Tora. Aufsätze zu Paulus, TB 77, 1987, 294-314, hier: 299; M. Wolter, Evangelium und Tradition. Juden und Heiden zwischen solus Christus und sola scriptura (Gal 1,11–24; Röm 11,25–36), in: H.H. Schmid u.a., Hg., Sola Scriptura, Gütersloh 1991, 180–191, hier: 188. 12 Text in Rendtorff/Henrix, Hg., Die Kirchen und das Judentum, 540-544. 3 Das sind altbekannte Argumentationsfiguren. Hier begegnen alle überkommenen Punkte traditioneller Israel-Verwerfungs-Theologie. Und es kommt hinzu: die Schoah wird (1948!) als eine „Warnung“ an die Christen verstanden - das ist entweder theologische Naivität oder Zynismus. 1.3.2. 1950 Eine Neuorientierung im Verhältnis zum Judentum auf der Ebene der EKD setzte ein mit der Erklärung der Synode der Evang. Kirche in Deutschland von Berlin-Weißensee, 1950. Recht verstanden bedeutet sie eine kopernikanische Wende. Neben Sachverhalten, die uns heute alltäglich geworden sind (z.B. der Betonung von Jesu Jude-Sein, der Absage an den Antijudaismus usw.) findet sich hier die Aussage: „Gottes Verheißung über dem von ihm erwählten Volk Israel [ist] auch nach der Kreuzigung Jesu Christi in Kraft geblieben“.13 Diese Position hat sich inzwischen in nahezu allen kirchlichen Erklärungen durchgesetzt. Die göttliche Verheißung für Israel als Gottesvolk besteht noch immer. Der Bund ist nicht aufgekündigt. [Petit Anfang] Noch im Jahr 1964 war das hoch umstritten. Damals hielt Günther Harder, Neutestamentler in Berlin, einen Vortrag, der mit dem Hinweis darauf endete, es gebe in der Kirche - insbesondere in theologisch konservativen, lutherisch-konfessionellen Kreisen - noch immer Gegenstimmen, die der Verwirklichung der Erklärung von Berlin Weißensee entgegenstünden, in der das Volk Israel weiterhin als das erwählte Volk betrachtet werde. 14 Diese Aussage wurde per Zufall im Landeskirchenamt in München bekannt und erregte dort Aufsehen. Einer der Oberkirchenräte holte sich bei Prof. Wilhelm Stählin Rat. Dieser schrieb ihm, dass eine solche Aussage nur zu verstehen sei „im Zusammenhang mit jener Fehlentwicklung einer wortstarken Gruppe unserer evangelischen Kirche, die den Unterschied zwischen ecclesia und Synagoge verwischt, weil sie im Grunde weder an die incarnation noch an die Auferstehung glaubt. ... Es scheint mir also notwendig, daß von autoritativer Seite ein klares Wort zu dieser Aftertheologie von der Kontinuität des Volkes Gottes gesagt wird. Ich erinnere mich nicht genau, was auf der Weißenseer Synode 1950 (an der ich teilgenommen habe) gesagt worden ist. Jedenfalls hat die Synode keinesfalls erklärt, daß das Volk Israel weiterhin als das erwählte Volk betrachtet werden soll. Ich kann mir nicht denken, daß die 13 Text in Rendtorff/Henrix, Hg., Die Kirchen und das Judentum. 548f. Wesentlichen Anteil an der Formulierung hat der Berliner lutherische Systematiker Heinrich Vogel. 14 E.-L. Schmidt, Die Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern und die Juden 1920-1992, in: W. Kraus, Hg., Auf dem Weg zu einem Neuanfang, München 1999, 25-46, hier: 38f. 4 Synode einer solchen offenkundigen Irrlehre zustimmt.“15 Die Zeiten haben sich geändert, das ist inzwischen anders. [Petit Ende] 1.3.3. 1975 Im Jahr 1975 verabschiedete die EKD ihre erste Studie zum Thema Christen und Juden. Deren Absicht war es u.a., einen Konsens innerhalb des evangelischen Lagers zu ermöglichen. Sie beschreibt die gemeinsamen Wurzeln, spricht über das Auseinandergehen der Wege und fragt nach Möglichkeiten der aktuellen Gestaltung des Verhältnisses von Christen und Juden. Erarbeitet wurde sie von der „Studienkommission Kirche und Judentum“. Diese Studie bedeutete nach der Erklärung von Berlin-Weißensee einen erneuten wichtigen Schritt. Ihr Motto ist aus Röm 11,18 gewonnen: „Du sollst wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“16 Unter Bezug auf Röm 11,2 heißt es, Paulus bestätige den Juden, dass sie weiterhin Volk Gottes seien.17 Bedeutsam an der Arbeit der EKD-Studienkommission war, dass von Anfang an jüdische Mitglieder an den Beratungen beteiligt waren, also nicht Christen allein über ihr Verhältnis zum Judentum nachdachten, sondern dies von vornherein in einer gemeinsamen Anstrengung vonstatten ging. 1.3.4. 1980 Der Synodalbeschluss der Evang. Kirche im Rheinland von 1980 war dann der erste Versuch, über die Beschreibung des status quo hinauszukommen. Er hatte das gleiche Motto, wie die EKD-Studie I von 1975: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich, Röm 11,18.“ Es handelt sich hierbei um den ersten Beschluss einer Kirchensynode mit Gesetzeskraft, nicht nur um die Studie einer Kommission wie bei der EKD-Studie von 1975. 1.3.5. 1991 Alle protestantischen Landeskirchen in Deutschland sind zwischen 1980 und 1998 der Evang. Kirche im Rheinland gefolgt und haben Erklärungen zum christlich-jüdischen Verhältnis abgegeben.18 Konsens besteht dabei unter allen Landeskirchen darin, dass die „bleibende Erwählung Israels als Gottesvolk“ nicht infrage gestellt wird. Dies ist auch die Position, die 15 Schmidt, a.a.O., 39. Text in Rendtorff/Henrix, Hg. Die Kirchen und das Judentum, 558-578. Dieses Motto begegnet im Kontext der Frage nach dem Verhältnis von Christen und Juden bereits 1934 in einem Text des bayerischen Pfarrers K.-H. Becker in einer Eingabe an den Landeskirchenrat, in der Becker sein Missfallen über die Untätigkeit der Kirche für die Juden zum Ausdruck bringt. S. dazu A. Töllner, Eine Frage der Rasse?, Konfession und Gesellschaft 36, Stuttgart 2007, 84-93, hier: 93. 17 EKD-Studie Christen und Juden, Ziff. I.3 (Text in Rendtorff/Henrix, Hg., Die Kirchen und das Judentum, 561). 16 5 eine zweite Studie der EKD von 1991 vertritt. Unter dem Titel „Auf dem Weg zu einer Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ wurde ein weiterer Meilenstein im Gespräch geschaffen. Hier nun spielt Röm 9-11 eine tragende inhaltliche Rolle. Die Studie beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach dem Selbstverständnis der Kirche und des Judentums als Volk Gottes. Dabei findet sich eine neutestamentliche Ekklesiologie in nuce und es wird ausführlich begründet, warum Röm 9-11 Richtschnur des Nachdenkens sein soll. Ich breche hier mit den Wegmarken ab. Sie mussten notwendigerweise fragmentarisch sein. So viel lässt sich jedoch feststellen: Röm 9-11 stellt in kirchlichen Erklärungen der letzten Jahrzehnte einen Zentraltext dar, der für eine Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden herangezogen wurde. Der Text wurde verwendet, um das eigene christliche Selbstverständnis und das Verständnis des Judentums zu bestimmen. Natürlich war es nicht einfach Röm 9-11, sondern Röm 9-11 in einer bestimmten Interpretation, was den christlichjüdischen Dialog voranbrachte. 2. Röm 9-11 im Kontext des übrigen Neuen Testaments Im Neuen Testament existieren unausgeglichen nebeneinander verschiedene Vorstellungen bezüglich des Verhältnisses der Kirche zum ersterwählten Gottesvolkes Israel, die sich nicht ohne weiteres auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Vielmehr zeigt sich in ihnen eine unabgeschlossene Problemstellung, die in neutestamentlicher Zeit selbst nicht einheitlich gelöst wurde oder gelöst werden konnte, sondern offen bleiben musste19. Zwar spielte die Frage, wer wirklich Gottes Volk sei, in der frühen Kirche ausgesprochen oder unausgesprochen eine wichtige Rolle, die Antwort fiel aber durchaus unterschiedlich aus.20 Dies hängt u.a. damit zusammen, dass die meisten neutestamentlichen Schriften in einer Zeit entstanden sind, in der das Verhältnis der christlichen Gemeinden zu den Synagogengemeinden teilweise sehr angespannt war. Nach dem jüdischen Krieg gegen Rom (66-70 n.Chr.) war das Judentum vor die Aufgabe gestellt, seine Identität neu zu definieren und zwar ohne das bisherige Zentrum, den Tempel in Jerusalem. Gleichzeitig war das sich verselbständigende Christentum vor die Aufgabe gestellt, sich innerhalb des römischen Reiches und im Gegenüber zum Judentum zu definieren. Dies war die Zeit, in der um das alttestamentliche Erbe gekämpft wurde. Manche Schärfe in den neutestamentlichen Aussagen 18 Vgl. dazu W. Kraus, Der Rheinische Synodalbeschluss und seine Auswirkungen innerhalb der Gliedkirchen der EKD, in: K. Kriener und J.M. Schmidt, Hg., „... um seines Namens willen“ Christen und Juden vor dem Einen Gott Israels, Neukirchen 2005, 12-25. 19 Vgl. EKD-Studie Christen und Juden II, 1991, Ziff. 3.4.4 (Text in Henrix/Kraus, Hg., Die Kirchen und das Judentum, 627-668, hier: 661). 20 Vgl. Kraus, Paulinische Perspektiven (s. oben Fn. 3), 144ff. 6 ergibt sich daraus, dass der aktuelle Kampf ums Erbe in die Formulierungen eingeflossen ist (vgl. z.B. Mt 23). Aber es wäre zu wenig, wollte man nur zeitgeschichtliche Gründe nennen. Es sind auch genuin theologische bzw. christologische Gründe, wie im Johannesevangelium (Joh 8,39-47; 9,22),21 oder ekklesiologische, wie in der Offenbarung des Johannes,22 die zu polemischen Aussagen gegenüber „Israel“ oder seine Repräsentanten führen. Oder es handelt sich um eine inzwischen eingetretene „Israelvergessenheit“, wie etwa im 1. Petrusbrief.23 Von einer bleibenden Erwählung Israels als Gottesvolk oder einer auch nach Kreuz und Auferstehung in Kraft gebliebenen Verheißung für Israel kann ich in den genannten Schriften zumindest explizit nichts entdecken. Ob Matthäus das jüdische Volk noch als Volk der Verheißung ansieht, ist unter den gegenwärtigen Mt-Auslegern zumindest umstritten.24 3. Röm 9-11 im Kontext weiterer paulinischer Aussagen Das soeben genannte Problem neutestamentlicher Divergenz im Blick auf „Israel“ verschärft sich, wenn wir Aussagen des Paulus außerhalb des Römerbriefes in den Blick nehmen. 3.1. 1Thess 1,14-16 Ausgehend von seiner eigenen Verfolgungserfahrung nennt Paulus hier fünf Bestimmungen, die die Juden (oi ioudaioi) kennzeichnen (1. Sie haben den Herrn Jesus und die Propheten getötet. 2. Sie haben uns verfolgt. 3. Sie gefallen Gott nicht. 4. Sie sind allen Menschen feind. 5. Sie hindern uns, den Heiden das Evangelium zu predigen). Abgesehen von der mangelnden Differenzierung (es heißt pauschal: ‚die Juden’) und der 4. Bestimmung (‚sie sind allen Menschen feind’), die eine Aufnahme paganer Judenpolemik darstellt, liegt die eigentliche (problematische) Spitze der Ausführungen in 1Thess 2,14ff m.E. in dem Schlusssatz: „Fortgesetzt machen sie ihr Sündenmaß voll. Das Zorngericht ist jedoch schon endgültig über sie gekommen.“ Das bedeutet, dass hier die Vorstellung vom eschatologischen Maß (vgl. z.B. 2Makk 6,14f) und ihre traditionelle Anwendung auf Israel und die Heiden umgedreht worden ist.25 Paulus stellt damit die die Ekklesia verfolgenden Juden mit Heiden auf ein und dieselbe 21 S. dazu noch immer W. Trilling, Gegner Jesu – Widersacher der Gemeinde – Repräsentanten der ‚Welt’. Das Johannesevangelium und die Juden, in: ders., Studien zur Jesusüberlieferung, SBAB.NT 1, 1988, 209-231. 22 Vgl. hierzu P. Hirschberg, Das eschatologische Israel. Untersuchungen zum Gottesvolkverständnis der Johannesoffenbarung, WMANT 84, 1999. 23 So N. Brox, „Sara zum Beispiel ...“, in: Kontinuität und Einheit, FS F. Mußner, hg. von P.-G. Müller/W. Stenger, Freiburg u.a. 1981, 484-493, hier: 493; vgl. dazu J. Roloff, Die Kirche im Neuen Testament, GNT 10, Göttingen 1993, 275. 24 S. dazu Roloff, Kirche, 148-154. 25 Details und Literaturhinweise bei Kraus, Volk Gottes (s. oben Fn. 3), 148-155. 7 Stufe und kündigt ihnen das Endgericht an. Für eine bleibende Erwählung Israels ist hier kein Platz mehr. Ich würde aus 1Thess 2,14-16 zwar keine Substitution des Gottesvolkes Israel durch die Ekklesia ableiten, aber für eine heilvolle Zukunft ganz Israels bleibt in diesem Text kein Platz. 3.2. Gal 3,6-18; 4,21-31 Abgesehen von Gal 6,16 und der Frage, wie die Begrifflichkeit Israel tou theou zu verstehen ist (ob nun auf die Kirche oder auf Israel bezogen),26 sind es zwei Passagen im Gal und deren näheres Umfeld, die sich mit den Ausführungen im Röm m.E. nicht vereinbaren lassen.27 3.2.1. Nach Gal 3,6-9 werden die Glaubenden aus allen Völkern als Söhne Abrahams des Segens teilhaftig. Dagegen steht der, der sich auf das Gesetz beruft, unter dem Fluch (Gal 3,10-14). Christus als dem einen Nachkommen Abrahams (Singular!) wurde das Erbe verheißen (Gal 3,15-18). Damit werden allein die an ihn Glaubenden des Erbes teilhaftig. Sie sind in der Tat „Söhne Gottes“, „Nachkommenschaft Abrahams“ und „Erben gemäß der Verheißung“ (Gal 3,26-29), aber der Träger der Verheißung ist nach Gal 3 ausschließlich Christus, und „Söhne Gottes“ oder Erben der Verheißung“ können deshalb nur diejenigen sein, die im Glauben an Christus Anteil haben. Diese Sicht wird bestätigt durch die Aussagen in Gal 4,1-7, wonach die wirkliche „Sohnschaft“ in der Zeit vor Christus suspendiert war. 3.2.2. In Gal 4,21-31 will Paulus durch einen Schriftbeweis erhärten, dass den Glaubenden auch denjenigen aus den Völkern - die volle Abrahamssohnschaft gebührt. Die zwei diaqh/kai, die Paulus zu einander in Beziehung setzt, sind wohl der Abrahams- und der Sinaibund. 28 Die Abraham- diaqh,kh ist dabei der Sinai- diaqh,kh zeitlich voraus und sachlich überlegen. Nach der Logik der Allegorese gehören Hagar / Sinai / jetziges Jerusalem / Sklaverei auf eine Seite, wohingegen unsere Mutter / Abrahambund / oberes Jerusalem / Freiheit auf der anderen Seite stehen. Gal 4,21ff setzt also das „jetzige Jerusalem“ mit „Söhnen der Sklavin“ gleich und impliziert damit den Ausschluss vom Erbe. Der „Sohnschaft nach dem Fleisch“ steht die „Sohnschaft durch die Verheißung“ gegenüber. Von einer bleibenden Erwählung Israels bleibt in Gal 4,21-31 m.E. nichts übrig. C.K. Barrett hat dies bündig so zusammengefasst: „Thus the physical decendents of Sarah become the spiritual descendants of Hagar, and the 26 Vgl. hierzu Kraus, Volk Gottes (s. oben Fn. 3), 247-252. Für Details und Literatur vgl. Kraus, Volk Gottes (s. oben Fn. 3), 207-210.234-246. 28 Die in der Diskussion zu findende Entgegensetzung von „altem“ und „neuem“ Bund hat in Gal 4,21-31 m.E. keinen Anhalt, vgl. im Detail Kraus, Volk Gottes (s. oben Fn. 3), 239-242. 27 8 physical descendents of Hagar (generalized into the Gentiles) become the spiritual descendents of Sarah, who inherit the divine promise.“29 3.3. Die „Relativität“ der Aussagen im 1Thesslonicher- und Galaterbrief Selbstverständlich muss zum rechten Verständnis der Ausführungen im 1Thess und Gal die Situation in Anschlag gebracht, in die hinein die Briefe gerichtet sind. Aber es wäre m.E. eine unzulässige Relativierung, wollte man die soeben besprochenen Aussagen lediglich als situationsbedingte Überspitzung interpretieren oder sie nur auf die judenchristlichen Gegner des Paulus beziehen. Mit dem Röm lassen sich diese Positionen jedenfalls nicht vereinen. Und unabhängig von der Frage, ob man aufgrund dessen in der paulinischen Theologie mit einer „Entwicklung“ oder mit „Wandlungen“ rechnen muss oder nicht,30 sollten wir Paulus zutrauen, an einer entscheidenden Stelle - nämlich dem Verständnis Israels als Volk Gottes eine Selbstkorrektur vollzogen zu haben. Wie diese Selbstkorrektur begründet wird, ob durch Einsicht in die faktische Erfolglosigkeit der Judenmission oder durch missionsstrategische Erwägungen,31 oder durch erneutes Schriftstudium,32 ist eine andere Frage. Hier bin ich der Überzeugung, dass die Ausformulierung seiner Rechtfertigungslehre, in der die Kategorie der dikaiosu,nh qeou/ so zentrale Bedeutung bekam, die oben genannte eminent theologische Frage unausweichlich machte, nämlich: Was ist mit dem bisherigen Gottesvolk Israel angesichts der Offenbarung der Gottesgerechtigkeit in Christus? Gott und seine Gerechtigkeit, d.h. seine Gemeinschaftstreue, seine Bundestreue, seine Schöpfermacht - wir sollten hier nicht alternativ denken - standen für Paulus auf dem Spiel, nicht weniger. 4. Röm 9-11 als Leittext einer theologischen Schrifthermeneutik Wenn es aber so steht, dass die Stellung Israels als Gottesvolk angesichts der Offenbarung der Gottesgerechtigkeit in Christus die entscheidende Frage darstellt, dann gebührt dem Römerbrief und insbesondere Kap. 9-11 (plus 15,7-13.25-33!) zumindest innerhalb der paulinischen Briefe ein ganz besonderes Gewicht. 29 Charles K. Barrett, The Allegory of Abraham, Sarah, and Hagar in the Argument of Galatians, in: J. Friedrich u.a., Hg., Rechtfertigung, FS E. Käsemann, Göttingen/Tübingen 1976, 1-16, hier: 16. 30 Auf diese sehr umstrittene Frage kann hier nicht eingegangen werden, s. etwa J.C. Beker, Paul’s Theology: Consistent or Inconsistent?, NTS 34, 1988, 364-377 sowie U. Schnelle, Theologie des Neuen Testaments, UTB 2917, Göttingen 2007, 236-242.270-280.320-323.326-331. 31 So Becker, Paulus, 495f. 32 So H. Hübner, Gottes Ich und Israel. Zum Schriftgebrauch des Paulus in Römer 9-11, FRLANT 136, Göttingen 1984, 121-123. Zur Frage, welche Bedeutung die Argumentation mit der Schrift für Paulus hat, s. insbes. F. Wilk, Die Bedeutung des Jesajabuches für Paulus, FRLANT 179, 1998, und J. Ross Wagner, Heralds of the Good News: Paul and Isaiah ‚in Concert’ in the Löetter to the Romans, NT.S 101, Leiden 2002. 9 Doch dieses Gewicht geht noch darüber hinaus. Warum sollten wir Paulus und seine Äußerungen im Röm zur Leitlinie unseres Nachdenkens machen und nicht Mt oder Joh oder die Apk? Die Begründung, dass wir nach der Schoah gar nicht anders können, mag hermeneutisch von Bedeutung sein, würde mir aber nicht ausreichen. Sie kann vor allem kein Maßstab sein für die Interpretation der Aussagen des Paulus in seiner Zeit. Ich sehe jedoch mindestens drei Gründe, warum der Röm über den Kontext der Paulusbriefe hinaus, d.h. innerhalb des Neuen Testaments und der Bibel insgesamt fundamentale Bedeutung besitzt und deshalb in dieser Frage eine Standortnahme bei Paulus theologisch unerlässlich ist:33 1) Röm 9-11 ist zwar nicht der einzige Text des Neuen Testaments, der für das Verhältnis Kirche-Judentum relevant ist, aber es handelt sich um den einzigen Text im Neuen Testament, in dem „Israel“ eigens zum Thema gemacht wird. 2) Röm 9-11 ist dabei gemäß der gängigen zeitlichen Einordnung der Paulusbriefe die finale Äußerung des Paulus zu diesem Thema.34 3) Röm 9-11 ist integraler Bestandteil des Argumentationsgangs im Römerbrief. Diesen Brief kann man mit E. Lohse sachgemäß als „summa evangelii“ bezeichnen. 35 Dies ist keine protestantische und schon gar nicht: lutherische Speziallehre, sondern eine Aussage, die theologisch-sachkritisch im Rahmen des Neuen Testaments und im Rahmen der gesamten Bibel bewährt werden muss. Auf diesen letzten Punkt möchte ich näher eingehen. 4.1. Christologische und theologische Schrifthermeneutik Nach Paulus gehören die durch Christus berufenen Heiden aufgrund der Taufe gleichberechtigt zum endzeitlichen Gottesvolk hinzu: Sie sind Söhne Gottes, Nachkommenschaft Abrahams und damit Erben der Verheißung (Gal 3,26-29). Diese Aussagen werden im Röm bestätigt: Röm 8,14-17. Das schließt nach Paulus aber nicht aus, dass Israel das von Gott erwählte Volk bleibt: Röm 9,1-5; 11,1f.28f. Paulus ist mithin der einzige Autor im Neuen Testament, der dem Gottesvolkthema in seiner doppelten Gestalt, als Frage nach „Kirche“ und nach „Israel“ explizit Rechnung getragen hat. Das entscheidende theologische Problem, wie es im Römerbrief explizit benannt wird, bestand für Paulus in der Frage: Wie kann die Vorstellung einer bleibenden Zusage Gottes an Israel neben der Botschaft einer Erlösung aller Menschen allein durch Christus angesichts Israels weitgehender Ablehnung Jesu als Messias Bestand haben? Heißt das: Die 33 Vgl. hierzu EKD-Studie Christen und Juden II, 1991, Ziff. 3.4.4 (Text in Henrix/Kraus, Hg., Die Kirchen und das Judentum, 627-668, hier: 661). 34 In meiner Arbeit „Das Volk Gottes“ ging ich noch davon aus, dass der Phil zeitlich hinter den Röm einzuordnen ist (ca. 58-60 in der römischen Gefangenschaft des Paulus). Dies würde ich inzwischen nicht mehr vertreten, sondern ihn angesichts der neueren Diskussion in die ephesinische Zeit (ca. 52-55) einordnen. 35 E. Lohse, Summa Evangelii - zu Veranlassung und Thematik des Römerbriefes, NAGW 3, 1993, 91-119. 10 Erwählungslehre steht gegen die Christologie? Und, so könnte man weiterfragen, überwiegt schließlich im Röm die Theo-logie gegenüber der Christo-logie? Hat Paulus seine im Gal praktizierte christologische Schrifthermeneutik, aufgrund derer sich die Zugehörigkeit zu dem in Abraham erwählten Gottesvolk nur über Christus bestimmen lässt, in Röm 11,28f durch eine theologische begrenzt? Nach M. Wolter vollzieht Paulus in Röm 11,28f insofern einen „Paradigmenwechsel“, als er „seiner christologischen Schrifthermeneutik eine im eigentlichen Sinn des Wortes theologische Hermeneutik in einem spannungsvollen Nebeneinander an die Seite [stellt]“ und damit „eine Autonomie des Schriftzeugnisses von der Erwählung Israels“ behauptet, „die auch durch das auf Heilsferne lautende Urteil des Evangeliums bzw. einer christologischen Schrifthermeneutik nicht suspendiert ist.“36 Ich halte dieses Urteil für nicht zutreffend. M.E. bringt es Paulus fertig, Theo-logie und Christo-logie, theologische und christologische Schrifthermeneutik zu verbinden. Die Besonderheit des paulinischen Ansatzes liegt darin, dass gerade die Gerechtigkeit Gottes, die durch das Christusgeschehen offenbar geworden ist (Röm 3,21), einerseits die Frage nach der bleibenden Gültigkeit der Zusagen Gottes an Israel aufkommen lässt (Röm 9,1ff; 11,1) und andererseits beantworten hilft (Röm 11,2ff). Gottes Gerechtigkeit im Sinn seiner Bundestreue gilt Israel nach wie vor. Gott in seiner Bundestreue wird Israel mittels des „Retters vom Zion“ zum endgültigen Heil führen (Röm 11,26f). Damit wird gerade die Rechtfertigungslehre, die häufig im Sinn der Unvereinbarkeit mit der bleibenden Erwählung Israels interpretiert wurde, zur Möglichkeit, das „solus Christus“ und zugleich die Gültigkeit der göttlichen Zusagen an Israel festzuhalten. 4.2. Die Rechtfertigungslehre als sachgemäßer Ausdruck des Evangeliums Das wichtige theologisch-sachkritische und hermeneutische Problem hinsichtlich der Rechtfertigungslehre, wie sie im Römerbrief entfaltet wird, besteht darin, nachzuweisen, dass der paulinische Ansatz, wie er dort begegnet, ein sachgemäßer Ausdruck des Evangeliums von Jesus Christus ist und daher die Richtschnur unseres Denkens sein muss. Es geht also um nichts weniger als innerbiblische theologische Sachkritik! Denn mit dem Nachweis, dass Paulus in Röm 11,25-27 von der Rettung „ganz Israels“ spricht, ist erst die Hälfte gewonnen. Bei der Aussage pa/j Israh.l swqh,setai könnte es sich ja auch nur um einen letzten, vielleicht psychologisch begründeten, aber gleichwohl untauglichen Versuch handeln, innerhalb eines an divergierenden Linien reichen Kontextes 36 Wolter, Evangelium und Tradition (s. oben Fn. 11), 191 (kursiv im Original). 11 (Röm 9-11) schließlich doch noch mit der Frage der Ablehnung Jesu durch die Mehrheit Israels zurechtzukommen.37 Insofern könnte man fragen, ob es sich bei Röm 9-11 vielleicht nur um die Diskussion eines biographisch bedingten Problems des Paulus handelt. Oder geht es doch um die Spitze dessen, was aufgrund der Rechtfertigungslehre des Apostels gesagt werden muss? Dann wären wir mit diesen Ausführungen im Zentrum seiner Theologie. Um es auf den Punkt zu bringen: Erst wenn sich im Kontext der paulinischen Rechtfertigungstheologie die theologisch-sachliche Notwendigkeit der Aussagen in Röm 11,25-27 (und auch 11,28-32; 15,7-13) erweisen lässt, erst dann ist deren Marginalisierung auf psychologischem oder biographischem oder sonst einem Weg wirklich Entscheidendes zu entgegnen. Der Streit muss also letztlich darum geführt werden, ob die Antwort, die Paulus in Röm 9-11, speziell in Röm 11,25-27 gibt, im Kontext des Römerbriefes, im Kontext paulinischer, neutestamentlicher und schließlich gesamtbiblischer Aussagen als sachgemäßer Ausdruck des Evangeliums von Jesus Christus und damit als sachgemäßer Ausdruck der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit des Gottes Israels anzusehen ist - mit allen Konsequenzen für Kirche und Theologie. Dies zu erkennen bedeutet eine theologische Entscheidung zu fordern, die m.E. nur lauten kann: Für unser Verhältnis zum Judentum gibt Paulus die Richtung des Denkens sachgemäß vor: Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er sich zuvor erwählt hat (Röm 11,2). Diese Aussage hat ihren Ursprung im Zentrum der paulinischen Rechtfertigungslehre, sie ist genuiner Ausdruck des Evangeliums von Jesus Christus und entspricht dem, was wir mit dikaiosu,nh qeou/ bezeichnen. 5. Röm 9-11 als Richtschnur bei offenen Fragestellungen 5.1. Erwählung als promissio Nach Röm 15,7-13 sind die Verheißungen Gottes an die Väter durch Christus nicht erfüllt, sondern bestätigt worden (eivj to. bebaiw/sai ta,j evpaggeli,aj tw/n pate,rwn). Christus ist gekommen, um ein dia,konoj peritomh/j, ein Diener der „Beschneidung“ (hier metonymisch für: die Juden), zu werden, damit er die Verheißungen an die Väter befestige. Das heißt, Paulus versteht Israel als Volk Gottes von der Väterverheißung und nicht vom Sinaibund her, und er versteht dieses Volk-Gottes-Sein, also seine „Erwählung“ im Sinn von „Verheißung“, prommissio. Diese Erwählung ist nicht ablesbar an Äußerlichkeiten, sie gilt von Gott her, weil 37 So H. Räisänen, Römer 9-11. Analyse eines geistigen Ringens, ANRW II.25.4, 1987, 2891-2939, hier: 2932. 12 Gottes promissio „Wirklichkeit“ setzt. Das aber heißt: von der göttlichen promissio her bleibt Israel Gottes Volk auch gegen den Augenschein.38 Umgekehrt gilt: Die Kirche ist durch Christus erwählt, zum Volk Gottes zu gehören. Aber auch dies gilt im Modus der promissio, von Gott her. Das Judentum ist damit aber nicht nur historische Wurzel des Christentums, sondern bleibender Partner vor Gott. Damit stellt das Judentum als lebendige Religion eine bleibende Anfrage an das christliche Selbstverständnis dar. 5.2. „Israel“ als integraler Bestandteil christlicher Eklesiologie Die EKD-Studie von 1991 verlangt, dass die Kirche ihr Selbstverständnis so formulieren muss, dass damit das Selbstverständnis Israels als Volk Gottes nicht herabgesetzt wird.39 Das ist richtig, jedoch nur ein Teil der vor uns liegenden Aufgabe. Die erste Stufe war es, die jüdischen Wurzeln des Christentums zu erkennen und anzuerkennen. Eine zweite Stufe besteht darin, das eigene Selbstverständnis so zu formulieren, dass das jüdische Volk als Volk der Erwählung dabei nicht herabgesetzt wird. Es stellt jedoch - und das ist die dritte, noch vor uns liegende Stufe - christliche Identität elementar in Frage, wenn erkannt und anerkannt wird, dass zur sachgemäßen Formulierung des Selbstverständnisses der Kirche „Israel“ einen integralen Bestandteil darstellen muss. Wenn die Kirche anerkennt, dass Gott das jüdische Volk bleibend zu sich in Beziehung gesetzt hat, und bereit ist, ihr Selbstverständnis so zu formulieren, dass Israels Identität dabei nicht herabgesetzt wird, dann muss sie darüber hinaus realisieren, nicht allein als „Gottes Volk“ dazustehen. Ebendeshalb muss die Dimension „Israels“ als Gottes Volk in die Beschreibung christlicher Identität aufgenommen werden. Die Kirche ist kein „Einzelkind“, sondern sie hat „einen älteren Bruder / eine ältere Schwester“. Die jüdischen Wurzeln können zur rein historischen Reminiszenz verkommen. Die Formulierung christlicher Identität darf nicht auf Kosten es jüdischen Volkes geschehen. Aber die aktuelle Partnerschaft mit Israel als ersterwähltem Volk lässt christliche Selbstdefinitionen unter Absehung von Israel als unzureichend und unvollständig erscheinen. Der hier zu beschreitende Weg verläuft auf einem schmalen Grat, ihn zu gehen ist nicht einfach. Einerseits bedeutete es einen Absturz, wollte die Kirche dem Gottesvolk Israel vorschreiben wie es sich zu verstehen habe. Andererseits kann die Kirche nicht unter Absehung von Israel ihr Selbstverständnis formulieren. Es bedeutete einen Absturz auf der 38 Paulus hat mit diesem Verständnis den „Volk Gottes“-Begriff neu definiert: von der Väterverheißung her, nicht mehr vom Sinai-Bund her; s. hierzu Kraus, Volk Gottes (s. oben Fn. 3), 325. 39 EKD-Studie Christen und Juden II, 1991, Ziff. 3.4.4 (Text in Henrix/Kraus, Hg., Die Kirchen und das Judentum, 661f). 13 anderen Seite, wollte die Kirche ihre Identität anders als von der neutestamentlichen Grundlegung her beschreiben. Vom Neuen Testament her muss die Dimension Israels als des ersterwählten Volkes Gottes Aufnahme finden. Doch die Modelle, die uns im Neuen Testament hierfür geboten werden, sind nicht einheitlich. Das lukanische Modell versteht die Kirche als „erneuertes und vollendetes Israel“ (vgl. insbes. Lk 2,30-32; Apg 15,14-18). 40 Nach der Offenbarung des Johannes ist die Kirche das „eschatologische Israel“, welches das bisherige Gottesvolk überbietet.41 Nach dem Matthäusevangeliums ist die Kirche als universales Gottesvolk zu verstehen, das seine Ursprünge in Israel hat; diese werden jedoch nach der Auferstehung Jesu programmatisch überschritten (Mt 28,16-20 nach 21,43 und 22,10).42 Sowohl bei Lukas als auch in der Offenbarung und bei Matthäus fallen die nicht an Jesus glaubenden Juden aus dem Gottesvolk heraus. Diese um weitere Modelle zu erweiternden neutestamentlichen Entwürfe stimmen mit Paulus, insbesondere mit Röm 9-11 und Röm 15,7-13 nicht überein. Wenn, wie oben ausgeführt, der Einsatzpunkt christlichen Nachdenkens über Kirche und über Israel aus sachlich theologischen Gründen beim Apostel und seiner Rechtfertigungsbotschaft zu erfolgen hat, dann führt das notwendigerweise zu theologischer Sachkritik an anderen neutestamentlichen Konzeptionen. Nach Röm 9-11 steht „Israel“ nach wie vor unter der Verheißung, und nach Röm 15,7-13 (insbes. V.10) soll die Kirche „mit seinem Volk“ zusammen in das endzeitliche Gotteslob einstimmen. Christliche Ekklesiologie gibt es - sachgemäß - nur unter Einbeziehung des ersterwählten Volkes Gottes. Das muss auch in der systematischen Theologie erst noch eingelöst werden. 5.3. Judenmission Ich will diesen Punkt nicht weiter ausführen, aber dennoch nicht unerwähnt lassen, denn wie sich immer wieder zeigt, scheint das Thema zwar auf der Ebene der EKD geklärt, aber der Schein trügt, sobald wir die Ebene offizieller Erklärungen verlassen. Doch auch hier kann uns Röm 9-11 Richtschnur sein. Wenn es zutrifft, dass Israel als Gottesvolk bleibend erwählt ist, dann ist die traditionelle Judenmission eine zwar gutgemeinte, aber doch theologisch fragwürdige Angelegenheit gewesen, denn sie ging davon aus, dass das gegenwärtige „Israel“ eben nicht „Volk Gottes“ im eigentlichen Sinn des Wortes sei. Wenn es darüber hinaus zutrifft, dass „Israel“ durch den „Retter vom Zion“ eschatologisch gerettet wird, dann sind aktive Versuche, Juden zum Religionswechsel aufzufordern, 40 Roloff, Kirche, 190-221, bes. 192ff.202ff. Hirschberg, Israel, bes. 291-308. 42 Dazu Roloff, Kirche, 148-154, bes. 152f. 41 14 abzulehnen. Das heißt nicht, dass Christen im Gespräch mit Juden nicht „Rechenschaft geben sollten von der Hoffnung, die in ihnen ist“ (1Petr 3,15) – aber eben nicht mit dem Ziel, den Gesprächspartner zum Religionswechsel aufzufordern. Das heißt wiederum auch nicht, dass Konversionen grundsätzlich abzulehnen seien. So wie es Konversionen von Christen zum Judentum gibt, so muss dies umgekehrt auch möglich sein und es darf der Kirche nicht verübelt werden, wenn sie solche Menschen tauft. Es wird wohl die Ausnahme bleiben. Sich solcher Mitglieder aus „Israel“ zu schämen, steht der Kirche jedoch auch nicht gut an.43 6. Die Grenze von Röm 9-11 Wir können die Überlegungen zur Bedeutung von Röm 9-11 im christlich-jüdischen Dialog nicht abschließen, ohne über die Grenze von Röm 9-11 zu sprechen. Ich schließe mit drei Fragekomplexen, die sich für mich aus diesem Text ergeben: 6.1. Die Nicht-Erfüllung der paulinischen Hoffnung Paulus war von der Hoffnung erfüllt, dass in Kürze die Verkündigung des Evangeliums in der ganzen Oikumene abgeschlossen sein würde und dass dann das Ende kommen, die Vollendung der Gottesherrschaft hereinbrechen, und in dessen Zuge auch die Rettung ganz Israels stattfinden werde. Nach 1Thess 4,13-16; 1Kor 15,51-52 hat Paulus auch in Röm 13,11 an der Naherwartung festgehalten. Dies hat sich so nicht ereignet. Die paulinische Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Machen wir es uns nicht zu einfach, wenn wir diese Nicht-Erfüllung übergehen, anstatt sie als eklatante Fehleinschätzung ernst zu nehmen? Und wenn wir sie ernst nehmen, was bedeutet das für unser Geschichtsverständnis? 6.2. Die Schoah und daraus resultierende hermeneutische Konsequenzen Anstelle der Erfüllung paulinischer Naherwartung kamen bislang fast 2000 Jahre Kirchengeschichte. Ich unterstelle, dass wir alle davon ausgehen, es werde noch eine zeitlang so weitergehen. In diesen fast 2000 Jahren kam es anders, als Röm 11,18-22 hätte erwarten lassen. Die eingepfropften Zweige haben sich nicht nur gegen die natürlichen gerühmt, sondern haben es zugelassen, dass die natürlichen entehrt, entrechtet, verfolgt und schließlich massenhaft vernichtet wurden. Was bedeutet das für die Kirche? Was bedeutet Röm 9-11 in diesem Kontext? 43 Vgl. zu den historischen Problemen die Arbeit von A. Töllner, Frage der Rasse (s. oben Fn. 16). 15 Mit dem, was ich jetzt sage, überschreite ich die Grenzen historischer Interpretation der Bibel. Aber zum Thema „Die Bedeutung von Röm 9-11 im christlich-jüdischen Dialog“ gehört dies aus hermeneutischen Gründen für mich unabdingbar hinzu: Ich möchte anlässlich eines Symposiums in Göttingen an einen für mich entscheidenden theologischen Lehrer erinnern: Hans Joachim Iwand. Er lehrte in Göttingen von 1945 bis 1952. Er hat hier die Göttinger Predigtmeditationen begründet. Hans Joachim Iwand bewegte in der Nachkriegszeit die Frage, ob denn die (evangelische) Kirche eine wirkliche Erneuerung anstrebe oder - nach dem ‚Intermezzo des 1000jährigen Reiches’ - nur Restauration betreibe.44 Hat die Kirche - das war seine Frage - in ihrer Verkündigungsarbeit das lebendige Wort Gottes überhaupt noch bei sich oder schlägt sich nicht in der Lähmung, wie Iwand sie diagnostizierte, die Restauration, die man ohne vollzogene Umkehr meinte haben zu können, nieder? „Es ist mit dem Bleiben Seines Wortes, mit dem Bei-uns-Bleiben des Wortes Gottes doch eine Sache eigener Art, es wird nur bei denen bleiben, die auch in ihm bleiben, weil sie ohne es nicht leben können. ... Der Untergang des Wortes Gottes kann ja nur da Ereignis werden, wo es zuvor aufgegangen ist, an der Stätte und in der Gemeinschaft, in der es einmal Licht und Salz und Kraft gewesen ist. Die Kirche, und zwar gerade die Kirche in ihrem äußeren Bestande, in ihren Traditionen und Ordnungen, wird der Ort sein, wo das Wort Gottes untergehen kann.“45 „Es könnte sein, daß Gott schweigt und unser Reden und Beten ins Leere geht, es könnte sein, daß ihm unser Auslegen und Reden nicht gefällt, weil er Sein Wort, das Wort dessen Subjekt er ist, nicht wiederfindet in dem, was wir sagen, weil unter unseren Händen Sein Wort aufgehört hat, Sein Wort zu sein. Das ist die tiefste Not und die eigentliche Sorge, die uns bewegt.“46 Man hat in der Kirche - ob römisch oder protestantisch - seine Hoffnung auf Mt 16,18 gesetzt („... die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwinden“) und dieses wichtige Verheißungswort gern auf sich bezogen. Könnte es sein, dass man dabei vergessen hat, auch Texte wie Röm 11,22 („... wenn aber nicht, dann wirst auch du herausgehauen“) auf sich zu beziehen? 6.3. Theologie aus der Umkehr Hans Joachim Iwand hat gefordert, Theologie „aus der Umkehr heraus“ zu betreiben: „Realismus heute bedeutet für mich Umkehr und Denken aus der Umkehr heraus. Es bedeutet, daß wir bereit sein müssen, auch das zu überprüfen, was uns durch manche 44 Vgl. H.-J. Iwand, Quousque tandem - ein Wort wider den Bruderzwist im evangelischen Lager, in: ders., Vorträge und Aufsätze, Nachgelassene Werke II, hg. von D. Schellong und K.G. Steck, München 1966, 243271; ders., Umkehr und Wiedergeburt, in: aaO., 362-370, wie auch seine Vorworte zu den Jahrgängen der Göttinger Predigtmeditationen in: ders., Predigtmeditationen I, Göttingen 31966. 45 Iwand, Predigtmeditationen I, 120f (Kursivierung W.K.). 46 Iwand, Predigtmeditationen I, 196. 16 liebgewordene Tradition geheiligt erscheint.“47 Klaus Haacker hat im Anschluss an Konrad Jutzler den Holocaust als „Datum der Theologiegeschichte“ bezeichnet, d.h. als etwas, das uns „aufgegeben“ ist und uns zur Sichtung der theologischen Tradition auffordert.48 Ich habe christlich-jüdischen Dialog so erlebt, dass er eine Anleitung war, Theologie aus der Umkehr zu betreiben. Die vergangenen Jahrzehnte sind ein Beleg dafür, dass ein Prozess eingesetzt hat, der auf „eine geduldige, aber umfassende Sichtung der gesamten theologischen Tradition der Kirche“ gerichtet ist.49 Davon legen eine große Zahl von offiziellen und offiziösen Erklärungen Zeugnis ab. Wer hinter die Kulissen schaut, wird über die gefundenen Kompromisse, die sich in Erklärungstexten niederschlagen, nicht immer nur erfreut sein, aber trotz aller noch zu konstatierenden Unzulänglichkeiten lässt sich meiner Einschätzung nach eine Bereitschaft feststellen, die geduldige, umfassende Sichtung der theologischen Tradition der Kirche in Angriff zu nehmen. Röm 9-11 hat hieran einen entscheidenden Anteil. Aber, und mit dieser Frage schließe ich, haben die am christlich-jüdischen Dialog beteiligten Theologen es geschafft, die ganze Zunft von der Notwendigkeit einer „Theologie aus der Umkehr“ zu überzeugen und ist es gelungen, die gewonnenen Erkenntnisse auf die Ebene der Gemeinde herunter zu transformieren? 47 Das Zitat entstammt einem umfangreichen Brief Iwands an den Prager Theologen Josef L. Hromádka vom 8.6.1959 (Hromádka war von 1939-1947 Professor am Princeton Theological Seminary), zit. nach H.-J. Iwand, Briefe, Vorträge, Predigtmeditationen. Eine Auswahl, hg. von P.P. Sänger, Berlin 1979, 122-133, hier: 132; vgl. dazu auch F.-W. Marquardt, Von Elend und Heimsuchung der Theologie. Prolegomena zur Dogmatik, München 1988, 78-80.124-126. 48 K. Haacker, Der Holocaust als Datum der Theologiegeschichte, in: E. Brocke / J. Seim, Hg., Gottes Augapfel, Neukirchen 1986, 137-145; K. Jutzler; Holocaust als theologisches Datum, ThBeitr 13, 1982, 49-59. 49 Haacker, Holocaust, 145. 17