3 Milliarden Jahre Klimageschichte der Erde

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3 Milliarden Jahre
Klimageschichte der Erde
1
von Peter Neumann-Mahlkau
Treibhaus
und
Tropischer Regenwald
1. Einleitung
Das Wort “Klimakatastrophe”
macht seit einiger Zeit die Runde.
Bürger, Umweltschützer, Meteorologen, Wissenschaftler und Politiker,
sie alle sprechen von “Klimakatastrophe” sobald irgendwo auf dem Globus
unerwartete und Schäden verursachende Ereignisse wie Regenstürme,
Überschwemmungen oder Erdrutsche
eintreten. Berichte über derartige
1
Vortrag gehalten am 24. März
2004 am Institut Géologique
Michel Lucius, Luxemburg
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
Kühlhaus
Inlandgletscher
Naturereignisse füllen die Medien, als
hätte es Ähnliches noch nie gegeben.
So wurde zum Beispiel das letzte
Moselhochwasser als noch nie da gewesene Katastrophe bezeichnet. Wenn
man jedoch nach Sierck-les-Bains an
der Mosel kommt, kann man an den
Häusern Hochwassermarken finden,
die auf einen weit höheren Wasserstand
dieses Flusses im 19. Jahrhundert, im
Jahre 1864, hinweisen. Man könnte
zahlreiche andere Beispiele dieser Art
aufführen, die “Katastrophen” der
jüngsten Zeit relativieren. Dennoch
werden mittlerweile weltweite Konferenzen zu diesem Thema organisiert.
Warum wird so viel und so oft von
der “Klimakatastrophe” gesprochen?
Es hängt damit zusammen, dass die
Menschen durch die globale Vernetzung durch Funk und Fernsehen sofort
von verheerenden Naturereignissen
unterrichtet werden und von Bild und
Ton damit konfrontiert werden. Wenn
dann sogleich das Wort “Klimakatastrophe” ins Spiel gebracht wird, will
man mit dem Gebrauch dieses Wortes
andeuten, dass man solche Ereignisse
als vom Menschen gemacht betrachtet.
Aber sind sie das wirklich? Sind es
nicht vielmehr Naturerscheinungen?
So sind z.B. Berg- und Erdrutsche in
erster Linie darauf zurückzuführen,
dass die Erdkruste in dauernder
Bewegung ist. Durch Plattenwanderung oder Abtragung bedingte Massen73
verlagerung verursacht immer wieder
Berg- und Erdrutsche. Des Weiteren
kommt es durch Absinken oder Aufsteigen der Erdoberfläche zu verheerenden Überschwemmungen wie
z. B in Bangladesh. In diese Reihe
gehören auch sich immer wieder
ereignende gewaltige Regenstürme,
die von Geologen sogar für die fernere
und die ferne Vergangenheit nachgewiesen werden konnten, also nichts
Neues sind. Rutscht aber die Erde in
dicht besiedelten Gebieten, oder
werden weite besiedelte Landstriche
überschwemmt, wird dies als “Katastrophe” wahrgenommen. Und weil die
Erdbevölkerung stetig wächst und die
Siedlungsdichte ebenso stetig zunimmt, häufen sich auch diese Art von
Katastrophenmeldungen.
Seit einigen Jahren führt man nun
diese “Katastrophen” auf Klimaveränderungen zurück. Sie werden einem
ansteigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre zugeschrieben. Das hat damit
zu tun, dass Wetterbeobachtungen der
letzten 150 Jahre zu diesem Erklärungsversuch herangezogen werden.
Dieser Zeitraum ist geprägt durch die
Abbildung 1: Gesteine als
Klimazeugen
einsetzende und sich immer weiter
ausbreitende Industrialisierung. Zur
Energieerzeugung wird Erdöl und
Kohle in zunehmendem Masse verbrannt, was dazu führt, dass der CO2Gehalt der Atmosphäre stetig ansteigt.
Gleichzeitig wurde mit dem Anstieg
des CO2-Gehaltes eine Erwärmung des
Erdklimas registriert, was dem steigenden CO2-Gehalt zugeschrieben wird.
Momentan sagt man für die nächsten
100 Jahre einen weiteren Anstieg der
Durchschnittstemperatur auf der
Erdoberfläche voraus aufgrund der
Tatsache, dass weiterhin fossile Rohstoffe in großen Mengen verbrannt
werden. Daraus zieht man eine weitere
Schlussfolgerung, nämlich dass der
zwangsläufige Anstieg des CO 2 Gehalts in der Atmosphäre zusammen
mit der steigenden Erwärmung des
Erdklimas eine zukünftige “Klimakatastrophe” herbeiführen werden.
So einfach liegen die Dinge jedoch
nicht. Die Geschichte der genauen
Wetterbeobachtung und -aufzeichnung
ist 150 Jahre alt. Ein Blick über 150
Jahre in die Vergangenheit des Wetters
bedeutet aber nicht, dass damit ein Blick
in die Zukunft gewährleistet ist.
Klimavorhersagen auf der Basis von
150 Jahren Wetterbeobachtung oder
auch mehr, wenn man mittelalterliche
Aufzeichnungen auch berücksichtigen
würde, sind äußerst problematisch. Man
muss bedenken, dass die moderne,
Computer gestützte kurzfristige Wettervorhersage nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 % eine zutreffend
ist. Somit erhebt sich die Frage, ob es
überhaupt möglich ist, auf der Basis
dieser begrenzten Datenlage eine
Prognose über 100 oder auch mehr Jahre
im Voraus zu treffen. Das Klima hat
sich innerhalb der Erdgeschichte von 3
Milliarden Jahren entwickelt und eine
wissenschaftliche Beobachtung eben
dieses Klimas von nur 150 Jahren kann
keine ausreichende Grundlage für eine
aussagekräftige Vorhersage sein.
Dem Geologen hingegen stehen für
die Beschreibung der Klimageschichte
der Erde Daten aus mehr als 3 Milliarden Jahren zur Verfügung. Diese Daten
lassen Klimaentwicklungen erkennen,
die sich mit den Begriffen Kühlhausund Treibhausperioden beschreiben
lassen, und die sich über Hunderttausende und Millionen von Jahren
hin erstrecken. Die Faktoren, die diese
langfristigen Klimaschwankungen
bewirken, können nach dem heutigen
Stand der Wissenschaft von geologischen Klimazeugen abgeleitet werden. Es soll gezeigt werden, dass
Klimaveränderung ein natürliches
Gesteine als Klimazeugen
Moräne
Braunkohle
Riffkalk
74
Steinsalz
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
Geschehen ist so wie Erdrutsche und
Überschwemmungen natürliche Ereignisse im Rahmen einer sich dauernd
verändernden Erde sind. Dabei soll
der Frage nachgegangen werden, ob
die Theorie von der Kopplung des
CO2 Gehaltes der Atmosphäre und der
Erwärmung des Erdklimas aufrechterhalten werden kann.
2. Klimazeugen
Für den Geologen stellen Fossilien
und Gesteine einzigartige Klimazeugen dar. Fossilien stehen allerdings
nur für die letzten 500 Millionen Jahre,
also nur für einen Bruchteil der Erdgeschichte, zur Verfügung. Dagegen
sind Gesteine mit einem Alter von bis
zu 3 Milliarden Jahren zu finden. Fossilien und Gesteine erlauben, die Klimageschichte der Erde mit ausreichender
Sicherheit für diese Zeitspanne zu
rekonstruieren. An einigen typischen
Gesteinen, die von jedermann leicht
erkannt werden können, soll die
Geschichte, die diese Steine erzählen,
aufgezeigt werden.
Moränen, (Abb. 1) die heute als
Hügelzüge in der Landschaft erkenn-
Abbildung 2:
bar sind, sind die Relikte von Gletschern, die einerseits von Nordosten
her bis an den Niederrhein vorgedrungen sind und andererseits von den
Alpen aus weite Teile des Alpenvorlandes bedeckten. Diese Gletscher
haben Gesteine aus Skandinavien bzw.
aus den Alpen bis in die genannten
Gebiete transportiert. Die Gesteine und
die Moränen sind Relikte einer Eiszeit,
die ihren Höhepunkt vor etwa zweihunderttausend Jahren hatte. Damals
lagerten über Norddeutschland bis zu
zweitausend Meter Eis, im Alpenvorland bis zu 500 Meter Eis. Wir
befanden uns in einer Kühlhausperiode.
Ein anderes Szenario bietet die
Braunkohle. Sie wird in weiten Teilen
Deutschlands gefunden und vom
Niederrhein bis in die Lausitz heute
noch abgebaut. In der Braunkohle
finden sich fossile Baumstämme und
Relikte der verschiedensten tropischen
Pflanzen. Wir können davon ausgehen,
dass diese Braunkohle vor 35 Millionen Jahren in einem subtropischen
Klima entstanden ist, und dass das
Gebiet mit Braunkohlevorkommen zur
Zeit seiner Entstehung eine Treibhausperiode durchmachte.
Sehr viel weiter zurück in der Zeit
führen große Salzlagerstätten, die in
Deutschland mit einem Alter von 225
Millionen Jahren zu finden sind. Von
Bad Reichenhall bis Halle kommt Sole
aus diesen Lagerstätten an die Erdoberfläche. In Thüringen und auch am
Niederrhein werden sie im tieferen
Untergrund für die Steinsalz- und Kalisalzgewinnung abgebaut. Salzlagerstätten entstehen generell in einem
heißen und trockenen Klima. Geologische Voraussetzungen für die Bildung von Salzlagerstätten sind abgetrennte Meeresbecken, in denen das
verdunstete Wasser fortlaufend durch
frisches Ozeanwasser ersetzt wird. Je
nach Dauer des Verdunstungs- und
Zulaufzustandes können Salzmächtigkeiten von mehreren 100 m entstehen,
wie das z.B. am Niederrhein der Fall
ist. Vor 225 Millionen Jahren gab es
infolgedessen eine weitere Treibhausperiode.
In den deutschen Mittelgebirgen
findet sich ein weiterer leicht erkennbarer Klimazeuge in Form von Kalkstein mit einem Alter von 350 Millionen Jahren. Sein Fossilinhalt zeigt,
dass das Gestein vorwiegend aus
Korallenriffen besteht. Kalkgestein
weist auf ein warmes tropisches Meer
als Entstehungsort hin, denn Korallen
brauchen für optimales Wachstum
Meerwassertemperaturen von über 23o
Wanderung von Skandinavien
Norwegen
vor
2600
Mio.
Jahren
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
75
Kurve 3 Milliarden
Zeit in Mio. Jahren
4000
2000
Präkambrium
545
225
Paläozoikum
65
Mesozoikum
heute
Neozoikum
kalt
Mittlere globale Temperatur
heute
warm trocken feucht
Mittlere globale Niederschläge
heute
Grad C. Damit bestand vor 350 Millionen Jahren, wiederum Treibhausklima
in unseren Bereichen.
Gesteine und Fossilien eröffnen die
Möglichkeit, in groben Linien das Auf
und Ab von Temperaturen vergangener
Erdzeitalter nachzuzeichnen. Das kann
jedoch für eine genaue Erfassung der
globalen Klimaentwicklung während
der vergangenen 3 Milliarden Jahre
nicht ausreichen. Die sich zeigenden
Klimaschwankungen müssen durch
exaktere Temperaturangaben präzisiert werden. Hochkomplexe Chemie
hilft dem Geologen an dieser Stelle
weiter. Genauere Daten liefern Geochemische Analysen der Gesteine. Mit
Hilfe von Sauerstoffisotopen 16O und
18
O lassen sich sogar Temperaturschwankungen um 1° C exakt bestimmen. Eine Änderung des Delta 18OVerhältnisses
⎡ 18 O ⎤
⎡ 18O ⎤
− ⎢ 16 ⎥
⎢ 16 ⎥
⎣ O ⎦ Probe ⎣ O ⎦ Standard
δ 18O =
⋅ 1.000 (‰)
⎡ 18 O ⎤
⎢ 16 ⎥
⎣ O ⎦ Standard
in Kalkschalen um 0,25‰ zeigt das
an. Auf diese Weise kann man die
Temperaturen bis in die Zeit vor 3
Milliarden Jahren genau zurückverfolgen, denn Kalkstein bildete sich
in allen Erdzeitaltern.
Die unterschiedlichen Klimate,
belegt durch die in gefundenen
Klimazeugen, dürfen allerdings nicht
auf das globale Klima übertragen
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
werden. Mitteleuropa hatte nicht
immer die geographische Lage inne,
die es heute hat. Nach der Plattentheorie haben sich die verschiedenen
Kontinente im Laufe der Erdgeschichte an unterschiedlichen Stellen
auf dem Globus befunden. Dabei haben
die Kontinente verschiedene Klimazonen von polar über feucht - gemäßigt, trockenwarm bis in den
Regenwald (feuchtwarm) durchlaufen.
In der Abbildung (2) befand sich
z.B. Skandinavien vor 2680 Millionen
Jahren ungefähr in der heutigen
geografischen Breite. Die skandinavische Platte driftete dann in eine
Position südlich des Äquators und
wanderte wieder nach Norden in die
heutige Lage. Mit dieser Plattenwanderung ist kann auch erklärt
werden, warum in Mitteleuropa zu
verschiedenen Zeiten verschiedene
Klimate geherrscht haben.
3. Klimageschichte über 3
Milliarden Jahre Erdgeschichte
Eine große Zahl von geologischen
Daten steht zur Verfügung, die es
erlaubt, das Klima von über 3 Milliarden Jahren Erdgeschichte zu rekonstruieren. Setzt man die heutige globale
Durchschnittstemperatur von ungefähr
17° C als Richtwert an, wie die “Heutelinie” in der Abbildung 3 zur Klimakurve der Erde zeigt, so stellt man
fest, dass in den vergangenen 3 Milliarden Jahren die Durchschnittstemperatur auf der Erde die meiste Zeit über
Abbildung 3: umgezeichnet nach
Holland & Petersen (1995)
der heutigen lag. Das dem Leben
zuträglichere Klima lag nach heutigem
Verständnis im Treibhausbereich.
Wiederholte und starke Schwankung
des Klimas zwischen Treibhaus und
Kühlhaus werden durch die “Heutelinie” besonders deutlich. Augenfällig
sind die Episoden, in denen die
Durchschnittstemperatur beträchtlich
niedriger war als heute. Das sind die
Eiszeiten, die vor 2,4 Milliarden, 700
Millionen, 400 Millionen, und 250
Millionen Jahren stattgefunden haben.
Heute befinden wir uns am Ende einer
fünften Eiszeit. Den Menschen als
Homo Sapiens in seiner jetzigen
Entwicklungsstufe gibt es überhaupt
erst seit der letzten Eiszeit. Er hat seit
seinem Erscheinen auf der Erde noch
kein Treibhausklima erlebt. Der
Mensch kennt also nur die erdgeschichtlich extreme Situation des
Kühlhausklimas.
Noch vor 18.000 Jahren bestand auf
der Erde ein Klima, in dem die globale
Temperatur um 4° C niedriger war als
heute. Die 10.000 Jahr-Kurve (Abb. 4)
zeigt, wie von einer Durchschnittstemperatur, die zu dem Zeitpunkt noch
um 3,5° C niedriger war als heute, ein
sehr steiler Anstieg zu Temperaturen,
die über den heutigen liegen, stattgefunden hat. Das Maximum der Durchschnittstemperatur war dann vor etwa
6.000 Jahren um 2° C höher als heute.
77
Kurve 10.000 Jahre
Abbildung 4: Das Klima der letzten 10.000 Jahre; umgezeichnet nach
Holland & Petersen (1995)
Abbildung 5:
Klima seit 2000 Jahren
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
79
Diese Klimaepisode ist ein Beispiel
für eine kurzfristige Schwankung, wie
sie in großer Zahl vorkommen.
Die Klimakurve der letzten 2.000
Jahre (Abb. 5) zeigt weist eine weitere
kurzfristige Klimaschwankung aus.
Um das Jahr 1000 bestand ein
Klimaoptimum, das z.B. in Pommern,
Ostpreußen und Dänemark Anbau von
Wein möglich machte. Zur gleichen
Zeit besiedelten die Wikinger die
eisfreien Flächen in Grönland und in
Nordamerika. Erstaunlicherweise
konnte zu der Zeit auch in Labrador
nachweislich Ackerbau betrieben
werden. Im 14. Jahrhundert hingegen
sank die Temperatur unter die
derzeitige Durchschnittstemperatur, so
dass Gletscher vorstießen und, wie
aus Bildern von Pieter Bruegel bekannt
ist, in Holland jedes Jahr das Leben
auf die zugefrorenen Grachten verlegt
wurde. Im Winter 1322 / 23 war die
Ostsee zugefroren. Die Menschen
konnten zu Fuß und mit dem Schlitten
über die Ostsee nach Schweden gelangen. Zu dieser Zeit wurden auch
die Stollen des mittelalterlichen Goldbergbaus in den Hochalpen von GletAbbildung 6:
schern zugedeckt, um heute durch den
Rückzug der Gletscher wieder sichtbar
und zugänglich zu werden. Ebenso
wurde der Seeweg nach Grönland und
Nordamerika durch Eis behindert, so
dass sich die Wikinger wieder aus
diesen Regionen zurückzogen. Diese
so genannte “Kleine Eiszeit” dauerte
bis etwa zum Jahre 1890 an. Zu diesem
Zeitpunkt begann die Temperatur
wieder anzusteigen und hat heute etwa
die Durchschnittstemperatur von vor
dem 13. Jahrhundert erreicht.
4. Klima beeinflussende Faktoren
In der Abbildung 6 sind ohne
Anspruch auf Vollständigkeit einige
wesentliche Faktoren, die das Klima
auf der Erde beeinflussen, und die
heute in der Diskussion stehen, dargestellt. Es würde den Rahmen dieses
Artikels sprengen, wenn alle möglichen Einflüsse auf das Klima diskutiert würden. Es soll deshalb an einigen
Beispielen gezeigt werden, in welche
Richtung sich einige Faktoren auswirken.
Klima wird definiert durch Temperatur (T) und Niederschlag (N).
Einflussgrößen “Platten”, “Vulkane”
und “astronomische Einflüsse”, sind
“gerichtete” Faktoren, d. h. Faktoren,
die nur in eine Richtung wirken, und
die vom Klima selbst nicht beeinflusst
werden. Alle anderen Faktoren sind
nicht gerichtet, d.h. sie definieren sich
entweder durch Wechselwirkungen
oder durch Kreisläufe unter Mitwirkung des Klimas.
Die Sonne ist die Energiequelle für
die Temperaturen auf der Erdoberfläche. Die Einstrahlung der Sonne
auf die Erde ist jedoch nicht konstant.
Die Umlaufbahn der Erde um die Sone verändert sich. Sie schwankt
zwischen einer “fast” Kreisbahn und
einer langgestreckten Ellipse (Abb.7).
Während der “Kreisbahn” -Phase
befindet sich die Erde während des
ganzen Jahres in einem gleichmäßigen
Abstand zur Sonne. In der “Ellipsen”
- Phase ändert sich der Abstand der
Erde zur Sonne innerhalb eines Jahres,
einmal ist sie ihr näher, einmal ferner.
Dies führt zu einer Veränderung der
Intensität der Sonneneinstrahlung auf
der Erde. Diese Schwankungen verlaufen in einer Periode von ca. 100.000
Jahren.
Eine weitere Größe, die die
Energieeinstrahlung auf die Erde
Das Klima beeinflussende Faktoren
Astronomische
Einflüsse
P
l
a
t
t
e
n
V
u
l
k
a
n
e
Klima
T+N
CH4
Verwitterung
von Ca/Mg
Silikaten
CO2
Produktion von
Biomasse
Verwitterung/
Verbrennung
von Org. C
Ablagerung von Biomasse
Sedimentation
von Kalkstein
80
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
beeinflusst, ist die Neigung der
Erdachse gegen die Umlaufebene um
die Sonne. Diese Neigung variiert
zwischen den extremen Werten von
22,1° und 24,4° in einem Zeitraum
von 40.000 Jahren. Diese Neigungsdifferenzen erscheinen auf den ersten
Blick gering zu sein. Tatsächlich
wirken sie sich aber dahingehend aus,
dass bei stärkerer Neigung der
Erdachse die Sommer, global gesehen,
wärmer werden, während die Winter
gleichzeitig kälter werden. Es ergeben
sich also größere jahreszeitliche
Differenzen.
Ein dritter astronomischer Zyklus,
der etwa 22.000 Jahre dauert, tritt
durch die Drehung der großen Achse
der Planetenebene in der Bahnebene
um die Sonne auf (in der Abbildung
nicht dargestellt). Sie bewirkt, dass
sich der Abstand zwischen Erde und
Sonne in den Jahreszeiten verschiebt.
So befindet sich heute zum Beispiel
die Erde am 21. Dezember in größerer
Sonnennähe als am 21. Juni dieses
Jahres. Vor 11.000 Jahren war dieses
Verhältnis genau umgekehrt.
Die 3 beschriebenen Zyklen überlagern sich sowohl positiv als auch
Abbildung 7: Berner & Streif 2000
negativ, d. h. sie verstärken sich oder
sie schwächen sich gegenseitig ab. Da
sie mit großer Regelmäßigkeit
ablaufen, lassen sich die entsprechenden Überschneidungen in den Zyklen
bis in die fernste Vergangenheit mit
Computern berechnen. Durch die
Überlagerung der Zyklen kann sich
entweder eine Verstärkung oder
Abschwächung der Sonneneinstrahlung und damit der Temperaturentwicklung auf der Erde ergeben. Die
Überschneidungen können zu extremen Temperaturveränderungen führen, entweder positiv oder negativ,
können aber auch Extreme ausgleichen.
Ein kurzfristig wirksamer astronomischer Einfluss entsteht durch
Sonnenflecken. Bei starker Sonnenfleckentätigkeit strahlt die Sonne mehr
Energie auf die Erde ab als bei
schwacher Tätigkeit.
Der Faktor “Platten” hat eine nicht
zu unterschätzende Bedeutung für das
Klima durch die sich ändernde Lage
der Landmassen auf dem Globus. Die
Landmassen aber auch die Meeresströmungen beeinflussen dabei die
Verteilung der Temperaturen auf der
Erde.
Dies zeigt sich besonders deutlich
in der jüngeren Vergangenheit (Abb.
8) Während des Tertiärs, also vor 60
Millionen Jahren, bestand eine
äquatoriale Ozeanverbindung (von
Ost nach West der Strömung folgend)
vom Pazifik an Afrika vorbei, durch
das damals beginnende Mittelmeer
und durch den Raum der Karibik bis
wieder in den Pazifik hinein. Dadurch
entsteht im Tertiär auf dem Globus
ein Treibhausklima. Diese Ozeanverbindung wurde durch Plattenbewegung vor wenigen Millionen
Jahren unterbrochen. Afrika driftet
so weit nach Norden, dass die
Verbindung zwischen Indischem
Ozean und Mittelmeer geschlossen
wird. Auch in der Karibik nähern
sich Nord- und Südamerika so weit
an, dass eine Unterbrechung der
Strömung erfolgt. Dadurch bildet
sich im Nordatlantik der Golfstrom.
Antarktisches Bodenwasser strömt
seitdem im Atlantik und Pazifik über
den Äquators hinaus bis weit in den
Norden. Damit ist das heutige Erdklima, wie wir es kennen, das aber
definitiv kein Treibhausklima ist,
erreicht.
Vor 430 Millionen Jahren befindet
sich am Südpol eine große Landmasse,
Gondwana genannt (Abb. 9) Ein Ozean
erstreckt sich zwischen dem 40.
Breitengrad Nord und dem 40.
Einfluss der
Erdbahnparameter auf das
Klimageschehen
Periodische Schwankungen
1.
Exzentrizität =
100.000 Jahre
2.
Obliquität =
40.000 Jahre
3.
Präzession =
22.000 Jahre
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
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Lage der Kontinente
Abbildung 8: Berner & Streif 2000
Breitengrad Süd rund um den Globus
und trennt Gondwana im Süden von
einer Landmasse im Norden. Diese
Anordnung von Wasser und Land führt
dazu, dass sich Niederschlagsgebiete
(in der Abbildung gepunktet) rund um
den Globus im Süden und Norden
herausbilden. Der Kontinent im Süden
ist vereist. Zur Zeit von Gondwana
herrscht Treibhausklima.
Der dritte gerichtete Faktor sind
Vulkane. Diese können im Gegensatz
zu den beiden anderen gerichteten
Faktoren das Klima kurzfristig verändern. Als Beispiel sei der Ausbruch
des Pinatubo im Jahr 1991 auf den
Philippinen genannt. Dieser Ausbruch
förderte 7 km 3 Gesteinstaub und
Aerosole in die Stratosphäre und
filterte damit die Sonneneinstrahlung.
Auf der Erde wurde infolgedessen die
globale Temperatur über 5 Jahre um
1° C abgesenkt. Obwohl die Temperaturschwankung durch einen einzelnen
Vulkanausbruch von geologisch kurzer
Dauer ist, muss man die Häufigkeit
der Vulkanausbrüche auf der Erde berücksichtigen. Auch gibt es weit intensivere Ausbrüche als den des Pinatubo.
Die Belastung der Atmosphäre durch
den Vulkanstaub dauert nur wenige
Jahre an, abhängig von Masse und
Höhe des Ausstoßes. Sobald der Staub
aus der Atmosphäre ausgefallen ist,
entsprechen die Temperaturen wieder
denjenigen, wie sie vor dem Vulkanausbruch herrschten.
84
Bei der Betrachtung der Wechselwirkungen der Klimafaktoren stößt
man auf ein höchst komplexes System,
in dem das Gas CO2 eine bedeutende
Rolle spielt.
Schon der Kreislauf: Klima - Produktion von Biomasse-CO2, wie er heute
gesehen wird, zeigt, wie komplex die
Wechselwirkungen sind. Steigende
Temperatur erhöht die Produktion von
Biomasse. Die Biomasse wiederum
verbraucht CO2 aus der Atmosphäre.
Würde man voraussetzen, dass CO2
der wesentlichste Faktor für die
Entwicklung des Klimas ist, dann
würde durch den Verbrauch von CO2
(durch verstärkte Biomassenproduktion der Pflanzen) der Gehalt an
CO2 in der Atmosphäre gesenkt und
das Klima müsste somit kälter werden.
Dies wiederum würde die Produktion
von Biomasse drosseln, und eine
Eiszeit nicht unwahrscheinlich. Durch
Verwitterung und Verbrennung von
Biomasse wird allerdings der CO2Gehalt in der Atmosphäre wieder
erhöht und die Temperatur steigt an.
Dieser Zyklus findet durchgehend
statt.
Kalksteinablagerung, die im Ozean
stattfindet, bindet große Mengen von
CO2. Für die Entstehung von Kalkstein
ist Calcium erforderlich, das bei der
Verwitterung von calciumhaltigen
Silicaten (z.B. enthalten in Basalt)
frei wird. Die Bewegung von Kontinentplatten sorgt dafür, dass immer
wieder calciumhaltiges Gestein an die
Erdoberfläche kommt und verwittert.
Welche Mengen an Kalkstein gebildet,
und welche Mengen an CO2 gebunden
werden, zeigt die Entstehung von
Gebirgszügen wie die Kalkalpen oder
die Dolomiten.
5. Klima und Atmosphäre
Der derzeitige Temperaturanstieg
auf der Erde wird gerne mit einem
durch die Verbrennung von fossilen
Brennstoffen verursachten höheren
CO 2 -Gehalt der Atmosphäre in
Zusammenhang gebracht. Betrachtet
man jedoch den CO2-Haushalt der Erde
über erdgeschichtliche Zeiträume
hinweg, muss man feststellen, dass
CO2 nicht das auslösende Moment in
den Klimaschwankungen gewesen sein
kann.
Vor 1.000 Millionen Jahren z. B.
hatte die Atmosphäre einen sehr viel
höheren CO2-Gehalt als heute, nämlich
12% gegenüber dem heutigen Gehalt
von 0,003%. Das war bei weitem noch
nicht das Maximum an CO2 in der
Atmosphäre. Der derzeitige Stand der
Forschung sagt, dass zu Beginn der
Erde vor 4,5 Milliarden Jahren die
Atmosphäre zu etwa 30 %, in Worten
dreißig, aus CO2 bestand. Sauerstoff
war zu der Zeit in der Erdatmosphäre
überhaupt nicht vorhanden. Diese Art
der Atmosphäre ist vergleichbar mit
der Atmosphäre, die derzeit auf der
Venus und dem Mars vorhanden ist.
Erst durch die Tätigkeit von Organismen, insbesondere Grünalgen, in
dem Zeitraum zwischen 3,8 und 2,3
Milliarden Jahren vor heute, ist
Sauerstoff in die Atmosphäre gelangt
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
und gleichzeitig CO2 der Atmosphäre
entzogen worden. Bei diesem hohen
Gehalt an CO2 in der Atmosphäre ist
es schwer erklärbar, dass vor 2,3
Milliarden Jahren die erste Eiszeit auf
der Erde zu beobachten ist, wenn man
denn den CO2-Gehalt für die Erwärmung der Erdatmosphäre verantwortlich macht. Den darauf folgenden
Temperaturanstieg weit über die
heutige Durschnittstemperatur hinaus
kann man ebenso wenig dem CO2Gehalt zuordnen, der sich in dem
Zeitraum nicht erhöhte. Selbst zur
Eiszeit vor 225 Millionen Jahren betrug
der CO2 -Gehalt in der Atmosphäre
1,5%, war also deutlich höher als der
heutige Gehalt von 0,003%. Der vom
Menschen verursachte Anteil des
atmosphärischen CO2 ist im Vergleich
mit dem in der Natur vorhandenen
CO2 äußerst gering. Bei dem Gesamttreibhauseffekt unserer Erde machen
die anthropogenen Anteile von Kohlendioxid nur 1,2 % und bei den NichtKohlendioxidgasen nur 0,9% aus,
also zusammen 2,1 %. Somit sind fast
98 % des irdischen Treibhauseffektes
natürlichen Ursprungs.
6. Fazit
Wie die Klima beeinflussenden Faktoren und deren Wechselwirkungen
zeigen sind die Zusammenhänge und
die gegenseitigen Beeinflussungen
jedoch komplexer und chaotischer
Natur. In den 3 Milliarden Jahren
Klimageschichte war es meist wärmer
als heute, es bestand also nach heutigen
Begriffen während des größten Teils
der Erdgeschichte “Treibhausklima”.
Eiskappen an den Polen waren die
Ausnahme. Nur während fünf “kurzer”
Eiszeiten innerhalb der Zeit von 3
Milliarden Jahren herrschte “Kühlhausklima”.
Klimaschwankungen sind in den 3
Milliarden Jahren Klimageschichte die
Regel ohne Zutun, bzw. ohne Anwesenheit des Menschen auf der Erde.
Vielfach wird behauptet, dass auch
der Mensch ein klimabestimmender
und klimaverändernder Faktor sei, weil
man davon ausgeht, dass der Mensch
über die Produktion von in den Klimaprozess eingreift. Diese Theorie lässt
sich aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse nicht aufrechterhalten.
Mindesten 66 % der Temperaturschwankungen auf der Erde werden
durch Änderungen der Strahlungsintensität der Sonne verursacht. CO2
hat, wenn überhaupt, nur einen geringen Anteil an Klimaänderungen.
Damit wird verständlich, dass der
Mensch für den langfristigen globalen
Klimawandel weder verantwortlich ist,
noch ihn beeinflussen kann. Würde
der Mensch versuchen wollen, das
Klima durch Bewegung der Kontinente
oder durch Steuerung von Meeresströmungen zu beeinflussen, dann
stünden ihm auf der Erde die dafür
benötigten Energiemengen nicht zur
Verfügung. Ohne menschliches Zutun
Abbildung 9: Montage nach Hay (1996) & Krenmayr (2000)
hat es jedoch nachhaltige Klimaänderungen und Klimaschwankungen
gegeben und wird es auch weiterhin
geben.
Wenn der Mensch mit seiner CO2Produktion das Klima nicht beeinflusst, dann muss trotzdem vor einem
großzügigen Verbrauch der fossilen
Energierohstoffe gewarnt werden. Die
Lagerstätten von Kohle und Öl sind
endlich und könnten nur in Millionen
Jahren nachwachsen, wenn es wieder
ein “Treibhausklima” gibt. Zu bedenken ist außerdem, dass Kohle und
Erdöl nicht nur als Energierohstoff
verbraucht werden, sondern auch als
Chemierohstoff für eine wachsende
Weltbevölkerung gebraucht werden.
Biographie
Prof. Dr.-Ing. Peter NeumannMahlkau, wurde 1934 in Graudenz
(Polen) geboren.
Studium in Aachen: Dipl. Ingenieur
im Fach Bergbau, Promotion und
Habilitation im Fach Geologie. Während des Studiums war Herr Neumann
mehrmals an geologische Exkursionen
nach Luxemburg beteiligt die unter
der Führung von Michel Lucius stattfanden. Später waren Herr Neumann
und Herr Ad. Muller Assistenten am
geologischen Institut bei Prof. Rode.
Von 1972 bis 1989 war Herr Neumann
Universitätsprofessor an der Universität Essen, und von 1979 bis 1984
Rektor und Gründungsrektor dieser
Universität. Von 1989 bis 1999 war er
Präsident des Geologischen Landes-
Lage der Kontinente
• Pollage vor
430 Mio.. Jahren
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
85
amtes Nordrhein-Westfalen. Neben
beruflichen Positionen war er Vizepräsident und Präsident der Deutschen
Geologischen Gesellschaft, Vorsitzender des Deutschen Nationalen
Komitees für Geologie und der International Union of Geological Sciences,
sowie Vertreter der Geologischen
Landesämter Deutschlands bei WEGS
und FOREGS. Aus seiner Feder
stammen 80 Publikationen mit den
Schwerpunkten, Umweltgeologie,
sowie klastische Sedimente des rheinischen Devons.
86
Revue Technique Luxembourgeoise 2/2004
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