Holger Wallbaum Susanne Kytzia Samuel Kellenberger NACHHALTIG BAUEN Lebenszyklus Systeme Szenarien Verantwortung Leseprobe Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Inhalt 8 Denkschule Denkschule Denkschule Vorwort 11 Denkschule Selbstverständnis des Buches 13 Herausforderungen Wirtschaftsstruktur Kapitalmarkt Klimawandel 23 25 31 62 Nachhaltiger Immobilienfonds der Credit Suisse 29 39 78 Der CS REF Green Property ist der erste Schweizer Immobilienfonds, der ausschliesslich in nachhaltige Immobilienprojekte investiert Eco-Quartier in Lausanne 36 Technische Entwicklung 62 78 92 102 124 140 160 Mit der Umnutzung der Industriebauten mittels verschiedener ­Wohnungsschnitte werden unterschiedlichste Lebensformen möglich Demografische Entwicklung Ressourcen Leuchttürme Loki-Areal in Winterthur 19 Infrastrukturentwicklung 17 92 In den kommenden 10 bis 15 Jahren entsteht ein neues Quartier, welches besonders nachhaltig und umweltfreundlich sein wird Mehrgenerationenhaus in Winterthur 102 Im Stadtteil «Neuhegi» wird eine Siedlung gebaut, die ein Zusammen­leben aller Generationen ermöglichen wird Hörsaalgebäude Weichen­bau­halle vonRoll-Areal in Bern 124 Die denkmalgeschützte Weichenbauhalle von 1914 wurde als Haus-im-Haus-Konzept zu einem Hörsaalgebäude umgebaut Energieregion Goms 140 Im Goms soll die Vision der ersten und möglichst energieautarken Region in den Schweizer Alpen realisiert werden Digitalstrom 160 Mittels einer neuen Chip-Technologie lässt sich der StandbyVerbrauch von Geräten um den Faktor Zehn reduzieren 8 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Denkschule Denkschule Denkschule Denkschule Denkschule Denkschule Denkschule Planung und Management 45 Nachhaltige Entwicklung Herausforderungen an Planung und Management 47 Warum ist Nachhaltige Entwicklung wichtig für den Bauherrn? 47 Ursprung des Begriffs Nachhaltigkeit 48 Die Entwicklung 48 Die Operationalisierung in der Schweiz 49 Denkschule Perspektive auf den Lebenszyklus 53 Denkschule Perspektivenwechsel 53 … in der ökologischen Betrachtung 54 … in der ökonomischen Betrachtung 59 … in der sozialen Betrachtung 68 Planen mit der Perspektive auf den Lebenszyklus 69 Denken und Planen in Systemen 71 Das Ganze ist grösser als die Summe seiner Teile 71 Nutzen des Systemdenkens am Beispiel Energie 72 Systemdenken und Entwurf 75 Denken und Planen in Szenarien 85 Entscheidung unter Unsicherheit 85 Auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft 87 Folgerungen für die Planung 89 Verantwortung wahrnehmen 113 96 Nachhaltigkeit als Herausforderung für unsere Gesellschaft 96 Such-, Lern- und Gestaltungsprozesse: Beispiele 99 Lessons learned 108 Eine neue Rolle für den Planer 110 Immobilienentwicklung 115 117 Akteure der Immobilienentwicklung 118 Prozesse der Immobilienentwicklung 120 Immobilienbewirtschaftung 128 Akteure der Immobilienbewirtschaftung 128 Aufgabenbereiche der Immobilienbewirtschaftung 132 Instrumente 144 Wozu Instrumente? 144 Klassifikation 147 Instrumente im Fokus 157 Wesentliche Ansätze für Planung und Management Fazit 164 171 Was heisst Nachhaltig Bauen? Wie wird nachhaltig gebaut? 173 174 Anhang 179 Literatur 201 Index 208 Abbildungsnachweis 213 Dieses Buch 214 Dank 214 Impressum 215 9 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Selbstverständnis des Buches Gesamtanteil von rund 50 Tonnen pro Person und Jahr sind das erhebliche Massen, die durch das Bauwerk Schweiz und dessen Nutzung in Bewegung gesetzt werden. In den meisten Industrieländern ist der Betrieb von Gebäuden für ca. 30 bis 40 Prozent des natio- Die Produktions- und Konsummuster des 20. Jahrhunderts sind als nalen Energieverbrauchs und der Treibhausgas-Emissionen verant- nicht zukunftsfähig zu bezeichnen. Führt man sich vor Augen, dass wortlich (United Nations Environment Programme UNEP 2007). Der der heutige material- und fossilbasierte Energieeinsatz, die produ- Gebäudesektor ist aber ein sehr heterogenes Gebilde, das verschie- zierten Abfallmengen sowie die Schadstoffeinträge in Boden, Wasser dene Bauwerks- und Gebäudekategorien mit sehr unterschiedlichen und Luft zu rund 80 Prozent von nur 20 Prozent der Weltbevölkerung Standards und Stakeholders mit den unterschiedlichsten Interessen zu verantworten sind, dann ist es offensichtlich, dass die Ökosphäre (private Bauherren, institutionelle Bauherren, Investoren, Mieter, dies sowohl in der Quantität als auch Qualität für eine stetig wach- Facility-Management-Unternehmen etc.) umfasst. Eine Strategie zur sende Weltbevölkerung in der Zukunft nicht tragen kann. Nachhaltigen Entwicklung des Bauwesens muss diese Heterogeni- Als Profiteure der anhaltenden positiven wirtschaftlichen und tät zur Kenntnis nehmen und ihr durch das Erarbeiten spezifischer gesellschaftlichen Entwicklung kommt den industrialisierten Ländern ­Lösungen gerecht werden. Dabei sind auch allgemeingültige Rah- eine besondere Verantwortung zu, um diese Entwicklungsvorausset- menbedingungen zu beachten, auf die die Lösungen aufsetzen soll- zungen auch den sich entwickelnden Ländern sowie den zukünftigen Generationen zu ermöglichen. Um dieser Verantwortung für Umwelt ten. Für die Schweiz spezifische Aspekte sowie allgemeine Rahmenbedingungen werden im Kapitel Herausforderungen, 17 als Prämissen und Entwicklung gerecht zu werden, wurde das Konzept der «Nach- für das Nachhaltige Bauen beschrieben, analysiert und diskutiert. haltigen Entwicklung» von einer Kommission der Vereinten Nationen Dieses Buch bietet drei Zugänge: 1. grundsätzliche Ansätze als bereits in den 1980er-Jahren ins Leben gerufen. Seither arbeitet die Orientierung für den Entwurf, 2. eine Übersicht von Instrumenten Weltstaatengemeinschaft an einer globalen und lokalen Umsetzung als Unterstützung des Planens und 3. Beispiele als Anregung, über dieses Konzeptes, dem sich nach und nach mehr Länder und Wirt- aktuelle Good Practices hinaus zu denken. Die Wahl dieser Zugänge schaftssektoren angeschlossen haben. dient nicht primär der Leserfreundlichkeit, sondern ist Programm. Dem Bauwesen kommt bei der Zielsetzung einer Nachhaltigen Das Buch formuliert eine «Denkschule» und befasst sich mit dem Entwicklung eine grosse Bedeutung zu. Rund sieben Prozent der übergeordneten Konzept sowie den Rahmenbedingungen und Anfor- weltweiten Arbeitsplätze und zehn Prozent des Bruttoinlandspro­ derungen, in denen das Nachhaltige Bauen umgesetzt werden muss. duktes sind der Bauwirtschaft zuzuordnen. Aber auch die ökolo­ Es ist aber kein Leitfaden, dem Planer eins zu eins folgen können, um gischen Wirkungen der Erstellung von Gebäuden und Infrastrukturen zu einer nachhaltigen Lösung zu gelangen. Hierzu gibt es Publikatio- und deren Nutzung sind beachtlich. Rund ein Drittel der Nutzung nen und Instrumente, auf die in diesem Buch ebenfalls eingegangen natürlicher Ressourcen sind diesem Sektor zuzuweisen. Bei einem wird, die aber nicht im Mittelpunkt unseres Programms stehen. Nachhaltig Bauen | Selbstverständnis des Buches 13 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 «Nachhaltiges Bauen ist ein grundsätzlich neuer Ansatz, «Ein gutes Management von Bauwerken und Bauwerksbestän- ­Bau­werke zu entwerfen, zu planen und zu realisieren.» den – Entwurf, Planung, Realisierung und ­Bewirtschaftung – ist Dies ist der erste Punkt des in diesem Buch skizzierten Programms. die Voraussetzung für Nachhaltiges Bauen.» Es wird der bestehenden Baupraxis ein Ansatz gegenübergestellt, der sich am gesamten Lebenszyklus der Bauwerke orientiert und Der zweite Punkt unseres Programms beschäftigt sich mit dem notwendigen Handwerkszeug. Planung und Management, 113 Es ist vorschlägt, sie als Systeme oder Elemente in grösseren Systemen zu deshalb notwendig, weil das Management von Bauwerken und Bau- verstehen. Das Bauwerk selbst ordnet sich damit seinen Funktionen werksbeständen (Portfolios) nicht von einzelnen Menschen bestimmt für die Menschen unter. Gleichzeitig wird ein neues Selbstverständnis wird – die allenfalls mit der Forderung nach einem grundlegenden des Planenden propagiert. Seine zentrale Aufgabe liegt im Entwurf Wandel in der Baupraxis überzeugt werden könnten –, sondern von von Szenarien möglicher alternativer Zukünfte. Damit trägt der einer Vielzahl unterschiedlicher Personen und Organisationen mit ­Planende dazu bei, dass möglichst gute Lösungen für eine Nachhalti- unterschiedlichen Aufgaben und Interessen. Deren Zusammenwirken ge Entwicklung erkannt und – wo sinnvoll und möglich – in Form von ist bereits heute durch Organisationsstrukturen, Prozessabläufe und Bauwerken realisiert werden. In diesem Prozess der gesellschaftli- Planungsinstrumente gestaltet. Es bleibt also nichts anderes übrig, chen Suche nach neuen Wegen muss der Planende Verantwortung als die Ansätze des Nachhaltigen Bauens hier systematisch einflie- übernehmen – und mithelfen, Risiken zugunsten einer Nachhaltigen Entwicklung tragbar zu machen. Denkschule, 45 ssen zu lassen – zum Beispiel durch eine gezielte Erweiterung der Denkt man an die Ursprünge von Architektur und Städtebau bestehenden Planungsinstrumente. Dieser Teil des Buches mag weniger inspirieren als der erste, oder an die Pioniere des Civil Engineering, so ist dieser Ansatz gar eher philosophisch anmutende Teil. Er richtet sich an Pragmatiker, nicht neu, sondern mag geradezu als altmodisch erscheinen. die möglichst wirksam die Baupraxis mitgestalten wollen. Denn wenn Der hier skizzierte Ansatz soll als Gedankenanstoss zur Reflexion die Etablierung des geeigneten Handwerkszeugs gelingt, so wird vorhandener Erfahrungen und als Ausgangspunkt für neue Entwürfe das geforderte Umdenken folgen – im Sinne des Learning by Doing. dienen. Dennoch gilt es, den Anspruch dieses ersten Programm- In diesem Buch wird deshalb ein eher modernes Verständnis des punkts nicht aus den Augen zu verlieren: Würde eine zukünftige Planenden als Manager von Prozessen der Planung und Bewirtschaf- Baupraxis diese Ansätze konsequent verfolgen, ergäben sich sowohl tung von Bauwerken skizziert. Im Ergebnis werden – im Idealfall – die die notwendigen Planungsinstrumente als auch die guten Beispiele Gestaltungsmöglichkeiten für den entwerfenden Architekten grösser. von selbst. Das Buch könnte damit an dieser Stelle zur Seite gelegt Aber: Ein gutes Management wird nie einen guten Entwurf ersetzen; werden, und jeder und jede könnte seinen bzw. ihren eigenen Weg besonders nicht im Kontext des Nachhaltigen Bauens. Denn nur zum Nachhaltigen Bauen suchen. wenn unsere Gebäude wertgeschätzt werden, werden sie auch nachhaltig genutzt werden. 14 Nachhaltig Bauen | Selbstverständnis des Buches Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 «Gute Beispiele Nachhaltigen Bauens veranschaulichen mögliche Lösungsansätze und sind damit zentrale Bausteine in der Nachhaltigen Entwicklung als gesellschaftlichen Such-, Lernund Gestaltungsprozess.» Der dritte Punkt des Programms ist eine Ermutigung zum Bauen. Selbstverständlich ist das Bauwerk am ökologischsten, welches nicht gebaut wird, weil es nicht notwendig ist. Selbstverständlich ist kaum ein realisiertes Bauwerk wirklich nachhaltig, denn es verbraucht ­immer zu viele Ressourcen. Aber: Jedes realisierte Projekt, bei dessen Gestaltung sich die Planenden ernsthaft mit den Zielen der 1 Figur zum Nachhaltigen Bauen Zusammenwirken von Herausforderungen, Denkschule, Planung und Management und Leuchttürmen Denkschule Eigene Darstellung Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben, ermöglicht es uns, Nachhaltige Entwicklung zu lernen. Diese Projekte schaffen Anschauungsobjekte, die zeigen, welche Ideen funktionieren und welche Ideen aber ganzheitlich durchdachte Projekte, die durch ihr Konzept und optimiert werden müssen. ihre Realisierung überzeugen. Die Beschreibung der ausgewählten In diesem Buch werden einzelne Projekte vorgestellt, die als Projekte wird nicht in einem eigenen Kapitel gebündelt, sondern über «Leuchttürme» der Orientierung dienen sollen. Aber ebenso wie in das gesamte Buch verteilt. Dadurch sollen die Bezüge zwischen den der Seefahrt bezieht sich diese Orientierung auf einen spezifischen einzelnen Beispielen und den Herausforderungen bzw. Denkansätzen räumlichen Kontext. Das «Verschieben» eines Leuchtturms an eine verstärkt werden. In der gewählten Darstellung wird skizziert, welche andere Stelle funktioniert hier ebenso wenig wie in der Architektur dieser Ansätze im konkreten Beispiel zu erkennen sind, und es wird und im Städtebau. An einem anderen Ort, bei einer anderen Nut- damit zur Reflexion eingeladen. Auf eine systematische Denkschule Analyse der zung, einer anderen Konstellation von Bauherr und Planer mag es einzelnen Beispiele wird jedoch bewusst verzichtet. andere, sogar bessere Lösungen geben. Keines der dargestellten Beispiele erhebt den Anspruch, vollumfänglich die Anforderungen an Die Lesenden begleitet eine «Figur zum Nachhaltigen Bauen» das Nachhaltige Bauen zu erfüllen, aber alle vorgestellten Beispiele durch das Buch, die das Zusammenwirken der einzelnen Bestand­ teile veranschaulicht und die Orientierung vereinfacht. Abb. 1 haben Qualitäten, die über den normalen, hohen Baustandard hin- Im Zentrum der Figur liegt die Denkschule, das Kernstück dieses ausgehen. Gemeinsam stellen sie eine Art Kaleidoskop Nachhaltigen Buches. In ihr werden die vier Ansätze Lebenszyklus, Systeme, Bauens dar, das in der Zusammenschau eine gute Orientierungs- Szenarien und Verantwortung vorgestellt, die alle für sich genommen grundlage gibt. Oft sind diese Leuchttürme auch nicht besonders nicht neu sind. Diese Ansätze aber als selbstverständliche Einheit spektakulär, was aber auch nicht das Hauptmotiv für Nachhaltiges in das Bauwesen zu integrieren, wird als zentral erachtet, um dem Bauen ist. Vielfach sind es kleinere, manchmal fast unscheinbare, Nachhaltigen Bauen im 21. Jahrhundert näherzukommen. Nachhaltig Bauen | Selbstverständnis des Buches Denkschule 15 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Denkschule Denkschule Denkschule Nachhaltiges Bauen findet in den Köpfen der Planenden statt. Nachhaltig Bauen heisst, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um den Heraus­ forderungen gerecht zu werden, die im vorhergehenden Kapitel beschrieben ­wurden. Diese Konzepte sind vielfältig. Sie reichen von der Rückbesinnung auf bewährte Grundsätze der Baukunst bis zur Entwicklung von neuen Materialien und Techno­ logien. Dauerhaftigkeit und Wertbeständigkeit passen in ein Konzept Nachhaltigen Bauens ebenso wie temporäre Bauwerke, die sich an aktuellen Bedürfnissen der Nutzer ausrichten und geplant «obsolet» werden. Eine solide Rendite wird ebenso als nachhaltig angesehen wie staatlich subventionierter Wohnungsbau. Im Konkreten ist Nachhaltigkeit teilweise schwer fassbar und läuft damit Gefahr, sich dem Vorwurf der Beliebigkeit auszusetzen. Denkschule In diesem Buch wehren wir unsDenkschule gegen diese Beliebigkeit und setzen ihr unser ­ onzept des Nachhaltigen Bauens entgegen. Grundlage ist das Konzept der Nach­ K haltigen Entwicklung, die als zentrale Herausforderung unserer heutigen Gesell­ schaften verstanden wird. Nachhaltige Entwicklung, 47 Dieses Konzept ist provozierend, unterstützt aber gleichzeitig Aushandlungsprozesse in wichtigen politischen und ge­ sellschaftlichen Fragen. Dessen Konsequenzen für die Baupraxis sind weitreichend. Nachhaltige Entwicklung fordert, dass sich die Planenden in ihren Entscheiden am gesamten Lebenszyklus der Bauwerke orientieren Perspektive auf den Lebenszyklus, 53 45 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 und Bauwerke als Systeme oder Elemente in grösseren Systemen verstehen ­Denken und Planen in Systemen, 71. Das Bauwerk selbst soll sich in seinen Funktionen den ­Menschen unterordnen. Nachhaltig Bauen bedeutet also in unserem Verständnis eine neue Ausrichtung der Aufträge an die Entwerfenden und Planenden. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Entwurf, denn wir verstehen eine Nachhaltige Entwicklung als Prozess der Suche nach Lösungen für die mittel- und langfristigen Probleme unserer Gesellschaft. Denken und Planen in Szenarien, 85 In diesem Prozess entwickeln wir Vorstellungen von der Zukunft, die wir – dort wo sinnvoll und möglich – in Form von Bauwerken realisieren. Der Wert eines guten Entwurfs liegt aber nicht im daraus hervorgehenden Bauwerk, sondern in den Erfahrungen und Erkenntnissen, die der Entwurf uns ermöglicht. Ebenso wichtig ist die Verantwortung des Planenden. Verantwortung wahrnehmen, 96 In unserer Vorstellung einer Nachhaltigen Entwicklung ist es unabdingbar, dass wir Neues ausprobieren und damit auch Risiken eingehen. Wir sollten dies unterstüt­ zen und es ermöglichen, dass aus Erfolgen wie auch aus Fehlern gelernt wird. Dazu ­müssen aber erst die geeigneten Rahmenbedingungen geschaffen werden. Nachhaltiges Bauen findet also zunächst im Kopf statt und verlangt vom Planenden ein erhebliches Abstraktions- und Vorstellungsvermögen und ebenso ein grosses persönliches Engagement. Dieses Kapitel bietet vier Denkanstösse zur Reflexion des Auftrags an die Planenden: Lebenszyklus, Systeme, Szenarien und Verantwortung. Für das Autorenteam sind sie in ihrem Zusammenspiel die Antwort auf die Frage «Was ist eigentlich neu am Nachhaltigen Bauen?» 46 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Denkschule Nachhaltige Entwicklung Warum ist Nachhaltige Entwicklung wichtig für den Bauherrn? geblich der Reduzierung des Heizwärmebedarfs, des Energiebedarfs für das Warmwasser und des elektrischen Stroms. Hier kommen die Erneuer­baren Energien ins Spiel, die klimafreundlich Strom im Sinne einer 1-­Tonne-CO2-Gesellschaft liefern können. An dieser Stelle erfolgt dann sehr schnell der Einwand vonseiten der Bauherrschaft, dass diese Erneuerbaren Energien doch (noch) sehr teuer seien. Auch wenn die meisten Bauherren bis vor wenigen Jahren noch Wenn der beratende Planer dann von den Kosten und Gewinnen ­keine Berührung mit dem Thema Nachhaltigkeit hatten, so haben über den gesamten Lebenszyklus, inklusive der Verantwortung für sich die Zeiten seither doch gewandelt. Vor allem das Thema Energie, die kommenden Generationen oder der am Markt zu erzielenden sei es in Form von energieeffizienten Gebäuden, also Gebäuden, die höheren Renditen bzw. Mietzinsen zu sprechen kommt, dann sind wir einen geringen Energiebedarf zur Deckung des Heizwärmebedarfs Denkschuleangemitten in der Diskussion um mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen haben, oder den sogenannten Erneuerbaren Energien, wie z. B. langt. Zunehmend befassen sich institutionelle und private ­Investoren Photovoltaik, Wärmepumpen oder Windkraft, sind in aller Munde und ernsthaft mit diesem Thema, und auch die Öffentliche Hand entwi- in den ­Medien allgegenwärtig. Trotz eines sehr volatilen Kurses des ckelt eigene Strategien für ein nachhaltiges Immobilienportfolio. Die «schwarzen Goldes» setzt sich die Erkenntnis durch, dass fossile Diskussion ist virulent, und der Bedarf für belastbare Argumente, Energieträger (Öl, Gas) und Uran mittelfristig sicherlich knapper praxisnahe Bewertungsansätze und Instrumente sowie nachhaltige werden, insbesondere bei der zu erwartenden steigenden internatio- Strategien ist grösser denn je. Bevor aber intensiver auf diese Punkte nalen Nachfrage in den aufsteigenden Ländern Asiens und Süd- und eingegangen und aufgezeigt wird, dass Nachhaltigkeit mehr ist als Mittelamerikas. Sollte sich ein wirklicher Markt um Energiepreise ent- ökologisches oder gar nur energieoptimiertes Bauen, lohnt es sich, wickeln, der zurzeit nur sehr eingeschränkt existiert, dann muss bei einen Blick auf die Entwicklungen bis heute zurückzuwerfen. einer Verknappung des Angebots und einer steigenden Nachfrage von einem zunehmend höheren Preis ausgegangen werden. Ob sich diese Entwicklung kurzfristig abzeichnen wird, ist fraglich. Bei einem Gebäude handelt es sich aber in den meisten Fällen um ein lang­ fristig ausgerichtetes Objekt, sei es als eigengenutztes Wohn- oder als fremdgenutztes Renditeobjekt, sodass dieser preisliche Effekt früher oder später zum Tragen kommen wird. Zusätzliche Argumente für energiesparende Gebäude gehen von der Diskussion um die Reduzierung der klimaschädlichen ­Wirkungen im Betrieb von Gebäuden aus und damit auch mass­ Denkschule | Nachhaltige Entwicklung 47 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Eine neue Rolle für den Planer Nachhaltig Bauen bedeutet aber: den Planern die Verantwortung zu übertragen und sie zu befähigen, die Komplexität der gestellten Aufgaben wahrzunehmen und diese zu bewältigen. Um dies zu errei- «Nachhaltiges Bauen findet in den Köpfen der Planenden statt.» Diese Aussage steht am Anfang dieses Kapitels. Worauf kommt es dabei nun wirklich an? Am Ende dieses Kapitels kann auf diese Frage chen, bieten sich zwei Strategien an: —— System- und Szenarioanalysen als grundlegende analytische Ansätze eine einfache Antwort gegeben werden: Der Prozess der Gestaltung Damit wird die Komplexität zielorientiert reduziert, und es der gebauten Umwelt muss der Komplexität dieser Aufgabenstellung ­werden Entwurfsprozesse unterstützt. Diese Ansätze ermögli- gerecht werden. chen einerseits eine Fokussierung auf wesentliche Zusammen- Wie im Kapitel Herausforderungen, 17 beschrieben, ist die hänge. Andererseits unterstützen sie die Zusammenarbeit in Komplexität dieser Aufgabe im letzten Jahrhundert erheblich ge- einem interdisziplinären Planungsteam und ebenso den Dialog stiegen. Wir leben in einem sehr dicht besiedelten Land, und die mit anderen Interessengruppen. —— Ein Anpassen der Aufgabenteilung im Kontext der Planung ­Umgestaltung der gebauten Umwelt führt zu Umverteilungen von Werten – materiellen wie immateriellen. Damit haben heutige Baupro- und im Planungsprozess zesse immer eine soziale, wirtschaftliche und ökologische ­Relevanz. Damit wird ein Lernprozess gefördert – im Sinne einer konti- Gleichzeitig schafft und zerstört die Entwicklung der gebauten nuierlichen Verbesserung der gebauten Umwelt. Dies betrifft Umwelt das Kapital unserer Gesellschaft. Es ist daher unabdingbar, einerseits die Planung und Entwicklung von Bauwerken in ihrem einen langfristigen Planungshorizont zu wählen. Lebenszyklus. Es betrifft aber auch den Umgang mit Risiken Für Planer ist der Umgang mit dieser Komplexität eine grosse Herausforderung. Bisher waren sie gewöhnt, sich an einfachen Ziel- bzw. der Übernahme von Verantwortung für die Bauwerksentwicklung. grössen (z.B. der Bruttorendite) zu orientieren. Sie tendierten dazu, Für die Planer bedeutet dies eine Verschiebung des Schwerpunkts eher kurzfristig zu denken und übernahmen häufig Vorgaben von ihrer Aufmerksamkeit und ihres Verantwortungsbereichs von der ­anderen Akteuren (z.B. von Bauherren oder Bewilligungsbe­hörden) Planung und Realisierung einzelner Bauprojekte hin zur strategischen und delegierten damit die Verantwortung für die getroffenen Ent- Entwicklung des Siedlungsraums einerseits und zum Life Cycle scheide und deren Folgen auf andere. ­Management der Bauwerke andererseits. Bezogen auf das klassische Leistungsmodell der Planer im Hochbau bedeutet das: —— Verschiebung des Fokus auf die frühen Planungsphasen —— Erweiterung des Leistungsmodells auf die Bewirtschaftung und Erneuerung. 110 Denkschule | Eine neue Rolle für den Planer Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Denkschule Diese Neuorientierung muss sich unbedingt auch in der Verteilung der Ressourcen niederschlagen. Zukünftig müssen mehr Gelder Fazit Denkschule vorhanden sein für: —— Strategische Planung Wie wird «nachhaltig» gebaut? die auch zum Schluss kommen kann, nicht zu bauen Nachhaltiges Bauen orientiert sich am gesamten Lebensweg —— Wettbewerbsverfahren eines Bauwerks und versteht das Bauwerk als System bzw. als Grundlage zur Diskussion von Visionen alternativer Zukünfte —— Stakeholder-Management als Element in grösseren Systemen. Dabei ist wesentlich, das auch dazu führen kann, Bauherren notwendige Kompro­ misse abzuringen —— Life Cycle Costing LCC dass —— die Planung und Entwicklung von Bauwerken auf deren gesamten Lebensweg ausgerichtet wird, und es ist zu Denkschule gewährleisten, dass Lernprozesse stattfinden können, das auch zur Erhöhung der Baukosten führen kann, zugunsten z. B. baubegleitendes Facility Management, Benchmarking von Einsparungen im Betrieb von Bau- und Nutzungskosten, Controlling des Energie- —— Entwicklung von Organisationsmodellen für einen nachhaltigen Betrieb und eine nachhaltige Erneuerung der Bauwerke die auch zu einer neuen Verteilung von Risiken beitragen können verbrauchs und der Treibhausgasemissionen im Gebäude­ betrieb, Umzugsmanagement sowie Einbezug der Nutzer in Erneuerungsprozesse; —— b ei der Planung mit der notwendigen Komplexität produktiv umgegangen wird, z.B. durch Arbeiten in interdisziplinären Teams, durch Einsatz von Instrumenten der qualitativen und quantitativen Systemanalyse sowie durch Prozesse der Partizipation von Interessengruppen; —— d ie Unsicherheit bei Planung und Entwicklung von Bauprojekten transparent gemacht wird und dass Risiken geteilt werden, z.B. durch gezielten Einsatz von Entwürfen und der (Weiter-)Entwicklung von Repräsentationsformen für Entwurfsarbeiten; durch vermehrten Einsatz von Szenario­ analysen in frühen Phasen der Projektentwicklung sowie durch Beteiligung der Investoren an den Risiken nachhaltiger Bauprojekte (z. B. in nachhaltigen Immobilienfonds). Denkschule | Fazit 111 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Leuchtturm Hörsaalgebäude Weichen­­bau­ halle vonRoll-Areal in Bern In seiner «Räumlichen Strategie 3012» hat der Regierungsrat des Kantons Bern beschlossen, sämtliche Aktivitäten der Universität Bern im Universitätsquartier (Postleitzahl 3012) anzusiedeln. Einer der Entwicklungsschwerpunkte ist die Umnutzung des früheren Industrieareals der Firma vonRoll am Rande des Länggass-Quartiers. Hier soll ein erziehungs- und sozialwissenschaftliches Hochschulzentrum mit den Kernbereichen der Pädagogischen Hochschule Bern und einschlägigen Disziplinen der Universität Bern entstehen. Zusätzlich wird die Universitätsbibliothek Bern integriert. Das vonRoll-Areal liegt an der Schnittstelle zwischen Stadt und Bremgartenwald und an der Grenze zum markanten Bahneinschnitt. Der Bebauungs­streifen ist geprägt durch eine sehr unterschiedliche Bebauungsdichte und verschiedene Massstäblichkeiten mit gross- und kleinflächigen Bauten: Güterbahnhof, einige Wohnbauten, Bauten des Tier- und Lindenhofspitals, Schulanlage, Sportstadion usw. Das vonRoll-Areal selbst ist durch das für Industrieareale typische Nebeneinander von Gebäuden aus verschiedenen Epochen und von unterschiedlichster Massstäblichkeit geprägt: Bürogebäude, Werkstatthalle (1904), Kraftzentrale (1910), Weichenbauhalle (1914), Modellgebäude (1956). Da die bestehende Weichenbauhalle im Inventar der Denkmalpflege als erhaltenswert eingestuft ist, galt es, ein Konzept zu finden, in dem Alt und Neu nebeneinander funktionieren. 2004 konnte sich in einem Architekturwettbewerb für das Gesamtareal das Projekt NAAN «neu-alt-alt-neu» des Architekturbüros giuliani.hönger aus Zürich durchsetzen. Es sah u. a. vor, die alte, geschützte Weichenbauhalle zu erhalten und umzu- a Leuchtturm | Hörsaalgebäude Weichen­bau­halle vonRoll-Areal in Bern Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 a Ansicht Aussenraum Bild(ausschnitt): Karin Gauch, Fabien Schwartz, Oberägeri Denkschule Denkschule nutzen. Vom Projekt des direkt daneben liegenden Neubaus mit einer alte Dachkonstruktion und das Hallendach wurden verstärkt. In die Bibliothek, Seminarräumen und Büros haben sich die Architekten grosse Halle wurden aus Holz konstruierte und wärmegedämmte dagegen zurückgezogen, nachdem die Bauherrschaft vom ursprüng- Hörsäle als separate Baukörper hineingestellt und von der bestehen- lichen Generalplanermodell zu einem Totalunternehmer gewechselt den Fassade abgelöst. Der grosse Hörsaal bildet einen eigenen Kör- hatte. Die Architekten wären dabei von der Ausführungsplanung per, die anderen sechs Hörsäle mit Infrastrukturräumen den andern. ausgeschlossen worden. Die zum Hörsaalgebäude umgenutzte Durch die plastische Verformung der beiden Körper – der grosse Weichenbauhalle wurde Ende Mai 2010 dem Betrieb übergeben, und Hörsaalkörper ist unten eingeschnitten, der andere ist oben ausge- im Juni fanden darin bereits die ersten Veranstaltungen statt. Seit klinkt und begehbar – verzahnen sich die Aufenthaltsbereiche mit den dem Wintersemester 2010 werden alle Hörräume im Hörsaal­gebäude beiden Volumen. Die Hörsaal-Einbauten sind leicht versetzt, sodass durch die PH Bern und die Universität genutzt. gemeinschaftliche Raumzonen entstanden sind, die nun als Aufent- Zielsetzung Das Projekt setzte sich zum Ziel, ein Gebäude für Vorlesungen zu schaffen, das auch Begegnungs- und Aufenthaltsräume bietet und Denkschule genutzt werden können. Das Gebäude Denkschule halts- und Begegnungsräume wurde dadurch durchlässig und schafft so eine Verbindung zwischen den Hochschulkomplexen auf beiden Seiten des Gebäudes. Durch dieses Konzept bleibt die Weichenbauhalle als Zeugnis einen Durchgang zum angrenzenden Institutsgebäude ermöglicht. Im von Industriegeschichte von Aussen und Innen ablesbar. Fenster und neuen Konzept für den Universitätsstandort vonRoll-Areal steht das Stahlkonstruktion der alten Weichenbauhalle bleiben auch von Innen Hörsaalgebäude im Zentrum des Areals. Durch Umbau und Umnut- gut sichtbar und prägen den Charakter des Gebäudes weiterhin mit. zung der alten Weichenbauhalle bleibt ein Zeitzeuge der Industrie­ kultur der Stadt Bern auf diesem Areal erhalten. Gleichzeitig wurde ein ressourcenschonendes Konzept konse- Energieeffizienz Das Gebäude wurde nach dem Minergie-Eco-Standard realisiert. Ein quent umgesetzt. Dies betrifft sowohl die Betriebsenergie als auch wesentlicher Bestandteil des Energiekonzepts sind die unbeheizten die Baumaterialen und die Baukosten. Das Gebäude ist einer der Zonen zwischen den Hörsälen. Sie ermöglichen eine gezielte Bereit- ersten nach Minergie-Eco zertifizierten Umbauten der Schweiz. stellung von Raumwärme und puffern die Hörsäle gegen die Aussentemperaturen im Winter wie im Sommer. Beitrag zum Nachhaltigen Bauen Das Gebäude wird mehrheitlich mit Tageslicht versorgt. Die alte Gebäudehülle der Weichenbauhalle schafft mit ihren grossen Fens- Umgang mit historischer Bausubstanz tern und Oberlichtern die Voraussetzung dazu. Beim Umbau wurde In der Weichenbauhalle wurde ein Haus-im-Haus-Konzept realisiert. das Glasoberlicht in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege ersetzt. Die alte, denkmalgeschützte Gebäudehülle bleibt damit integral Die Sprossenverglasungen wurden aus energetischen Gründen durch erhalten. Die filigrane Stahlkonstruktion wurde sorgfältig saniert, die aussen liegende Vorfenster mit integriertem Sonnenschutz ergänzt. Leuchtturm | Hörsaalgebäude Weichen­bau­halle vonRoll-Areal in Bern 125 Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 Materialeffizienz Durch das Haus-im-Haus-Konzept konnte ein Teil des alten Gebäudes und der darin enthaltenen Baumaterialien weiter genutzt werden. Der Materialbedarf wurde so gegenüber einem Ersatzneubau deutlich reduziert. Sämtliche Einbauten wurden mit dem Werkstoff Holz ausgeführt, sodass die Masse des Gebäudes optimiert ­werden konnte. Bei der Auswahl der Baumaterialien waren die Kriterien von Minergie-Eco massgeblich, vor allem auch die Recyclierbarkeit der verwendeten Baustoffe. Bei der Planung wurde angestrebt, die Summe der verwendeten Materialien auf ein Minimum zu reduzieren. Technische Installationen und Verteilnetze für Strom, Luft und Wasser sind überall zugänglich. Durch eine konsequente Systemtrennung wurde versucht, die Lebensdauer der Bauteile zu maximieren. Lebenszykluskosten Im Baukostenmanagement wurde konsequent ein Design to CostAnsatz verfolgt, was dazu führte, dass die geplanten Baukosten spürbar unterschritten werden konnten. Die Betriebs- und Unterhaltskosten werden durch das realisierte Energiekonzept und die gute Zugänglichkeit der technischen Installationen reduziert. Die konsequente Systemtrennung wird ebenfalls dazu beitragen, die Kosten der Instandhaltung /-setzung zu senken. Herausforderungen Das Projekt wurde mit den Auszeichnungen «SIA Umsicht 11» und «Best Architects 11» prämiert. In der Würdigung der SIA-Jury heisst es: «Die Arbeit beeindruckt zunächst durch einen überlegten, respektvollen Umgang mit der bestehenden historischen, indus­ triellen Substanz in Verbindung mit anspruchsvollen Konzepten eines ressourcenschonenden Bauens.» b 126 c Leuchtturm | Hörsaalgebäude Weichen­bau­halle vonRoll-Areal in Bern Leseprobe aus: Holger Wallbaum, Susanne Kytzia, Samuel Kellenberger «Nachhaltig Bauen», vdf Hochschulverlag 2011 b Aufenthalts- und Begegnungsraum c Grosshörsaal d Querschnitt e Längsschnitt f Grundriss 1. Obergeschoss Bilder: Walter Mair, Zürich Pläne: giuliani.hönger ag, Zürich Denkschule Denkschule Wie sich das «Herzstück» des neuen Campus unter Vollbetrieb haben aber gezeigt, dass das Gebäude im Betrieb gut funktioniert. bewähren wird, wird sich letztlich nach Fertigstellung der Gesamt- Dies auch dank dem weitsichtigen Mitentscheid der Nutzer, dass überbauung des Areals zeigen. 2013 soll das benachbarte Instituts- es in diesen Räumen des Zwischenklimas auch mal etwas weniger gebäude in Betrieb genommen werden. Erst dann wird auch die warm sein darf. Weichenbauhalle so genutzt werden, wie es das Konzept vorsieht. Im Gebäudekonzept selbst stellten die unbeheizten Zwischenräume http://www.bve.be.ch/bve/de/index/grundstuecke_gebaeude/grundstu- eine Herausforderung dar, da sie gleichzeitig als Aufenthalts- und ecke_gebaeude/bauprojekte/neubau_umbau/bern_vonroll-areal1etappeum- Begegnungsräume genutzt werden. Die ersten kalten Wintermonate bauweichenbauhalleneubauinstitutsgebae.html Denkschule Denkschule Neon A Neon D Neon C Neon B d e f Leuchtturm | Hörsaalgebäude Weichen­bau­halle vonRoll-Areal in Bern 127 Dem Bauwesen kommt bei der Zielsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung eine grosse Bedeutung zu. «Nachhaltig Bauen» bedeutet vereinfacht ausgedrückt, Bauwerke zu errichten und zu erhalten, die ein Kapital für zukünftige Generationen darstellen und keine Altlast. Das Buch bietet einen Einstieg in diese Thematik über drei Zugänge: Denkschule, Handwerkszeug und Beispiele. Es wird der bestehenden Baupraxis ein Ansatz gegenübergestellt, der sich am gesamten Lebenszyklus der Bauwerke orientiert und ein Denken und Planen in Systemen und Szenarien voraussetzt. Dies erfordert ein modernes Selbstverständnis des Planenden, der bei sämtlichen Prozessen der Planung und Bewirtschaftung die Verantwortung übernimmt und sich nicht nur auf den Entwurf beschränkt. Beispiele Nachhaltigen Bauens veranschaulichen mögliche Lösungsansätze und zeigen auf, welche Ideen funktionieren oder wo noch optimiert werden kann. Ein Anhang mit einer umfassenden Übersicht zu Instrumenten für Nachhaltiges Bauen ergänzt die Publikation. – Umfasst den ganzen Lebenszyklus von Bauten, von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung. – Thematisiert viele Teilbereiche: u. a. Projektmanagement, Life Cycle Management, Facility Management, Immobilieninvestition. – Enthält einen umfassenden Anhang zu Instrumenten und Hilfsmitteln. ISBN 978-3-7281-3415-8 (Buchausgabe) ISBN 978-3-7281-3425-7 DOI-Nr. 10.3218 / 3425-7