Bohrbarkeit im Sprengvortrieb: Geologisch

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Münchner Geologische Hefte
Reihe B: Angewandte Geologie
Reihe B: Heft 7
Festschrift
Prof. Georg Spaun zum 60. Geburtstag
Kurosch Thuro, Katja Lokau, Frank Deffner, Ralf J. Plinninger
(Herausgeber)
Münchner Geol. Hefte
B7
VI + 162 S.
München 1998
II
Thuro, Lokau, Deffner & Plinninger (eds.): Festschrift Prof. Georg Spaun zum 60. Geburtstag
Diese Festschrift wurde aus Beiträgen zum Festkolloquium zu Ehren von Prof. Dr. Georg Spaun am
14. November 1997 und aus Beiträgen einiger seiner ehemaligen Doktoranden zusammengestellt.
Adressen der
Herausgeber:
Dipl.-Geol. Dr. Kurosch Thuro, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Ingenieurgeologie, ETH Hönggerberg, CH-8093 Zürich
Dipl.-Geol. Dr. Katja Lokau, Geologisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Abt. Ingenieurgeologie, Emy-Roeder-Str. 5, D-55129 Mainz
Dipl.-Geol. Frank Deffner, Müller+Hereth Oberhof, Abt. Geologie & Geotechnik, Eckhardtskopf 4, D-98559 Oberhof
Dipl.-Geol. Ralf J. Plinninger, Lehrstuhl für Allgemeine, Angewandte und IngenieurGeologie, Technische Universität München, Arcisstr. 21, D-80290 München
Herausgeber
Prof. Dr. G. Spaun
Prof. Dr. H. Miller, Prof. Dr. S. Wohnlich
Redaktion
Dr. K. Thuro, Dr. K. Lokau
Dr. T. R. Rüde
M. Nickmann, R.J. Plinninger
Lehrstuhl für Allgemeine, Angewandte und
Institut für Allgemeine und
Ingenieur-Geologie
Angewandte Geologie
Technische Universität München
Ludwig-Maximilians-Universität München
Arcisstraße 21
Luisenstraße 37
D – 80290 München
D – 80333 München
Tel.: +49 89 289 - 25851, Fax - 25852
Tel.: +49 89 5203 - 414, Fax - 286
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Ohne ausdrückliche Genehmigung der Herausgeber ist es nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus nachzudrucken oder auf fotomechanischem oder elektronischem Wege zu vervielfältigen.
Für den Inhalt sind die Autoren allein verantwortlich.
Herstellung: Hieronymus GmbH, München
ISSN 1430 - 5674
Thuro, Lokau, Deffner & Plinninger (eds.): Festschrift Prof. Georg Spaun zum 60. Geburtstag
Inhaltsverzeichnis
Impressum.....................................................................................................................................................II
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................................... III
Danksagungen............................................................................................................................................. IV
Gedicht: „Dem Jubilar“ .............................................................................................................................. VI
Programm des Festkolloquiums am Freitag, 14. November 1997............................................................... V
Grußwort von Dr. Hubert Schmid ................................................................................................................ 1
Grußwort von Prof. Dr. Oskar Nuyken......................................................................................................... 3
W. Eppensteiner: Laudatio auf Herrn Prof. Dr. Georg Spaun ...................................................................... 4
Curriculum Vitae von Prof. Spaun................................................................................................................ 7
Ausgewählte Publikationen von Prof. Spaun................................................................................................ 8
Beiträge
J. Rybár, J. Heiland & E. Fecker:
Zur Standsicherheit der Hänge in der Umgebung des Kehrtunnels Weiler / Wutachtal .................. 10
A. v. Poschinger:
Zur Vorhersage von Hangbewegungen................................................................................................... 23
F. Deffner:
Massenbewegungen im Schloßalm-Gebiet westlich Bad Hofgastein ................................................... 31
K. Lokau
Die Thermen von Badgastein................................................................................................................... 46
H. Prinz:
Ist das Verformungsverhalten von tektonischen Störungszonen heute noch
ein unvorhersehbarer Risikofaktor?....................................................................................................... 54
K.A. Czurda:
Grundsätze des Deponiebaus unter besonderer Berücksichtigung der geologischen
und mineralischen Barriere ..................................................................................................................... 65
W. Dietz:
Tätigkeit im Spannungsfeld großer Projekte im Inland und Ausland
- Engelberg-Basistunnel, Lesotho, Xiaolangdi ....................................................................................... 73
M. Eder & Th. Stadlmann :
Umfahrung Schwarzach im Pongau - Schönbergtunnel:
Baugeologische Erkundung - Geotechnik – Bautechnik ....................................................................... 85
K. Thuro:
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb: Geologisch-geotechnische Grundlagen ......................................... 103
J. Kaiser:
Ungewöhnliche geologische Verhältnisse beim Bau des Sondierstollens
des Semmering-Basistunnels, Österreich.............................................................................................. 124
R.J. Plinninger
Die geologisch-ingenieurgeologischen Verhältnisse beim Vortrieb des
Meisterntunnels Bad Wildbad/Schwarzwald ....................................................................................... 138
S. Kellerbauer:
Einaxiale Druckfestigkeit, Verformungsverhalten und Gebirgsklassifizierung
von Haselgebirge und Nebengesteinen im alpinen Salzbergbau......................................................... 148
E. Tentschert:
Wörterbuch des Wasser-, Tunnel- und Stollenbaus............................................................................ 159
III
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
103
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb: Geologisch-geotechnische Grundlagen
K. Thuro*
Zusammenfassung
Die Bohrbarkeit des Gebirges wird durch unterschiedliche geologische und felsmechanische Parameter bestimmt. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Abhängigkeiten zwischen den spezifischen Materialeigenschaften von Gestein und Gebirge und den meßbaren Parametern Bohrkronenverschleiß und Bohrgeschwindigkeit aufgezeigt. Neben den konventionellen felsmechanischen Kennwerten (Druck-, Zugfestigkeit
und Elastizitätsmodul) wurde ein neues Maß für die Zähigkeit bezüglich der Bohrbarkeit von Gesteinen eingeführt: die spezifische Zerstörungsarbeit WZ. Die neue Auswertemethode ermöglicht es, den ursächlichen
Zusammenhang zwischen der Netto-Bohrgeschwindigkeit und den felsmechanischen Eigenschaften eines
Gesteins besser als bisher nachzuvollziehen. Neben den felsmechanischen Parametern bilden die Einflüsse
der geologischen Faktoren auf die Bohrbarkeit ein wesentliches Arbeitsthema.
Abstract
The drillability of a rock mass is determined by various geological and mechanical parameters. In this report
some major correlations of specific rock properties as well as geological factors with measured bit wear and
drilling velocity are shown. Apart from conventional mechanical rock properties (compressive and tensile
strength, Young's modulus) a new property for toughness/brittleness referring to drillability has been introduced: the specific destruction work WZ. This new method makes it possible to understand better the connection between drilling velocity and the main mechanical rock character. Besides, there has been a focus on the
geological influences of rock and rock mass on drillability. Knowledge of these relations and their causes is
necessary to make the choice of drilling rigs easier, to estimate the working and drilling progress and - above
all - to calculate drilling expenses.
Geologische Parameter
Gestein & Gebirge
Machinenparamter
Bohrausrüstung
felsmechanische
Eigenschaften
Zustand des
Gebirges
Bohrhammer
Schlagwerk
Bohrgeschwindigkeit
Bohrkrone
Bohrbarkeit
Bohrkronenverschleiß
Baubetrieb
Vortriebssystem & Logistik
Bedienung & Instandhaltung der Bohrausrüstung
Abb. 1:
Schaubild zum Begriff „Bohrbarkeit“ - drei Haupteinflußbereiche lassen sich unterscheiden.
1 Einführung
Bei den geotechnischen Voruntersuchungen zu großen Tunnelprojekten steht üblicherweise die Vorhersage
der Stabilität des auszubrechenden Hohlraums im Vordergrund. Probleme der Gebirgslösung, also des Ausbruchs oder der Gewinnung, fristen demgegenüber eher ein Schattendasein.
*
Dipl.-Geol. Dr. Kurosch Thuro, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Ingenieurgeologie,
ETH Hönggerberg, CH-8093 Zürich
104
K. Thuro
Unter dem Begriff der Bohrbarkeit - der nicht streng definiert ist - verbirgt sich ein komplexes Wirkungsgefüge aus Ursachen und Wirkungen. Üblicherweise wird unterschieden
zwischen dem Bohrfortschritt (Bohrgeschwindigkeit) - also einem Leistungskriterium

und dem Verschleiß - z.B. dem Verbrauch von Werkzeugstahl, meist der Bohrkronen (sog. Mei
ßelverschleiß).
Dazu können noch Erschwernisse kommen, die sich durch das Gebirge beim Bohrvorgang selbst oder erst
beim Besetzen der Bohrlöcher ergeben, z. B. in gestörtem oder quellfähigem Gebirge. Diese Erschwernisse
werden häufig bei der Diskussion der Gebirgslösung außer acht gelassen, können jedoch unter ungünstigen
Bedingungen für die Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend sein.
Es lassen sich drei Haupteinflußbereiche unterscheiden, welche die Gebirgslösung beeinflussen (Abb. 1):
Gestein und Gebirge mit ihrer Ausbildung und den geotechnischen Parametern,
Ö
die Gerätschaft bzw. die Maschinen mit denen der Ausbruch erfolgt und deren technische Daten
Ö
und der Baubetrieb mit seiner Logistik, dem Ineinandergreifen der Bauabfolgen und letztlich der
Ö
Mannschaft, die die Geräte bedient und wartet.
Die erzielbare Ausbruchsgeschwindigkeit und ebenso der Verschleiß der Geräte und Werkzeuge ist zunächst
von der verwendeten Ausrüstung abhängig: von System und Leistung des Bohrhammers und von Materialgüte und Bauform der Bohrkrone. Die Auswahl der Ausrüstung wird entscheidend von den geologischen
Gegebenheiten beeinflußt. Gestein und Gebirge - sozusagen die geologischen Faktoren - bestimmen durch
ihre spezifischen Materialeigenschaften (Mineralzusammensetzung, felsmechanische Eigenschaften, Ausbildung des Gesteins im Gebirgsgefüge) entscheidend die Bohrleistung, den Verschleiß und eventuelle Probleme beim Bohren und Besetzen der Bohrlöcher. Der dritte Faktor ist der Baubetrieb, dem bei Betrachtungen
der Bohrbarkeit oft zu wenig Beachtung zukommt. Ohne ein funktionierendes Vortriebssystem und ohne
eingespielte Mannschaft können trotz modernster und effektivster Bohrverfahren keine hohen Vortriebsleistungen erzielt werden - von unsachgemäßer oder nachlässiger Bedienung der Bohrgeräte gar nicht zu reden.
Geotechnische Einflußfaktoren bei der Gebirgslösung
Abb. 2:
Gestein
Gebirge
Gesteinszusammensetzung
Mineralbestand - Abrasivität
Verzahnungsgrad
Trennflächengefüge - Abstände, Ausbildung,
Durchtrennungsgrad
Anisotropie - Orientierung, Ausbildung
Bindemittel
Raumausfüllung - Dichte
Festigkeit - Druck~, Zug~, Scher~
Zähigkeit - elastoplastisches Verhalten
Primärspannungszustand
Verwitterung nach Art und Umfang
hydrothermale Zersetzung
Quellvermögen und weitere Besonderheiten
Schlüsselfaktoren Gestein
Schlüsselfaktoren Gebirge
äquivalenter Quarzgehalt
Porosität bzw. Trockenrohdichte
Zerstörungsarbeit
Point-Load-Index (Druckfestigkeit)
Trennflächenabstände
Orientierung der Schieferung
Verwitterungs- bzw. Zersetzungsgrad
Besonderheiten
Übersicht über die geologischen und geotechnischen Einflußfaktoren bei der Gebirgslösung.
Zur Abschätzung der Vortriebsgeschwindigkeit gehören neben dem Baubetrieb vor allem das geomechanische Gebirgsverhalten, welches die Art und den Umfang der Sicherungsmaßnahmen bestimmt. Über die Ermittlung von Nettobohrgeschwindigkeiten können Abschlagszeiten oder Vortriebsleistungen abgeschätzt
werden. Dazu sind sowohl eine Reihe von technischen Faktoren erforderlich als auch die Gesteins- und Gebirgseigenschaften (Abb. 2). Die Prognose des Verschleißes ist eine weitere Problemstellung, die im wesentlichen auf die Ermittlung der mineralogischen Zusammensetzung, den Verzahnungsgrad des Mikrogefüges,
die Art des Bindemittels und die Qualität der Kornbindung sowie der Porosität zurückgeht. Neben Verschleißindices (z.B. dem Cerchar Abrasivitäts Index CAI) ist der äquivalente Quarzanteil beispielsweise ein
wichtiger Indikator (GEHRING 1995, THURO & SPAUN 1996 a).
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
105
Die in Abb. 2 genannten Schlüsselfaktoren von Gestein und Gebirge sind gut meßbare Einflußparameter,
von denen einige im vorliegendem Beitrag besonders herausgearbeitet werden.
2 Maschinenparameter
2.1 Bohrgeräte
Beim konventionellen Bohr- und Sprengvortrieb kommen heute zum Bohren der Sprenglöcher durchwegs
gummibereifte, dieselangetriebene, elektro-hydraulische Bohrwägen verschiedener Ausführungen mit zwei
bis drei Bohrarmen und meist zusätzlich einer Hebebühne zum Einsatz. In der Abb. 3 ist ein moderner
Bohrwagen des Herstellers ATLAS-COPCO mit 2 Bohrarmen, bestückt mit je einem Bohrhammer
COP 1838ME (20 kW) und einer Arbeitsplattform zu sehen.
Abb. 3:
Bohrwagen Atlas-Copco Rocket Boomer 352S-1838 mit zwei Bohrlafetten und einer Hebebühne (aus: AtlasCopco Firmenprospekt, 1998)
Die auf den Bohrwägen eingesetzten Bohrhämmer lassen sich entsprechend ihrer Leistung in die folgenden
Kategorien einteilen (Tab. 1).
Tab. 1:
Übersicht über die wichtigsten Kategorien derzeit im Tunnelbau einsetzbarer Schlagbohrhämmer (nach Firmenunterlagen)
Kategorie
15 kW-Bohrhämmer
20 kWBohrhämmer
Schlagwerk-optimierte
20 kW-Bohrhämmer
Typenbezeichnung
COP 1238
COP 1440 series
COP 1838, 1840, 1850 series
Schlagfrequenz
40-60 Hz
60-70 Hz
60 Hz
Drehzahl
0-300 U/min
0-300 U/min
0-300 U/min
max. Drehmoment
500 Nm
500 Nm
540 Nm
2.2 Bohrverfahren
Der Ausgangspunkt für die untersuchten Größen ist das Bohrverfahren: Das hydraulische Drehschlagbohren
besitzt als Bohrverfahren im konventionellen Bohr- und Sprengvortrieb heute Standardcharakter. In Abb. 4
ist der Aufbau eines Bohrgeräts bestehend aus Bohrhammer, Einsteckende, Lafette, Bohrstange und Bohrkrone schematisch dargestellt. Das wesentliche Leistungsmerkmal für die Untersuchungen zur Bohrbarkeit
ist die Schlagenergie des verwendeten Bohrhammers. Die vier wichtigsten Parameter zu seiner Charakterisierung sind Drehzahl, Vorschub, Schlagzahl und Spüldruck.
Für Vergleiche unterschiedlicher Tunnelvortriebe müssen diese Größen weitestgehend identisch sein - d. h.
neben der Kontrolle der Einstellungen am Bohrwagen selbst muß darauf geachtet werden, daß möglichst nur
gleiche Bohrhämmer und Spülwasserdrücke miteinander verglichen werden. Zusammen mit den Parametern
Schlagfrequenz, Drehzahl, Drehmoment und Vorschub - welche auf die jeweilige Hammerleistung abgestimmt sind - bildet die Schlagleistung den maßgeblichen maschinentechnischen Faktor neben dem Bohrkronentyp.
106
K. Thuro
Abb. 4:
Abb. 5:
Schematische Illustration des hydraulischen Drehschlagbohrens. Die wichtigsten Parameter sind als Piktogramme dargestellt.
Stifttform
Eigenschaften
rund
(sphärisch)
 "nicht aggressive" Form
 geringe Bohrgeschwindigkeiten
 geringer Verschleiß
 Lösevorgang hs. schlagend
durch Kerbwirkung
Gesteine mit hohen
Druckfestigkeiten und
hoher Abrasivität
typ.: Granite, Gneise,
Amphibolite, Quarzite
(semi-)
ballistisch
 "aggressive" (Parabol-) Form
 mittlere Bohrgeschwindigkeiten
 mittlerer Verschleiß
 Lösevorgang hauptsächlich
scherend - spanend
Gesteine mit mittleren
Druckfestigkeiten und
geringer Abrasivität
typ.: kristalline Schiefer,
Sandsteine, Kalke,
verwitterte Gesteine
konisch
(ballistisch)
 "sehr aggressive" Form
 höchste Bohrgeschwindigkeiten
 höchster Verschleiß
 Lösevorgang hauptsächlich
scherend - spanend
Gesteine mit geringen
Druckfestigkeiten und
geringer Abrasivität
typ.: Tonschiefer, mürbe
Sandsteine, Phyllite
Anwendung
Formen von Hartmetallstiften in Bohrkronen und ihre Eignung in verschiedenen Gesteinen.
Muschelkalk
Quarzphyllit
[m/min]
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
[%]
2,4
2,6
100
2,4
2,2
90
2,2
2,0
80
2,0
1,8
70
6 x 45 s
7 x 45 s
8 x 45 s
8 x 45 b
Stiftbohrkronen
Abb. 6:
9 x 45 s
9 x 45 b
6 x 45 s
7 x 45 s
8 x 45 s
8 x 45 b
9 x 45 s
9 x 45 b
Stiftbohrkronen
Bohrgeschwindigkeiten in Abhängigkeit des Bohrkronentyps am Beispiel von Muschelkalk (links) und
Quarzphyllit (rechts). Zeichenerklärung: z.B. 9 x 45 b = 9-Stiftkrone, ∅ 45 mm, b - ballistisch; s - sphärisch).
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
107
2.3 Bohrkronen
Die Bohrkrone ist der Teil der Bohrausrüstung, der die Zerkleinerungsarbeit ausführt. Sie besteht aus einem
Werkzeugträger aus Werkzeugstahl, in den die eigentlichen Werkzeugeinsätze aus Hartmetall (WIDIA,
MOHS' sche Härte 9,5) eingelassen sind (Abb. 7). Die im modernen Tunnelbau üblicherweise verwendeten
Hartmetalleinsätze sind in Form von Stiften hergestellt und können runde, parabelförmige oder kegelförmige
Form aufweisen. Die Stiftform beeinflußt wesentlich die Bohrgeschwindigkeit und das Verschleißverhalten
(vgl. THURO & SPAUN 1996 a).
Abb. 7:
Variationsmöglichkeiten bei der Auslegung von Bohrkronen für das Bohren von Sprenglöchern beim konventionellen Bohr- und Sprengvortrieb im Tunnelbau (zusammengestellt von PLINNINGER (o.J.) nach verschiedenen Herstellerangaben).
Die Bohrkronen für die Sprenglöcher weisen im allgemeinen - abhängig vom Durchmesser der Sprengstoffpatronen - einen Durchmesser von 43 bis 45 mm, seltener 38 mm auf; Kronen mit 48 mm Durchmesser wer-
108
K. Thuro
den üblicherweise für SN-Ankerlöcher verwendet, kurze und daher schlanke Swellexanker erfordern einen
Durchmesser von 43 mm.
Die verschiedenen Bauformen der Bohrkronen unterscheiden sich durch Anzahl und Form der Stifte sowie
die Anzahl und Anordnung der Spüllöcher. Dabei gibt es keine für jedes Gestein gleich optimale Bohrkrone
(Abb. 5). Vielmehr muß für das jeweils zu bohrende Gestein ein Kompromiß aus Bohrkronenstandzeit und
erzielbarer Bohrgeschwindigkeit gewählt werden, wobei dem höheren Bohrfortschritt immer häufiger der
Vorzug gegeben wird.
Beispielsweise zeigten die ballistischen 9-Stiftkronen in den meisten zähen jedoch weniger festen Gesteinen
wie Phylliten, Schiefern, mürben Sandsteinen und verwitterten Gesteinen häufig den höchsten Bohrfortschritt gegenüber sphärischen 9-, 8-, 7-, oder 6-Stifttypen. Das liegt sicher an der eher schneidendscherenden Wirkungsweise der relativ spitzen Stifte (Abb. 6).
2.4 Bohrvorgang
Schlagen
Ausgehend vom Bohrverfahren soll hier - soweit es für das Verständnis notwendig ist - ganz kurz auf den
physikalischen Bohrvorgang eingegangen werden. Er liefert wichtige Hinweise für die Auswahl der Untersuchungsmethoden. Bei Studien mit Hochgeschwindigkeits-Fotografie und Auswertung von Gesteinsdünnschliffen aus dem Bereich unter den Diskenmeißeln von Tunnelbohrmaschinen wurden drei wichtige Zerstörungsmechanismen festgestellt. Diese Ergebnisse dürften weitestgehend auch auf den Zerstörungsmechanismus unterhalb einer Stiftbohrkrone übertragbar sein.
Rotation
Bohrkrone
Stift
1
Rotation
Stift
3
3
2
2
2
0
1 Zermalmungszone
Abb. 8:
2 Radialrisse
5
10 mm
3 losgelöste Gesteinssplitter
Schematische Illustration des physikalischen Bohrvorgangs beim Drehschlagbohren. Zerstörungsmechanismus unterhalb eines Bohrkronenstifts.
Im Gestein wird um den Berührungspunkt des Bohrkronenstifts ein Spannungszustand aufgebaut, bei dem
vier wichtige Zerstörungsmechanismen zu unterscheiden sind (Abb. 8):
Unter einem Kronenstift entsteht eine Zermalmungszone aus feinem Bohrstaub (Druckbean
spruchung).
Ausgehend von dieser Zermalmungszone bilden sich Radialrisse im Gestein (induzierte Spalt
zugbeanspruchung).
Ist die Spannung im Gestein hoch genug bzw. existieren genügend Risse parallel zur Bohrloch
sohle, so werden größere Splitter vom Gestein abgeschert (Scherbeanspruchung).
Zusätzlich ist diese Beanspruchung zyklisch-dynamisch.

Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
109
Durch den Bohrvorgang wird deutlich, daß neben der Druck- und Zugfestigkeit (schlagende Beanspruchung)
und der Scherfestigkeit (drehende Beanspruchung, untergeordnet dabei Zugbeanspruchung) auch die Elastizitätseigenschaften des zu bohrenden Materials eine wichtige Rolle spielen. Streng genommen durchbohrt
die Krone damit immer bereits „vorgebrochenes“ Gestein. Konkret heißt dies, daß es notwendig sein wird,
sich auch mit dem Post-failure-Bereich beim Bruchvorgang zu beschäftigen, um dem Zerstörungsmechanismus beim Bohrvorgang näher zu kommen.
Der obigen Darstellung des physikalischen Bohrvorgangs ist zunächst der Fall eines isotropen, homogenen
Gesteins zugrundegelegt. Bei inhomogenen, anisotropen Gesteinen haben die Anordnung und die Eigenschaften von Mineralkörnern oder Komponenten im Gestein und die Orientierung des Trennflächengefüges
im Gebirge d. h. die Anisotropie, einen großen Einfluß auf die Gebirgslösung (THURO & SPAUN 1996 b).
3 Bohrbarkeitsparameter
3.1 Bohrgeschwindigkeit und Verschleiß
An Untersuchungen vor Ort haben sich zwei Leitparameter als besonders aussagekräftig erwiesen:
Die (Netto-) Bohrgeschwindigkeit für den Bohrfortschritt

die Standzeit der Bohrkronen quantitativ als Lebensdauer einer Bohrkrone stellvertretend für

den Verschleiß in einem Gestein oder Gebirge
und der qualitative Verschleiß der Bohrkronen aufgrund des Verschleißtyps.

Als wichtigster Leitwert der Bohrbarkeit gilt der Bohrfortschritt in einem bestimmten Gebirge. Die Bohrgeschwindigkeit (DIN 20301) wird aus der Nettobohrzeit ermittelt, die benötigt wird, um ein Sprengloch herzustellen. Demgegenüber haben sich die Bohrzeit (Zeit, um einen Abschlag zu bohren) und die Vortriebsleistung als weniger günstig erwiesen, um die Zusammenhänge mit gesteinstechnischen Parametern nachzuweisen.
Der Bohrkronenverschleiß läßt sich quantitativ als Standzeit der Bohrkrone bis zum notwendigen Auswechseln erfassen. Die Standzeit berechnet sich aus den gebohrten Laufmetern (Spreng- und Ankerlöcher), die
durch die Anzahl der verbrauchten Bohrkronen geteilt werden. Richtiger müßte dieser Parameter nach DIN
20301 Gesteinsbohrtechnik als Gesamtstandlänge bezeichnet werden. Dieser Ausdruck hat sich jedoch im
allgemeinen Sprachgebrauch auf der Baustelle nicht durchgesetzt.
Abb. 9:
Bohrfortschritt
Bohrgeschwindigkeit =
Bohrkronenverschleiß
Standzeit =
Bohrlochtiefe
Meter
Nettobohrzeit
Minute
Gesamt-Bohrmeter
Meter
Anzahl Bohrkronen
Krone
Bestimmung von Bohrgeschwindigkeit und Bohrkronenverschleiß als Meßgrößen für die Bohrbarkeit.
Einen wichtigen Hinweis auf die Abrasivität eines Gesteins stellt die Analyse der abgenutzten Bohrkronen
dar. Der Verschleiß der Bohrkronen tritt in drei Grundformen auf, die je nach Ausbildung des Gebirges miteinander kombiniert sind:
Verschleiß der Hartmetallstifte (Höhenverschleiß)

Verschleiß des Bohrstahls (Kaliber- oder Durchmesserverschleiß)

Abbrechen von Stiften als Folge zu hoher Scherbelastung

Bei stark abrasiven und sehr harten Gesteinen, z. B. bei Quarziten, Gangquarzen, verkieselten Gesteinen,
frischen Graniten und Gneisen, kommt es durch den hohen Quarzgehalt zur verstärkten Abnutzung der
Hartmetallstifte der Bohrkrone. Die randlichen WIDIA-Einsätze werden dabei entsprechend der Form der
Bohrlochwandung bzw. Bohrlochsohle zugeschliffen .
Bei abrasiven, aber wenig harten Gesteinen, z. B. bei verwitterten Graniten oder bei Sandsteinen, wird der
Bohrstahl (Werkzeugträger) durch den Quarzgehalt weit stärker abgenutzt als die Hartmetallstifte (Werk-
110
K. Thuro
zeugeinsätze). Als Folge der Schleifwirkung des Bohrschmants nimmt der Kronendurchmesser (Kaliber)
rasch ab, was bis zum Herausfallen oder -brechen der Stifte führen kann, wenn die Bohrkrone nicht rechtzeitig ausgewechselt wird.
Kommt es des öfteren zum Festbohren oder Verklemmen der Bohrkrone an der Bohrlochsohle oder zum
Anschlagen gegen harte Komponenten, so entstehen durch diese Scherbelastung Risse im Hartmetall, die bis
zum Bruch des Einsatzes führen können. Typischerweise tritt dies aufgrund klaffender oder tonig-schluffig
gefüllter Klüfte und aufgrund besonders harter Quarzit- und Gangquarzgerölle in Konglomeraten und Fanglomeraten (mit weicher Matrix) auf.
Verschleißcharakteristik von Stiftbohrkronen
1
Normaler Verschleiß
Verschleiß der Hartmetallstifte - Abstumpfung
2
Kaliberverschleiß
+ Sonderformen
2 a) Verschleiß des Trägermaterials (v.a. Schaft)
2 b) trompetenartige Erweiterung der Spüllöcher
2 c) Verlust der Mittelstifte (Trompetenbildung)
3
Sprödbruch
Bruch von Stiften aufgrund hoher Scherbelastung
4
Totalausbruch
Herausreißen von Stiften aus dem Trägermaterial
5
Totalverschleiß
Abnutzung der Bohrkrone bis zur Basis der Stifte
6
Kronenschaftbruch
Bruch des Schafts unterhalb des Stiftbereichs
Abb. 10: Verschleißcharakteristik von Bohrkronen - 6 Verschleißklassen können unterschieden werden.
kristalline Schiefer
und Gneise
(4) Totalausbruch
Kalk- & Mergelsteine
36%
(2) Kaliberverschleiß
(3) Sprödbruch
46%
24%
27%
24%
10%
(5) Totalverschleiß
8%
4%
(3) Sprödbruch
(6) Schaftbruch
(2) Kaliberverschleiß (1%)
(1) Normalverschleiß
Sandsteine
mit hoher Festigkeit
12%
(4) Totalausbruch
(5) Totalverschleiß
(1) Normalverschleiß
(6) Schaftbruch (2%)
Sandsteine
mit geringer Festigkeit
(2) Kaliberverschleiß
6%
(3) Sprödbruch
(2) Kaliberverschleiß
(4) Totalausbruch
23%
12%
(3) Sprödbruch
7%
37%
16%
38%
33%
9%
(4) Totalausbruch
13%
(5) Totalverschleiß
9%
(5) Totalverschleiß
(1) Normalverschleiß
(6) Schaftbruch (1%)
(6) Schaftbruch (2%)
(1) Normalverschleiß
Abb. 11: Qualitativer Verschleiß von Bohrkronen: Charakteristische Verschleißformen in vier beispielhaften Gesteinsgruppen.
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
111
Dieser Verschleiß kann auch „selbst“ verursacht werden. Wird die bereits eingebaute Sicherung durchbohrt
(Spritzbeton mit Baustahlmatten, Entlang/Vorbeibohren an Stahlbögen) oder werden Anker mit der Bohrlafette eingeschoben, so kann dies zur gleichen Verschleißform der Bohrkrone (Stiftbruch) führen.
Eine Folge von Kaliberverschleiß oder Stiftbruch kann der Totalverschleiß sein: Ist die Krone bereits stark
abgenutzt, so reißt das herausgebrochene Hartmetallstück, das nicht zermahlen und mit dem Bohrschmant
herausgefördert werden kann, durch die Rotation noch weitere Stifte aus dem Werkzeugträger. Das Ergebnis
ist die sehr rasche und vollständige Zerstörung der Bohrkrone. Da der Bohrfortschritt fast schlagartig auf
Null absinkt, muß die restliche Energie des Anpreßdrucks von Einsteckende und Bohrstange absorbiert werden, die ein solches Ereignis oft nicht ohne Bruch überstehen (Bruchkatastrophe).
Diese Grundtypen lassen sich noch weiter spezifizieren und in insgesamt 6 Verschleißklassen unterteilen
(Abb. 10). Um den Schadensursachen bzw. qualitativen Zusammenhängen zwischen Verschleiß und Gestein
auf den Grund zu gehen, werden in der Regel die ausgewechselten Bohrkronen (jeweils etwa 100 Stück)
gemäß ihrer Verschleißform nach den Kriterien der Abb. 10 klassiert und der prozentuale Anteil jeder Klasse
für die untersuchten Gesteine ermittelt. Als Beispiel für eine Interpretation der charakteristischen Verschleißformen unterschiedlicher Gesteine wurden in Abb. 11 vier Gesteinsgruppen in Form von Tortendiagrammen
zusammengestellt:
Bei Kalk- & Mergelsteinen dominieren Totalausbrüche von Hartmetallstiften aus der Bohrkrone zusammen
mit Totalverschleiß (als Folge von Totalausbruch) und Sprödbrüchen von Stiften gegenüber Normalverschleiß, Kaliberverschleiß und Schaftbrüchen. Dies kommt hauptsächlich daher, weil durch den geringen
äquivalenten Quarzanteil die Bohrkronen fast nicht abgenutzt werden, sondern vor ihrer möglichen Lebensdauer durch Gewaltschäden zerstört werden. Diese Gewaltschäden werden meist durch das Bohren in die
bereits bestehende Sicherung entlang von Stahlbögen und durch Baustahlmatten hindurch verursacht sowie
durch das Einschieben von Ankern mit der Bohrlafette. Ein Beispiel hierfür sind Kalkmergel, die mit ca.
4
ht
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wi
ht
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sehr gering
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sehr hoch
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r
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mittel
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lic
ir k
er w
ht
gering
Bohrhammer COP 1440 - 20 kW
Bohrgeschwindigkeit
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
5
r
ve
mittel
hoch
sehr hoch
extrem hoch
Verschleiß
sehr gering
0
0
500
1000
1500
2000
2500
Standzeit [m/Krone]
Sandsteine
Konglomerate
& Fanglomerate
Kalk- & Mergelsteine
A - Anhydrit
Phyllite & Gneise
Marmore
Quarzite
Amphibolite
Glimmerschiefer
Abb. 12: Klassifikationsdiagramm einiger Gesteine für den 20 kW-Bohrhammer COP 1440. Ergebnisse aus 10 Tunnelprojekten.
112
K. Thuro
20% äquivalentem Quarzanteil nur eine durchschnittliche Standzeit von ca. 1000 m pro Krone aufweisen.
Bei kristallinen Schiefern und Gneisen dominiert der Kaliberverschleiß gegenüber Normalausbruch, Sprödbruch, Totalausbruch und Totalverschleiß. Bei den Sandsteinen wurde in vorliegendem Beispiel zwischen
Sandsteinen mit hoher und solchen mit niedriger Festigkeit unterschieden. Während die harten Sandsteine
einen charakteristisch hohen Normalverschleiß (bei niedrigen Standzeiten) erzeugen, tritt bei den mürben
Sandsteinen eher der Kaliberverschleiß (bei hohen Standzeiten) auf. Der große Anteil von Totalverschleiß ist
auf ein tendenziell zu spätes Auswechseln der Bohrkronen zurückzuführen.
3.2 Klassifikation der Bohrbarkeit
Oftmals stellt sich in der Baupraxis die Frage, welche Bohrgeschwindigkeiten oder Bohrkronenstandzeiten
auf eine erschwerte Bohrbarkeit hindeuten. Dazu kann das hier vorgestellte Klassifikationsdiagramm (THURO 1996) verwendet werden. Die ermittelten Wertepaare von Bohrgeschwindigkeit und Bohrkronenstandzeit
können in das Diagramm (Abb. 12) eingetragen werden. Das Diagramm zeigt als Referenzwerte verschiedene Gesteinstypen (d.h. im allgemeinen das zugehörige Gebirge mit seiner speziellen Ausbildung), die in verschiedenen Tunnelprojekten mit einem 20 kW-Bohrhammer durchörtert worden sind.
Die beiden linearen Einteilungen von Verschleiß und Bohrgeschwindigkeit spannen eine Matrix auf, die alle
Kombinationen der beiden Größen erlaubt. Deshalb wurden die Felder in den Abbildungen derart verlängert,
daß beispielsweise auch sehr hohe Bohrgeschwindigkeiten und ein mittlerer Verschleiß bzw. mittlere Bohrgeschwindigkeiten und geringer Verschleiß ebenfalls als normal bohrbar bezeichnet werden.
Die zusätzlich eingezeichnete Korrelationskurve gibt einen Trend der verknüpften Parameter an: Er besagt,
daß in der Regel hoher Verschleiß auch mit einer geringen Bohrgeschwindigkeit verbunden ist, niedriger
Verschleiß mit hoher Bohrgeschwindigkeit. Diese Regel wird dabei überwiegend von Kalken durchbrochen,
die durch ihren geringen bis sehr geringen Verschleiß und ebenfalls durch ihre mittleren bis geringen Bohrgeschwindigkeiten auffallen. Obwohl es Tendenzen für schwer bohrbare Gesteine gibt, kann keine der abgebildeten Gesteinsgruppen pauschal als schwer oder leicht bohrbar bezeichnet werden. Vielmehr liegt dies in
den geotechnischen Eigenschaften der Gesteine begründet.
4 Geotechnische Einflußgrößen
Die Zusammenhänge zwischen wichtigen felsmechanischen Parametern und der Bohrgeschwindigkeit bzw.
dem Bohrkronenverschleiß sind ausführlich in THURO (1996) bearbeitet worden. Hier soll ein kurzer Überblick über die wesentlichen Kenngrößen genügen.
Die wichtigsten petrographischen bzw. felsmechanischen Parameter sind:
‰Der äquivalente Quarzanteil erwies sich als hochsignifikanter Parameter bezüglich der Standzeit
der Bohrkronen.
‰Die spezifische Zerstörungsarbeit erwies sich als hochsignifikanter Parameter bezüglich der
Bohrgeschwindigkeit. Dabei müssen die Leistungsdaten der verwendeten Bohrhämmer berücksichtigt werden.
‰Die einaxiale Druckfestigkeit erwies sich als signifikanter Parameter bezüglich der Bohrgeschwindigkeit. Dabei müssen ebenfalls die Leistungsdaten der verwendeten Bohrhämmer berücksichtigt werden.
Zu den wichtigsten geologischen Einflußgrößen zählen:
‰der Durchtrennungsgrad, der in Form der Kluftabstände berücksichtigt werden kann
‰die Anisotropie als Orientierung der Schieferung bezüglich der Bohr- oder Belastungsrichtung
‰die Inhomogenität des Gebirges - z.B. der Wechsel zwischen festen und weichen Lagen bzw.
harten Komponenten in weicher Matrix oder umgekehrt,
‰der Verzahnungsgrad im Mikrogefüge, der im Dünnschliff beschrieben werden kann
‰die Porosität und Qualität des Bindemittels in Sandsteinen
‰die Verwitterung und die hydrothermale Zersetzung, welche analoge Auswirkungen wie die
Verwitterung auf das Gebirge hat
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
113
4.1 Bohrgeschwindigkeit
Neben den konventionellen felsmechanischen Kennwerten einaxiale Druckfestigkeit, Elastizitätsmodul und
Spaltzugfestigkeit wurde ein neuer Kennwert eingeführt: die spezifische Zerstörungsarbeit Wz. Die Zerstörungsarbeit stellt ein neues Maß für die Zähigkeit bezüglich der Bohrbarkeit von Gesteinen dar. Anders als
das Verhältnis von Druck- zu Zugfestigkeit ergibt die Zerstörungsarbeit einen mechanischen Parameter für
die Arbeit, die aufgewendet werden muß, um einen Prüfkörper vollständig zu zerstören (Abb. 13).
sprödes
σ
zähes Bruchverhalten
einaxiale Druckspannung σ
Pre-failure-Bereich
Post-failure-Bereich
Hüllkurve
Einaxialer
Druckversuch
Zerstörungsarbeit
Wz= σ d ε
εmax
ε
Längsdehnung ε
εmax
Abb. 13: Spannungs-Verformungs-Kurven eines spröden und eines zähen Prüfkörpers. Eingezeichnet sind die Belastungszyklen, die Hüllkurve über die Bruchscheitel und das Kurvenintegral über die grau unterlegten Flächen.
Während der Verformungs- oder Elastizitätsmodul die Steigung des lineraren Kurvenabschnitts im Spannungs-Verformungsdiagramm beim einaxialen Druckversuch angibt, berechnet sich die Zerstörungsarbeit
aus der zugehörigen Fläche unter der Arbeitslinie. Als Produkt von Druckfestigkeit und Längenänderung
stellt sie gewissermaßen die Formänderungsarbeit bis über den Post-failure-Bereich dar. Die maximale
Längsdehnung εmax ist dabei diejenige maximale Längsdehnung des Prüfkörpers, die noch bei einem Bruch,
also bei Entstehung einer freien Oberfläche, entstand. Die Restfestigkeit eines mehr oder weniger zerbrochenen Materials, welches nur noch über Reibung mit einem Druckanstieg reagiert, soll damit von der Bestimmung der Zerstörungsarbeit ausgeschlossen werden.
Die Zerstörungsarbeit hat sich in der Praxis als der wichtigste Parameter zur Untersuchung der Bohrgeschwindigkeit herausgestellt. In Abb. 14 ist deshalb die Bohrgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Zerstörungsarbeit aufgetragen. Der hohe Wert des Bestimmtheitsmaßes (R²=85%) belegt die hohe Güte der Korrelation. Der am häufigsten verwendete Parameter zur Korrelation mit der Bohrgeschwindigkeit stellt jedoch
nach wie vor die einaxiale Druckfestigkeit dar. Die einaxiale Druckfestigkeit hat den Vorteil, daß sie auch
über indirekte Versuche, insbesondere den Point-Load-Test, ermittelt werden kann. Die deutlichen Ausreißer
in Abb. 15 zeigen an, daß die Druckfestigkeit alleine nicht geeignet ist, die Bohrgeschwindigkeit vorherzusagen. Der Zusammenhang ist wesentlich weniger signifikant als beim Diagramm der Zerstörungsarbeit. Die
Möglichkeit einer Prognose wird in THURO 1997 weiter ausgeführt.
In den Diagrammen der Abb. 16 ist die Bohrgeschwindigkeit gegen einige weitere felsmechanische Parameter für den 20 kW-Bohrhammer COP 1440 aufgetragen. Dabei zeigt nur die Spaltzugfestigkeit eine mäßige
Signifikanz der Korrelation. Sowohl das Verhältnis der Druck- zur Zugfestigkeit - in der Literatur oft als
„Zähigkeit“ bezeichnet - als auch der Elastizitätsmodul zeigen schlechte Werte für das Bestimmtheitsmaß
und damit keine Signifikanz des Zusammenhangs. Demgegenüber zeigt die Trockenrohdichte der Gesteine
sogar noch eine bessere Korrelation.
114
K. Thuro
Bohrgeschwindigkeit
5
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
COP 1440 - 20 kW
sehr hoch
Anzahl der Werte: n=64
Kurvengleichung:
4
hoch
3
y=a+b·ln x
a = 6,08 b = -0,72
Standardabweichung:
mittel
yσ(n-1) = 0,33 m/min
Korrelationskoeffizient:
gering
R=0,922
2
Bestimmtheitsmaß:
1
20
0
0
sehr gering
3 00
70
100
200
300
400
R2=85%
(p < 0,001%)
500
Zerstörungsarbeit Wz [kJ/m3]
Abb. 14: Bohrgeschwindigkeit, aufgetragen gegen die Zerstörungsarbeit. 20 kW-Bohrhammer COP 1440 mit Klassifizierung der Bohrgeschwindigkeiten und statistischen Maßzahlen.
Bohrgeschwindigkeit
5
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
COP 1440 - 20 kW
sehr hoch
Anzahl der Werte: n=24
Kurvengleichung:
4
hoch
3
y=a+b·ln x
a=5,42 b= -0,70
Standardabweichung:
mittel
yσ(n-1) = 0,50 m/min
Korrelationskoeffizient:
gering
R=0,804
2
Bestimmtheitsmaß:
1
10
0
0
30
20
40
135
60
80
100
120
sehr gering
R2=63%
(p = 0,002%)
140
einaxiale Druckfestigkeit UCS [MPa]
Abb. 15: Bohrgeschwindigkeit, aufgetragen gegen die einaxiale Druckfestigkeit. 20 kW-Bohrhammer COP 1440 mit
Klassifizierung der Bohrgeschwindigkeiten und statistischen Maßzahlen.
4.2 Bohrkronenverschleiß
Die Standzeit der Bohrkronen wird am stärksten durch den äquivalenten Quarzanteil bestimmt. Im Gegensatz zum Quarzgehalt stellt er die Gesamtheit aller Minerale, bezogen auf die Schleiffestigkeit von Quarz,
dar. Diese Berechnungsmethode wird von Bohrstahlherstellern und Ingenieurbüros gleichermaßen verwendet.
Die Abrasivität eines Gesteins wird durch den gesamten Mineralbestand, seine Struktur und Textur bestimmt. Nach verschiedenen Autoren (z.B. SCHIMAZEK & KNATZ 1970, 1976, GUNSALLUS & KULLHAWY
1984) steigt die Abrasivität mit dem Anteil an schleißscharfen Mineralen, vornehmlich Quarz. Obwohl
Quarz mit seiner MOHS´schen Härte von 7 und seiner weiten Verbreitung in Gesteinen als das am stärksten
abrasiv wirkende Mineral gegenüber Bohrwerkzeugen gilt, sind auch alle anderen Minerale als verschleißrelevant anzusehen, die eine MOHS´sche Härte größer ist als diejenige von Werkzeugstahl (ca. MOHS 5,5) besitzen. Darüberhinaus dürfen jedoch auch Minerale mit geringerer Härte aufgrund ihrer Schleifwirkung nicht
völlig außer acht gelassen werden.
Deshalb wird die Berechnung eines äquivalenten Quarzanteils durchgeführt: die Gesamtheit der den Verschleiß bestimmenden Minerale als Summe ihrer Prozentanteile mal ihrer Schleiffestigkeit bezogen auf
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
5
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
5
4
3
2
1
y=a+b·ln x
yσ(n-1)= 0,50 m/min
R2=63%
n=24
0
4
3
2
1
y=a+b·ln x
yσ(n-1)= 0,82 m/min
n=24
R2=2,5%
0
0
2
4
6
8
10
12
0
2
4
Spaltzugfestigkeit SPZ [MPa]
6
8
10
12
14
16
18
20
"Zähigkeit" Z=UCS/SPZ [ - ]
5
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
5
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
115
4
3
2
1
y=a+b·ln x
yσ(n-1)= 0,72 m/min
n=23
4
3
2
1
y=a+b·x
R2=26%
yσ(n-1)= 0,68 m/min
n=24
R2=33%
0
0
0
10
20
30
40
50
2,0
60
2,2
2,4
2,6
2,8
3,0
Trockenrohdichte D [g/m3]
Elastizitätsmodul [GPa]
Abb. 16: Bohrgeschwindigkeit (mit dem 20 kW-Bohrhammer COP 1440), aufgetragen gegen die Spaltzugfestigkeit,
das Verhältnis von Druck zur Zugfestigkeit („Zähigkeit“), das Elastizitätsmodul und die Trockenrohdichte.
Zusätzlich angegeben sind einige statistische Parameter (yσ(n-1) = Standardabweichung, n = Anzahl der Werte, R² = Bestimmtheitsmaß).
Quarz. Diese Berechnungsmethode wird von den großen Bohrstahlherstellern1 und Planern2 bzw. Ingenieurbüros3 verwendet und auch von SCHIMAZEK & KNATZ (1970) vorgeschlagen. Dabei bestimmen maßgeblich
Minerale ab einer MOHS´schen Härte von 5,5 (≈Stahl) den Verschleiß. Die Bestimmung des äquivalenten
Quarzanteils erfolgt über die Schleifhärte nach Rosiwal nach folgender Formel:
n
ä Qu = ∑ Ai ⋅ Ri
i =1
mit
Ai - Anteil der Mineralart i (nach Modalanalyse)
Ri - Schleifhärte der Mineralart i nach ROSIWAL in Prozent von Quarz
n - Anzahl aller Minerale
Bei der Bestimmung der Schleiffestigkeit (hier gleichgesetzt mit der Schleifhärte) der Minerale bezieht man
sich dabei auf die Arbeiten von ROSIWAL (1896, 1916). Den Zusammenhang zwischen Ritzhärte nach MOHS
und Schleifhärte nach ROSIWAL gibt Abb. 17 wieder. Mit dem Diagramm lassen sich auch von solchen Mineralen die Schleifhärten abschätzen, die nicht durch Rosiwal im Versuch bestimmt worden sind.
Die Streuung kommt zum einen durch die Mischkristallbildung einzelner Mineralfamilien, durch die unterschiedliche Härte entlang einzelner Spaltflächen (Kristallanisotropie) sowie durch Unterschiede in der Verwitterungs- oder Zersetzungsresistenz der Minerale zustande.
Der Bezug auf ein technisches Härteprüfverfahren (z. B. Vickers-Härte) wäre zwar grundsätzlich möglich, da
auch hier ein guter Zusammenhang besteht. Allerdings existieren bei keinem der gängigen technischen Ver-
1
z. B. Atlas Copco MCT AB; Sandvic Coromant
z. B. TIWAG - Tiroler Wasserkraftwerke AG, frdl. Mittl. von Dr. TENTSCHERT
3
z. B. Büro für Baugeologie Dr. JACOBS, frdl. Mittl. von Dr. JACOBS; GEOTEST, frdl. Mittl. von Dr. BÜCHI
2
116
K. Thuro
fahren (Vickers, Brinell, Rockwell) Mineralhärte-Bestimmungen in ausreichendem Maße, da es sich bei ihnen hauptsächlich um Stahlprüfverfahren handelt. Lediglich die Vickers-Härte ist beim Testen von Kohle
weit verbreitet.
9
Ritzhärte nach Mohs
8
Quarz
7
6
5
4
3
2
1
y = 2.12 + 1.05·ln x yσ(n-1)= ½
n=24 R2=95%
0
1
10
100
Schleifhärte nach Rosiwal
1000
Abb. 17: Schleifhärte nach ROSIWAL (Mittelwerte), aufgetragen gegen Ritzhärte nach MOHS in einem halblogarithmischen Diagramm. Eingezeichnet ist eine logarithmische Regressionskurve (erscheint als Gerade) mit statistischen Maßzahlen.
Einzelkurven aller Gesteine
Verschleiß
2500
Porosität in
Sandsteinen
Standzeit [m/Krone]
2000
gering
hydrothermale
Zersetzung
1500
sehr
gering
mittel
1000
hoch
Hauptast
500
sehr hoch
extrem h.
0
0
20
40
60
äquivalenter Quarzanteil [%]
Sandsteine
Konglomerate &
Fanglomerate
Kalk- & Mergelsteine
80
Phyllite & Gneise
Marmore
hydrothermal zersetzte
Granite & Gneise
100
Quarzite
Amphibolite
Glimmerschiefer
Abb. 18: Standzeit der Bohrkronen, aufgetragen gegen den äquivalenten Quarzanteil. Die Werte sind in Gesteinsgruppen zusammengefaßt und in Einzelkurven gezeichnet Werte aus 10 Tunnelprojekten.
Im Diagramm der Abb. 18 sind Bohrkronenstandzeit und äquivalenter Quarzanteil von verschiedensten untersuchten Homogenbereiche (Gesteine bzw. Gebirge) gegeneinander aufgetragen. Dabei wird deutlich, daß
sich das Diagramm genau betrachtet aus drei Zweigen zusammensetzt, die getrennt diskutiert werden müssen:
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
117
einem Hauptast, der aus den Werten von Kalken, Konglomeraten, Fanglomeraten, Phylliten und

Gneisen besteht,
einem dem Hauptast ± parallelen Nebenast, der aus den Werten von hydrothermal zersetzten

Gesteinen gebildet wird und
einem steil stehenden Nebenast, der die Werte von Sandsteinen repräsentiert.

Im Diagramm der Abb. 19 wurde der äquivalente Quarzanteil als Grundlage für die Klassifizierung der Gesteine des „Hauptastes“ verwendet. Die Grenzen der Klassen sind als Werte gerundet an der x-Achse angegeben. Durch die breite Streuung - die Standardabweichung wurde gestrichelt eingezeichnet - sind die Bereichsgrenzen notgedrungen unscharf. Zu den Gesteinen des Hauptastes gehören Gesteine mit mineralischer
Kornbindung wie beispielsweise Kalke, Mergel, Fanglomerate und Konglomerate, Phyllite, Schiefer und
Gneise. Bei angegriffener Kornbindung z. B. durch Verwitterung oder hydrothermale Zersetzung, wandern
die Bereichsgrenzen etwas in Richtung der höheren Standzeiten. Mit der Einstufung nach dem Hauptast ist
man jedoch auf der „sicheren Seite“. Das Diagramm der Sandsteine (Abb. 20) zeigt, daß die Gefügefestigkeit
- und damit bei Sandsteinen hauptsächlich die Porosität - der maßgebliche Parameter für die Standzeit darstellt. Prinzipiell erlauben diese Diagramme auch eine Prognose, die den bisher ermittelten Wertebereichnicht überschreiten sollte (THURO 1997).
2500
Hauptast
Verschleiß
sehr gering
Kurvengleichung:
2000
Standzeit [m/Krone]
Anzahl der Werte: n=22
y=a+b·ln x
gering
1500
mittel
1000
hoch
a=3131 b= -624
Standardabweichung:
yσ(n-1) = 144 m/Krone
Korrelationskoeffizient:
R=0,976
Bestimmtheitsmaß:
500
sehr hoch
5% 15%
0
0
30%
20
70%
40
60
R2=95%
(p < 0,001%)
extrem hoch
80
100
äquivalenter Quarzanteil [%]
Abb. 19: Einteilung des Verschleißes (Bohrkronenstandzeit) nach dem äquivalenten Quarzanteil für die Gesteine des
„Hauptastes“ (Gesteine mit Korn-Korn-Bindung) mit statistischen Maßzahlen.
2500
Sandsteine
Verschleiß
toniges
Bindemittel
sehr gering
Standzeit [m/Krone]
2000
Kurvengleichung:
ste
P o ig e n
ros d e
i tä
t
1500
y=a+b·ln x
gering
m ittel
1000
hoch
silikatisches
Bindemittel
500
0
30
40%
50%
40
50
60%
60
75%
70
80
Anzahl der W erte: n=8
a=11030 b= -2334
Standardabweichung:
y σ (n-1) = 233 m/Krone
Korrelationskoeffizient:
R=0,924
Bestimmtheitsm aß:
sehr hoch
90%
90
R 2 =83%
(p = 0,15%)
extrem hoch
100
äquivalenter Quarzanteil [%]
Abb. 20: Einteilung des Verschleißes (Bohrkronenstandzeit) nach dem äquivalenten Quarzanteil für Sandsteine (Gesteine mit Bindemittel) mit statistischen Maßzahlen.
118
K. Thuro
5 Geologische Einflußfaktoren
Geologische Faktoren üben großen Einfluß auf die Bohrgeschwindigkeit aus. Zu den wichtigsten Einflüssen
gehören
die Klüftigkeit bzw. der Durchtrennungsgrad des Gebirges,

die Anisotropie des Gebirges - z.B. die Lage der Schieferung und Schichtung zur Bohrrichtung

und
die Inhomogenität des Gebirges - z.B. der Wechsel zwischen festen und weichen Lagen bzw.

harten Komponenten in weicher Matrix oder umgekehrt,
die Porosität und Qualität des Bindemittels in Sandsteinen

Veränderungen im Gebirge, wie Verwitterung, hydrothermale Zersetzung oder Verkieselung.

Im Folgenden können aufgrund der gebotenen Kürze nur die Klüftigkeit und die Anisotropie behandelt werden (vgl. THURO 1996).
5.1 Klüftigkeit - Einfluß des Durchtrennungsgrades
Als Indiz für den räumlichen Durchtrennungsgrad wurde in der Abb. 21 der mittlere Kluftabstand zum Vergleich mit der Bohrgeschwindigkeit verwendet. Als Beispiel dient ein sehr homogen ausgebildeter Muschelkalk. Das Diagramm zeigt, daß die Bohrgeschwindigkeiten im Bereich zwischen mittel- und sehr weitständigen Kluftabständen in etwa konstant sind. Der Einfluß wird erst bei engständiger Klüftung überhaupt spürbar
und ab dichtständiger Klüftung deutlich; in Störungszonen konnten sich die Bohrgeschwindigkeiten sogar
verdoppeln. Charakteristisch ist die Zunahme der Streuung mit enger werdenden Kluftabständen. Die Ursache ist sicher darin zu suchen, daß die Einschätzung der Kluftabstände an der gerade aktuellen Ortsbrust vorgenommen wurde, die Verteilung der Kluftscharen vor der Ortsbrust jedoch nicht zu sehen ist.
[%]
5
180
4
sehr
hoch
160
Kluftabstände groß
gegen die Dimension
des Bohrlochs
140
3
hoch
120
Zufallen von
Bohrlöchern
die Regel
100
2
80
63 cm
200 cm
mittel
gering
sehr weit
20 cm
weit
6,3 cm
mittel
2 cm
eng
sehr dicht
Störung
0,6 cm
dicht
Bohrgeschwindigkeit [m/min]
200
Kluftabstände
Abb. 21: Bohrgeschwindigkeit, aufgetragen gegen den Kluftabstand von Mittlerem Muschelkalk.
Als Ergebnis ist zu erkennen, daß ein Einfluß des Durchtrennungsgrades erst deutlich wird, wenn die Kluftabstände in die Dimension des Bohrlochdurchmessers rücken (∅ 45 mm, dichtständige Klüftung). Der weitaus größte Einfluß ist in Störungsnähe zu verzeichnen. Ungewöhnlich hohe Bohrgeschwindigkeiten weisen
zum Beispiel in einem Gestein auch auf einen hohen Durchtrennungsgrad beziehungsweise eine Störungszone hin. Ist der Durchtrennungsgrad zu groß, kommt es oft zum Verklemmen der Bohrstange im instabil gewordenen Bohrloch. Dieser Effekt ist jedoch üblicherweise dem der Geschwindigkeitszunahme quantitativ
unterlegen. Allerdings kann es in gestörtem Gebirge immer wieder vorkommen, daß die Sprenglöcher bis
zum Besetzen bereits zufallen, so daß sie nachgebohrt werden müssen. Diese unangenehme Störung des Betriebsablaufs macht den Zeitgewinn durch die Beschleunigung des Bohrvorgangs wieder zunichte. Hohe
Bohrgeschwindigkeiten sind daher eher als Warnsignal vor Störungszonen und den damit üblicherweise verbundenen Stabilitätsproblemen im ausgebrochenen Hohlraum zu werten.
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
119
5.2 Anisotropie - Einfluß der Schieferung
Der Einfluß der Anisotropie auf die Bohrgeschwindigkeit ist am deutlichsten in geschieferten Gesteinen zu
erkennen. Im nachfolgenden Beispiel wird die Winkelabhängigkeit von der Orientierung der Schieferung an
den Gesteinen des Innsbrucker Quarzphyllits vorgestellt (Inntaltunnel, THURO & SPAUN 1996 b). Die Winkelabhängigkeit von einaxialer Druckfestigkeit und spezifischer Zerstörungsarbeit wird in der Regel mit Hilfe von orientiert gewonnenen Zylinderproben im einaxialen Druckversuch ermittelt. Um die Spaltzugfestigkeit in Abhängigkeit von der Orientierung der Schieferung zu erhalten, mußte die Schieferung zwischen den
Grenzfällen „parallel“ und „rechtwinklig“ durchrotiert werden. Die Werte zwischen diesen Grenzfällen sind
als Scherfestigkeiten entlang einer erzwungenen Scherfläche zu werten. Allerdings entspricht diese Versuchsanordnung am ehesten der Beanspruchung an der Bohrlochsohle beim Bohrvorgang. In den Diagrammen wurden die Kurven für einen Quarzphyllit mit ebenen, glatten Schieferungsflächen (hochgradige Anisotropie; durchgehende Linie) und für einen Quarzphyllit mit welligen Schieferungsflächen (starke Anisotropie; gestrichelte Linie) dargestellt.
Das linke Diagramm in Abb. 22 zeigt die Abhängigkeit der einaxialen Druckfestigkeit von der Orientierung
der Schieferung. Die Kurve weist ein typisches Minimum bei ca. 60° auf, das mit der fehlenden seitlichen
Einspannung des Prüfkörpers begründet werden kann: Die geringste Druckfestigkeit wird in den Versuchen
immer dann ermittelt, wenn die Schieferung in etwa diagonal zu den Stirnflächen durch den Prüfkörper verläuft. Die höchsten Druckfestigkeiten treten immer senkrecht zur Schieferung auf, parallel werden dagegen
nur etwa 80-90% erreicht. Bei Prüfkörpern im parallelen Lastfall können während des Versuchs typische
Trennbrüche parallel zur Schieferung beobachtet werden. Die Zugkräfte, welche im Prüfkörper rechtwinklig
zur Belastungsrichtung auftreten, könnten so der Grund für das (vorzeitige) Versagen und die etwas niedrigeren Druckfestigkeiten sein.
Im Diagramm der spezifischen Zerstörungsarbeit ist eine ganz ähnliche Kurvenform zu sehen (Abb. 22,
rechts). Das Minimum tritt ebenfalls bei etwa 60° auf, allerdings werden die höchsten Werte der Zerstörungsarbeit durchwegs parallel zur Schieferung gemessen. Dies stimmt mit der Beobachtung bei der Versuchsdurchführung überein: Beim parallelen Lastfall werden die höchsten Verformungen und das ausgeprägteste Post-failure-Verhalten gemessen.
Im linken Diagramm der Abb. 23 ist die Spaltzugfestigkeit (bzw. Scherfestigkeit) gegen den Winkel der Einfallsrichtung der Schieferung aufgetragen. Dabei wird eine stetige Abnahme der Zugfestigkeit (bzw. Scherfestigkeit) deutlich. Die geringsten Festigkeiten treten erwartungsgemäß rechtwinklig zur Schieferung (90°)
auf. Die Bohrgeschwindigkeit zeigt im rechten Diagramm der Abb. 23 ein analoges Verhalten zur Spaltzugfestigkeit: Die hohen Bohrgeschwindigkeiten korrespondieren mit niedrigen Spaltzugfestigkeiten bei Beanspruchung rechtwinklig zur Schieferung (niedrige Zugfestigkeiten bei 90°), die niedrigen Bohrgeschwindigkeiten mit den hohen Spaltzugfestigkeiten parallel zu ihr (hohe Zugfestigkeiten bei 0°).
Ist die Schieferung also rechtwinklig zur Bohrrichtung orientiert, so ist der Scherwiderstand gering - gleichbedeutend mit einer geringen Zugfestigkeit rechtwinklig zur Schieferung - und die Bohrgeschwindigkeit
hoch. Liegt dagegen die Arbeitsrichtung parallel zur Schieferung, so ist der Scherwiderstand und damit die
Zugfestigkeit gleichermaßen hoch, die Bohrgeschwindigkeit deutlich geringer (bis zu 40%).
Im Gegensatz zum Spaltzugversuch (oder Scherversuch) ist der einaxiale Druckversuch - mangels seitlicher
Einspannung des Prüfkörpers - offensichtlich nicht in der Lage, den Bohrvorgang an der Bohrlochsohle zu
simulieren. Es wird deshalb eine Überlagerung der beiden Zerstörungsmechanismen an der Bohrlochsohle
vermutet, die sich bei unterschiedlicher Lage der Schieferung unterschiedlich stark auf die Lösbarkeit auswirkt. In der Folge kann dieses Phänomen möglicherweise auf ein geometrisches Problem zurückgeführt
werden.
Die schlagende Beanspruchung erzeugt Mikrorisse im Gestein. Da parallel zur Schieferung die geringsten
‰
Festigkeiten auftreten, sind die Mikrorisse entlang der Schieferungsflächen sicher länger ausgebildet als
senkrecht zu ihnen. Die Lagen senkrecht zur Schieferung werden deshalb wahrscheinlich nur von kurzen
Mikrorissen durchtrennt.
Bei der scherenden Beanspruchung werden die bereits latent angelegten Splitter weggedrückt. Im Falle
‰
der Orientierung der Schieferung rechtwinklig zur Bohrachse können große, längliche Splitter abgeschert
werden. Senkrecht zur Schieferung ist ein Abscheren von langen Splittern nicht möglich, da die Mikrorisse zu kurz sind. In der Folge müssen eher gedrungene Splitter abgelöst werden, die in der Summe eine
größere Bohrarbeit verlangen.
120
K. Thuro
Mit steigendem Winkel zwischen diesen beiden Grenzfällen rechtwinklig bzw. parallel 0 < β < 90° müßte
‰
aus geometrischen Gründen die Größe der Splitter in etwa eine Funktion des Cosinus des Zwischenwinkels sein.
Bei der Spaltzugfestigkeit ist die tatsächliche Zugbeanspruchung σz ebenfalls eine Funktion des Cosinus
‰
des Zwischenwinkels. Analog lassen sich auch die Kurvenformen in den Diagrammen der einaxialen
Druckfestigkeit und Zerstörungsarbeit abschnittsweise erklären.
Winkel zur
Winkel zur
90
75
Schieferung
75
Schieferung
100
60
80
45
60
30
40
15
20
0
0
Prozent der Zerstörungsarbeit
Prozent der Druckfestigkeit
100
90
60
80
45
60
30
40
15
20
0
0
Abb. 22: Abhängigkeit der einaxialen Druckfestigkeit und der Zerstörungsarbeit von der Einfallsrichtung für einen
Quarzphyllit mit ebenen, glatten Schieferungsflächen (hochgradige Anisotropie; durchgehende Linie) und
mit welligen Schieferungsflächen (starke Anisotropie; gestrichelte Linie).
Winkel zur
Winkel zur
Schieferung
90
90
75
80
60
100
60
45
30
40
15
20
0
0
Prozent der Bohrgeschwindigkeit
Prozent der Spaltzugfestigkeit
100
75
80
60
Schieferung
60
45
30
40
15
20
0
0
Abb. 23: Abhängigkeit der Spaltzugfestigkeit von der Einfallsrichtung und der Bohrgeschwindigkeit von der Bohrrichtung für einen Quarzphyllit mit ebenen, glatten Schieferungsflächen (hochgradige Anisotropie; durchgehende
Linie) und mit welligen Schieferungsflächen (starke Anisotropie; gestrichelte Linie).
Zur überschlägigen Überprüfung dieser Hypothese wurden Spaltzugfestigkeit und Bohrgeschwindigkeit in
Abhängigkeit des Winkels zur Schieferung mit einer allgemeinen Cosinus-Kurve angenähert. Bei den verwendeten Werten eines hochgradig anisotropen Quarzphyllits mit glatten, durchgehenden Schieferungsflächen ergeben sich dabei augenscheinlich passende Kurvenformen (Abb. 24).
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
hohe Zugspannung
121
niedrige Zugspannung
100
Bohrgeschwindigkeit
75
50
75
50
Spaltzugfestigkeit
Bohrgeschwindigkeit [%]
Spaltzugfestigkeit SPZ [%]
100
Kurvengleichung
y = a + b·cos x
25
25
90
75
60
45
30
15
0
Winkel zur Schieferung [Grad]
Abb. 24: Bohrgeschwindigkeit und Spaltzugfestigkeit, jeweils gegen den Winkel zwischen Schieferung und Belastungs- bzw. Bohrrichtung aufgetragen. Mittelwerte eines hochgradig anisotropen Quarzphyllits mit der
Standardabweichung als Fehlerbalken.
5.3 Abweichung von Bohrspuren und Profilungenauigkeiten
In metamorphen Schiefern und Gneisen taucht immer wieder das Phänomen auf, daß die Bohrspuren der
Sprenglöcher zur Normalen auf die Schieferungsfläche hin abweichen. Dies führt bei ungünstiger Raumstellung, also schräg zur Tunnelachse verlaufender Schieferung, zu einer erheblichen Profilungenauigkeit, obwohl oft noch alle Bohrspuren sichtbar sind.
Die Abb. 25 und 26 illustrieren die typischen Auswirkungen der Bohrspurkrümmung in Augengneisen bei
stumpfwinklig zur Tunnelachse streichender Schieferung. Dabei wurde auf der jeweils linken Seite der
Ortsbrust ein geologisch bedingtes Überprofil gebildet. Auf der jeweils rechten Seite der Ortsbrust trat dabei
ein Unterprofil auf, welches den Vortrieb nur deshalb nicht störte, weil dieses erst im Zuge der Nachprofilierung mit dem Profilwagen beseitigt werden mußte (auch wenn dies wesentlich aufwendiger ist). Eine hilfreiche Methode, um die Auswirkungen derartiger Bohrlochauslenkungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, ist die Verwendung steiferer (dickerer) Bohrstangen oder die Zurücknahme der Angriffstiefe. Auch die
Verwendung von Bohrkronen mit besonders langem Schaft kann hierbei Abhilfe schaffen.
122
K. Thuro
Abb. 25: (linkes Bild)
Abweichung (Krümmung) der KranzlochBohrspuren zur Normalen auf die Schieferungsfläche hin. Michaelstunnel, BadenBaden, Stat. 1332,5, Augengneis.
Abb. 26: (unteres Bild)
Überprofil durch Abweichung der Bohrspuren. Schieferung ca. 135/70°, Tunnelachse 25° Ö Abweichung von der idealen Bohrachse 20/20°. Michaelstunnel, BadenBaden, Stat. 1112, Augengneis.
Bohrbarkeit im Sprengvortrieb - Geologisch-geotechnische Grundlagen
123
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