Vorwort 1 Lernziele 2 Wärme als Energieform

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Grundlagen Wärmetransport
Vorwort
Mit der Entwicklung von hoch empfindlichen Wärmeflusssensoren auf der Grundlage des SeebeckEffekts etwa bei der greenTEG AG in Zürich ergeben sich für den Physikunterricht der Sekundarstufe 2
(Gymnasium, Berufsschule) neue Möglichkeiten für attraktive, anschauliche Experimente im Bereich des
Wärmetransports. Dieses bisher oft vernachlässigte Gebiet der Physik spielt heute in der Praxis, etwa in
der Bautechnik, eine wichtige Rolle.
Ziel dieser Unterrichtseinheit ist es, den Schülerinnen und Schülern die grosse praktische Bedeutung des
Wärmetransports deutlich zu machen. In diesem Dokument werden die Grundlagen des
Wärmetransports und der drei Mechanismen Wärmestrahlung, Wärmeströmung (Konvektion) und
Wärmeleitung behandelt.
1 Lernziele
Wenn Sie diese Lernaufgabe bearbeitet haben, können Sie verständlich, logisch korrekt erklären,



was man in Physik und Technik unter Wärmetransport bzw. Wärmefluss versteht,
warum Wärmetransport in der Praxis, z.B. beim Bauen, wichtig ist,
welcher Zusammenhang zwischen der Wärmeleitung und der elektrischen Leitung in Metallen
besteht und
Mit Ihren Kenntnissen aus der Wärmelehre (Thermodynamik) können Sie zudem verständlich und
anschaulich erläutern,
 was der Energiesatz ist und welche Bedeutung die physikalischen Grössen Energie, Wärme,
spezifischer Wärme und Temperatur haben,
 wie Wärme transportiert wird (3 Mechanismen),
 mit welchen Gesetzen diese Mechanismen erklärt werden (Wärmeleitungsgesetz von Fourier,
Stefan-Boltzmann’sches Strahlungsgesetz) und
2 Wärme als Energieform
Im alltäglichen Sprachgebrauch steht Wärme oft für Zuneigung (jemandem Wärme spenden) oder für
Wohlbefinden (mir ist warm). In der Physik hingegen ist Wärme eine Form von Energie.
Wärme tritt auch als unerwünschte Begleiterscheinung z.B. beim Abbremsen eines Fahrzeugs auf. Auch
in elektronischen Geräten, etwa Computern oder Smartphones wird so genannte Abwärme erzeugt.
Wärme entsteht auch bei Prozessen, bei denen Reibung im Spiel ist, etwa im Sport.
Im physikalisch einfachsten Modellversuch, dem freien Fall, entsteht Wärme, wenn ein Körper m aus einer
Höhe h auf eine Unterlage fällt (Figur 1). Dabei wird potenzielle Energie, zu Beginn
E pot  m  g  h ,
zunehmend in kinetische Energie
 
E kin
1
 m  v
2
2
 um E kin
 abnimmt:
umgewandelt, wobei die potenzielle Energie E pot
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 oder m  g  h   m  g  h 
E ' pot  E pot  E kin
1
 m  v
2
2
Unten angekommen verschwindet die potenzielle Energie; die kinetische Energie erreicht ihren
maximalen Wert
E kin 
1
m v  m  g h
2
2
und wird unmittelbar nach dem Aufprall scheinbar vernichtet, weil der Körper in sehr kurzer Zeit
abgebremst wird und zur Ruhe kommt. In Wirklichkeit wird E kin während dieses Abbremsvorgangs in
eine andere Energieform, in Wärme 𝑄, umgewandelt:
Q  E kin 
1
m v  m  g h
2
2
Die entstehende Wärme 𝑄 bewirkt eine Erhöhung der Temperatur des fallenden Körpers m sowie der
Unterlage, auf welchen der Körper gefallen ist. Wie die potentielle und kinetische Energie wird auch die
Wärme in der physikalischen SI-Einheit „Joule“ gemessen. Die Temperaturerhöhung nach dem Fall eines
Körpers kann mit einem speziellen Thermometer, einem Thermoelement, gemessen werden. Die
Funktion von Thermoelementen wird in der Lerneinheit Grundlagen Wärmeflusssensor behandelt.
Figur 1: Illustration zur Energieumwandlung beim freien Fall. Potentielle Energie wird über kinetische in
Wärmeenergie umgewandelt.
Aus Sicht der Physik ist Temperatur eine thermische Zustandsgrösse eines Körpers, die Folge der
mittleren kinetischen Energie der sich bewegenden Atome und Moleküle des Körpers (Figur 2). Einen
Zusammenhang zwischen Temperatur und Wärme eines Körpers vermittelt die so genannte spezifische
Wärmekapazität c. Sie wird in Joule pro Kilogramm und Grad Celsius gemessen. Sie gibt die Wärme 𝑄 an,
die erforderlich ist um 1 kg Körpermaterial um 1 °C zu erwärmen.
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Figur 2: Schematische Darstellung ungerichteter atomarer und molekularer Gitterschwingungen, sogenannter
Phononen, in einem Festkörper mit geordneter Gitterstruktur.
Für Kupfer beträgt die spezifische Wärme beispielsweise
c C u  383
Joule
.
kg  K elvin
Um 1 Kilogramm Kupfer um 1 Grad Celsius zu erwärmen ist also eine Wärme von 383 Joule erforderlich.
Das Gesetz von Dulong und Petit erlaubt es, die spezifische Wärme eines Festkörpers auf der theoretischen
Grundlage des Gleichverteilungssatzes der Wärmelehre zu bestimmen. Dieses Gesetz sagt aus, dass auf
jeden sogenannten Schwingungsfreiheitsgrad im Mittel eine Energie von
1
2
· 𝑘𝐵 · 𝑇 entfällt, mit der
Boltzmann’schen Konstanten 𝑘𝐵 = 1.38 · 10−23 𝐽/𝐾. Gemäss Dulong und Petit hat ein Festkörper 6
Freiheitsgrade, 3 entfallen auf die kinetische Energie. Da die potenzielle Energie der schwingenden Atome
im Mittel gleich gross sein muss wie die kinetische, entfallen auch auf sie weitere 3 energetische
Freiheitsgrade, insgesamt also 6 Freiheitsgrade. Für die gesamte thermische Energie (innere Energie U)
die zur Erwärmung von 1 kg Kupfer um 1 K bzw. um 1°C erforderlich ist, erhalten wir damit:
U  6
m
M Cu
 NA 
1
2
 kB T  6 
m
M Cu

1
 R T  6 
2
1 kg
0 . 063546
kg

1
2
 8 . 31
J
m ol  K
 1 K =392 Joule
m ol
3 Wärmeleitung im Festkörper
Unter Wärmeleitung versteht man den Transport von Wärme durch einen meist festen Körper.
Wir betrachten einen isotropen, homogenen Stab der Länge l, etwa aus Kupfer oder einem Kunststoff, der
ein Temperaturgefälle aufweist (Figur 3). Oben wird die Temperatur mit Wasserdampf auf 𝑇1 =
371 𝐾 (𝑏𝑧𝑤. 𝜗1 = 98 °𝐶), unten mit einem Eis-Wasser-Gemisch auf 𝑇2 = 273 𝐾 (𝑏𝑧𝑤. 𝜗2 = 0 °𝐶) konstant
gehalten. Dann fliesst die Wärme ∆𝑄 vom oberen Stabende mit der höheren Temperatur 𝑇1 zum unteren
mit der tieferen Temperatur 𝑇2 .
In Metallen erfolgt die Wärmeleitung hauptsächlich mithilfe schwingender Leitungselektronen;
funktioniert also ähnlich wie die elektrische Leitung. Bei Isolatoren hingegen tragen keine Ladungsträger
zur Wärmeleitung bei, sie erfolgt einzig durch Gitterschwingungen, den so genannten Phononen.
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Figur 3: Schematische Darstellung zur Illustration der Wärmeleitung durch einen homogenen, isotropen
Rundstab der Länge l. Durch den Temperaturgradienten zwischen oberem und unterem Ende entsteht ein
Wärmefluss ∆𝑄 durch die Querschnittsfläche A des Rundstabs.
Die Energie wird dabei von energetischeren, stärkeren Schwingungen zu weniger energetischen
schwächeren Schwingungen transportiert. Die Wärme ∆𝑄, die dabei pro Zeit ∆𝑡 durch eine
Querschnittsfläche A im Stab fliesst, ist proportional zur Fläche A und zur Änderung
(T1  T 2 )    T  x der Temperatur längs des Körpers (Figur 3):
Wärmeleitung (Fourier’sches Gesetz)
P
P
Q
t
   A 
T1  T 2
   A 
T
E inheit: [  ] 
x
P
Wärmestrom (Wärme pro Zeit);
W
m K
Wärmstromdichte
A

Wärmeleitfähigkeit (Wärmeleitzahl, eine Materialkonstante)
T x
örtliche Temperaturänderung (Temperaturgradient)
Da 𝑇2 < 𝑇1 ist, ergibt sich zusammen mit dem Minuszeichen in der Formel ein positiver Wert für P. Die
Wärmeleitfähigkeit  ist eine Materialkonstante. Das negative Vorzeichen zeigt an, dass die Richtung
des Wärmetransports dem Temperaturgradienten  T  x entgegen gesetzt ist.
3.1
Wärmeleitung und elektrische Leitung: Gesetz von Wiedemann und Franz
Die nachfolgenden Tabellen enthalten Werte für die Wärmeleitfähigkeit  verschiedener Materialien,
Tabelle 1 von Metallen, Tabelle 2 von Baumaterialen. In Tabelle 1 sind zudem die elektrische
Leitfähigkeiten  und Lorenzzahlen L  

T

von Metallen aufgeführt. Die Lorenzzahl L ist das
Verhältnis der Wärmeleitfähigkeit  und dem Produkt

T

aus elektrischer Leitfähigkeit und
absoluter Temperatur.
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Tabelle 1: Wärmeleitfähigkeit  , elektr. Leitfähigkeit  (Metalle, 20°C), Lorenzzahl L L
Material
Silber
Kupfer
Cr-NiStahlV2A
Aluminium
Nickel
 W/(m·K)
429
393
15
239
81



 Ω m 
 
L
1

 W Ω 


2
 T  K 
6 . 06  10
7
5 . 62  10
7
1 . 37  10
6
3 . 12  10
7
9 . 43  10
6
2 . 42  10
8
2 . 39  10
8
3 . 74  10
8
2 . 62  10
8
2 . 93  10
8
Tabelle 2: Wärmeleitfähigkeit  unterschiedlicher Isolatoren) bei T=293 K (20 °C).
Material
Glas
Beton
Backstein
Dämmstoffe
Luft
 W/(m·K)
0.76
2.1
0.5-1.4
0.025-0.050
0.026
Der von Arnold Sommerfeld 1933 berechnete theoretische Wert der Lorenzzahl beträgt:
Wärmeleitung und elektrische Leitung (Gesetz von Wiedemann und Franz)
2
2
2
 23
2
  1 . 381  10 
J
k 
8 W  Ω
L

 B  

 2 . 443  10
 19 
2
2
2
2
 T
3  e 
3  1 . 602  10
K
 K A s


2
Diese Theorie sagt aus, dass in Metallen die elektrische Leitung und die Wärmeleitung stets proportional
zueinander und temperaturabhängig sind. Demnach gilt für Metalle: Ein guter elektrischer Leiter ist
immer auch ein guter Wärmeleiter. Dieser Zusammenhang wurde schon 1853 von G. H. Wiedemann und
R. Franz empirisch entdeckt. Tabelle 1 zeigt, dass die Sommerfeld’sche Theorie für die reinen Metalle
Kupfer und Silber sehr gut, für Aluminium und Nickel gut und für die Legierung 18/8-Chrom-Nickel-Stahl,
die ca. 40-mal schlechter leitet als Kupfer, etwas weniger gut stimmt.
4 Konvektion
Die Konvektion, der Wärmetransport durch Strömung, z.B. in Luft oder Wasser, ist ein zweiter
Wärmetransportmechanismus. Konvektion kommt durch die Bewegung von Teilchen in Flüssigkeiten und
Gasen zustande. Beispielsweise entsteht beim unterseitigen Erwärmen von Wasser in einem Becherglas
eine Konvektionsströmung, weil das erwärmte, leichtere Wasser aufsteigt (
Figur 4).
Figur 4: Konvektionsströmungen in heissem Wasser verursacht durch unterseitiges Erwärmen.
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Aus Tabelle 2 ist ersichtlich, dass Luft sehr gut zur Wärmeisolation geeignet ist, insofern man die
Konvektion (Luftzirkulation) unterbindet. Dieser Umstand wird für typische Dämmstoffe wie
beispielsweise Polyurethan oder Polystyrol (Styropor), ausgenutzt. Diese Materialien bestehen zu einem
Grossteil aus kleinsten eingeschlossenen Luft- bzw. Gasblasen.
5 Wärmestrahlung
Wärmestrahlung
ist
neben
Wärmetransportmechanismus.
der
Wärmeleitung
und
der
Konvektion
der
dritte
Ein Körper mit einer Oberflächentemperatur T kann Wärmestrahlung absorbieren (aufnehmen) oder
emittieren (aussenden). Ein stark absorbierender (sog. schwarzer) Körper emittiert auch ein Maximum an
(elektromagnetischer) Strahlung. Diese Wärme ist eine langwellige Form des sichtbaren Lichts und kann
mit Infrarotkameras als Falschfarbenbild dargestellt werden. Jede Farbe entspricht dabei einer
bestimmten Temperatur (Figur 5).
Figur 5: Aufnahme der Wärmestrahlung eines Gebäudes mit einer Wärmebildkamera. Die verschiedenen Farben
representieren unterschiedliche Temperaturen. Die Temperaturskala in °C ist am rechten Rand abgebildet.
Die von einem ideal schwarzen Körper emittierte gesamte Strahlungsleistung P (in Watt) (summiert über
alle Wellenlängen) ist proportional zur strahlenden Gesamtoberfläche A und zur 4. Potenz (!) der
absoluten Temperatur T des Körpers (in Kelvin). Sie beträgt:
Gesetz von Josef Stefan und Ludwig Boltzmann
5
4
Q
2   kB
W
4
8
P 
   A  T mit  
 5 . 6704  10
3
2
2
t
15  h  c
m K
4
6 Zusammenfassung
Wärme kann also durch Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung transportiert werden. In den
meisten Fällen sind bei der Wärmeübertragung mehrere dieser drei Mechanismen involviert, wobei je
nach Temperatur der eine oder der andere überwiegt.
Die drei Wärmetransportarten können anhand eines thermisch fast ideal isolierenden Gefäßes, dem nach
seinem Erfinder benannten Dewar’schen Gefäss (Thermosflasche), erklärt werden.
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Im Dewar’schen Gefäss wird der Wärmetransport von innen nach aussen durch 3 Massnahmen fast
vollständig unterbunden:
1.
Verwendung von schlecht-wärmeleitendem Material wie Borosilikatglas oder 18/8-ChromNickel-Stahl.
2.
Doppelwandiger Gefässaufbau mit einem Vakuummantel verhindert die Wärmeströmung in Luft
(Konvektion) zwischen innen und aussen.
3.
Beidseitig verspiegelte Innenwände (Silberschichten) unterbinden den Wärmetransport durch
Wärmestrahlung.
Figur 6: Dewar’sches Gefäss.
Im täglichen Leben äussern sich die drei Wärmetransportmechanismen auf unterschiedliche Weise:
 Wärmeleitung: Reine Metalle, wie Kupfer oder Aluminium, fühlen sich kälter an als Plastik.
Tassen werden meist aus Keramik, Becher aus Karton oder Kunststoffen gefertigt und nicht aus
Metallen. So wird weniger Wärme auf die Hand übertragen und man verbrennt sich beim Trinken nicht die Finger. Pfannenböden, welche die Wärme der Kochplatten möglichst gut übertragen sollen werden dagegen aus reinen Metallen (Cu, Al) hergestellt.
 Konvektion: Ventilatoren erzeugen einen Luftstrom (Konvektion), welcher die Wärme von der
Haut abführt. Naturgemäss verkaufen sich Ventiltoren deshalb im Sommer besser als im Winter.
Computer oder industrielle Maschinen werden oft mit Luft bzw. Wasser oder einer sog.
Wärmeträgerflüssigkeit gekühlt. Haare werden mit einem Fön getrocknet.
 Wärmestrahlung: Quellen sind die Sonne, IR-Heizstrahler, Lagerfeuer, Kerzen usw. Sie übertragen die Wärme z.T. auch über sehr grosse Distanzen. Infrarot-Detektoren sind Lichtsensoren
die im langwelligen Teil des elektromagnetischen Spektrums empfindlich sind.
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