Gynäkologische Tumore Die Klinik für Strahlentherapie der Uniklinik Köln hat eine große Expertise in der Behandlung gynäkologischer Tumore. Sie bilden einen klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkt der Klinikdirektorin, Professorin Simone Marnitz-Schulze. Zu den gynäkologischen Tumoren zählt man alle Neubildungen der inneren und äußeren Genitale der Frau. Dazu gehören die Eierstöcke (Ovarien), der Gebärmutterkörper mit seiner inneren Auskleidung (Endometrium), der Gebärmutterhals (Zervix), die Vagina (Scheide), die Vulva (große und kleine Schamlippen und Klitoris). Die Strahlentherapie bzw. Strahlenchemotherapie spielt eine wichtige Rolle in der primären Therapie von Gebärmutterhalstumoren (Zervixkarzinomen), Vulvakarzinomen zum Erhalt des Organs, in der Therapie von Vaginalkarzinomen und in der meist adjuvanten (postoperativen) Therapie von Gebärmutterkörpertumoren. Dr. Karolina Jablonska Expertin E-Mail [email protected] Informationen zur Behandlung Wie muss ich mir den Ablauf in der Klinik für Strahlentherapie vorstellen? Das erste Gespräch Zu Ihrem ersten Termin bei uns bringen Sie bitte alle Ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen zu Ihrer Erkrankung mit. Wichtig für eine optimale Beratung sind ein histologischer Befund, ggf. Arztbriefe von früheren Krankenhausaufenthalten, Computertomografien, Magnetresonanztomografien, PET-CTs am besten auf CD-ROM gebrannt, schriftliche Befunde davon, Blutwerte, ggf. Tumormarker etc. Das erste Gespräch hat das Ziel zu klären, ob bei Ihnen eine Strahlentherapie durchgeführt werden muss. Falls dies so ist, werden Sie ausführlich über den Ablauf, mögliche Nebenwirkungen und die Erfolgsaussichten der Therapie aufgeklärt. Am besten, Sie machen sich in Vorbereitung auf dieses Gespräch Notizen mit Fragen, damit Sie in der Aufregung nichts vergessen. Der zweite Termin Beim nächsten Termin in unserer Klinik erfolgt die Vorbereitung auf die Bestrahlung. Dazu wird ein Bestrahlungsplanungs-CT durchgeführt. Dies ist unerlässlich- auch wenn Sie vor kurzem ein diagnostisches CT hatten. An diesem Bestrahlungsplanungs-CT erfolgt Ihre persönliche maßgeschneiderte Bestrahlungsplanung. Der Tumor wird Schicht für Schicht eingezeichnet, es werden alle Organe bestimmt, die besonders geschont werden sollen, z.B. die Blase, der Darm, die Eierstöcke, das Rückenmark und andere. Dann erfolgt die Optimierung Ihres Bestrahlungsplanes. Dies ist aufwändig und nimmt einige Arbeitstage in Anspruch. Wenn der Plan fertiggestellt ist, durchläuft er einige Schritte, die der Qualitätssicherung dienen, bevor er zum Einsatz freigegeben wird. Der Beginn der Therapie Wenn die Vorbereitungen erfolgreich verlaufen sind, kann die Bestrahlung beginnen. Zur Therapie bringen Sie am besten ein großes Handtuch mit, auf dem Sie während der Therapie liegen. Zur besseren Schonung der Harnblase während der Bestrahlung sollte diese während der perkutanen Therapie gefüllt sein. Kommen Sie bitte deshalb eine halbe Stunde früher zum vereinbarten Termin und trinken Sie 1-2 Becher Mineralwasser. Dieses steht im Wartebereich für Sie bereit. Die Blase sollte nur so voll sein, dass es für Sie nicht unangenehm ist und Sie es gut 15-20 Minuten aushalten können. Welche Arten der Bestrahlung gibt es? Wir unterscheiden eine sogenannte fraktionierte perkutane Behandlung. Diese erfolgt meisten von außen mittels Linearbeschleuniger. Es wird jeden Tag eine gleiche (kleine) Dosis appliziert, bis am Ende der Therapiedauer, z. B. nach 6-7 Wochen die für die Tumorvernichtung erforderliche Dosis erreicht ist. Die einzelne Behandlung erfolgt jeden Tag von Montag bis Freitag und nimmt wenige Minuten in Anspruch. Davon abgrenzen muss man eine hypofraktionierte, stereotaktisch geführte Bestrahlung, die auch an speziellen Linearbeschleunigern oder dem Cyberknife-Gerät stattfindet. Hier werden in 1-5 Therapietagen sehr hohe Dosen eingestrahlt. Diese Form der Therapie spielt bei gynäkologischen Tumoren keine große Rolle. Die Brachytherapie bringt über eine Strahlenquelle (Iridium-192) eine hohe Dosis direkt an den Tumor. In der Behandlung des Zervixkarzinoms kommt dieser Therapieform eine entscheidende Bedeutung bei der Tumorvernichtung zu. In Vorbereitung darauf wird Ihnen zunächst eine Hülse während einer Kurznarkose in den Gebärmutterhals eingelegt. Durch dieses Führungsröhrchen erfolgt dann die Einlage der Applikatoren, in die ferngesteuert die Mini-Strahlenquelle eingefahren wird. Die Therapie selbst nimmt 7-15 Minuten in Anspruch. Warum geben wir zusätzlich zur Strahlentherapie eine Chemotherapie? Durch die zusätzliche Gabe einer meist milden Chemotherapie lässt sich die Wirkung der Strahlentherapie am Tumor intensivieren. Dieses Prinzip heißt Radiosensitizing und ist Therapieprinzip bei sehr unterschiedlichen Tumoren. Mit welchen Nebenwirkungen müssen Sie rechnen? Die Strahlentherapietechniken haben in den letzten Jahren eine enorme technologische Entwicklung genommen. Dadurch ist es möglich, die Nebenwirkungen im Vergleich zur Strahlentherapie vor wenigen Jahren deutlich zu reduzieren. Trotzdem sind Akutnebenwirkungen nicht ganz zu vermeiden. Diese betreffen potenziell alle gesunden Organe, die den Tumor umgeben. Der Darm kann beispielsweise mit verstärkten Blähungen, häufigeren Stuhlgängen, leichten bis schweren Durchfällen; der Schließmuskel kann gereizt werden und mit häufigem Stuhldrang reagieren. Die Harnblase kann ebenfalls gereizt werden und sich durch häufigeres, vor allem nächtliches Wasserlassen bemerkbar machen. Das sind normale Nebenwirkungen, die ab der 2. oder 3. Therapiewoche auffallen und sich bis zum Ende der Therapie steigern, um sich danach vollständig und ganz von selbst zurückzubilden. Sehr selten treten chronische Nebenwirkungen auf, wie bespielsweise chronische Entzündungen, Lymphödeme und Fisteln. Während des Aufklärungsgespräches werden alle möglichen Nebenwirkungen mit Ihnen detailliert besprochen. Verursacht die Therapie die vorzeitige Menopause (Wechseljahre)? Die Eierstöcke gehören zu den strahlenempfindlichsten Organen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Eizellen irreversibel geschädigt werden, beträgt 50% bei einer Dosis von 4 Gy. Dies entspricht lediglich zwei Einzeldosen, also einer sehr niedrigen Dosis. Die hormonelle Funktion der Eierstöcke wird, in Abhängigkeit vom Alter der Patientin bei Therapie, der durchgeführten Chemotherapie (Medikament, Dosis etc.) und der Strahlentherapiedosis auch in Mitleidenschaft gezogen. Die Folge wäre bei jungen Patientinnen das Ausbleiben der Monatsblutung und ggf. Wechseljahresbeschwerden. Da vorzeitige Wechseljahresbeschwerden nicht nur die Lebensqualität deutlich einschränken können, aber die fehlenden Hormone auch eine wichtige Rolle im Fett- und Knochenstoffwechsel, für Haut, Haare u.v.m. spielen, ist unser Bestreben, Ihnen trotz der Radiochemotherapie die hormonelle Funktion zu erhalten. Dazu arbeiten wir eng mit den Gynäkologen unserer Frauenklinik und Experten anderer Kliniken zusammen. Erster Schritt ist eine Ovaripexie, eine Verlagerung der Ovarien, die im Rahmen einer kleinen Schlüssellochoperation durchgeführt werden kann. Dadurch wird der Abstand der Eierstöcke zur Bestrahlungsquelle deutlich vergrößert und damit die Dosis gesenkt. Durch unsere modernsten Bestrahlungstechniken kann die Dosis im Idealfall auf unter 2 Gy gesenkt werden, was einen Ovarerhalt sehr wahrscheinlich macht. Kann nach der Radiochemotherapie eine Schwangerschaft eintreten und ausgetragen werden? Ohne Verlagerung der Eierstöcke vor Therapie werden diese irreversibel geschädigt. Die Eierstöcke werden keine reifen Eizellen produzieren können. Nach der Verlagerung der Eierstöcke ist, bei entsprechender Schonung, die Reifung der Eizellen möglich, aber der Transport in den Gebärmütterkörper ist unterbrochen. Deshalb ist eine Unterstützung mittels IVF (in vitro Fertilisation) notwendig. Ohne Schonung der Gebärmutterschleimhaut ist das Einnisten und Reifen der befruchteten Eizelle in der eigenen Gebärmutter unwahrscheinlich nach der Behandlung eines Zervixkarzinoms. Da eine Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, ist auch das Austragen der eigenen befruchteten Eizelle durch eine Leihmutter nicht möglich. Für andere Tumore, für die deutlich weniger Dosis in der Gebärmutter deponiert wird, ist das Austragen der Schwangerschaft durchaus möglich und bereits beschrieben. Studienaktivitäten der Klinik auf dem Gebiet der gynäkologischen Onkologie Die Uterus 11-Studie der AGO/ARO sollte die Frage klären, ob Patientinnen mit Zervxkarzinomen der FIGO-Stadien IIB-IVA vor Einleitung der Radiochemotherapie vom operativen Staging, also der Entfernung der Lymphknoten profitieren. Die Rekrutierung ist bereits beendet. Onkologische Daten werden für 2018 erwartet. Diese Studie wurde von der Deutschen Krebshilfe finanziert. Ein neuer Ansatz stellt der Einsatz der neoadjuvanten Chemotherapie, gefolgt von der Operation unter Verzicht auf die Strahlentherapie dar. Dieser innovative Ansatz soll in einer 2017 mit der Rekrutierung beginnenden Studie, ebenfalls finanziert durch die Deutsche Krebshilfe, gegen den Standard Radiochemotherapie bei Patientinnen im FIGO_Sztadium IB“ oder IIB getestet werden. Bei Interesse für eine Teilnahme können Sie sich telefonisch unter +49 221 478 84763 melden und einen Beratungstermin ausmachen. Publikationsliste der Klinik zu den gynäkologischen Tumoren 1. Apostolova I, Hofheinz F, Buchert R, Steffen IG, Michel R, Rosner C, Prasad V, Kohler C, Derlin T, Brenner W et al: Combined measurement of tumor perfusion and glucose metabolism for improved tumor characterization in advanced cervical carcinoma. A PET/CT pilot study using [15O]water and [18F]fluorodeoxyglucose. Strahlentherapie und Onkologie : Organ der Deutschen Rontgengesellschaft [et al] 2014, 190(6):575-581. 2. Beckmann MW, Mallmann P, Uterus Commission of the Gynecological Oncology Working G: Interdisciplinary S2k guideline on the diagnosis and treatment of cervical carcinoma. J Cancer Res Clin Oncol 2009, 135(9):1197-1206. 3. Bischoff A, Marnitz S, Kohler C, Kurzeja R, Morawietz L, Schneider A, Budach V: Complete remission after neoadjuvant chemoradiation in a stage IV vulvar cancer patient. Strahlentherapie und Onkologie : Organ der Deutschen Rontgengesellschaft [et al] 2008, 184(8):421-425. 4. 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