Themenwoche Psychische Gesundheit „Achterbahn der Gefühle – Borderline besser verstehen“ Anja Link 25.01.2017 1 BORDERLINE BESSER VERSTEHEN Anja Link, Dipl.-Sozialpädagogin (FH) Borderline-Trialog Kontakt- und Informationsstelle Borderline-Trialog Kontaktund Informationsstelle: Verbreitung der Trialog-Idee Fortbildungen, Informationsveranstaltungen Beratung & Begleitung von Betroffenen, Angehörigen und professionellen Helfern CHANCEN DES TRIALOGS: Partnerschaftliche Begegnung Informationszugewinn für alle Beteiligten Zusammentragen von Erfahrungen Verständigung & Verstehen über Stellvertreter FEEDBACKS Fachleute: „interessante Einblicke auf dem Niveau einer sehr guten Fortbildung“ Angehörige: „seit ich den Trialog besuche, komme ich mit meiner Tochter viel besser zurecht; ich fange an, sie zu verstehen“ Betroffene: „ich kann mich mit anderen Angehörigen austauschen; dadurch bekomme ich neue Ideen, wie ich Konflikte mit meinem Partner lösen kann“ NÄCHSTES BORDERLINE-TRIALOG BLOCKSEMINAR IN NÜRNBERG Info-Abend am 7.2.2017 um 18 – 20 Uhr in der Hessestraße Keine Anmeldung erforderlich Informationen über Borderline (mit Dipl.-Psychologen Sascha Meyer), den Trialog und Ablauf der Trialog-Abende Themen für die Trialog-Abende werden beim Info-Abend gesammelt und festgelegt Bad Lübeck Bramstedt Hamburg Kropp Berlin Köln Kassel Marburg Bayreuth Tirschenreuth Hersbruck Herborn Bamberg Wiesbaden Nürnberg Ansbach Stuttgart Schwandorf Regensburg Kaufbeuren Winterthur (CH) Wien (A) Borderline gilt als Persönlichkeitsstörung das Verhalten ist - andauernd und - nicht auf Krisen beschränkt und - die Probleme haben in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter begonnen ECKDATEN… • Betroffen sind ca. 2,5% der Bevölkerung (Lebenszeitprävalenz 6%) • 50% sind Frauen • 75% der Patient/innen verletzen sich selbst • Ca. 8 % der Borderline-Patient/innen sterben durch Suizid • es gibt keinen nachgewiesenen Nutzen medikamentöser Behandlung (sinnvoll ist nur eine zeitweilige, symptomspezifische Behandlung) • Hohe Komordititätsrate: BPS kommt selten alleine vor; häufig gekoppelt mit anderen Störungen • Die Prognose wird als sehr günstig eingeschätzt! Wissen über Borderline aus dem Trialog… BORDERLINE… … ist ein Wechselbad der Gefühle zwischen Verzweiflung, Wut, Ohnmacht und Liebe. BORDERLINE… … ist den Kontakt zu sich selber verloren zu haben und der verzweifelte Versuch, diesen Kontakt mit allen Mitteln wieder herzustellen. BORDERLINE… …ist eine tief greifende, aber vorübergehende Störung der Emotionsregulation und des Selbstwertes/-bildes, mit verzweifelten Versuchen, damit umzugehen. (Bohus 2004) Nicht allein sein können Sucht Suizidversuche Idealisierung Abwertung Selbstverletzendes Verhalten Spannungszustände Wutausbrüche Schnelle Stimmungswechsel Identitätslosigkeit Innere Leere Überschwemmt werden Von Gefühlen Innerlich weg gleiten Ängste Unsicherheit Ein Muster von instabilen und intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen Wiederkehrende Suiziddrohungen, andeutungen oder – versuche, selbstschädigendes Verhalten Verzweifeltes Bemühen, reales oder imaginäres Verlassenwerden zu verhindern Vorübergehende stressabhängige paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome Identitätsstörungen: eine ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes oder des Gefühls für sich selbst Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen Unangemessene starke Wut oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren Affektive Instabilität, die durch eine ausgeprägte Orientierung an der aktuellen Stimmung gekennzeichnet ist Chronische Gefühle von Leere Die meisten dysfunktionalen Verhaltensmuster können entweder als Bewältigungsstrategien oder als Folgen von Störungen der Affektregulation interpretiert werden! PROBLEM-SCHWERPUNKTE Affektregulation Selbstbild/ Identität Störung der Interaktion LEITSYMPTOM: AVERSIVE ANSPANNUNG Einschießende, starke Spannung, die als äußerst aversiv erlebt wird und keiner klaren, handlungsweisenden Emotion zugeordnet werden kann. (Bohus 2004) STARKE EMOTIONALE SENSIBILITÄT niedrigere emotionale Reizschwelle Starke emotionale Reaktion Weniger Reize als andere Personen, um Gefühle zu spüren (weniger Reize notwendig, um schlechte Stabilität zu kippen) Unmittelbare, schnelle Reaktion Starke Reaktion Schnell im hohen Erregungszustand (Stress, Konfusion) Langsame Rückkehr zum Ausgangsniveau Höhere Erregbarkeit beim nächsten Reiz 100 borderline Intensität innerer Anspannung Schneiden o.ä. 0 „ohne Borderline“ PROBLEM-SCHWERPUNKTE Affektregulation Selbstbild/ Identität Störung der Interaktion STÖRUNGEN DER BEZIEHUNG Hohe Erwartungen an andere: “Ich kann alleine nicht überleben, ich brauche immer jemanden bei mir” Unangenehme Emotionen in Gegenwart anderer: Einsamkeit, Angst, Scham, Wut Schwierigkeiten, die Wirkung von eigenem Verhalten auf andere abzuschätzen Schwierigkeiten, die Reaktionen von anderen vorherzusehen Schwierigkeiten, Verlässlichkeiten aufzubauen Hohe Fähigkeit, die Emotionen der anderen zu “lesen” ZWISCHENMENSCHLICHE EMOTIONEN Borderliner sind schneller und präziser im Erkennen von aversiven Emotionen Hinweise, dass BPD- Patientinnen insbesondere neutrale oder schwach positive Emotionen fehl interpretieren häufige Ursache von zwischenmenschlichen Problemen SOZIALE WAHRNEHMUNG KONSEQUENZ: Es gibt deutliche Hinweise aus der Forschung, dass Borderline-Betroffene Schwierigkeiten haben, sich in sozialen Gruppen wohl zu fühlen und soziale Rollen adäquat zuzuordnen! PROBLEM-SCHWERPUNKTE Affektregulation Selbstbild/ Identität Störung der Interaktion IDENTITÄT/SELBSTWAHRNEHMUNG: SCHWIERIGKEITEN MIT DER SELBSTAKZEPTANZ Tiefgreifendes Gefühl, anders zu sein: “Ich bin anders als alle anderen”, Tiefgreifendes Gefühl der Insuffizienz: “Ich bin schlechter als alle anderen”, “ich bin überflüssig und zu nichts zu gebrauchen” Störung des Körper-Selbst und des Körper-Bildes: “Mein Körper ist abgrundtief hässlich” Gefühl des “hohlen Kerns” Tiefgreifende Einsamkeit Gene Negative Erfahrungen Nonvalidierendes Umfeld Emotionale Instabilität Dysfunktionales Verhalten Dysfunktionale Glaubenssätze BIO-SOZIALE THEORIE INVALIDIERENDE UMGEBUNG (LINEHAN, 1996) Auf das Mitteilen von persönlichen Erfahrungen und Gefühlen wird in unangemessener, sprunghafter, trivialisierender oder bestrafender Weise reagiert oder sie werden ganz ignoriert. Eigene Interpretationen werden als falsch zurückgewiesen Nichtbestätigung der Erfahrungen einer Person, vor allem persönlicher (Gefühle, Willen und Wünsche, Gedanken, Meinungen, Empfindungen) Unterschiede nicht akzeptieren oder anerkennen. Nichtbeachtung oder Unaufmerksamkeit Zustimmung oder Anteilnahme nicht mitteilen, auch wenn Zustimmung oder Anteilnahme bestehen. FOLGE: Kind kann eigene Gefühle nicht einordnen und lernt extreme Gefühlsäußerungen, da es nur so wahrgenommen wird. PUBERTÄTSKRISE ODER BORDERLINE? DIAGNOSTIK 5 von 9 Diagnosekritieren Symptome mindestens 1 Jahr andauernd ICD-10 erst ab dem 18 Lj. – state of the art ab 16 Frühe Diagnosestellung gute Prognose! Hinweise: nicht brüchiges Selbstwertgefühl, sondern Selbsthass, Selbstverletzung und Alkohol/Drogenkonsum nicht, um dazu zu gehören, sondern um Anspannung zu regulieren, Gewalt, um sich zu spüren Gesamtbild, nicht einzelne Symptome Komorbiditäten Umgebungsabhängigkeit „Ich würde behaupten, dass Borderline bei mir schon in der Kindheit begonnen hat. Ich fühlte mich immer anders, wie andere - oft so Fehl-am-Platz oder verloren in dieser Welt. Irgendwie konnte ich nur schwer Freude empfinden und war schnell depressiv.“ (Norman L.) „Meine Schwester bemerkte das mal bei einem Gespräch mit meinen damaligen Therapeuten. Sie sagte: „Sie war schon als Kind eine ziemliche Mimose – aber wir dachten, dass sie einfach nur sensibler ist als andere Kinder.“ Eine Aktion, die mir in Erinnerung geblieben ist, war ein Streit in der 5. Klasse. Als eine Freundin von mir, wieder etwas an mir auszusetzen hatte. Da rannte ich mit voller Wucht mit dem Kopf gegen die Wand. Und das wieder und wieder.“ (Lorelei) Ein Vokabular finden… EINE SENSIBLE LEBENSPHASE… Hoher Entscheidungsdruck Individuell sein Identitätsproblematik Verfügbare Bezugspersonen Bindung? Schulabschluss Entscheidung für Ausbildung Identität Aufbau neuer sozialer Kontakte Beziehung, Selbstbild Werteorientierung Identität So viel Normalität wie möglich -Entwicklungsaufgaben sind später erschwert nachzuholen HILFSANGEBOTE Erste-Hilfe-Maßnahmen: Notfallkoffer, Frühwarnzeichen Psychoedukation Eltern benötigen Unterstützung Anlaufstellen in Nürnberg: STEP e.V. , Borderline-Trialogstelle ANLAUFSTELLEN IN MITTELFRANKEN DBT-Angebote: Klinikum Nürnberg Nord, Frankenalbklinik, Klinikum am Europakanal, Domiziel Ansbach, ambulante Skillsgruppe Stadtmission und KNN Für Jugendliche: STEP e.V. Borderline-Trialog Kontakt- und Informationsstelle Trialoge in Nürnberg, Hersbruck, Ansbach, Bamberg, Bayreuth WAS HILFT? WAS MIR GEHOLFEN HAT... Information Psychoedukation Klare Absprachen Zuwendung auch in „guten“ Zeiten, verlässliche Kontakte Handlungsalternativen finden „skills“ Ziele Soziales Netz Eigenverantwortung übernehmen & Verantwortung für andere übernehmen Stellvertretende Hoffnung THERAPIE MAL GANZ ANDERS… Fest installierte Auszeit „nur für mich“, die nicht erkämpft werden muss Von Symptomen und Leistung unabhängige Zuwendung, dabei ganz „unkomplizierte“ Kontaktmöglichkeit Alltagstrott durchbrechen („nichts verändert sich“) Fehlende Erfahrungen nachholen: Neues ausprobieren, „getragen werden“, endlich ein Gegenüber das stark genug dafür ist Armbrust/Link: Borderline im Trialog Junfermann-Verlag 2015 17. MÄRZ 2017: BUNDESWEITER BORDERLINE-TRIALOG Themen: - Borderline in der Familie - Adoleszentenzentrum ZI Mannheim - DBT-Peer-Coaching - Borderline-Großeltern - Elternabend - Schematherapie - DBT-ACES - Kinder psychisch kranker Eltern