Geometrie Homepage zur Veranstaltung: http://www.juergen-roth.de ► Lehre ► Geometrie Jürgen Roth Geometrie 5.1 Inhaltsverzeichnis Geometrie 0 Geometrie!? 1 Axiome der Elementargeometrie 2 Kongruenzabbildungen 3 Längen-, Winkel- und Flächenmessungen 4 Elementare Anwendungen 5 Ähnlichkeitsabbildungen Jürgen Roth Geometrie 5.2 Geometrie Kapitel 5: Ähnlichkeitsabbildungen Jürgen Roth Geometrie 5.3 Inhaltsverzeichnis Kapitel 5: Ähnlichkeitsabbildungen 5.1 Zentrische Streckung 5.2 Ähnlichkeitsabbildungen – Ähnlichkeit Jürgen Roth Geometrie 5.4 Abbildungsgruppen Jürgen Roth Geometrie 5.5 Kapitel 5: Ähnlichkeitsabbildungen 5.1 Zentrische Streckung Jürgen Roth Geometrie 5.6 Pantograph http://www.juergen-roth.de/dynageo/pantograph/ Jürgen Roth Geometrie 5.7 Dilatation Definition 5.1 Eine Abbildung der Ebene auf sich heißt genau dann Dilatation, wenn sie jede Gerade auf eine zu ihr parallele Gerade abbildet. Bemerkung: Verschiebungen sind also Dilatationen und nach Satz 2.47 sogar die einzigen, die keinen Fixpunkt besitzen. Satz 5.1 Bei Dilatationen mit Fixpunkt ist jede Gerade durch einen Fixpunkt eine Fixgerade. Beweis: Annahme: Die Gerade g durch einen Fixpunkt Z ist keine Fixgerade. Dann wird g auf eine von g verschiedene Parallele abgebildet, auf der auch das Bild von Z liegt. Folglich wäre Z im Wiederspruch zur Voraussetzung kein Fixpunkt. Satz 5.2 Eine von der Identität verschiedene Dilatation hat höchstens einen Fixpunkt. Jürgen Roth Geometrie 5.8 Zentrische Streckung Definition 5.2 Eine Dilatation mit einem Fixpunkt Z heißt zentrische Streckung. Der Fixpunkt Z heißt Streckungszentrum. Bemerkung: Man kann zeigen, dass die Definition 5.2 gleichwertig zu folgender Definition 5.3 ist. Definition 5.3 Eine Abbildung der Ebene auf sich heißt genau dann zentrische Streckung ZZ, k mit dem Zentrum Z und dem Streckungsfaktor k R\{0}, wenn jedem Punkt P genau ein Bildpunkt P‘ so zugeordnet wird, das gilt: Z PP‘ ZP‘ k ZP Jürgen Roth Geometrie 5.9 Zentrische Streckung Bemerkungen Das Bild P‘ ZZ, k(P) von P wird konstruiert, indem man auf der Geraden ZP von Z aus die |k|-fache Länge der Strecke [ZP] abträgt, für k 0 auf der Halbgeraden, auf der P liegt, für k 0 auf der entgegengesetzten Halbgeraden. Es gibt zwei wichtige Sonderfälle von Definition 5.3: k 1: Jeder Pfeil wird auf sich selbst abgebildet. Folglich ist die Identität eine zentrische Streckung mit Streckungsfaktor 1. k 1: Jeder Pfeil ZP wird auf den Gegenpfeil ZP‘ abgebildet. Also ist die Punktspiegelung eine spezielle zentrische Streckung mit Streckungsfaktor 1. Satz 5.3 Die zentrische Streckung ZZ, k bildet jeden Pfeil AB so auf den Pfeil A‘B‘ ab, dass gilt: A‘B‘ k AB Jürgen Roth Geometrie 5.10 Zentrische Streckung Bemerkung Eine Strecke wird durch die zentrische Streckung ZZ, k also auf eine Strecke abgebildet, die die |k|-fache Länge besitzt und deren Trägergerade für k 0 gleichorientiert, für k 0 entgegengesetzt orientiert zur Trägergeraden der Originalstrecke ist. Beweis zu Satz 5.3 ZZ, k ist eine zentrische Streckung mit A‘ ZZ, k(A) und B‘ ZZ, k(B). 1. Fall: Z AB (Def. 5.2) A‘B‘ || AB ZP AB ZP AB (*) PB || ZA ZP‘A‘B‘ ZP‘ A‘B‘ (**) P‘B‘ || ZA‘ ZA Z‘A‘ (*) (**) (Def. 5.2) PB || P‘B‘ P‘ ZZ, k(P) ZP‘ k ZP A‘B‘ k AB Jürgen Roth Geometrie 5.11 Zentrische Streckung Beweis zu Satz 5.3 (Fortsetzung) 2. Fall: Z AB Zurückführen auf den 1. Fall! # Jürgen Roth Geometrie 5.12 Folgerungen aus Satz 5.3 Satz 5.4: Erster Strahlensatz Werden zwei von einem Punkt ausgehende Halbgeraden (oder deren entgegengesetzte Halbgeraden) von parallelen Geraden geschnitten, dann verhalten sich die Längen der Abschnitte auf der einen Halbgeraden, wie die Längen der Abschnitte auf der anderen Halbgeraden. Mit den Bezeichnungen in der Abbildung ergibt sich: |ZA‘| |ZA| |ZB‘| |ZB| Beweis Da AB || A‘B‘ folgt mit Definition 5.2: A‘ ZZ, k(A) B‘ ZZ, k(B) Mit Satz 5.3 ergibt sich: |ZA‘| |k| |ZA| |ZB‘| |k| |ZB| Damit ergibt sich: |ZA‘| |ZA| |k| |ZB‘| |ZB| # Jürgen Roth Geometrie 5.13 Folgerungen aus Satz 5.3 Satz 5.5: Zweiter Strahlensatz Werden zwei von einem Punkt ausgehende Halbgeraden (oder deren entgegengesetzte Halbgeraden) von parallelen Geraden geschnitten, dann verhalten sich die Längen der Abschnitte auf den Parallelen wie die Längen der Abschnitte auf einer Halbgeraden. Mit den Bezeichnungen in der Abbildung ergibt sich: |A‘B‘| |AB| |ZA‘| |ZA| Beweis Da AB || A‘B‘ folgt mit Definition 5.2: A‘ ZZ, k(A) B‘ ZZ, k(B) Mit Satz 5.3 ergibt sich: |A‘B‘| |k| |AB| |ZA‘| |k| |ZA| Damit ergibt sich: |A‘B‘| |AB| |k| |ZA‘| |ZA| # Jürgen Roth Geometrie 5.14 Folgerungen aus Satz 5.3 Satz 5.6: Verhältnistreue der zentrischen Streckung Das Längenverhältnis zweier Bildstrecken bei einer zentrischen Streckung ist gleich dem Längenverhältnis ihrer Urbildstrecken. Beweis [AB] und [CD] sind Strecken und [A‘B‘] sowie [C‘D‘] ihre Bildstrecken bei der zentrischen Streckung ZZ, k. Mit Satz 5.3 ergibt sich: |A‘B‘| |k| |AB| |C‘D‘| |k| |CD| Damit ergibt sich: |A‘B‘| |C‘D‘| (|k| |AB|) (|k| |CD|) |AB| |CD| # Satz 5.7: Orientierungstreue der zentrischen Streckung Bei einer zentrischen Streckung wird ein Dreieck auf ein Dreieck mit gleicher Orientierung abgebildet. Jürgen Roth Geometrie 5.15 Folgerungen Bemerkung Da Dilatationen Geraden auf parallele Geraden abbilden, sind sie geraden- und winkelmaßtreu. Folglich bilden alle Dilatationen Dreiecke auf Dreiecke ab. Beweisidee zu Satz 5.7 Es genügt den Fall k 0 zu betrachten, da für k 0 die Situation mit einer Punktspiegelung, die eine gleichsinnige Abbildung ist, auf den Fall k 0 zurückgeführt werden kann. Der Beweisgang lässt sich aus der Abbildung ablesen. Jürgen Roth Geometrie 5.16 Folgerungen Satz 5.8: Änderung des Flächeninhalts bei zentrischer Streckung Bei einer zentrischen Streckung ZZ, k wird der Flächeninhalt eines Polygons auf das k2-fache vergrößert bzw. verkleinert. Beweis Da jedes einfach zusammenhängende Polygon trianguliert, also in endlich viele Dreiecke zerlegt werden kann, genügt es, den Satz für Dreiecke zu beweisen. ist ein Dreieck und ‘ sein Bilddreieck bei einer zentrischen Streckung ZZ, k. Nach Satz 3.15 gilt dann: A ½ g h und A‘ ½ g‘ h‘ Wegen g‘ ZZ, k(g) und h‘ ZZ, k(h) folgt mit Satz 5.3: Also folgt: Jürgen Roth g‘ |k| g und h‘ |k| h A‘ ½ g‘ h‘ ½ (|k| g) (|k| h) |k|2 ½ g h k2 A Geometrie # 5.17 Folgerungen Satz 5.9 Sind zwei parallele Pfeile AB und A‘B‘ gegeben, die nicht gleichzeitig gleichorientiert und kongruent zueinander sind, dann gibt es genau eine zentrische Streckung die AB auf A‘B‘ abbildet. Satz 5.10 Wenn in zwei Dreiecken die Seiten auf paarweise parallelen Geraden liegen, dann gibt es entweder genau eine zentrische Streckung oder genau eine Parallelverschiebung, also genau eine Dilatation, die das eine Dreieck auf das andere abbildet. Man sagt: Die Dreiecke sind in perspektiver Lage. Satz 5.11: Inverses einer zentrischen Streckung Die zentrische Streckung ZZ, k ist eine bijektive Abbildung der Ebene auf sich. Die zu ZZ, k inverse Abbildung ist die zentrische Streckung mit demselben Zentrum Z und dem Streckungsfaktor 1/k. Jürgen Roth Geometrie 5.18 Kapitel 5: Ähnlichkeitsabbildungen 5.2 Ähnlichkeitsabbildung – Ähnlichkeit Jürgen Roth Geometrie 5.19 Ähnlichkeit Jürgen Roth Geometrie 5.20 Ähnlichkeitsabbildung Definition 5.4 Eine Ähnlichkeitsabbildung ist die Verkettung einer endlichen Anzahl von zentrischen Streckungen mit einer endlichen Anzahl von Kongruenzabbildungen. Definition 5.5 Eine Figur F1 heißt genau dann ähnlich zu einer Figur F2, wenn es eine Ähnlichkeitsabbildung gibt, die F1 auf F2 abbildet. Satz 5.12: Eigenschaften von Ähnlichkeitsabbildungen Ähnlichkeitsabbildungen sind geradentreu, winkelmaßtreu, parallelentreu und verhältnistreu. Satz 5.13: Eigenschaften von Ähnlichkeitsabbildungen In ähnlichen Polygonen verhalten sich die Flächeninhalte wie die Quadrate entsprechender Seitenlängen. Jürgen Roth Geometrie 5.21 Ähnlichkeitssätze für Dreiecke Satz 5.14 Zur Verkettung ∘ ZZ, k einer zentrischen Streckung ZZ, k mit einer Kongruenzabbildung gibt es immer eine Kongruenzabbildung *, so dass gilt: ∘ ZZ, k ZZ, k ∘ * Satz 5.15: Ähnlichkeitsabbildungen Jede Ähnlichkeitsabbildung lässt sich als Verkettung einer Kongruenzabbildung und einer zentrischen Streckung darstellen. Satz 5.16: Ähnlichkeitssatz „ww“ für Dreiecke Sind zwei Winkel eines Dreiecks den entsprechenden Winkeln eines anderen Dreiecks kongruent, dann sind die Dreiecke ähnlich. Satz 5.17: Ähnlichkeitssatz 2 für Dreiecke Stimmen zwei Dreiecke in den Verhältnissen der drei Seitenlängen überein, dann sind sie ähnlich. Jürgen Roth Geometrie 5.22 Ähnlichkeitssätze für Dreiecke Beweis zu Satz 5.16 Es sind zwei Dreiecke ABC und A1B1C1 gegeben, mit den Maßzahlen der Seitenlängen a, b, c bzw. a1, b1, c1, für die gilt: a b a1 b1 b c b1 c1 a1 a b1 b c1 c k 0 a1 k a b1 k b c1 k c (*) Mit A‘B‘C‘ ZZ, k(ABC) ergibt sich: a‘ k a b‘ k b c‘ k c (*) a‘ a1 b‘ b1 c‘ c1 SSS A‘B‘C‘ A1B1C1 Nach Satz 2.1 gibt es folglich genau eine Kongruenzabbildung mit (A‘B‘C‘) A1B1C1. ∘ ZZ, k ist eine Ähnlichkeitsabbildung mit ( ∘ ZZ, k)(ABC) A1B1C1, also sind die Dreiecke ABC und A1B1C1 ähnlich. # Jürgen Roth Geometrie 5.23 Ähnlichkeitsabbildungen Satz 5.18 Eine Ähnlichkeitsabbildung ist durch drei nicht kollineare Punkte und ihre Bildpunkte eindeutig bestimmt. Beweisidee Jürgen Roth Geometrie 5.24 Drehstreckung Definition 5.6 Eine Drehstreckung ist eine Verkettung einer zentrischen Streckung und einer Drehung mit demselben Zentrum. Kurz: DZ, , k DZ, ∘ ZZ, k Z Satz 5.19 Bei einer Drehstreckung DZ, , k sind die Drehung und die zentrische Streckung, aus denen sie sich zusammensetzt, vertauschbar. DZ, , k DZ, ∘ ZZ, k ZZ, k ∘ DZ, Z Jürgen Roth Geometrie 5.25 Drehstreckung Klappstreckung Bemerkungen Zentrische Streckungen sind spezielle Drehstreckungen mit dem Winkelmaß 0°. Drehungen sind Drehstreckungen mit dem Streckungsfaktor k 1. Punktspiegelungen sind Drehstreckungen mit dem Streckungsfaktor k 1 (k 1) und dem Winkelmaß 0° ( 180°). Die identische Abbildung ist eine Drehstreckung mit k 1 und 0°. Das Zentrum Z ist für jede Drehstreckung, die nicht die Identität ist, der einzige Fixpunkt. Definition 5.7 Eine Klappstreckung (Streckspiegelung) ist eine Verkettung einer zentrischen Streckung und einer Achsenspiegelung, deren Achse g durch das Streckungszentrum Z verläuft. Kurz: KZ, k, g Sg ∘ ZZ, k Jürgen Roth Geometrie 5.26 Klappstreckung Bemerkungen Geradenspiegelungen sind Klappstreckungen mit dem Streckungsfaktor k 1. Bei Klappstreckungen mit |k| 1 ist das Streckungszentrum der einzige Fixpunkt. Z Satz 5.20 Bei einer Klappstreckung KZ, k, g sind die Geradenspiegelung und die zentrische Streckung, aus denen sie sich zusammensetzt, miteinander vertauschbar. KZ, k, g Sg ∘ ZZ, k ZZ, k ∘ Sg Jürgen Roth Geometrie 5.27 Abbildungstypen der Ähnlichkeitsabbildungen Bemerkung Es gibt vier Abbildungstypen der Ähnlichkeitsabbildungen Drehstreckung DZ, , k [ Diese umfassen für 0° die reinen Streckungen und für k 1 die reinen Drehungen. ] Parallelverschiebungen Tv Klappstreckungen KZ, k, g [ Diese umfassen für k 1 die reinen Geradenspiegelungen. ] Gleitspiegelungen Gg, v Satz 5.21: Typen von Ähnlichkeitsabbildungen Eine Ähnlichkeitsabbildung ist eine Kongruenzabbildung, eine Drehstreckung oder eine Klappstreckung. Jürgen Roth Geometrie 5.28 Gruppe der Ähnlichkeitsabbildungen Bemerkung Die Abbildung gibt einen Überblick über die Struktur der Gruppe der Ähnlichkeitsabbildungen. Nur die wichtigsten Untergruppen werden genannt. Insbesondere zyklische Untergruppen sind nur zum Teil aufgenommen. Kommutative Gruppen sind durch (K) gekennzeichnet. Jürgen Roth Geometrie 5.29 Seitenhalbierenden eines Dreiecks Definition 5.8 Eine Seitenhalbierende im Dreieck ist die Verbindungsstrecke eines Eckpunkts mit dem Mittelpunkt der gegenüberliegenden Seite. Satz 5.22: Seitenhalbierenden im Dreieck Die Seitenhalbierenden eines Dreiecks schneiden sich in einem Punkt S, der jede Seitenhalbierende in Verhältnis 21 teilt. Beweis Die Seiten des Dreiecks A‘B‘C‘ aus den Mittelpunkten der Seiten von Dreieck ABC sind nach dem Satz über die Mittelparallelen (Satz 2.39a) halb so lang und „parallel“ zu den entsprechenden Seiten von ABC. Sätze 5.3/5.10 S ZS, ½(ABC) A‘B‘C‘ S AA‘ BB‘ CC‘ (Schnittpunkt der Seitenhalbierenden) Def 5.3 k = -1/2, Satz 5.3 X{A, B, C} X-S-X‘ |X‘S| |½| |XS| Jürgen Roth Geometrie X{A, B, C} |XS| |X‘S| 2 1 # 5.30