Zentrum für Labormedizin Clinical Genomics Pharmacogenomics Zentrumsleiter: Prof. Dr. med. Martin Fiedler 5-Fluorouracil (5-FU)/Capecitabin-Toxizität: Molekulargenetischer Nachweis von Mutationen im DPYD-Gen Der Antimetabolit 5-Fluorouracil und dessen orale Prodrug Capecitabin gehören zu den am häufigsten verwendeten Chemotherapeutika in der Behandlung solider Tumore. Die Wirksamkeit einer 5-FU-Therapie hängt vor allem von der Geschwindigkeit des Abbaus von 5-FU ab. Dieser wird wesentlich mitbeeinflusst von der Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD). Da normalerweise etwa 80% des 5-FU durch DPD zu β-Alanin degradiert werden, führt eine verminderte Enzymaktivität zu einer erhöhten Zytotoxizität bei gleicher verabreichter Dosis. Die Folgen sind Neutro- und Thrombozytopenie, schwere orale und intestinale Mukositis (Diarrhoe) und dermatologische Toxizität (Hand-Foot-Syndrom). Letale Ausgänge einer 5-FU Behandlung als Folge einer DPD-Defizienz sind ebenfalls beschrieben. Analyse: Untersuchung der genetischen DPYD-Varianten c.1905+1G>A, c.1679T>G, c.2846A>T , und rs75017182 mittels Allelic Discrimination Assay. Nach Isolierung der genomischen DNA werden die Regionen im DPYD-Gen um die vier Mutationen mittels real-time Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) amplifiziert. Dabei werden mittels TaqMan®-Sonden gleichzeitig das mutierte und das unmutierte Allel detektiert und so der Genotyp bestimmt. Im DPD-Gen (DPYD) sind bis heute vier verschiedene Mutationen bekannt, welche zu einer reduzierten Enzymaktivität führen und mit einem erhöhten Risiko für schwere Toxizität unter Therapie mit 5-FU oder Capecitabin assoziiert sind. Die am längsten bekannte, mit 5-FU-Toxizität assoziierte Mutation ist ein G>AAustausch an Position +1 der konservierten GT-Spleissstelle in Intron 14 (c.1905+1G>A, DPYD*2A). Infolge dieser Mutation fehlt das gesamte Exon 14 im fertigen Genprodukt, wodurch ein inaktives Protein entsteht. Daneben gibt es zwei exonische Mutationen, welche an entscheidenden Stellen im Enzym die Aminosäuresequenz verändern, c.1679T>G (p.Ile560Ser) und c.2846A>T (p.Asp949Val). Diese Veränderungen im Protein führen zu reduzierter DPD-Aktivität und somit vermindertem 5FU Abbau. Schliesslich wurde im Intron 10 des DPD-Gens eine „kryptische“ Spleissvariante identifiziert (rs75017182, c.11295923C>G), welche mitten im Intron eine zusätzliche Spleissstelle herbeiführt mit der Konsequenz, dass 44 falsche Basenpaare in das DPD-Gentranskript eingeführt werden. Dies wiederum führt zu einer Verschiebung des Leserasters und einem inaktiven Genprodukt aus in diesen Transkripten. Methode: TaqMan®-Genotypisierung, aus DNA (aus Vollblut) Proben: 2 ml EDTA Blut oder DNA Versand: per A-Post Frequenz: 1mal pro Woche Nach heutigem Wissensstand können 20-30% der Fälle von früh auftretender, schwerer 5-FU assoziierter Toxizität durch diese vier DPYD-Mutationen erklärt werden. Etwa 5 bis 7 % der Europäer sind Träger dieser Risikovarianten. Mit einer entsprechenden Anpassung der 5-FU Dosis kann in diesen Patienten das Toxizitätsrisiko reduziert werden. Deswegen ist heterozygoten Trägern von DPYD-Risikovarianten gemäss klinischen Leitlinien (https://www.pharmgkb.org/gene/PA145) eine tiefere 5-FU Dosis indiziert. Um eine Unterdosierung zu verhindern, wird zudem empfohlen, nach einer Dosisreduktion der 5-FU Plasmaspiegel zu überprüfen. Indikation: Zur Risikoabklärung bezüglich 5-FU assoziierter Toxizität vor einer Therapie mit 5-FU oder Capecitabin oder zur Abklärung der molekularen Ursache einer aufgetretenen 5-FU oder Capecitabin Toxizität. Testresultat: - Wildtyp: Keine der vier untersuchten Toxizität-assoziierten DPYD-Risikovarianten vorhanden. Kein Hinweis auf genetisch bedingtes erhöhtes Toxizitätsrisiko. Standarddosis von 5-FU oder Capecitabin, ggf. 5-FU Plasmaspiegel überprüfen. - Mutiert heterozygot: Eine mit 5-FU Toxizität assoziierte DPYDRisikovariante wurde gefunden. Erhöhtes Toxizitätsrisiko, Dosisreduktion von 50% (oder gemäss klinischen Leitlinien) mit anschliessender Überprüfung des 5-FU Plasmaspiegels empfohlen. - Mutiert homozygot oder compound heterozygot: In beiden Genkopien wurden mit 5-FU Toxizität assoziierte DPYDRisikomutationen gefunden. Stark erhöhtes Toxizitätsrisiko, Kontraindikation für 5-FU oder Capecitabin. Die Analyse zur Überprüfung des 5-FU Plasmaspiegels wird durch das Zentrum für Labormedizin Bern angeboten. Informationen zur Präanalytik: http://www.insel.ch/fileadmin/ikc/ikc_users/Pdf/Merkblatt_M y5-FU_Preanalytik_v1.pdf Voranmeldung und Bestellung Sample Stabilizer Kit: Zentrale Annahme ZLM, Tel: 031 632 29 79 Referenzen Froehlich et al. (2015) Int J Cancer 136(3):730-9 Meulendijks et al. (2015) Lancet Oncol 16(16):1639-50 Deenen et al. (2015) J Clin Oncol 34(3):227-34 Caudle et al. (2013) Clin Pharmacol Ther 94(6):640-5 Auskunft / Voranmeldung: Tel: 031 632 29 69, Fax: 031 632 48 62 Inselspital, Zentrum für Labormedizin, Clinical Genomics, Freiburgstrasse, CH-3010 Bern, www.zlm.insel.ch/fachgebiete/pharmacogenomics Prof. Dr. med. Martin Fiedler, Zentrumsleiter und verantwortlicher Laborleiter Pharmakogenetik, Telefon: +41 31 63 2 22 01, E-mail: [email protected] Prof Dr. phil. nat. Carlo Largiadèr, akademischer Fachverantwortlicher Pharmakogenetik, Telefon: +41 31 632 95 45, E-mail: [email protected] Version 2.1 (16.08.2016)