Vortragsfolien von Prof. Dr. Heiner Keupp

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Prof. Dr. Heiner Keupp
Erschöpfende Arbeit
Das erschöpfte Selbst - im Hamsterrad des
globalen Kapitalismus
Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe
„Frohes Schaffen?! – Neue Belastungen in der
Arbeitswelt am 27. Mai 2014 in Bremen
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Erschöpfende Arbeit
Summary
Der globalisierte Kapitalismus hat zu einer spürbaren Beschleunigung und Verdichtung der Abläufe in den beruflichen und privaten Lebenswelten geführt. Die deutlichen Belege für eine Zunahme von Burnout und Depressionen lassen sich als Hinweise auf diese Entwicklung
verstehen. Sie führen bei zunehmend mehr Menschen zu
dem Gefühl der Erschöpfung.
Die Antworten auf diese Probleme dürfen nicht in individualisierenden Strategien gesucht werden, sondern erfordern kollektive Aktionen.
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Gewinner und Verlierer der
Wirtschaftsentwicklung im
Vergleich
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Auf wessen Kosten
geht der Zuwachs
der ökonomischen
Profitraten?
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Leben am Limit und
darüber hinaus:
Burnout und Depressionen
als Volkskrankheiten No. 1
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Erschöpfende Arbeit
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DER SPIEGEL 3/2011
Erschöpfungsdepression –
was hilft gegen die
Volkskrankheit des
21. Jahrhundert?
„Beruflicher Stress, unendlicher Informationsfluss,
intensive Kommunikation als soziales Muss:
Die moderne Welt hat
uns mit ihren Pflichten
fest im Griff.
Wer sich selbst nicht fest im
Griff hat, läuft Gefahr,
auszubrennen. Macht
uns das moderne Leben
auf Dauer krank.“
DER SPIEGEL 30/2011
Der Ausweg?
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Erschöpfende Arbeit
Prof. Dr. Depressiv
Lehrende an deutschen
Hochschulen sind so
produktiv wie nie –
gleichzeitig häufen sich
psychische Probleme
DIE ZEIT vom 03.11.2011
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Und auch bei den
Studierenden nehmen
Depressionen und
Angststörungen zu!
Erschöpfende Arbeit
Mehr als schlechte Laune: Psychosoziale
Probleme nehmen deutlich zu.
Der SPIEGEL 4/2011 liefert folgende Daten:
4 Millionen Bundesbürger leiden an behandlungsbedürftigen Depressionen;
76 % Zunahme der Fehlzeiten aufgrund psychischer Störungen zwischen 1998 bis 2009; Robert Enke
(1977 – 2009)
38 % der Frühverrentungen 2009 erfolgten
wegen psychischer Störungen.
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Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen
am 27.12.2011 in der Saarbrücker Zeitung
„Es gibt ein Thema, das bislang viel zu kurz gekommen ist: die psychischen Belastungen in der
Arbeitswelt. Jeder dritte Bürger, der heute vorzeitig in Rente geht, tut das, weil er den Anforderungen seines Jobs psychisch nicht mehr gewachsen ist. Im Schnitt gehen die Leute mit
Robert Enke
Mitte Vierzig. Das ist für die Betriebe wie(1977
für die
– 2009)
Gesellschaft ein Riesenverlust. Allein die Behandlungskosten dafür belaufen sich auf geschätzte
27 Milliarden Euro im Jahr. Diese Zahlen sollten
aufrütteln.“
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Etappen zum Burnout und zur Depression
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Die Zahlen der
Krankenkassen:
Robert Enke
(1977 – 2009)
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BKK - Zunahme psychischer Störungen
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BKK – Krankheitstage durch Burnout
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Verschreibung von
Antidepressiva:
2009 wurden bei
Männern 119 Prozent,
bei Frauen 96 Prozent
mehr Tagesdosen als
im Jahr 2000
verschrieben.
Gesundheitsreport der TKK 2010
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Quelle: Betriebskrankenkassen 2009
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Quelle: Betriebskrankenkassen 2009
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Zwischenbilanz
Es ist notwendig, die inflationäre Verwendung der Diagnosen Burnout
oder Depression kritisch zu reflektieren. Die Hauptnutznießerin
dieser diagnostischen Gepflogenheit ist die Psychopharmaindustrie.
Unstrittig dürfte sein, dass immer mehr Menschen die Veränderungen
in ihrer Arbeits- und Alltagswelt als Herausforderungen und Belastungen erleben, die ihre Bewältigungsmöglichkeiten überschreiten. Die „Klinifizierung“ der daraus folgenden psychischen Probleme enthält die Gefahr der Individualisierung gesellschaftlicher Probleme.
Benötigt wird eine erklärungsfähige „Gesellschaftsdiagnostik“
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Von der Notwendigkeit einer
Gesellschaftsdiagnostik
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Erschöpfende Arbeit
Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
Eine historische Perspektive
Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
Eine historische Perspektive
Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Von der Melancholie zur
Depression:
Was mit der Klinifizierung
verloren gehen kann
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Theophrast fragte:
„Aus welchem Grunde sind alle
hervorragenden Männer, sei es,
dass sie sich in der Philosophie,
der Politik, der Poesie oder den
bildenden Künsten ausgezeichnet haben, offenbar
Melancholiker?“
Theophrast von Eresos 371
v. Chr.–287 v. Chr.
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Albrecht Dürer:
Melencolia I
1514
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Martin Luther in seinen
„Tischreden“:
„Satan est Spiritus tristitiae“.
Oder:
„Die Traurigkeit, die Epidemien
und die Melancholie kommen
vom Satan.“
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Lukas von
Cranach:
- 1532
Prof. Dr.
Heiner Keupp »Melancholie
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Ein Paradoxon
Die entstehende kapitalistische Gesellschaft hat eine
Norm durchgesetzt, nach der ein melancholischer
Habitus jede Wertschätzung verlor.
Gleichzeitig erzeugt der sich globalisierende Kapitalismus eine (Selbst-)Ausbeutung der Subjekte, die zu
einer dramatischen mentalen Erschöpfung führt,
die wiederum in einer Medikalisierung ihrer gesellschaftlichen Lesbarkeit entzogen wird.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
Eine historische Perspektive
Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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„Der Tod des Selbst“
„Es gibt wenig Bedarf für das innengeleitete ‘one-style-for-all’ Individuum.
Solch eine Person ist beschränkt,
engstirnig, unflexibel. (...) Wir feiern
jetzt das proteische Sein (...) Man
muss in Bewegung sein, das Netzwerk ist riesig, die Verpflichtungen
sind viele, Erwartungen sind endlos,
Optionen allüberall und die Zeit ist
eine knappe Ware.“
Quelle: Kenneth J. Gergen: The self: Death by technology (2000).
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Der „postmoderne Reinheitstest“
„Man muss in der Lage sein, sich von den grenzenlosen
Möglichkeiten des Verbrauchermarktes und der
von ihm propagierten ständigen Erneuerung verführen zu lassen; man muss sich freuen können
über die Chance, Identitäten anzunehmen und
wieder abzulegen und sein Leben auf der endlosen
Jagd nach immer intensiveren Glückserlebnissen
und immer aufregenderen Erfahrungen zu verbringen. Nicht jeder besteht diesen Test. Die dies
nicht schaffen, sind der ‚Schmutz‘ der postmodernen Reinheit.“
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Robert Jay Lifton, geboren 1926 in New
York, ist Professor für Psychiatrie und
Psychologie an der New York University
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Quelle:
Erasmus Francisci: Der Höllische Proteus,
oder Tausendkünstige Versteller [...].
Nürnberg 1690.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
Eine historische Perspektive
Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Die „Gewalt der Positivität“
Die Arbeitswelt setzt auf Eigenmotivation, Initiativgeist und Selbstverantwortung. Die Disziplinargesellschaft, von der Stechuhr regiert, wurde von der Leistungsgesellschaft abgelöst, in der jeder
sich konditioniert, als sei er sein eigener Unternehmer. Die „Negativität des Sollens“ hat sich zu einer viel effizienteren „Positivität
des Könnens“ entwickelt. Obamas millionenfach reproduzierter
Slogan „Yes, we can“ hat darin seine alptraumhafte Kehrseite.
Das sich selbst ausbeutende Subjekt ist Täter und Opfer zugleich,
Herr und Knecht in einer Person. Allgegenwärtige Werbesprüche
gellen wie zum Hohn in ihr nach: „Die Klage des depressiven Individuums ,Nichts ist möglich’ ist nur in einer Gesellschaft möglich,
die glaubt Nichts ist unmöglich.“
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Vertrauensarbeitszeit
Die Arbeitszeitkultur verändert sich von der kontrollierten Präsenzpflicht zur „Vertrauensarbeitszeit“.
Thomas Sattelberger (Personalvorstand der Telekom): „Ständige
Erreichbarkeit und Verfügbarkeit ist kein Zeichen von Leistungsfähigkeit.“
„Vertrauensarbeitszeit“ bedeutet, dass zwischen Vorgesetzten und
Mitarbeitern vereinbarte Ziele und Fristen von diesen in selbstbestimmter Zeiteinteilung erledigt werden können („management
by objectives“).
Hier übernimmt das Personal zunehmend die Last der unternehmerischen Verantwortung. Und ist der Gefahr der Selbstausbeutung ausgesetzt.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
Eine historische Perspektive
Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Die Grenzen der „unternehmerischen Anrufung“
und des „Subjektivierungsregimes“
„Weil die Anforderungen unabschließbar sind, bleibt
der Einzelne stets hinter ihnen zurück. (…) Im Unglück
der Depressiven wird die Kluft zwischen dem Anspruch
an die Individuen und ihren stets unzureichenden Anstrengungen sichtbar.“
„Depressive Erschöpfung (ist) die dunkle Seite der auf
Dauer gestellten Hyperthymie des unternehmerischen
Selbst.“
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Das „erschöpfte Selbst“ –
Denkanstoss von Alain Ehrenberg
Alain Ehrenberg will zeigen, dass depressive Verstimmungen,
Erschöpfung und Verzweiflung keine Unregelmäßigkeiten, sondern so etwas wie der unvermeidliche Schatten
des karriere- und selbstverwirklichungssüchtigen Selbst
der kapitalistischen Moderne um die Jahrtausendwende
sind.
Dieses Selbst wird gesteuert von der Annahme, dass alles
möglich sei. Und dass es ausschließlich in seiner Verantwortung liege, aus der Fülle der Möglichkeiten das je
eigene „gelingende“ Leben zu stricken. Ehrenberg hält
diese Behauptung nicht für richtig, sondern für mächtig.
Sie wirkt wie eine innere Stimme, die den Unzufriedenen
allerorten hämisch einflüstert, dass es anders hätte kommen können, wenn sie nur die richtige Wahl getroffen
hätten. Unter der Last der Verantwortung brechen die
solcherart malträtierten Selbste oft zusammen.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
Eine historische Perspektive
Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Der Zwang zur Selbstoptimierung
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Hartmut Rosa:
Der Beschleunigungszirkel
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„Wir wissen zu wenig über mögliche Langzeitschäden bei Gesunden, die solche Mittel einnehmen. Was wir aber wissen, ist: Solche Substanzen machen nicht nur wacher, sondern
auch unruhiger. Bei entsprechender Veranlagung können sie auch psychische Erkrankungen wie Psychosen oder Manien auslösen.
Und dann gibt es noch die Gefahr, abhängig
zu werden - verbunden mit unabsehbaren
Folgeschäden fürs Gehirn.“
Quelle: Interview mit der Frankfurter Rundschau vom 24. März 2010
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Erschöpfende Arbeit
These
In ihren Lebensformen passen sich die spätmoderne Subjekte der unaufhaltsamen Beschleunigungsdynamik des
globalen Kapitalismus an. Der gesellschaftliche und
berufliche Fitness-Parcours hat aber kein erreichbares
Maß, ein Ziel, an dem man ankommen kann, sondern es
ist eine nach oben offene Skala, jeder Rekord kann
immer noch gesteigert werden. Hier entsteht trotz –
oder gar wegen - der Wellness-Industrie keine Chance
eine Ökologie der eigenen Ressourcen zu betreiben, sondern in einem unaufhaltsamen Steigerungszirkel läuft
alles auf Scheitern und einen Erschöpfungszustand zu.
Die steigenden Depressionsraten sind der Beleg dafür.
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Erschöpfende Arbeit
Sebastian Deisler im Interview mit
dem Tagesspiegel vom 4.10.2007:
„Ich bin zu der Erkenntnis gelangt,
dass ich so, wie alles gelaufen ist,
nicht geschaffen war für dieses Geschäft. Am Ende war ich leer, ich
war alt, ich war müde. Ich bin so
weit gelaufen, wie mich meine
Beine getragen haben, mehr ging
nicht.
Ich möchte jetzt ein Leben führen,
das ich allein bestimme“.
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Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
Der Zwang zur Selbstoptimierung
Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Erschöpfende Arbeit
Was folgt aus der Analyse?
1. Subjekte einer individualisierten und globalisierten Gesellschaft können in ihren Identitätsentwürfen nicht mehr
problemlos auf kulturell abgesicherte biographische
Schnittmuster zurückgreifen. In diesem Prozess stecken
ungeheuere Potentiale für selbstbestimmte Gestaltungsräume, aber auch das Risiko und die leidvolle Erfahrung
des Scheiterns. Die Zunahme der Depression verweist auf
dieses Risiko. Sie ist aber nicht ein „Fluch der Freiheit“,
sondern verweist auf einen Mangel im „Handwerk der
Freiheit“.
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Erschöpfende Arbeit
Was folgt aus der Analyse?
2. Erforderlich ist eine Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Menschenbildannahmen . Die Figur des „unternehmerischen Selbst“ ist auf den kritischen Prüfstand zu stellen.
Sie verweist auf ein neoliberales Menschenbildes, das eine
maximierte Selbstkontrolle als Fortschritt anpreist. Ausbeutung und Entfremdung wird zunehmend weniger als
fremd gesetzter Zwang von Menschen erlebt, sondern wird
mehr und mehr zu einer Selbsttechnologie, zu einer Selbstdressur, die allerdings in den Ideologien des Neoliberalismus
in einem Freiheits- oder Autonomiediskurs daher kommt.
“.
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Erschöpfende Arbeit
Was folgt aus der Analyse?
3. Selbstsorge ist notwendig, aber die darf sich nicht in
individualisierten Überlebensstrategien erschöpfen,
die die eigene „Fitness“ steigern. Im Sinne der
Salutogenese geht es um die Erarbeitung von
sinnhaften Bewältigungsmustern und um die
Stärkung von Widerstandsressourcen.
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Erschöpfende Arbeit
Was ist psychische
Gesundheit?
Psychisch gesund ist ein Mensch, dem
es im Alltag gelingt, sich engagiert
und doch entspannt den Anforderungen zu stellen, der über eine
positive Einstellung zu sich selbst
und zu den eigenen Wirkungsmöglichkeiten verfügt, der Ziele verfolgt, in seinem Tun Sinn erfahren
kann und sich sozial aufgehoben
fühlt.
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Erschöpfende Arbeit
Salutogenese
Aaron Antonovsky 1923 - 1994
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Erschöpfende Arbeit
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Erschöpfende Arbeit
Das Kohärenzgefühl (SOC)
= eine globale Orientierung bzw. ein durchdringendes, andauerndes
aber dynamisches Gefühl des Vertrauens, dass
Sense of Coherence =
Kognition und Emotion
SOC
Verstehen
Dinge, die einem zustoßen strukturiert,
erklärbar und verstehbar sind
Beeinflussen
man über Ressourcen verfügt, die einem in die
Lage versetzen diese Dinge aktiv zu beeinflussen
Sinn sehen
diese Anforderungen Herausforderungen sind,
die Anstrengung und Engagement lohnen
Das Kohärenzerleben ist ein Teil jener individuellen Ressourcen, die einem helfen in schwierigen
Situationen Risiken anders begegnen zu können und beeinflusst maßgeblich das Wohlbefinden
und die psychische Gesundheit
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Erschöpfende Arbeit
Generalisierte Widerstandsressourcen
Im Individuum: organisch-konstitutionelle Widerstandsressourcen, Intelligenz, Bildung, Bewältigungsstrategien und Ich-Stärke, die nach Antonovsky eine der zentralen emotionalen Widerstandressourcen darstellt, als emotionale Sicherheit, als Selbstvertrauen und positives
Selbstgefühl in Bezug auf die eigene Person.
Im sozialen Nahraum: Zu den Widerstandsressourcen zählen aber auch
wesentlich die sozialen Beziehungen zu anderen Menschen. Diese beinhalten das Gefühl, sich zugehörig und „verortet“ zu fühlen, Vertrauen und Anerkennung durch für einen selbst bedeutsame Andere
zu erfahren und durch die Beteiligung an zivilgesellschaftlichem Engagement sich als selbstwirksam erleben zu können. Hinzu kommt
die Möglichkeit, sich Unterstützung und Hilfe von anderen Menschen
zu holen und sich auf diese zu verlassen.
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Erschöpfende Arbeit
Generalisierte Widerstandsressourcen
Auf gesellschaftlicher Ebene: Widerstandsressourcen entstehen durch
die Erfahrung von Anerkennung über die Teilhabe an sinnvollen
Formen von Tätigkeiten und ein bestimmtes Maß an Sicherheit,
mit diesen seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können (Verfügbarkeit über Geld, Arbeit, Wohnung….).
Auf der kulturellen Ebene: Widerstandsressourcen vermitteln auch
der Zugang zu kulturellem Kapital im Sinne tragfähiger Wertorientierungen (bezogen aus philosophischen, politischen, religiösen oder ästhetischen Quellen).
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Erschöpfende Arbeit
Auf salutogenetischer Grundlage gibt es neue Angebote, die Freude an der eigenen Tätigkeit wieder
zu gewinnen und das auf der Basis gelungener
Selbstsorge.
Ein Beispiel ist das Burnon-Zentrum in Düsseldorf, das
Menschen helfen will, wieder Feuer und Flamme zu
spüren.
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Erschöpfende Arbeit
Was folgt aus der Analyse?
4. Eine Strategie der universellen oder Verhältnisprävention muss
letztlich auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zielen
und dazu ist nicht nur die professionelle Arbeitsgestaltung
gefragt, sondern die aktive Beteiligung der Betroffenen,
denen bewusst ist, dass individuelle Selbstsorge nur im Rahmen kollektiver Interessenvertretung (z.B. in Selbsthilfegruppen, Netzwerken, Gewerkschaften, Attac) möglich ist.
Und es ist dringend notwendig, neue Formen des Arbeitsschutzes
zu entwickeln, die wirksame Antworten auf die wachsenden
psychischen Belastungen und Störungen in der Arbeitswelt
bilden.
Prof. Dr. Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie «
Erschöpfende Arbeit
Publiziert am 05. September 2013
Prof. Dr. Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie «
Erschöpfende Arbeit
Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen erklärt zu dieser
Stellungnahme
„Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften werden nun auf einer
gemeinsamen Basis Methoden und Wege erarbeiten, die Widerstandsfähigkeit gegen Stress und Burnout zu stärken. Es zahlt
sich sowohl für die Betriebe als auch
die Menschen
Robert
Enke aus, den
Schutz vor seelischen Gefahren ernst
zu nehmen.
(1977
– 2009) Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz bleibt für das Bundesarbeitsministerium Schwerpunktthema. Die Sozialpartner können sich darauf
verlassen, dass wir den Prozess mit aller Kraft unterstützen und
insbesondere Forschung wie Information zum Thema psychische
Gesundheit in der Arbeitswelt vorantreiben.“
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Erschöpfende Arbeit
Leitlinien zur Erfassung psychischer Belastungen in der Arbeitswelt
Quelle: Nationale Arbeitsschutzkonferenz 2012
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Erschöpfende Arbeit
Leitlinien zur Erfassung psychischer Belastungen in der Arbeitswelt
Quelle: Nationale Arbeitsschutzkonferenz 2012
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Leitlinien zur Erfassung psychischer Belastungen in der Arbeitswelt
Quelle: Nationale Arbeitsschutzkonferenz 2012
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Leitlinien zur Erfassung psychischer Belastungen in der Arbeitswelt
Quelle: Nationale Arbeitsschutzkonferenz 2012
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