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Therapie des Nierenzellkarzinoms
Der entnommene Tumor wird von den unseren Kollegen der Pathologie untersucht. Es gibt verschiedene
histologische Untergruppen und Wachstumsarten. Aus der Zusammenschau aus Gewebeuntersuchung
(Histologie) und Bildgebung wird das Stadium der Tumorerkrankung ermittelt. Ermittelt wird diese durch
verschiedene Klassifikationen.
TNM-Klassifikation
TNM für Nierenzellkarzinome nach UICC 2002
T-Stadium des Primärtumors
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
T1
Tumor <= 7 cm in größter Ausdehnung, begrenzt auf die Niere
T1a
Tumor 4 cm oder weniger in größter Ausdehnung
T1b
Tumor mehr als 4 cm, aber nicht mehr als 7 cm in größter Ausdehnung
T2
Tumor > 7 cm in größter Ausdehnung, begrenzt auf die Niere
T3
Tumor infiltriert größere Venen oder Nebenniere oder perirenale Invasion
T4
T3a
Tumor infiltriert Nebenniere oder perirenale Fettkapsel, aber nicht Gerota’sche
Faszie
T3b
Tumorausbreitung in Nierenvenen oder Hohlvene unterhalb des Zwerchfells
T3c
Tumorausdehnung in Hohlvene oberhalb des Zwerchfells
Tumorausdehnung über Gerota’sche Faszie hinaus
N – regionäre Lymphknoten
NX
Benachbarte (regionäre) Lymphknoten sind nicht beurteilbar
N0
Kein Anhalt für benachbarte Lymphknotenmetastasen
N1
Metastase in einem benachbarten Lymphknoten
N2
Metastase in mehr als einem benachbarten Lymphknoten
M - Metastasen
Mx
Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden
M0
Kein Anhalt für Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen (am häufigsten in der Lunge, im Skelett und in den Lymphknoten,
eher selten im Gehirn und in der Leber)
Operative Therapie
Therapie des lokal begrenzten Nierenzellkarzinoms
Diese Tumoren sind auf das Nierenparenchym begrenzt, unabhängig davon, ob sie nach außen
vorwölbend (exophytisch) wachsen oder komplett innerhalb des Nierengewebes
(intraparenchymal) liegen. Es besteht keine Ausbreitung in das Hohlsystem oder die großen
Gefäßen. Die Therapie eines lokal begrenzten Nierentumors strebt in erster Linie eine komplette
Entfernung des Tumors und damit eine Heilung an.
1. Die Standardtherapie und auch bei uns am häufigsten angewandte Behandlung ist die
operative Entfernung des bösartigen Befundes. Anhand der vorher durchgeführten Bildgebung
wird das operative Vorgehen geplant. Tumoren, die glatt begrenzt sind und weder das
Nierenbecken noch die großen Gefäße infiltrieren, können in der Regel aus dem gesunden
Nierengewebe ausgeschält wird, die restliche Niere aber erhalten bleibt. Somit ist nach der
Operation von keiner bleibenden Einschränkung der Nierenfunktion auszugehen. Der Eingriff
wird in unserer Klinik als offene OP über einen Flankenschnitt bei allen Nierentumoren
unabhängig von ihrer Größe durchgeführt, wenn dies technisch machbar ist. In der Regel
beträgt die OP-Zeit 1,5 – 2 Stunden und der Krankenhausaufenthalt etwa 5-7 Tage.
2. Bei kleinen, außen gelegenen Tumoren kann auch eine lokale Therapie in der hiesigen Klinik für
Diagnostische und Interventionelle Radiologie erfolgen. Hierbei wird der Tumor von außen
punktiert und mittels Hitze, Kälte oder Hochfrequenzwechselstrom behandelt. Diese Verfahren
sind insbesondere für Patienten geeignet, die aufgrund schwerer Begleiterkrankungen keinen
operativen Eingriff wünschen bzw. verkraften. Der Nachteil des Verfahren ist die fehlende
diagnostische Sicherheit, da keine Untersuchung des veränderten Gewebes durch den
Pathologen stattfinden kann und somit auch keine Sicherheit hinsichtlich der kompletten
Entfernung gegeben werden kann.
3. Für Patienten, bei denen entweder primär keine OP geplant werden kann oder bei denen ein
sehr kleiner Tumor < 2cm diagnostiziert wurde, ist die aktive Surveillance eine Option. In
verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass Tumoren < 2cm oftmals relativ niedrigmaligne, also wenig aggressiv sind und nur langsam wachsen. Daher kann man bei diesen
kleinen Befunden und peripherem Wachsen eine regelmäßige Überwachung mittels CT oder
MRT initiieren. Sollte dann das Tumorwachstum stark zunehmen oder die Bildgebung neue
Aspekte im Tumorverhalten zeigen, so kann dann in zweiter Linie eine operative Therapie
durchgeführt werden.
4. In einigen Fällen ist auch eine Active Surveilance, also eine aktive Überwachung des
Tumorverhaltens ohne sofortige Intervention zur Auswahl.
Therapie des lokal fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms
Hierunter fallen Tumore, die das Nierenbecken infiltrieren oder sogenannte Thromben
(=Blutgerinnsel) in die Nieren- oder Hohlvene ausbilden. Solch ein Prozess kann nur mittels einer
radikalen, kompletten Entfernung der betroffenen Nieren geheilt werden.
Auch hier würde der Eingriff bei Tumorthromben in der Nierenvene über einen offenen
Flankenschnitt erfolgen. In der Regel beträgt die OP-Zeit 1,5 – 2 Stunden und der
Krankenhausaufenthalt etwa 5-7 Tage.
Postoperativ ist zunächst von einer Verschlechterung der Nierenfunktion auszugehen. In der Regel
wird die Funktion aber von der Gegenniere komplett kompensiert, so dass von keiner
längerfristigen Funktionseinschränkung auszugehen ist. Ein Nierenersatzverfahren (Dialyse) ist nur
in Fällen einer bereits bestehenden oder gleichzeitig auftretenden Erkrankung der Gegenniere
notwendig.
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren sind die Active surveillance und Ablation (oben beschrieben)
keine Therapieoptionen.
Therapie metastasierter Tumoren
Liegen bei der Erstdiagnose eines Nierenzellkarzinoms bereits Absiedlungen in anderen Organen
oder Lymphknoten vor, so spricht man von primär metastasierten Karzinomen.
Bei gutem Allgemeinzustand und einem nur geringen Befall anderer Organe, wird die
tumortragende Niere dennoch entfernt, um die gesamt Tumorlast im Körper zu senken
(sogenannte Zytoreduktion). Davon abzugrenzen ist die palliative Nierenentfernung, bei der die OP
nur dem Zwecke der Symptomlinderung dient. In einem zweiten Teil wird dann eine
Systemtherapie zur Bekämpfung der Streuherde begonnen. Lokal begrenzte, gut zugängliche
Metastasen können ggf. ebenfalls operativ behandelt werden.
Medikamentöse Therapie
Medikamentöse Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms
Ist es zur Streuung des Krebses nach ursprünglich erfolgreicher Therapie gekommen oder lagen
bereits Absiedlungen bei der ersten Diagnosestellung vor, gibt es weitere Möglichkeiten der
Behandlung.
Wie oben bereits erwähnt, können einzelne, gut zugängliche Metastasen operativ entfernt werden,
die meisten Patienten werden jedoch systemisch medikamentös behandelt werden.
Im Gegensatz zu anderen Krebserkrankungen existiert für die Niere keine klassische
Chemotherapie, sondern es werden klassische Immuntherapie, targeted therapy (zielgerichtete
Therapie) oder neuerdings Immunregulative Therapien eingesetzt.
Um die bestmögliche Therapie zu entscheiden, werden auch im metastasierten Stadium
Risikogruppen gebildet. Die Einteilung erfolgt nach den Motzer-Kriterien:
Risikofaktor
Grenzwert
niedriger Karnofsky-Index
< 80 %
hohe LDH
> 1,5fache der Norm
niedriges Hb
< unterer Normwert
hohes korrigiertes Kalzium
> 10 mg/dl
Zeit von Tumornephrektomie zur Metastasenentstehung
< 1 Jahr
Niedriges Risiko (0 Risikofaktoren): Mittlere Überlebenszeit (MÜZ) von 30 Monaten.
Mittleres Risiko (1–2 Risikofaktoren): MÜZ von 14 Monaten.
Hohes Risiko (3 und mehr Risikofaktoren): MÜZ von 5 Monaten.
Die klassische Immuntherapie mit Interferon-α oder Interleukin-2 wird aufgrund relativ
ausgeprägter Nebenwirkungen und der nun verfügbaren neueren Medikamente quasi nicht mehr
angewendet.
Die gebräuchlichsten und am besten untersuchte Wirkstoffklasse sind die
Thyrosinkinaseinhibitoren und mTOR-Inhibitoren. Diese sogenannten targeted therapies
funktionieren über die Blockade von Wachstumsfaktorrezeptoren, wodurch die Neubildung von
Tumorzellen gehemmt werden soll. Bis auf den mTOR-Inhibitor Temsirolimus werden alle
Medikamente oral in Tablettenform eingenommen, so dass zur Therapie kein
Krankenhausaufenthalt notwendig ist. Temsirolimus wir ambuant intravenös verabreicht.
Unter targeted therapy fällt auch die Behandlung mit VEGF-Antikörpern, Bevacizumab +
Interferon. Aufgrund der relativ aufwändigen Verabreichen (intravenös und subcutane
Selbstinjektionen) und dem Nebenwirkungsprofil wird diese Therapie nur selten eingesetzt.
Das neueste Medikament zur Behandlung des metastasiertem Nierenkarzinoms ist der PD-1Inhibititor Nivolumab. Hierbei handelt es sich um einen Antikörper, der den sogenannten
programed death receptor-1 (PD-1) blockiert. Er bindet an den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen und
hemmt die Interaktion mit den Liganden PD-L1 und PD-L2 auf den Tumorzellen. Somit ist es
ein immunstimulierender und indirekt antitumoraler Wirkstoff.
Die genaue Sequenz und die Frage, für welchen Patient in welcher Situation welcher Wirkstoff am
besten ist, konnte bislang noch nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Letztendlich wird die
Therapieentscheidung von vielen verschiedenen Faktoren abhängen, Ihrem Allgemeinzustand,
bereits erfolgten Therapien, Risikoprofil und letztendlich der Verträglichkeit der Medikation und
unserer persönlichen Erfahrung.
Nachsorge
Nachsorge
Ihr Tumor wurde nun erfolgreich therapiert – wie geht es weiter?
In Abhängigkeit von o.g. Klassifikation kann Ihre Erkrankung jetzt noch in verschiedene
Risikoklassen zur Einschätzung eventuell später auftretender Metastasen eingeteilt. Die
Klassifikation erfolgt nach dem Mayo Scoring System:
Risikofaktor
T-Stadium
Tumorgröße
Lymphknotenstatus
Grading
Tumornekrosen
Nachsorgeschema
Punkte
T1a
0
T1b
2
T2
3
T3-4
4
< 10 cm
0
> 10 cm
1
pNx/pN0
0
pN1-2
1
1-2
0
3
1
4
3
keine
0
Nekrose
1
Risikoklasse
6
Mon.
1.
J.
2.
J.
3. J.
4. J.
5.
J.
> 5 Jahre
Niedrig
(0-2 Pkt.)
US
CT
CT
CT
US
CT
Nachsorge
beendet
Mittel
(3-5 Pkt.)
CT
CT
CT
US
CT
CT
CT alle 2
Jahre
Hoch
(> 5 Pkt.)
CT
CT
CT
CT
CT
CT
CT alle 2
Jahre
CT = Computertomographie von Thorax und Abdomen; wahlweise auch MRT
US = Ultraschall des Bauchraums, der Niere(n) und der Nierenloge
Zusätzlich sollten bei jeder Vorstellung die Blutwerte Blutbild, Elektrolyte, Nierenwerte, AP, LDH
bestimmt werden.
Nachsorge unter Active surveillence
Individuelle Überwachung je nach Lage und Größe des Tumors zwischen halbjährlich und jährlich
mittels CT-Abdomen +/- Thorax.
Blutuntersuchung: Blutbild, Elektrolyte, Nierenwerte, AP, LDH
Nachsorge unter Systemtherapie bei metastasiertem Nierenzellkarzinom
3 monatige CT Thorax Abdomen ggf. weitere bildgebende Diagnostik.
Engmaschige Kontrolle des Blutbilds, der Leber-, Schilddrüsen- und Nierenwerte, sowie von
Blutdruck und Blutzucker,
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