Nierentumor Einleitung In Tirol erkranken ca. 100 Personen/Jahr an einem Nierentumor. Diese Tumore sind zu 95 % bösartig (= Nierenkrebs/Nierenzellkarzinom) und können Metastasen (Tochtergeschwülste) bilden. Österreichweit sterben ca. 400 Patienten/Jahr an einem Nierenzellkarzinom. Die Häufigkeit des Auftretens von Nierentumoren nimmt in den Industrieländern zu. Männer sind etwa 1,5- mal häufiger betroffen als Frauen; das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 61 Jahren. Als Ursachen für die Tumorentstehung sind Umweltgifte (Schwermetalle z. B. Cadmium, Blei, Lösungsmittel, Teer, petrolchemische Substanzen), Nikotinmissbrauch und die ständige Einnahme bestimmter Schmerzmittel bekannt (z.B. Phenacetin). Ein höheres Tumorrisiko haben auch Übergewichtige und Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion. Auch genetische Veränderungen werden als Ursache vermutet. gesicherte Risikofaktoren: langandauernde Niereninsuffizienz, Krankheit, Nierentumor in der Familie, Tuberöse Sklerose Hippel-Lindau`sche Prognose Je früher ein Nierentumor gefunden wird, umso größer sind die Chancen geheilt zu werden. Heute werden Nierentumore durch eine Ultraschalluntersuchung oft zufällig und in einem frühen Stadium entdeckt, sodass eine Operation (Entfernung der Niere oder des tumortragenden Teils der Niere) eine Heilung bedeutet. Wenn bei Diagnosestellung Metastasen (Tochtergeschwülste) vorhanden sind, ist eine Heilung unwahrscheinlich. Dennoch sind in den letzten Jahren mehrere Therapiemöglichkeiten entwickelt worden, die den Krankheitsverlauf verzögern können. Symptome Die früher als typisch betrachteten Symptome Flankenschmerz, tastbarer Tumor und Blut im Urin werden heute nur noch selten bei sehr großen Tumoren angetroffen. Unspezifische Symptome sind Müdigkeit, Gewichtsverlust und Blutarmut. Arten der Nierentumore Beim Nierenzellkarzinom werden verschiedene histologische Subtypen unterschieden, die in unterschiedlicher Häufigkeit vorkommen und durch jeweils andere Genveränderungen gekennzeichnet sind: Histologie Häufigkeit (%) verändertes Gen Klarzell 75% VHL-Suppressor-Gen Papillär 1 Gesamt: 12% C-Met-Onkogen Papillär 2 Fumarat-Hydratase-Gen Chromophob 5% Birt-Hogg-Dube(BHD)-Gen Ductus Bellini <1% - Unklassifiziert 3-5% - Onkozytom 4% Birt-Hogg-Dube(BHD)-Gen Der häufigste gutartige Tumor ist das Angiomyolipom Diagnostik • • • Sonographie (Ultraschall): Die meisten Nierentumore werden heute sonographisch entdeckt - oft als Zufallsbefund. Diese Untersuchung ist für die frühe Erkennung des Nierenzellkarzinoms sehr geeignet, da sie relativ einfach durchgeführt werden kann und praktisch nebenwirkungsfrei ist. Sonographisch lassen sich sehr sicher ungefährliche Nierenzysten (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume) von verdächtigen tumorösen Raumforderungen unterscheiden. Die Computertomographie (CT) bietet die höchste Treffsicherheit (mindestens 95 Prozent) bei der Unterscheidung zwischen einem gutartigen und einem bösartigen Tumor der Niere. Die Computertomographie gibt ebenfalls Informationen über die Ausdehnung des Tumors sowie mögliche Streuung in die Leber oder Lymphknoten. Nur im Einzelfall kann eine Gewebeprobeentnahme (z.B. wenn die Bildgebung nicht eindeutig ist) hilfreich sein. Therapie Die Behandlung richtet sich nach dem Krankheitsstadium. Entscheidend sind neben der Größe des Tumors bzw. der Ausbreitung von Metastasen auch das Alter, der Allgemeinzustand des Patienten und das Vorliegen von Begleiterkrankungen. Beim Nierenzellkarzinom ist die operative Therapie derzeit die einzige Behandlungsoption die eine Heilung möglich machen kann. Chemo-, Strahlen- und Hormontherapien sind weitgehend wirkungslos. Hat ein Tumor bereits in andere Organe gestreut, kann die Entfernung des ursprünglichen Tumors dennoch ein sinnvoller Schritt sein um die Tumormasse im Körper zu verringern. • • Nierenentfernung: Niere mit umgebender Fettkapsel und Lymphknoten werden entfernt. Nierenerhaltende Operationen: bei kleinen Tumoren, Einzelnieren, beidseitigen Tumoren, Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Eine ausschließliche Entfernung des Tumors unter Erhalt der Niere kann bei kleinen Tumoren bis etwa 4 cm Größe durchgeführt werden. Bei größeren Tumoren wird eine sogenannte organerhaltende Operation nur durchgeführt, wenn die andere Niere nicht ausreichend funktioniert (wird vor der Operation festgestellt). Nach der Operation übernimmt die andere Niere nach einer gewissen Anpassungszeit völlig ausreichend die Funktion der Blutreinigung. Organerhaltende Operationen wie auch die Nierenentfernung können über Flanken- oder Bauchschnitt oder laparoskopisch durchgeführt werden. Gerade an unserer Abteilung wird die Laparoskopie („Knopflochchirugie“) seit Jahren als Standartmethode durchgeführt. Daher können wir diese schonende Operationstechnik den meisten unserer Patienten anbieten, was die Lebensqualität entscheidend positiv beeinflusst. An unserer Abteilung ist auch die Roboter assistierte Laparoskopie mit dem Da Vinci System verfügbar. Bei großen, inoperablen Tumoren mit Blutungskomplikationen oder einem unvertretbar hohem Operationsrisiko für schwerkranke Patienten kann eine Embolisation der Nierenarterie sinnvoll sein. Darunter versteht man den Verschluß des zuführenden Blutgefäßes zur Niere durch einen Katheter, der unter Röntgenkontrolle von der Leiste über die Beckenarterie in die Nierenarterie vorgeschoben wird. Diese wird dann durch Metallspiralen - im Gefäß plaziert - verschlossen. Durch die fehlende Blutversorgung kann der Tumor nicht weiterwachsen oder bildet sich sogar zurück. Leider ist die Wirkung meist nicht dauerhaft, da sich der Tumor neue Wege zur Blutversorgung schafft. Beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom galt lange Zeit eine Immuntherapie als Standardtherapie, wobei mit Interferon-α (IFN-α) und Interleukin-2 (IL-2) behandelt wurde. Mit der Einführung der „Targeted Therapies“ vor einigen Jahren ist eine neue Ära in der systemischen Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms angebrochen. Neue, zielgerichtete Substanzen greifen in verschiedene Signalwege des Tumorstoffwechsels ein und wirken deshalb gezielt gegen bösartiges Gewebe. Prinzipiell sind hier verschiede Klassen von Antikörpern wie … VEGF-Antikörper: z.b. Bevacizumab (Avastin®) Tyrosin- bzw. Multikinase-inhibitoren (TKI): z.B. Sunitinib (Sutent®), Sorafenib (Nexavar®) und Votrient (Pazopanib®) mTOR-Hemmer: z.B. Temsirolimus (Torisel®), Everolimus (Afinitor ®) ….zu unterscheiden. Es handelt sich entweder um Tabletten die zu Hause eingenommen werden können, oder um regelmäßig zu verabreichende Infusionen. Allerdings ist die regelmäßige Vorstellung bei onkologisch erfahrenen Urologen notwendig, um häufig auftretende Nebenwirkungen zu vermeiden und zu therapieren.