Interdisziplinarität am Beispiel Onkologie: Verbessern Zentren die Indikationsstellung? Dirk Jäger Medizinische Onkologie Nationales Centrum für Tumorerkrankungen g Universitätsklinik Heidelberg Diagnose Krebs Welchen Krebs habe ich? Welches Stadium (wie weit fortgeschritten)? Ist das heilbar? Ist das behandelbar? Welche Behandlung kommt auf mich zu? W bedeutet Was b d t t das d fü für mich? i h? Was bedeutet das für mein Leben? Für meine Familie? Meinen Beruf? Externe Kollegen Abteilungen im Uniklinikum Interdisziplinäre Ambulanz NCT KID T Tumorregister i t Tumorboard/TuSOP Studienzentrale Biobank Psychoonkologie Sozialdienst Therapie: -SOP SOP -Individuell -Studie Rücküberweisung an Kollegen Ernährung Sportprogramm Behandlung im NCT Interdisziplinäre Behandlung/Beratung • • • • • Immer mehr Behandlungskonzepte sind multimodal (Kombination aus medikamentöser Therapie, Strahlentherapie, Operation) Diagnostik und Therapie sollte anhand fachübergreifender abgestimmter b ti t Al Algorithmen ith erfolgen. f l Komplexe Krankheitssituationen erfordern die fallbezogene Diskussion über die wahrscheinlich optimale p Therapie p Überprüfung/Optimierung von externen Befunden Die interdisziplinäre Diskussion verändert 10-15% aller Therapieentscheidungen!!! Onkologie heute Präklinische Forschung: • Molekulare Mechanismen der Tumorentstehung, Progression und Metastasierung werden immer besser verstanden • Exponentielle Entwicklung von Technologien zur molekularen und immunologischen Charakterisierung von individuellen Tumoren Klinische Versorgung: • Die meisten Behandlungsindikationen beruhen auf rein histomorphologischen Informationen • Medikamentöse Therapien gelten als wirksam bei Ansprechraten von 40-50% 40 50% • Adjuvante Therapien wirken bei 5-20% aller adjuvant behandelten Patienten • Prädiktive Marker fehlen weitgehend Onkologie heute Klinische Forschung: • Nach wie vor dominieren Studien, in die Patienten aufgrund einer rein morphologischen Diagnose eingeschlossen werden • Klassische Zulassungsstudien: Therapie p A R N>1000 • • • Therapie A + B Zulassung wenn A + B signifikant überlegen Phänomen `Response´oder `Non Response´molekular nicht verstanden Wirkmechanismen vieler zugelassener Substanzen nur zum Teil verstanden Onkologie heute Forderung: • Onkologische Forschung muss zum Ziel haben, den Wirkmechanismus unserer Therapien (experimentelle und zugelassene wie Chemotherapie) besser zu verstehen • Wir müssen verstehen, warum Patienten auf eine Therapie p ansprechen bzw. nicht ansprechen • Damit lassen sich Patienten besser für individuellere Therapien selektionieren • Molekulare Charakterisierung individueller Patienten muß fester Bestandteil von klinischen Studien werden. • Etablierung prognostischer/prädiktiver Marker für den Einsatz in der onkologischen Versorgung Klinische Situation beim metastasierten CRC • • • • Chemotherapie + mAb (VEGF oder EGFR) Standard Ansprechraten etwa 50% PFS 8-10 Monate OS 20-24 Monate Bokemeyer et al, European Journal of Cancer, 2012 Beide Patienten erhielten FOLFIRI+ Cetuximab: - Patient 1 hatte eine CR nach 4 Zyklen - Patient 2 war unter Therapie schnell progredient - PFS 16 Monate für Patient 1 - OS 48 Monate versus 4 Monate How do we know? Beide Patienten erhielten FOLFIRI+ Cetuximab: - Patient 1 hatte eine CR nach 4 Zyklen - Patient 2 war unter Therapie schnell progredient - PFS 16 Monate für Patient 1 - OS 48 Monate versus 4 Monate • Histologie: • Moderat M d t diff differenziertes i t Ad Adenocarcinom, i G2 • Mutationen: • Kras K wild ild ttype • Braf Wild type • Lab: • CEA 6 versus 7,6, LDH normal, sonst keine Auffälligkeiten % Patients Prognose von Patienten mit Coloncarcinom Prognose von Patienten mit Coloncarcinom % Pa atients Tumor infiltrierende `memory´´ T Zellen Galon et al., Science, 2006 B d t Bedeutung • Tumor infiltrierende T Zellen (TILs) sind prognostisch relevant Tumor-infiltrierende beim Coloncarcinom • Die aktuellen Leitlinien geben vor, dass alle Patienten im Stadium III eine adjuvante Chemotherapie erhalten sollen • Welche Patienten profitieren von adjuvanter Therapie? % Patients T cells Tumor infiltrating memory memory-T CRC Lebermetastasen: Invasionsgrenze I Invasive i Margin M i (CD3 staining) Sehr unterschiedliche Dichte an T-Zellen an der Invasionsgrenze zwischen verschiedenen Patienten T Zellinfiltrate an der Invasionsgrenze CD3 Fä Färbung b zweier i resezierter i t Metastasen von zwei unterschiedlichen Patienten... …zeigt zeigt sehr unterschiedliche T-Zelldichte an der Invasionsgrenze Grid construction for tumor tissue (each square being 1 mm²) Whole-slide scanning technology and automated high-throughput i immunohistochemical hi t h i l evaluation l ti off complete l t titissue sections ti (Hamamatsu TIGA Center) Halama et al. Cancer Immunity 2009 Halama et al. Anal Quant Cytol Histol. 2010 Halama et al al. Cancer Res 2011 Halama et al. Clin Cancer Res 2011 T-Zellinfiltrate an der Invasionsgrenze: `Density Score´ 0 1 2 3 4 4 Korrelation Density Score & Klinischer Verlauf Score basierend auf T-Zelldichte (CD3, CD8, GranB), training set: Universitätsklinikum Heidelberg validation set: SLK Heilbronn Halama et al., Cancer Res. 2011 Sep 1;71(17):5670-5677 Exploratory Kaplan-Meier Plots PFS p<0.001 p<0.001 Logrank test Logrank test OS Halama et al., Cancer Res. 2011 Sep 1;71(17):5670-5677 Korrekte Vorhersage des Ansprechens auf Chemotherapie bei 57 von 66 Patienten (86%) Cave: z.T. Nadelbiopsien mit W i `invasive Wenig `i i margin i ´ Halama et al., Cancer Res. 2011 Sep 1;71(17):5670-5677 Kombinierte Analyse: „Cytokine Cytokine profiling & Cell composition“ composition IL-4 IL-4 IL-4 IL-2 IL-2 IL-6 IL 2 IL-2 IL-6 IL 2 IL-2 IL-10 IL-10 IL-10 IL-10 Human Genome Project Ziel: • Entschlüsselung aller menschlichen Gene (30 000) • Sequenzierung von 3 x 1010 Basenpaaren • Wenn 3 Basenpaare für einen Buchstaben stehen, auf eine Buchseite 1000 Buchstaben passen passen, so ist die Sequenzierung eines Genoms mit dem Lesen von 1000 Büchern mit je 1000 Buchseiten vergleichbar Genome in a day..... y for 1000 €...... St t i Strategie StrahlenChirurgie therapie Medikamente th i Host Tumor Tumor Charakterisierung: - Genexpression - Genom - Epigenetik Patientenselektion für Individuelle Therapie Perspektive Onkologie • Wir müssen dringlich die Lücke zwischen Erkenntnisgewinn aus Grundlagenforschung und klinischer Versorgungsrealität schliessen • Wir brauchen deshalb Zentren, die über grosse Expertise in Grundlagenforschung, klinischer Forschung und klinischer Versorgung haben. • Diese Zentren haben die Aufgabe, systematisch Forschung in die Patientenversorgung zu integrieren. • Neben der morphologischen Diagnostik muss die molekulare und immunologische Charakterisierung unserer Patienten mehr zur Routine werden. Perspektive Onkologie • Unsere Indikationsstellungen werden mehr und mehr Patienten-individuelle molekulare Information berücksichtigen und präziser werden. • Wir werden mehr in Diagnostik investieren müssen um erhebliche Ressourcen zu sparen, die wir an unnötigen Therapien heute verbrauchen • Dieser Prozess der Translation erfordert talentierte Onkologen/Wissenschaftler und Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen. • Wir leisten uns heute in der adjuvanten Therapie (z.B. Mammacarcinom, Coloncarcinom, etc), dass wir weit über 80% d der P Patienten i unnötig ö i chemotherapieren!!!! h h i !!!! Vielen Dank!