Vorlesung: Affektive Störungen I Michael Deuschle [email protected] Fragen zur letzten Vorlesung ? Affektive Störungen • • • • Störungen der Emotionen und Gefühle Erkrankungen der Stimmung „Gemütskrankheiten „mood disorders Depression Krankhaft niedergedrückte Stimmung > 2 Wochen Manie Krankhaft gehobene Stimmung > 1 Woche Wer versorgt ambulant psychiatrische Patienten ? 3.28 von 9.92 Millionen Versicherter von Ersatzkassen und Dt. Rentenversicherung mit psych. Erkrankungen 98 % wiesen mindestens eine somatische Diagnose auf Gaebel, Kowitz, Fritze, Zielasek; Dt. Ärzteblatt Ablauf der Vorlesung Affektive Störungen I 1. Depression erkennen 2. Verlaufstypen erkennen 3. Klinische Subtypen erkennen 4. Epidemiologie 5. Konsequenzen affektiver Störungen 6. Psychologische Aspekte bei Depressionen 7. Neurobiologische Aspekte bei Depressionen Depressionen erkennen: Beschwerden der Depression – Psalm 38 Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe und nichts Heiles an meinen Gebeinen. Hypochondrische Idee Denn meine Sünden gehen über mein Haupt. Wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden. Schuld- / Versündigungsidee Insuffizienzidee ? Energiemangel ? Somatische Symptome ? Ich gehe krumm und sehr gebückt. Den ganzen Tag gehe ich traurig einher. Den meine Lenden sind ganz verdorrt. Durchgehende Verstimmung Libidostörung Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe. Ich bin matt geworden und ganz zerschlagen. Müdigkeit / Energieverlust Ich schreie vor Unruhe meines Herzens. Innere Unruhe / Anspannung Mein Herz erbebt, meine Kraft hat mich verlassen, und das Licht meiner Augen ist auch dahin Meine Lieben und Freunde scheuen zurück vor meiner Plage; meine Nächsten halten sich ferne. Die mir nach dem Leben trachten, stellen mir nach; und die mein Unglück suchen, bereden, wie sie mir schaden: sie sinnen auf Trug den ganzen Tag. Beeinträchtigungsidee ?! Ich bin wie taub und höre nicht, und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht auftut. Ich muss sein wie einer, der nicht hört und keine Widerrede in seinem Munde hat. Sozialer Rückzug ? Denn ich bin dem Fallen nahe und mein Schmerz ist immer vor mir. Todes- / Suizidgedanken Depressive Syndrome (ICD-10) • Gedrückte Stimmung • Interessenverlust / Freudlosigkeit • Verminderung des Antriebs • • • • • • • Konzentration / Aufmerksamkeit Selbstwertgefühl / -vertrauen Gefühl von Schuld / Wertlosigkeit Neg. / Pessimistische Perspektive Suizidgedanken / -handlungen Schlafstörung Verminderter Appetit • • • • (Libidominderung) (Insuffizienzerleben / Angst) (psychomotorische Störung) (körperliche Symptome) Was unterscheidet Depression von alltäglicher Verstimmung ? Dauer Depressionen halten mindestens zwei Wochen an. Durchgängigkeit Schlechte Laune kommt und geht – Depressionen halten durchgehend an. Alltagsbeeinträchtigung Depressionen erschweren erheblich die Alltagsbewältigung. Abgrenzung Persönlichkeitsstörung Aktueller Zustand klar abgrenzbar von früheren Zuständen = episodischer Charakter. Epidemiologie in Deutschland • Rund 5% der Bevölkerung leiden gegenwärtig unter einer depressiven Erkrankung • Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer ca. 5% • Erkrankung betrifft alle Gesellschafts- und Altersgruppen Ca. jede 4. Frau und jeder 8. Mann erkranken im Laufe des Lebens an einer Depression. Die verschiedenen Ebenen der Depression Psyche Körper Verhalten Merkmale einer Depression: Psychische Symptome Denken, Fühlen, Motivation sind beeinträchtigt Niedergeschlagenheit Gefühl der Sinnlosigkeit Interesselosigkeit Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit Gefühl der Gefühllosigkeit Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Suizidgedanken Merkmale einer Depression: Verändertes Verhalten Sozialer Rückzug Psychomotorische Hemmung / Agitiertheit Veränderte (Körper) - Sprache Antriebslosigkeit / Apathie Suizid, Suizidversuche, Suizidankündigungen Merkmale einer Depression: Körperliche Symptome Gewichtsabnahme, verminderter Appetit Schlafstörungen: Durchschlafstörungen, Morgentief Druck- und Engegefühl im Hals und über der Brust Schweißausbrüche, Herzklopfen, rheuma-ähnliche chronische Schmerzzustände Sexuelle Lustlosigkeit Kraftlosigkeit und fehlende Frische, rasche Erschöpfbarkeit Beschwerdeprofil von Depressionspatienten beim Hausarzt: häufig nicht erkannt ! 31% andere 69% körperliche Beschwerden Kopfschmerz Rückenschmerz Nackenverspannungen 69% der Patienten mit Depression suchen ihren Hausarzt ausschließ-lich aufgrund von körperlichen Beschwerden im Rahmen der Depression auf Erschöpfung Herzklopfen Beklemmungen in der Brust Abdominelle Beschwerden Magenbeschwerden Schwindel Simon et al. (1999): Studie an 1146 Patienten Depression: Risiko für rezidivierenden Verlauf 1 Episode 50% 2 Episoden 80% - 90% 3 Episoden >90% Kupfer DJ. J Clin Psychiatry. 1991;52(suppl 5):28-34. Depressive Episode, monophasisch (unipolare Depression; ICD-10: F32) Zeit dauerhaft beschwerdefrei durchschnittl. Dauer einer Episode: 4-8 Monate Wiedererkrankungsrate > 50 % Rezidivierende depressive Episoden (unipolare Depression, ICD-10: F 33) Kennzeichnend: wiederkehrende depressive Episoden Lebenszeitprävalenz: Frauen 20 %; Männer 10 % Erstmanifestation: Adoleszens - Senium Episodendauer: meist mehrere Monate Mittlere Episodenzahl: 4 - 6 Suizidalität beachten ! Rezidivprophylaxe ! Antidepressiva und / oder Verhaltenstherapie Dysthymie (neurotische Depression; ICD-10: F 34) Chronische depressive Verstimmung > 2 Jahre Geringerer Schweregrad als bei Depression Häufige Erkrankung (ca. 5 % der Bevölkerung) Meist können noch wesentliche Alltagsanforderungen erfüllt werden. Häufig übersehene Diagnose ! Psychotherapie (Cognitive Behavioral Analysis System Psychotherapy, CBASP) und / oder Antidepressiva Anpassungsstörung Depressives Syndrom Schweregrad oder Zeitkriterium für Depression nicht erreicht In zeitlichem Zusammenhang mit Belastungssituation Krisenintervention Ggf. Einleitung von Psychotherapie Organisch und Substanz-bedingte Depression = wichtigste Differentialdiagnosen Depression als Folge anderer Erkrankung - 8 % bei Niereninsuffizienz - 25 % nach Herzinfarkt - 60 % bei Cushing-Erkrankung - bei Substanzmißbrauch - bei Demenz - bei Schilddrüsenerkrankungen - bei Infektionen Depression als Folge von Substanzen Corticoide, Reserpin, fraglich ß-Blocker... Konsequenzen: - immer Therapie der Grundkrankheit - zusätzliche antidepressive Therapie - bei Depression immer körperliche Ursachen ausschließen Haben Sie Hochphasen - oder nicht ? Bipolare affektive Störung (Manisch Depressive Erkrankung; ICD-10: F 31) Wiederkehrende depressive und manische Episoden Seltenere Erkrankung (ca. 1 - 2 % der Bevölkerung bipolar I) Erstmanifestation: häufig ca. 20 Lebensjahr Mittlere Episodenzahl: 10 Frauen und Männer gleichermaßen betroffen Komplizierte Pharmakotherapie ! Gehört in die Hand des Facharztes ! Melancholischer Subtyp (DSM-IV) ...mit somatischen Symptomen (ICD-10) Konzept: „biologische , schwer ausgeprägte Depression Biologie: recht hohe Rate von DST non-suppression Klinik (mindestens 4 der folgenden): Anhedonie Fehlende Reagibilität gegenüber angenehmen Stimuli Frühmorgendliches Erwachen > 2 h Morgentief Psychomotorische Störung: meist Hemmung Deutlicher Appetitverlust Deutlicher Gewichtsverlust > 5% Therapie: „dual wirksame Antidepressiva wirksamer als SSRI ? (Mirtazapin, Venlafaxin, Trizyklika) Depression mit psychotischen Symptomen Konzept: Klinik, Biologie, fam. Häufung, Verlauf und TX-response: distinktes Syndrom Klinik: Wahn oder Sinnestäuschung oder depressiver Stupor Fast immer schwere Depression Psychomotorische Störungen, meist Hemmung Wahn: Versündigung / Schuld, Verarmung, Hypochondrie, bevorstehende Katastrophe Sinnestäuschung: meist diffamierende / anklagende Stimmen Therapie: Antidepressivum plus Antipsychotikum EKT Atypische Depression Ursprung: Suche nach Prädiktoren für MAO-I Patienten: junge Erstmanifestation eher Frauen Klinik: Schwingungsfähigkeit (50 % besser bei positivem Ereignis) Hypersomnie Hyperphagie „bleierne Schwere „Dramatischer Distress bei Verlusten / Empfindlichkeit gegenüber Kritik Verlauf: eher Neigung zu Chronifizierung, hohe Episodenzahl Auslöser: eher geringe Rate von Stressoren vor der Episode Therapie: gutes Ansprechen auf SSRI / MAO-I ! Heterogenität der affektiven Störungen Klinisch Biologisch Psychosozial Polarität* Schweregrad Periodizität Geschlechtsverteilung Alter bei EM Komorbidität Genetik Biochemie Bildgebung Elektrophysiologie Ansprechen auf Therapie “early life stress” Akute Stressoren Unterstützung *Unipolar versus bipolar Risikofaktoren für Depression • • • • • • Frühere Episode Positive FA Belastende Lebensereignisse Fehlende soziale Unterstützung Angst in der Vorgeschichte Postpartal Zeit • • • • • • • Substanzmißbrauch Körperliche Erkrankung Single Höheres Alter Niedrige soziale Schicht Weiblich Verlust eines Elternteils vor dem 10. Lebensjahr Wann beginnen Depressionen? Alter beim ersten Auftreten (Wittchen et al 1999) Any depressive Anxiety disorders disorder cum. hazard rate Major depression Erkrankungsbeginn Komorbidität ist ein fundamentales Charakteristikum Prüfe immer bei einer Depression das Vorliegen anderer psychischer Störungen ! (gleichzeitige und früher bestehende) Denn Komorbidität hat einen starken Einfluß auf den Spontanverlauf und Prognose ! Ätio-pathogenetische Implikationen ? Natürlicher Verlauf unbehandelter Depression 40% Remission Euthymie 20% Teilremission 40% chronische Depression Depression 1 Jahr Stahl. Essential Psychopharmacology. 1996 Verlauf von Depressionen “The Five Rs” Remission Recovery Relapse Recurrence Response x x Symptome Syndrom Behandlungsphase x Akut 6-12 Wochen Kupfer DJ. J Clin Psychiatry. 1991;52(suppl 5):28-34 Erhaltung 4-9 Monate Prophylaxe >1 Jahr Therapie von Depressionen Therapie muß „maßgeschneidert werden ! Wichtig ist ein „Gesamttherapie-Konzept mit Antidepressiva Psychotherapie Andere Verfahren: Schlafentzug, EKT, Licht, rTMS Klärung belastender Faktoren Krankheitsaufklärung Aktivierenden Maßnahmen Das Konzept orientiert sich an: Zielsymptomen Körperlichen Erkrankungen Sozialer Situation des Patienten Alter des Patienten ..... Katecholamin-Hypothese der Depression Klinische Evidenzen • Reserpin-induzierte Depressionen • Amphetamin-induzierte Manien / Psychosen • Wirkmechanismus der Antidepressiva „Some, if not all, depressions are associated with an absolute or relative deficiency of catecholamines, particularly norepinephrine, at functionally important adrenergic receptor sites in the brain. Elation conversely may be associated with an excess of such amines. Schildkraut, Am J Psychiatry, 1965 Wissenswertes zu Antidepressiva Wirkmechanismus Depressionen: gestörtes Gleichgewicht von Neurotransmittern. Antidepressiva gleichen dieses Ungleichgewicht aus. Antidepressiva... Kaum Effektivitätsunterschiede Unterschiedliche Nebenwirkungen Wirken zuverlässig (bei 70 % Besserung innerhalb von 2-6 Wochen) Therapieresistenz ca 10 % Machen nicht abhängig Wirken nur bei regelmäßiger Einnahme in ausreichender Dosierung Wirken auch vorbeugend Erfahrung seit über 60 Jahren Antidepressiva: bei schweren Depressionen „Standbein der Behandlung. ...oder doch Psychotherapie ? Psychotherapie oder Antidepressiva ? Prädiktoren ? Schweregrad ! Elkin et al., 1989 3-42 Wenn ein alleiniges Behandlungsverfahren in Betracht gezogen wird, soll bei ambulant behandelbaren Patienten mit akuten mittelschweren- bis schweren depressiven Episoden eine alleinige Psychotherapie gleichwertig zu einer alleinigen medikamentösen Therapie angeboten werden. Psychotherapie oder Antidepressiva ? Prädiktoren ? Komorbidität ! Elkin et al., 1989 Shea e al., 1990 Vorteil der Psychotherapie ? Langzeit-Prognose ! Shea e al., 1990 Psychotherapie oder Antidepressiva ? Wirklatenz ! Depression +/- „early life stress Schulberg et al., 1996 Wirken Antidepressiva überhaupt ? • • • • Kleine, nicht repräsentative Auswahl von Antidepressiva Nur Teilmenge der Studien zu gewählten Antidepressiva Remission - nicht mittlere Besserung ist entscheidend Intensive Betreuung in Studien erhöht Placebo-Effekt Kirsch et al 2008; Kirsch PLoS etMed 5(2):PLoS e45 al., 2008; Leichte Depression S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie: Unipolare Depression (Konsultationsfassung, Juni 2009) 3-6 Bei einer leichten depressiven Episode kann, wenn anzunehmen ist, dass die Symptomatik auch ohne aktive Behandlung abklingt, im Sinne einer aktiv abwartenden Begleitung zunächst von einer depressionsspezifischen Behandlung abgesehen werden. Hält die Symptomatik nach einer Kontrolle nach spätestens 14 Tagen noch an oder hat sie sich verschlechtert, soll mit dem Patienten über die Einleitung einer spezifischen Therapie entschieden werden. (0) 3-7 Antidepressiva sollten nicht generell zur Erstbehandlung bei leichten depressiven Episoden eingesetzt werden, sondern allenfalls unter besonders kritischer Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses. (B) Psychotherapie und/oder Pharmaka S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie: Unipolare Depression 3-40 Zur Behandlung akuter leichter- bis mittelschwerer depressiver Episoden soll eine Psychotherapie angeboten werden. (A) 3-41 Bei akuten schweren Depressionen soll eine Kombinationsbehandlung mit medikamentöser Therapie und Psychotherapie angeboten werden. (A) 3-42 Wenn ein alleiniges Behandlungsverfahren in Betracht gezogen wird, soll bei ambulant behandelbaren Patienten mit akuten mittelschweren- bis schweren depressiven Episoden eine alleinige Psychotherapie gleichwertig zu einer alleinigen medikamentösen Therapie angeboten werden. (A) Welches Antidepressivum ? APA Practice Guideline for Major Depression Hauptkriterium = Nebenwirkung “The effectiveness of antidepressant medications is generally comparable between classes and within classes of medications. Therefore, the initial selection of an antidepressant medication will largely be based on the anticipated side effects for individual patients, patient preference, quantity and quality of clinical trial data regarding the medication, and its cost.” APA Practice Guideline for Major Depressive Disorder in Adults, 2000 Welches Antidepressivum wählen ? Welches Antidepressivum ? Hauptkriterium = pharmakol. Wirkmechanismus ? Noradrenalin Bupropion Serotonin + SSRIs Dopamin + + Venlafaxin / Duloxetin + + Mirtazapin + + Desipramin / Reboxetin + Andere Trizyklika + + Antrieb Zwang Angst Anhedonie Libido Unruhe Schwitzen Übelkeit sex. Funktionsst. Schlafstör g Richelson. J Clin Psychiatry. 1994 + Welches Antidepressivum ? Meta-Analyse zu Wirksamkeit und Akzeptanz Cipriani et al., Lancet 2009 Cipriani et al., 2009 Toxizität von Antidepressiva “1993-1999, Single ingestions + alcohol: England,Wales & Scotland” FTI = fatal toxicity index expressed as deaths per million prescriptions. Buckley & McManus, BMJ 2002 325 : 1332-1333 Ansprechen auf Antidepressiva Normale Stimmung 67% Responder 33% Nonresponder Depression 8 Wochen Stahl. Essential Psychopharmacology. 1996 Wie lange geben wir ein AD ? S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie: Unipolare Depression 3-18 In den ersten 4 Behandlungswochen wird ein wöchentliches Monitoring, danach in Intervallen von 2-4 Wochen und nach 3 Monate in längeren Intervallen empfohlen. Spätestens nach 3-4 Wochen sollte eine genaue Wirkungsprüfung erfolgen und entschieden werden, ob ein Wechsel oder eine Ergänzung der Behandlungsstrategie indiziert ist oder nicht. Ist keine Verbesserung erkennbar, sollte die Mitarbeit des Patienten und … der Plasmaspiegel geprüft werden. Grundsätzlich angeraten sind Plasmaspiegelkontrollen bei … Maximaldosis, Verträglichkeitsproblemen, multimedizierten oder komorbiden Patienten, Symptomverschlechterung bei dosisstabiler antidepressiver Medikation und Non-Respondern bzw. Problemen in der Mitarbeit des Patienten. Monitoring der Konzentrationen von Antidepressiva im Serum ist nur für Tri- und Tetrazyklika gut etabliert. Non-response S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie: Unipolare Depression (Konsultationsfassung, Juni 2009) 3-30 Der Wechsel des Antidepressivums ist bei Nichtansprechen nicht die Behandlungsalternative erster Wahl. Jeder Wechsel sollte daher sorgfältig geprüft werden. Augmentation S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie: Unipolare Depression 3-25 Ein Versuch zur Wirkungsverstärkung (Augmentation) mit Lithium sollte vom erfahrenen Arzt bei Patienten erwogen werden, deren Depression auf Antidepressiva nicht angesprochen hat. (B) 3-26 … 2-4 Wochen nach Erreichen wirksamer Lithium-spiegel keine Wirkung festzustellen:…Lithium wieder abgesetzen. (KKP) 3-27 [Dauer Lithium-Augmentation]: mindestens 6 Monate (B) 3-28 Augmentation von Antidepressiva mittels Carbamazepin, Lamotrigin, Pindolol, Valproat, Dopaminagonisten, Psycho-stimulanzien, Schilddrüsenoder anderen Hormonen wird als Routineeinsatz bei therapieresistenter Depression nicht empfohlen. (0) Kombinationstherapie S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie: Unipolare Depression 3-32 Bei einem Patienten, der auf eine Antidepressiva-monotherapie nicht respondiert hat, kann als einzige Antidepressivakombination die Kombination von Mianserin (unter Berücksichtigung des Agranulozytoserisikos) oder Mirtazapin einerseits mit einem SSRI oder einem TZA andererseits empfohlen werden. Nur für diese Kombination wurde in mehreren randomisierten und doppelblinden Studien gezeigt, dass sie wirksamer ist als die Monotherapie mit nur einem der Wirkstoffe. (S) EKT vs. Pharmakotherapie UK ECT Review Group 2003 EKT: Indikationen • Therapieresistenz • Depression mit psychotischen Symptomen • Schwere Depression mit psychomotorischen Störungen • Depression mit bedrohlichem Gewichtsverlust oder Suizidalität • Schwangerschaft 3-50 EKT soll bei schweren, therapieresistenten depressiven Episoden als Behandlungsalternative in Betracht gezogen werden. A Schlafentzug / Wachtherapie • • • • • Total oder partiell Ansprechrate: ca. 60% Cave: Nickerchen Anhaltende Wirkung: ca. 10% Ggf. Schlafphasen-Verlegung 3-52 Wachtherapie sollte in der Behandlung depressiver Episoden als Behandlungsform erwogen werden, wenn eine rasche, wenn auch kurz anhaltende Response therapeutisch gewünscht wird oder eine andere leitliniengerechte Behandlung ergänzt werden soll. (B) Schlafentzug • • • • Wirksam bei ca. 60 % aller Patienten Kurze Nickerchen heben die Wirkung vollkommen auf Wirkung hält meist nur einen Tag an Durch “Schlaf-Phasen-Verschiebung” kann der Effekt über einen Tag anhalten. Folgen von Depressionen Persönliches Leid Probleme in der Familie und im sozialen Umfeld Schwierigkeiten am Arbeitsplatz Chronifizierung Mißbrauch von Alkohol und Beruhigungstabletten Gefährdung durch Suizid Prognose affektiver Störungen Meist gute Prognose = Gesundung zwischen den Episoden Medikamentöse Prophylaxe verhindert neue Episoden Aber Zunahme der Phasenfrequenz (rapid cycling, ca. 10 %) Chronizität: 10 - 20 % unvollständige Remission Suizidrisiko: ca. 10 - 15 % Daher sind Früherkennung, ausreichende Behandlung und Vorbeugung von Bedeutung Todesursachen im Vergleich: BRD 2007 9.402 Suizid 1.394 Drogen Verkehr Mord / Totschlag Aids 5.011 734 461 (Daten des Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes) Suizidraten in Deutschland 2007 80 70 Männlich Anzahl der Suizide pro 100.000 60 Weiblich 50 40 30 20 10 0 Quelle: Todesursachenstatistik, Statistisches Bundesamt Problem: Suizid http://www.kompetenznetz-depression.de Depression und Suizidalität 10-15 % mit rezidivierender Depression versterben durch Suizid 20-60 % weisen einen Suizidversuch auf 40-70 % leiden an Suizidideen bei 90 % der Suizidenten psychiatrische Erkrankung im Vorfeld, meist Depression (40-70 %) Wenn eine Depression vorliegt, dann sollte die Suizidalität immer aktiv exploriert werden! Risikofaktoren für Suizid • • • • Männer Alter > 45 Kaukasier Getrennt, geschieden, single • Allein lebend • Ruhe nach Entschluss • Anamnese: Substanzmißbrauch • Frühere Suizidversuche • Suizidversuche im Umfeld • Allgemeinmedizinische Erkrankung • Psychotische Symptome Salazar. Med Clinics of North America. 1996;80:431-454 Abschätzung der Suizidalität Ausmaß der Suizidideation Nach Suizidversuch •Todesgedanken •Gedanken an eigenen Tod •Passiver Todeswunsch •Suizidgedanken •Konkrete Suizidvorstellung •Suizididee •Suizidplan •Suizidvorbereitung •Abgebrochener Suizidversuch •Todesabsicht = Suizidversuch •billigend in Kauf genommen = Parasuizid •Frühere Suizidversuche ? •Umstände / Abschiedsbrief ? •Protektive Faktoren ? •Belastende Faktoren ? •Appellativer Charakter ? Psyche statt Herz: Ursachen für Berufsunfähigkeit 100% 90% 17% 9% 70% 8% 28% 32% 6% 50% 40% 37% Psychische Erkrankungen Neubildungen 14% 30% 15% 5% 13% 4% 11% 20% 10% 21% Sonstiges 80% 60% 18% 23% 22% 1983 2002 Stoffwechsel/Verdauung Herz/Kreislauferkrankungen Skelett/Muskeln/Bindegewebe 17% 0% Alte Länder 2006 Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund 2007, S. 74f Alter bei Erstmanifestation von Depression Depression ist mit erhöhter KHK-Mortalität assoziiert Penninx BW, et al. Arch Gen Psychiatry. 2001;58:221-227. Hypercortisolämie bei Depression Depression und ihre Folgen viszerale Adipositas - Umverteilung des Körperfettes Stresshormone normal Fett %: 15 ± 3 Stresshormone erhöht Fett %: 25 ± 5 Hamann et al.,Psychosom Med, 2002 Fazit Depressionen: - sehr häufige Erkrankungen - auch im nicht-psychiatrischen setting - schwerwiegend und oft tödlich - gut behandelbar ? - Klären wir in der nächsten Vorlesung !