GÖTTINGEN GÖTTINGEN Eßstörungen Anorexia nervosa (Magersucht) Definition: Selbstinduzierter, bedeutsamer Gewichtsverlust oder unzureichende, altersgemäße Gewichtszunahme, die mit einer tief verwurzelten Überzeugung einhergeht, trotz Untergewicht zu dick zu sein. Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie Universität Göttingen Der Häufigkeitsgipfel liegt bei 14 Jahren. Anorexia nervosa (Magersucht) GÖTTINGEN Leitsymptome ICD 10 Anorexia nervosa (Magersucht) Leitsymptome II GÖTTINGEN • Körpergewicht unterhalb 85 % des zu erwartenden Gewichtes (Body Mass Index (BMI) < 17,5 bei Mädchen in der Adoleszenz) • Körperschemastörung (unrealistische Selbsteinschätzung, eigenes Wunschgewicht) • Absichtliche Gewichtsabnahme durch: • endokrine Störung auf der Hypothalamus-HypophysenGonaden-Achse (Frauen: Amenorrhoe , Männer: Libido- und Potenzverlust) - Vermeidung hochkalorischer Speisen zusätzlich eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen: - selbst induziertes Erbrechen Weitere Symptome/Zeichen: - selbst induziertes Abführen Obstipation, Lanugobehaarung /Haarausfall, trockene,marmorierte Haut, Sialadenose , Karies, Hypotonie, Hypothermie, Akrozyanose, Bradykardie, Ödeme, Elektrolytstörungen - übertriebene körperliche Aktivität - Gebrauch von Diuretika oder Appetitzüglern Anorexia nervosa (Magersucht) GÖTTINGEN Untergruppen Anorexia nervosa (Magersucht) GÖTTINGEN Psychiatrische Begleitstörungen • Restriktive Anorexianervosa: ausschließlich Einschränkung der Nahrungszufuhr und/ oder verstärkte körperliche Aktivität • Stimmungsveränderungen (Depression) • Anorexia nervosa mit zusätzlichen Methoden zur Gewichtsreduktion: Erbrechen, Mißbrauch von Abführmitteln und/oder anderen Medikamenten • Ängste (Phobien, vor allem soziale Phobie, • Anorexia nervosa mit bulimischen Attacken: eingeschränkte Nahrungszufuhr, durch Eß- Brech- Attacken unterbrochen Panikattacken) • Zwänge Höhere Rate an medizinischen Komplikationen und schlechtere Prognose bei den zwei letztgenannten Untergruppen 1 Anorexia nervosa (Magersucht) Familiärer Hintergrund GÖTTINGEN • auffälliger Umgang mit Nahrung und Gewicht Anorexia nervosa (Magersucht) GÖTTINGEN • Ernährungsprotokoll der Patientin (Zusammensetzung, Menge und Zeitpunkte der verzehrten Nahrung), essentiell bei ambulanter Behandlung • hohe Belastung mit psychiatr. Erkrankungen • Bindungs- und/oder Beziehungsstörungen • Hilfestellung beim Essen (z.B. Essensplan, bei stationärer Behandlung Überwachung der Nahrungszufuhr) • leistungsbetont, Überbehütung • Ehe- und Beziehungsprobleme der Eltern Spezifische Eßstörungstherapie • Ernährungsberatung • Regelmäßige Gewichtskontrollen (1 – 2 mal wöchentlich), auch unangekündigt ! Anorexia nervosa (Magersucht) Psychotherapie GÖTTINGEN Anorexia nervosa (Magersucht) GÖTTINGEN Psychopharmakotherapie • Kognitive Therapie: Gewichtsphobie, Gewicht und Figur betreffende dysfunktionale Gedanken • Bei reiner Anorexia nervosa bisher kein Nachweis über Nutzen !! • Psychodynamisch orientierte Therapie: Störungen des Selbstwertgefühls, Traumata in der Anamnese, akute oder chronische Konflikte, Reifungskrisen, psychiatrische Komorbidität • Bei anhaltender depressiver Verstimmung trotz ausreichender Gewichtszunahme • Elternberatung, familientherapeutische Interventionen • Bei ausgeprägten Zwängen • Bei mehreren Rezidiven zur Rückfallprophylaxe „Essen ist die beste Medizin !!“ Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) GÖTTINGEN GÖTTINGEN Definition: Häufig auftretende Eßattacken gefolgt von dem Versuch, dem dickmachenden Effekt der Nahrung durch unterschiedliche Verhaltensweisen (Erbrechen, Mißbrauch von Abführmitteln, Fasten etc.) entgegenzuwirken vor dem Hintergrund einer krankhaften Furcht, zu dick zu werden. Der Häufigkeitsgipfel der Störung liegt bei 18-20 Jahren. Leitsymptome ICD 10 • andauernde Beschäftigung mit Essen, unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln; Essattacken mit Konsum großer Mengen Nahrung in sehr kurzer Zeit • Versuch, dickmachenden Effekt entgegenzusteuern: selbstinduziertes Erbrechen, zeitweilige Hungerperioden, Missbrauch von Abführmitteln, Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika. (bei Diabetikern: Vernachlässigung d. Insulinbehandlung) • Furcht, dick zu werden 2 Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) GÖTTINGEN Leitsymptome II • Bei einem Teil der Patienten zusätzliche Störung der Impulskontrolle, z.B.: Psychiatrische Begleitstörungen GÖTTINGEN • Stimmungsveränderungen (Depression) • Ängste (Phobien, vor allem soziale Phobie, àLadendiebstähle àAlkohol-, Tabletten-, Drogenmißbrauch àUnkontrolliertes Geldausgeben àSelbstverletzendes Verhalten Panikattacken) • Substanzmißbrauch • Störungen der Impulskontrolle und Persönlichkeitsstörungen Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) GÖTTINGEN Spezifische Eßstörungstherapie Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) GÖTTINGEN Psychotherapie • Ernährungstagebuch • • Protokollierung der Zeitpunkte, Menge, Dauer sowie situativen Besonderheiten von Heißhungerattacken Therapie dysfunktionaler Gedanken bezüglich Figur und Gewicht sowie depressiver Einbrüche bei Gewichtsschwankungen • Psychodynamisch orientierte Therapie vorausgegangener Traumata (z.B. sexueller Mißbrauch), komorbider psychiatrischer Störungen (z.B. ausgeprägte Depression, emotional instabile Persönlichkeitsstörung), akuter oder chronischer Konflikte • Elternberatung und familientherapeutische Interventionen • Ernährungsberatung: Zusammenhang von restriktivem Essen und Heißhungerattacken, Aufgeben „verbotener Speisen“ • Essensplan (Zwischenmahlzeiten zur Prävention des Heißhungergefühls) Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht) GÖTTINGEN Medikamentöse Therapie • Psychopharmaka nie ohne zusätzliche Psychotherapie und Ernährungsberatung! • Reduktion der Heißhungerattacken und/oder zur Behandlung der depressiven Begleitsymptomatik • Serotin-Wiederaufnahme-Hemmer 3