Gottfried Dohr STAMMZELLEN 1.1. Wie definiert man Stammzellen? Stammzellen haben die Fähigkeit zur SELBSTVERMEHRUNG und sind nicht endgültig differenziert. Ihre Tochterzellen sind entweder selber Stammzellen oder beginnen sich unter dem Einfluss bestimmter Faktoren zu differenzieren/spezialisieren. 1.2. Je Welche Arten von Stammzellen gibt es? nach ihrem Differenzierungspotential werden verschiedene Stammzellen unterschieden. Es gibt multipotente, pluripotente Arten von und totipotente Stammzellen. · Multipotente Stammzellen sind jene Zellen, aus welchen mehrere enddifferenzierte Zelltypen entstehen, die dann ein bestimmtes Gewebe oder Organ bilden. epidermale Beispiele Zellen, hierfür sind Talgdrüsen und Hautstammzellen, aus welchen Haarfollikel entstehen oder hämatopoetische Stammzellen, aus welchen die verschiedenen Blutzellen (Erythrozyten, Lymphozyten...) entstehen und neurale Stammzellen, die Ausgangspunkt für alle Zelltypen des Nervensystems, inklusive Glia und die vielen verschiedenen Neuronentypen sind. · Pluripotente Stammzellen haben die Fähigkeit, in vitro in alle verschiedene Zelltypen zu differenzieren. Sie sind aber trotzdem nicht fähig, selbst einen Embryo zu bilden. Pluripotente Stammzellen, die aus primordialen Keimzellen des Fetus isoliert werden, werden embryonale Keimzellen („EG-Zellen“ von embryonic germ cells) genannt. Jene Stammzellen, die aus der inneren Zellmasse eines Embryos im Blastozystenstadium isoliert werden, werden pluripotente embryonale Stammzellen („ES-Zellen“ von embryonic stem cells) genannt. 1 · Totipotente Stammzellen sind Zellen aus einem 4-8 Zellstadium. Diese Zellen können einen ganzes Individuum bilden. Dennoch wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Terminolgie bezüglich dieser Typen von Stammzellen unter den Wissenschaftlern nicht unumstritten ist. 1.3. Was sind die Charakteristika der verschiedenen Stammzellen? Multipotente Stammzellen können ein Leben lang erhalten bleiben. Diese Zellen werden im Fetus für die Bildung von Geweben und Organen gebraucht. Beim Erwachsenen ergänzen sie Gewebe, deren Zellen nur eine begrenzte Lebensdauer haben, wie z.B. Hautstammzellen, intestinale Stammzellen und hämatopoetische Stammzellen. Ohne diese Stammzellen würden unsere verschiedenen Gewebe abnützen und wir würden sterben. Die Stammzellen kommen beim Fetus in größerer Zahl als beim Erwachsenen vor. So können z.B. zwar hämatopoetische Stammzellen aus adultem Knochenmark gewonnen werden, es sind aber vor allem im Nabelschnurblut reichlich hämatopoetischen Stammzellen vorhanden. Diesen schreibt man die Fähigkeit zu in verschiedene Gewebstypen (z.B: Herzmuskelzellen) differenzieren zu können. Erste klinische Studien zur Behandlung des Herzens nach einem Infarkt mit Blutstammzellen aus dem Nabelschnurblut werden durchgeführt. 1.4. Wo kann man Stammzellen finden? Stammzellen kommen sowohl beim Erwachsenen als auch beim Fetus und beim Embryo vor. Demnach existieren: · Adulte Stammzellen: Multipotente Stammzellen kommen beim Erwachsenen vor. Säugetiere scheinen über rund 20 Haupttypen somatischer Stammzellen zu verfügen, die Leber, Pankreas, Knochen und Knorpel bilden können. Sie sind allerdings ziemlich schwer zu finden und zu isolieren. So sind zum Beispiel neurale Stammzellen nur bedingt zugänglich, da sie im Gehirn lokalisiert sind. Hämatopoetische Stammzellen kommen im Blut vor, doch auch ihre Gewinnung ist nur nach vorheriger Stimulierung des Knochenmarks des jeweiligen Spenders 2 möglich. Im Großen und Ganzen läßt sich sagen, dass adulte Stammzellen eher in geringen Mengen vorkommen und nicht das gleiche Entwicklungspotential wie embryonale oder fetale Stammzellen haben. · Fetale Stammzellen: - Hämatopoetische Stammzellen können aus Nabelschnurblut gewonnen werden. - Fetales Gewebe, welches nach einem Schwangerschaftsabbruch zur Verfügung steht, kann verwendet werden, um multipotente Stammzellen zu gewinnen. Ein Beispiel hierfür sind neurale Stammzellen, welche aus fetalem neuralem Gewebe isoliert und in der Kultur vermehrt werden können, obgleich sie nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Fetales Gewebe kann auch Ausgangspunkt für pluripotente EG-Zellen sein, die aus primordialen Keimzellen des Fetus isoliert werden. · Embryonale Stammzellen: Pluripotente ES-Zellen sind jene Zellen, die aus einem Embryo im Blastozystenstadium stammen. Embryonen könnten entweder durch in-vitro-Fertilisation oder durch den Transfer eines adulten Zellkerns in eine entkernte Eizelle (somatischer Zellkerntransfer = somatic cell nuclear transfer – SCNT - Klonen) hergestellt werden. Totipotente ES-Zellen stammen aus einem 4-8-Zellstadium. 1.5. · Die embryonale Entwicklung des Menschen Zwei bis drei Tage nach der Befruchtung besteht der Embryo aus identischen Zellen, welche totipotent sind. Das bedeutet, daß jede dieser Zellen für sich einen Embryo bilden könnte und so z.B. identische Zwillinge oder Vierlinge entstehen könnten. Diese Zellen sind völlig unspezialisiert und haben die Fähigkeit, sich in all jene Zellen, aus denen Fetus, Plazenta oder die Membranen rund um den Fetus bestehen, zu differenzieren. 3 · Vier bis fünf Tage nach der Befruchtung (Morulastadium) besteht der Embryo noch immer aus unspezialisierten embryonalen Zellen, die allerdings nicht mehr alleine einen Embryo bilden können. · Fünf bis sieben Tage nach der Befruchtung (Blastozystenstadium) entsteht eine Höhle im Zentrum der Morula und die Zellen, aus welchen der Embryo besteht, beginnen, sich in innere und äußere Zellen zu differenzieren. - Aus den äußeren Zellen entsteht das Gewebe inklusive Plazenta rund um den Fetus. - Aus den inneren Zellen (20 bis 30 Zellen) entsteht der Fetus selbst und einige der ihn umgebenden Gewebe. Werden diese inneren Zellen isoliert und unter Verwendung bestimmter chemischer Substanzen (Wachstumsfaktoren) gezüchtet, so können pluripotente ES-Zellen gewonnen werden. ES-Zellen sind pluripotent, da sie alleine keinen Embryo bilden können. Würden Sie in einen Uterus transferiert, so würden sie sich weder einbetten, noch zu einem Embryo weiterentwickeln. 4