Initiative Schlaganfallvorsorge Bei Vorhofflimmern handeln Erkennen. Handeln. Vorbeugen. Ihre Partner der „Initiative Schlaganfallvorsorge. Bei Vorhofflimmern handeln“ Inhalt 1. Warum dieses Heft wichtig für Sie sein könnte. 2. Vorhofflimmern – häufig unbemerkt. 3. So entsteht ein Schlaganfall aufgrund von Vorhofflimmern. 4 8 14 4. Schlaganfallrisiken. 18 5. 22 Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? 6. Was ist wichtig beim Arztbesuch? 38 7. Symptome des Schlaganfalls – Was ist zu tun? 44 8. Übersetzung wichtiger Fachbegriffe. 50 9. Die „Initiative Schlaganfallvorsorge. Bei Vorhofflimmern handeln“. 52 1. Warum dieses Heft wichtig für Sie sein könnte. 4 Mit der Diagnose Vorhofflimmern sind Sie keineswegs allein: Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Das Hauptproblem hierbei ist, dass Vorhofflimmern einen Schlaganfall auslösen kann. Die „Initiative Schlaganfallvorsorge. Bei Vorhofflimmern handeln“ möchte Sie deshalb mit dieser Broschüre über die Erkrankung und ihre möglichen Folgen informieren. Sie können so gemeinsam mit Ihrem Arzt geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen. Sie finden in dieser Broschüre Informationen zu den Beschwerden des Vorhofflimmerns, den Ursachen sowie den Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten. Außerdem erfahren Sie, mit welchen Maßnahmen Sie die Schlaganfallgefahr senken können. Die Initiative möchte, dass Sie Ihre Erkrankung auch verstehen und bei der Therapie Partner Ihres behandelnden Arztes oder Ihrer Ärztin sind. Denn mit der Diagnose können Sie trotzdem ein aktives und erfülltes Leben führen. 5 1. Warum dieses Heft wichtig für Sie sein könnte. Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe „Wir gehen heute aufgrund der Studienlage davon aus, dass bis zu 70 Prozent aller Schlaganfälle durch die konsequente Verminderung der Risikofaktoren in der Bevölkerung vermeidbar sind. Hauptrisikofaktoren sind Bluthochdruck, Vorhofflimmern und die Zuckerkrankheit sowie eine ungesunde, bewegungsarme Lebensweise. Zur Zielerreichung braucht es geeignete Programme, die die Betroffenen motivieren und anleiten, ihren Lebensstil zu ändern, ebenso wie Konzepte, die über Risikofaktoren und deren Kontrolle informieren. 6 Deshalb engagiert sich die Deutsche Schlaganfall-Hilfe in dieser Aufklärungsinitiative. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Zahl der Schlaganfälle bis 2024 deutlich zu verringern.“ Dr. Michael Brinkmeier Vorstandsvorsitzender Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) „Immer mehr Menschen erreichen ein immer höheres Alter. Freuen wir uns darüber und tun alles, um möglichst gesund ein hohes Lebensalter zu erreichen! Die Gefahr, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter. Aber man kann etwas dagegen tun. Hinreichende körperliche Bewegung, gesunde Ernährung, geistige und soziale Aktivität mindern das Risiko. Bluthochdruck, Diabetes, erhöhte Cholesterinwerte oder gar Herzrhythmusstörungen, das sogenannte Vorhofflimmern, sind Risikofaktoren, gegen die man zumindest teilweise angehen kann. Die vorliegende Broschüre möchte aufklären und Wege aufzeigen, die Zahl der Schlaganfallerkrankungen zu reduzieren, ganz im Sinne der BAGSO, die die Initiative Schlaganfallvorsorge nach Kräften unterstützt.“ Prof. Dr. Ursula Lehr Vorsitzende der BAGSO 7 2. Vorhofflimmern – häufig unbemerkt. Aufbau und Funktion des Herzens. Um den Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und einem Schlaganfall besser zu verstehen, werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf Aufbau und Funktion des Herzens. Der Aufbau des Herzens Rechte Halsschlagader Linke Halsschlagader Linke Schlüsselbeinarterie Hauptschlagader (Aorta) Lungenarterie Linker Vorhof Rechter Vorhof Linke Kammer Rechte Kammer 8 Stellen Sie sich einen Motor vor, der bei einem Gewicht von nur ca. 300 Gramm und der Größe einer Faust • • 60- bis 80-mal in der Minute, fast 100.000 Mal am Tag und rund 2,5 Milliarden Mal im Laufe eines Lebens ohne Pause schlägt und dabei etwa 250 Millionen Liter Blut pumpt. Diese Schwerstarbeit leistet unser Herz, um unseren Blutkreislauf anzutreiben. Es ist damit der Motor unseres Lebens. Das Herz besteht aus zwei im gleichen Takt schlagenden Herzhälften, die durch die Herzscheidewand voneinander getrennt sind und im Blutkreislauf wie eine kräftige Pumpe arbeiten: • Die linke Herzhälfte pumpt das Blut über die Hauptschlagader (Aorta) in den Körperkreislauf sowie in das Gehirn und versorgt so sämtliche Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen. • Die rechte Herzhälfte pumpt das Blut in den Lungenkreislauf. Jede Herzhälfte besteht aus zwei Hohlräumen, einem Vorhof und einer Kammer. Vorhöfe und Kammern sind durch die Herzklappen voneinander getrennt, sie wirken wie mechanische Ventile und sorgen dafür, dass das Blut nur in eine Richtung fließt. Für ihre Arbeit als „Blutpumpe“ müssen Vorhöfe und Kammern sich immer wieder zusammenziehen und entspannen. Dies wird Herzschlag genannt, der als Puls leicht selbst getastet werden kann. Millionen kleiner Herzmuskelzellen müssen, ähnlich wie beim Tauziehen, abgestimmt an einem Strang ziehen, damit das Herz im richtigen Rhythmus arbeitet. Die Struktur, die wesentlich den Rhythmus vorgibt, nennt man Sinusknoten. 9 2. Vorhofflimmern – häufig unbemerkt. Ein gesundes Herz Ein Herz mit Vorhofflimmern Sinusknoten Was passiert beim Vorhofflimmern? Beim Vorhofflimmern ist nicht mehr der Sinusknoten der Schrittmacher. Kleine elektrische „Störenfriede“ übernehmen das Kommando. Sie liegen häufig am Übergang zur Lungenvene 10 und sorgen für ein elektrisches Chaos. Damit ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr rhythmisch zusammen, sondern schlagen chaotisch, bis zu 600-mal in der Minute – sie „flimmern“. Mechanisch gesehen stehen die Vorhöfe somit praktisch still, das Blut wird nun nicht mehr vollständig aus den Vorhöfen in die Kammern gepumpt. Und Blut, das nicht mehr richtig fließen kann, gerinnt. Die Folgen: • Aufgrund des gestörten Blutflusses kann es zur Bildung von Blutge- rinnseln im Vorhof kommen. • Losgeschwemmte Blutgerinnsel können mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen und dort zu einem Schlaganfall führen (siehe Kapitel 3). Manche Patienten können Vorhofflimmern als unangenehmes Herzklopfen, Herzrasen und Schwindel wahrnehmen. Aber bei vielen Menschen tritt die Rhythmusstörung ganz ohne Beschwerden auf. Dieses sogenannte asymptomatische Vorhofflimmern birgt die Gefahr, zunächst unerkannt zu bleiben, notwendige Therapiemaßnahmen können daher nicht rechtzeitig eingeleitet werden.1 Umso wichtiger ist es, dass Sie auf Ihren eigenen Herzschlag achten, indem Sie Ihren Puls selbst messen und gegebenenfalls Ihren Arzt auf eine Untersuchung zum Vorhofflimmern ansprechen. Anhand der Dauer unterscheidet man verschiedene Typen des Vorhofflimmerns: • Es tritt von Zeit zu Zeit auf und hört von selbst wieder auf (paro- xysmales Vorhofflimmern). • Es besteht länger als sieben Tage und hört nicht von selbst auf, kann aber möglicherweise mittels einer spezifischen Therapie beendet werden (persistierendes Vorhofflimmern). • Es besteht dauerhaft, nämlich länger als ein Jahr (permanentes Vorhofflimmern). 11 2. Vorhofflimmern – häufig unbemerkt. So messen Sie Ihren Puls richtig. 12 Wenn die Diagnose Vorhofflimmern feststeht, stellt sich die Frage, ob möglicherweise Erkrankungen vorliegen, die die Rhythmusstörung ausgelöst haben könnten. Dazu gehören vor allem: • Bluthochdruck (Hypertonie), • Verengung der Herzkranzgefäße / Mangeldurchblutung der Herzmus- kulatur (koronare Herzerkrankung; KHK), • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), • Schilddrüsenüberfunktion, • Herzmuskelentzündungen. Ist dies der Fall, spricht man von Vorhofflimmern, das nicht durch eine Herzklappenerkrankung ausgelöst wurde (sogenanntes nicht-valvuläres Vorhofflimmern). Daher wird bei neu festgestelltem Vorhofflimmern auch der Blutdruck gemessen sowie eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) und Laboruntersuchungen durchgeführt. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE. • Beim Vorhofflimmern ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr rhythmisch zusammen, sondern schlagen chaotisch: Sie „flimmern“. • Manche Patienten nehmen Vorhofflimmern als Herzklopfen, Herzrasen und Schwindel wahr, bei vielen Menschen tritt die Rhythmusstörung jedoch ganz ohne Beschwerden auf. • Es ist wichtig, Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, bevor Komplikationen eingetreten sind. 13 3. So entsteht ein Schlaganfall aufgrund von Vorhofflimmern. 3 1 2 Der durch Vorhofflimmern bedingte Schlaganfall Bei Vorhofflimmern wird das Blut im Herz nicht mehr vollständig von den Herzvorhöfen (1) in die Herzkammern gepumpt. Es kann zur Bildung von Blutgerinnseln kommen. Im linken Vorhof ist die Bildung von Gerinnseln in Bezug auf die Entstehung eines Schlaganfalls besonders gefährlich: Sie wandern vom linken Vorhof in die linke Kammer (2) und werden von dort über die Hauptschlagader und Halsschlagadern ins Gehirn geschwemmt. Im Gehirn können die Gerinnsel Blutgefäße verschließen und einen Schlaganfall verursachen (3). 14 Vorhofflimmern ist bei normaler Herzfrequenz nicht lebensbedrohlich, doch die Folgen können es sein. Denn sie können einen Schlaganfall auslösen. Warum ist bei Vorhofflimmern das Schlaganfallrisiko erhöht? Durch das elektrische Chaos ziehen sich die Vorhöfe beim Vorhofflimmern nicht mehr vollständig zusammen, sodass das Blut nicht mehr effektiv in die Herzkammern gepumpt wird. Dadurch steht das Blut in den Vorhöfen und es können sich Blutgerinnsel, sogenannte Thromben, bilden. Solche Gerinnsel sind sehr gefährlich: Wenn sich im linken Vorhof solche Gerinnsel lösen und über die linke Herzkammer und die Aorta in die Halsschlagadern und von dort ins Gehirn gelangen und ein Blutgefäß verschließen, kommt es zu einem Schlaganfall, auch „Hirninfarkt“ genannt. Die Folgen können fatal sein: • Die hinter dem Gefäßverschluss gelegenen Bereiche des Gehirns werden vom Blutfluss und damit der Sauerstoffzufuhr abgeschnitten und Nervenzellen sterben inner- halb kürzester Zeit ab. • Die Körperfunktionen, die von den abgestorbenen Nervenzellen gesteuert wurden, fallen aus. Es kann zu schwerwiegenden Folgen kommen, wie beispielsweise Lähmungen sowie Seh- und Sprachstörungen, im schlimmsten Fall sogar zum Tod. Das bedeutet für Sie: Nehmen Sie Vorhofflimmern ernst. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihr Schlaganfallrisiko und über geeignete Vorsorgemöglichkeiten. 15 3. So entsteht ein Schlaganfall aufgrund von Vorhofflimmern. Wovon hängt das Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern ab? Das Risiko für einen Schlaganfall bei Vorhofflimmern ist ganz unterschiedlich und wird vor allem vom Lebensalter, vom Geschlecht und von Begleiterkrankungen bestimmt. Wenn Sie • • • • • • • eine Frau sind, über 65 Jahre alt sind, gegebenenfalls eine zusätzliche Herzerkrankung, einen zu hohen Blutdruck, eine Gefäßerkrankung, eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder einen bereits zurückliegenden Schlaganfall haben, kann bei Ihnen ein höheres Risiko vorliegen, einen Schlaganfall zu bekommen. Aber auch bereits Vorhofflimmern an sich kann das Risiko eines Schlag16 anfalls steigern und muss deswegen mit dem Arzt abgeklärt werden. Wie hoch ist Ihr persönliches Risiko? Das lässt sich lediglich abschätzen. Mithilfe einiger im Rahmen von wissenschaftlichen Studien ermittelter Merkmale können Ärzte über ein Punktesystem persönliche Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht und andere HerzKreislauf-Erkrankungen des Patienten abfragen. Daraus wird ein Wert errechnet, anhand dessen das Schlaganfallrisiko eingeordnet werden kann.2 Sie können Ihren Arzt mit der Beantwortung einiger Leitfragen dabei unterstützen, diese Abschätzung vorzunehmen. Mehr dazu finden Sie in Kapitel 4. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE. • Beim Vorhofflimmern fließt das Blut in den Vorhöfen nicht mehr effektiv und kann gerinnen – es können sich Blutgerinnsel bilden. Wenn diese mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen, kann es zu einem Schlaganfall kommen. • Das persönliche Risiko für einen Schlaganfall bei Vorhofflimmern ist ganz unterschiedlich und wird vor allem vom Lebensalter, vom Geschlecht und von Begleiterkrankungen bestimmt. • Mithilfe einiger Leitfragen können Sie jene Hinweise herausfinden, von denen Ihr Arzt Kenntnis haben sollte, um Ihr Schlaganfallrisiko einschätzen und geeignete Vorsorgemaßnahmen einleiten zu können. 17 4. Schlaganfallrisiken. Vorhofflimmern ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall. 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Vorhofflimmern. Im Vergleich zu Vorhofflimmern: die wichtigsten Faktoren für ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Vorhofflimmern 5 x erhöht Bluthochdruck 3 - 5 x erhöht Diabetes mellitus 2 - 3 x erhöht Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu 200.000 neuen Schlaganfällen... Rauchen 2 - 2,5 x erhöht Fettstoffwechselstörung 2 x erhöht und 66.000 erneuten Schlaganfällen. Jeder 5. Schlaganfall entsteht aufgrund von Vorhofflimmern. 18 Bewegungsmangel 1,5 - 2 x erhöht Das bedeutet: Alle 10 Minuten geschieht in Deutschland ein Schlaganfall aufgrund von Vorhofflimmern. Verschiedene Risikofaktoren können die Entstehung eines Schlaganfalls begünstigen. Es gibt Merkmale wie das Lebensalter und genetische Voraussetzungen, die nicht beeinflusst werden können. Häufig können die Risiken jedoch durch eine aktive Vorsorge eingedämmt werden, so bei: • • • • • • • hohem Blutdruck, Rauchen, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und Bewegungsmangel, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Herzerkrankungen, zum Beispiel koronaren Herzerkrankungen, Herzrhythmusstörungen, insbeson- dere Vorhofflimmern3. Einige dieser Risiken werden Ihnen bekannt und bewusst sein, andere Risiken können jedoch lange Zeit unerkannt bleiben. Das gilt besonders für den Bluthochdruck und das Vorhofflimmern, da beide Risikofaktoren oft nicht mit klar erkennbaren Beschwerden verbunden sind. Umso wichtiger ist es, frühzeitig zu wissen, ob man davon betroffen ist. 19 4. Schlaganfallrisiken. Leitfragen für Patienten mit Vorhofflimmern.* Statistisch gesehen erhöht das Vorliegen von Vorhofflimmern das Schlaganfallrisiko um das Fünffache. Folgende Leitfragen behandeln Hinweise, von denen Ihr Arzt Kenntnis haben sollte, um Ihr Schlaganfallrisiko einschätzen und geeignete Vorsorgemaßnahmen einleiten zu können. Die Beantwortung dieser Fragen ersetzt kein Arztgespräch, sondern hilft Ihnen lediglich dabei, Ihren Arzt gezielt über wichtige Aspekte zu informieren. Wenn Sie mindestens eine Frage mit „Ja“ oder „Weiß ich nicht“ beantwortet haben, könnte Ihr Risiko für einen Schlaganfall erhöht sein. Nehmen Sie diese Antworten mit in Ihr nächstes Arztgespräch. Auch wenn Sie alle Fragen mit „Nein“ beantwortet haben, sollte Ihr Arzt darüber informiert sein, dass Sie Vorhofflimmern haben, da diese Erkrankung allein bereits ein erhöhtes Schlaganfallrisiko mit sich bringen kann. Er wird Ihr Schlaganfallrisiko einschätzen und geeignete Vorsorgemaßnahmen einleiten. * Entstanden in Zusammenarbeit mit Professor Dr. med. Ulrich Laufs, Homburg/Saar und Professor Dr. med. Joachim Röther, Hamburg. 20 Ja Nein Weiß ich nicht Liegt bei Ihnen eine dauerhafte Herzschwäche vor? Haben Sie Bluthochdruck? Sind Sie über 65 Jahre alt? Sind Sie eine Frau? Sind Sie von der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) betroffen? Hatten Sie bereits einen Schlaganfall oder eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns? Hatten Sie bereits einen Herzinfarkt oder liegt eine arterielle Gefäßerkrankung vor? 21 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? In Bewegung bleiben. Wenn bei Ihnen Vorhofflimmern diagnostiziert wurde, kann eine „herzgesunde“ Lebensweise dabei helfen, Ihr Schlaganfallrisiko zu senken. Dass trotz Vorhofflimmerns ein Alltag ohne große Einschränkungen möglich ist und dass Sie dazu mit einem entsprechenden Lebensstil sehr viel selbst beitragen können, werden Sie auf den folgenden Seiten sehen. 22 Allgemein hat ein gesundes Maß an körperlicher Bewegung bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen viele positive Auswirkungen wie: • • • • • • Blutdrucksenkung, Verlangsamung des Herzschlags, Stabilisierung des Herzrhythmus, Vorbeugung/Verbesserung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Abbau von Übergewicht, Verbesserung der Stimmung, Vorbeugung von Depressionen. 23 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? Geeignet sind vor allem regelmäßige körperliche Aktivitäten bei geringer Belastungsintensität. Empfohlen wird bei Patienten mit Herz-KreislaufErkrankungen eine regelmäßige Ausdauerbewegung 3- bis 5-mal die Woche für 30 Minuten.4 Sportarten, die Sie trotz einer HerzKreislauf-Erkrankung und auch Vorhofflimmerns betreiben können, sind z. B.: • • • • • • 24 flottes Gehen oder (Nordic) Walking, Joggen, Radfahren, Ergometertraining/Heimtrainer, Skilanglauf, Gymnastik (nur mit kleinen Muskel- gruppen, um Blutdruckanstiege zu vermeiden), • Golf und • Sportspiele wie Tischtennis, Volleyball oder Prellball.4 Am besten überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem behandelnden Arzt, welche Form der körperlichen Aktivität für Sie geeignet ist. Kein Nikotin, weniger Stress, Alkohol nur in Maßen. Rauchen führt zwar nicht direkt zu Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern, erhöht jedoch das Risiko für viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die dann wiederum zu Vorhofflimmern führen können. Ähnliches gilt auch für Stress und Schlafmangel, wie Sie selbst vielleicht schon festgestellt haben: Beides ist zwar nicht die direkte Ursache von Vorhofflimmern, kann dieses jedoch auslösen und verstärken. Auch zu viel Alkohol kann Vorhofflimmern auslösen. Im Englischen hat man hierfür sogar einen eigenen Begriff geprägt, das sogenannte „Holiday-Heart-Syndrom“. Übersetzt heißt das so viel wie „krankes Herz an Feiertagen und Wochenenden“. Gemeint ist damit ein zeitweilig auftretendes Vorhofflimmern nach besonders hohem Alkoholkonsum. 25 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? Ernährung: vielseitig und ausgewogen. Eine besondere Diät bei Vorhofflimmern gibt es nicht.5 Empfohlen wird eine ausgewogene, „herzgesunde“ Ernährung, mit der sich allgemein HerzKreislauf-Erkrankungen wie Arterienverkalkung und Bluthochdruck vermeiden bzw. günstig beeinflussen lassen.6 Als gutes Praxisbeispiel für eine ausgewogene und besonders „herzgesunde“ Ernährung gilt die mediterrane Kost. Bezeichnend für diese traditionelle Ernährungsweise in Südeuropa ist die große, gesunde Vielfalt an verschiedenen Lebensmitteln: Mediterrane Kost schützt vor Herzerkrankungen. • • • Für eine gesunde und ausgewogene Ernährung dienen Ihnen die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Orientierungshilfe. Eine Ernährungsweise auf Grundlage dieser Regeln unterstützt vollwertiges Essen und einen nachhaltigen Ernährungsstil und fördert die Leistung sowie Gesundheit.7 26 Pflanzliche Lebensmittel, wie frisches Obst und Gemüse, (Vollkorn-)Brot, Teigwaren und Getreideprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Nüsse oder Samen machen dabei den größten Bestandteil der Ernährung aus. Ergänzt wird die Kost durch eine relativ hohe Aufnahme an Olivenöl als Hauptfettlieferant. An tierischen Produkten stehen mehrmals wöchentlich Fisch und Geflügel auf dem Speiseplan. • • Milchprodukte (vorrangig Käse und Joghurt) und Eier werden dafür nur in Maßen verzehrt. „Rotes Fleisch“ (z. B. Schweine-, Rind- und Lammfleisch) oder Wurstwaren kommen nur sehr selten auf den Tisch.8 Durch den hohen Verzehr von Olivenöl und Seefisch werden bei einer mediterranen Ernährung vermehrt einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren – und die besonders wichtigen Omega3-Fettsäuren – aufgenommen. Diese ungesättigten Fettsäuren beeinflussen die Zusammensetzung der Blutfette 27 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? Wann ist eine ärztlich verordnete Therapie zur Senkung des Schlaganfallrisikos nötig? (Cholesterinwerte) positiv, wodurch das Risiko für mögliche koronare Herzkrankheiten oder die Bildung von Thromben verringert werden kann.9, 10 Eine weitere positive Auswirkung durch den hohen Anteil pflanzlicher Lebensmittel in der Kost ist der hohe Gehalt an Kohlenhydraten, Ballaststoffen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen.11 28 Ihr Arzt wird entscheiden, ob für Sie über die bereits beschriebenen allgemeinen Tipps hinaus eine medizinische Behandlung notwendig ist, um das Schlaganfallrisiko zu senken. Er wird verschiedene Untersuchungen durchführen und mit Ihnen geeignete Therapiemöglichkeiten besprechen. Dank moderner Therapien ist die Lebensqualität von Menschen mit Vorhofflimmern kaum eingeschränkt. Je nach Diagnose stehen für die Behandlung bestimmte Medikamente (zum Beispiel Betablocker) zur Verfügung, die die Herzfrequenz regulieren. Außerdem können medikamentöse Therapien (Antiarrhythmika) oder der Einsatz eines Defibrillators (elektrische Kardioversion) dem Herzen helfen, wieder im normalen Takt zu schlagen. Man unterscheidet dabei Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch durch eine punktuelle Gewebevernarbung die Weiterleitung der falschen elektrischen Impulse unterbrochen und damit der Sinusrhythmus wiederhergestellt werden (Katheterablation). Zusätzlich müssen Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder andere Herzerkrankungen behandelt werden. Zugleich ist die Betreuung durch den Facharzt für Herzerkrankungen, den Kardiologen, oder einen entsprechend spezialisierten Hausarzt wichtig. Um zu verhindern, dass sich bei Vorhofflimmern Blutgerinnsel bilden, ist die Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten ein wesentlicher Grundpfeiler der Behandlung. Damit können Sie das Schlaganfallrisiko ganz erheblich senken. • die Vorbeugung eines Schlagan- falls bei Patienten mit Vorhofflim- mern, die noch keinen Schlaganfall hatten (Primärprävention), • von der Vorbeugung eines zweiten Schlaganfalls bei Patienten mit Vorhofflimmern, die schon einmal einen Schlaganfall erlitten haben (Sekundärprävention). Zum besseren Verständnis, wie Gerinnungshemmer wirken, werfen wir zuvor einen kurzen Blick auf die Funktion der Blutgerinnung allgemein. 29 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? Wie funktioniert die Blutgerinnung? Eine Schürfwunde, ein kleiner Schnitt oder auch eine größere Verletzung: Dank der Blutgerinnung (Koagulation) wird eine Wunde bei Ihnen schnell mit einem Blutgerinnsel verschlossen und Sie verbluten nicht. Die Blutgerinnung ist ein hochkomplexer Vorgang, bei dem verschiedene Faktoren nach einem genau festgelegten Ablauf 30 zusammenarbeiten. Beteiligt sind neben den Blutplättchen vor allem spezielle Eiweißstoffe, die sogenannten Gerinnungsfaktoren. Die Bildung der Gerinnungsfaktoren in der Leber ist abhängig vom Vorliegen des sogenannten Vitamin K. Dieses wird besonders über die Ernährung mit grünem Gemüse aufgenommen. Wann muss die Blutgerinnung gehemmt werden? Bei verschiedenen Situationen kann sich auch ohne äußere Verletzung ein Blutgerinnsel bilden, das dann ein Blutgefäß verstopft und somit gefährlich werden kann. Das ist auch beim Vorhofflimmern der Fall. Um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern, müssen die meisten Patienten mit Vorhofflimmern Medikamente (Gerinnungshemmer) einnehmen. Diese Art von Medikamenten wird medizinisch Antikoagulanzien genannt und beeinflusst jeweils bestimmte Faktoren im Blutgerinnungssystem. Übrigens: Vielleicht haben Sie auch schon einmal den Begriff „Blutverdünner“ gehört. Das ist genau genommen nicht die richtige Bezeichnung für Gerinnungshemmer, denn das Blut wird nicht tatsächlich verdünnt, sondern die Gerinnungsfähigkeit des Blutes wird herabgesetzt, um die Bildung von Gerinnseln insbesondere im linken Vorhof, aber auch an anderen Stellen des Blutgefäßsystems zu verringern. 31 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? Welche Gerinnungshemmer werden bei Vorhofflimmern eingesetzt? Bei Patienten mit Vorhofflimmern werden zur Vorbeugung des Schlaganfalls allgemein Gerinnungshemmer in Form von Tabletten verwendet. Man nennt sie daher auch „orale Antikoagulanzien“. Heute stehen dafür zwei Gruppen von Medikamenten zur Verfügung: Vitamin-K-Hemmstoffe und direkte orale Antikoagulanzien. Die Vitamin-K-Hemmstoffe (Cumarine). Diese werden bereits seit Jahrzehnten eingesetzt und hemmen die Wirkung von Vitamin K in der Leber, in der verschiedene Gerinnungsfaktoren Vitamin-K-abhängig hergestellt werden. Die direkten oralen Antikoagulanzien. Diese können bei Vorhofflimmern eingesetzt werden, das nicht durch eine Herzklappenerkrankung ausgelöst wird. Anders als die Vitamin-K32 Hemmstoffe, die relativ unspezifisch an verschiedenen Stellen der Blutgerinnung ansetzen, hemmen diese neuen Medikamente jeweils einen einzelnen Gerinnungsfaktor direkt. Lange Zeit wurde auch Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) zur Schlaganfallvorbeugung gegeben, insbesondere bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko sowie bei Patienten mit niedrigem Schlaganfallrisiko. ASS bietet bei Vorhofflimmern jedoch keinen ausreichenden Schutz vor Schlaganfall und ist deshalb nur noch in Ausnahmefällen zur Schlaganfallvorsorge vorgesehen.2 Bei der Auswahl der Therapie wird Ihr Arzt gemeinsam mit Ihnen besprechen, welches Medikament für Sie geeignet ist. Gibt es Nebenwirkungen, die zu beachten sind? Gerinnungshemmer schalten die Gerinnungsfähigkeit des Blutes nicht vollständig aus. Denn schließlich ist es wichtig, dass eine Blutung gestillt wird, wenn Sie sich verletzen. Es dauert jedoch deutlich länger, bis Ihr Körper eine Blutung stoppt, wenn Sie gerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Daher gehören Blutungen zu den möglichen Neben- wirkungen dieser Medikamente. Allerdings überwiegt bei Betrachtung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses die Verhinderung von Schlaganfällen bei Weitem das Blutungsrisiko. Bei der Auswahl der für Sie geeigneten Therapie wird Ihr Arzt daher darauf achten, welches Medikament das für Sie günstigste Verhältnis von Nutzen und Risiko bietet. 33 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? 34 Ihre Mitarbeit ist für eine wirksame Gerinnungshemmung entscheidend! Ganz wichtig bei der Behandlung mit Gerinnungshemmern ist die regelmäßige Einnahme der Tabletten, also die Therapietreue des Patienten. Es muss gewährleistet sein, dass Sie täglich zur gleichen Zeit Ihre Medikamente einnehmen, damit Sie vor einem Schlaganfall geschützt sind. Dazu gehört auch, diese nicht eigenmächtig abzusetzen oder die Dosis zu verändern. Sie übernehmen als Patient also einen großen Teil Mitverantwortung für Ihre Therapie. Bitte beachten Sie hierzu auch die Anweisungen im Beipackzettel Ihres Medikaments. Gerinnungshemmer können grundsätzlich in Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten treten. Daher ist es wichtig, dass Sie Ihren Arzt darauf hinweisen, wenn Sie Medikamente einnehmen. Zudem sollten Sie Ihren Arzt informieren, wenn Sie Zweifel an Ihren Medikamenten bekommen oder Nebenwirkungen wie Blutungen auftreten. Bei den Vitamin-K-Hemmstoffen muss zudem regelmäßig der Gerinnungswert kontrolliert werden. 35 5. Welche Möglichkeiten gibt es, das Schlaganfallrisiko zu senken? Und noch eine Bitte: Nach der Diagnose Vorhofflimmern erhalten Sie einen sogenannten Patientenpass von Ihrem Arzt, in dem alle wichtigen Informationen zu Ihrer Krankheit erfasst sind. Tragen Sie Ihren Patientenpass immer bei sich und informieren Sie andere Ärzte darüber, dass Sie eine gerinnungshemmende Therapie einnehmen. 36 Dies ist wegen des möglichen Blutungsrisikos wichtig • in Notfällen, • aufgrund möglicher Wechselwir- kungen, wenn Sie andere Medika- mente verschrieben bekommen, oder • bei bevorstehenden Operationen, auch Eingriffen beim Zahnarzt. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE. • Dank moderner Therapien ist die Lebensqualität von Menschen mit Vorhofflim- mern kaum eingeschränkt. • Eine „herzgesunde“ Lebensweise und Ernährung helfen, Ihr Schlaganfallrisiko zu senken. • Ein wesentlicher Grundpfeiler der Behandlung ist die Gabe gerinnungshem- mender Medikamente. Mit diesen sogenannten oralen Antikoagulanzien lässt sich die Bildung von Blutgerinnseln verhindern und das Risiko für einen Schlag- anfall reduzieren. • Heute werden als orale Gerinnungshemmer Vitamin-K-Hemmstoffe und direkte Gerinnungshemmer eingesetzt. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welches Medi- kament für Sie am besten geeignet ist. • Nehmen Sie täglich zur gleichen Zeit Ihre Medikamente ein, damit die Vorsorge wirksam ist. Dazu gehört auch: Die Medikamente sollten nicht eigenmächtig abgesetzt oder die Dosis verändert werden. 37 6. Was ist wichtig beim Arztbesuch? 38 Was passiert, nachdem die Diagnose Vorhofflimmern gestellt wurde? Wie kann ich mich auf den Arztbesuch vorbereiten? Das EKG (Elektrokardiogramm, auch Herzschrift genannt) hat den Verdacht auf Vorhofflimmern bestätigt. Wie geht es nun weiter? Ihr Arzt wird mit Ihnen die Therapie besprechen, die auf vier Säulen basiert: 2 Nach der Diagnose Vorhofflimmern sehen Sie sich vermutlich mit vielen Fragen konfrontiert. Fragen, die für Sie und Ihren Alltag wichtig sind. Aber auch Fragen, die der Arzt Ihnen stellen wird, um zu entscheiden, wie es nun weitergeht, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und vor allem, wie Sie sich sicher vor einem Schlaganfall schützen können. Sie wissen selbst: Die Zeit für das Gespräch mit dem Arzt ist oft knapp bemessen. Nutzen Sie daher diese Zeit optimal, indem Sie sich gut auf das Gespräch vorbereiten. • Behandlung begleitender Herz- Kreislauf-Erkrankungen, die das Schlaganfallrisiko zusätzlich erhöhen. • Vorbeugung eines Schlaganfalls mit Gerinnungshemmern (siehe Kapitel 5). • Spezielle Medikamente, die die Herzfrequenz regulieren. Zusätz- lich kann eine rhythmuserhaltende Therapie durchgeführt werden. • Vermeiden von Faktoren, die das Vorhofflimmern begünstigen. Hier- bei geht es um eine „herzgesunde“ Lebensweise (siehe Kapitel 5). Erste Antworten finden Sie bereits innerhalb dieser Broschüre. Die folgende kleine Liste fasst die wichtigsten Fragen für Ihren Arztbesuch zusammen. 39 6. Was ist wichtig beim Arztbesuch? Ich habe mindestens eine der Leitfragen mit „Ja“ oder „Weiß ich nicht“ beantwortet. Bin ich gefährdet, einen Schlaganfall zu bekommen? Wenn Sie mindestens eine Frage mit „Ja“ oder „Weiß ich nicht“ beantwortet haben, könnte Ihr Risiko für einen Schlaganfall erhöht sein. Nehmen Sie diese Antworten mit zu Ihrem nächsten Arztgespräch. Ich habe alle Leitfragen mit „Nein“ beantwortet, aber ich habe Vorhofflimmern. Was bedeutet das für mein Schlaganfallrisiko? Statistisch gesehen erhöht das Vorliegen von Vorhofflimmern das Schlaganfallrisiko um das Fünffache. Deshalb sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt regelmäßig ein mögliches Auftreten weiterer Risikofaktoren prüfen und geeignete Vorsorgemaßnahmen besprechen, die z. B. Ihren Lebensstil betreffen. 40 Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Vorhofflimmern, das nicht durch eine Herzklappenerkrankung ausgelöst wird, und welche halten Sie in meinem Fall für geeignet? Dank moderner Therapien ist die Lebensqualität von Menschen mit Vorhofflimmern kaum eingeschränkt. Je nach Diagnose wird Ihr Arzt Sie hierzu individuell beraten. In Kapitel 5 erhalten Sie bereits erste Informationen. Muss ich Medikamente einnehmen? Und wenn ja, wie lange? Jedes Medikament, das Sie aufgrund der Diagnose Vorhofflimmern erhalten, wird unterschiedlich eingesetzt. Ihr Arzt wird Ihnen diesbezüglich genaue Angaben machen. Um einen effektiven Schutz vor Schlaganfall gewährleisten zu können, werden Gerinnungshemmer jedoch in der Regel ein Leben lang eingenommen. Erste Informationen hierzu gibt Ihnen Kapitel 5. Müssen regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden? Bei der Schlaganfallvorsorge bei Vorhofflimmern ist dies je nach Gerinnungshemmer unterschiedlich. Im Einzelfall wird Ihr Arzt entscheiden, welches Medikament für Sie am besten geeignet ist und welche Kontrolluntersuchungen notwendig sind. Mehr hierzu in Kapitel 5. Welche Nebenwirkungen können die Behandlung oder das Medikament haben? Bei der Schlaganfallvorsorge bei Vorhofflimmern ist dies je nach Gerinnungshemmer unterschiedlich. Sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. Mehr hierzu in Kapitel 5. Welche möglichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten muss ich beachten? Wer einen Gerinnungshemmer einnimmt, sollte seinen Arzt stets darüber informieren. Denn unter Gerinnungshemmern kann es zu unterschiedlichsten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen, die die Wirkung der Medikamente verstärken oder abschwächen können. Mehr dazu in Kapitel 5. Was kann man zur Schlaganfallvorsorge tun? Die richtige Therapie und ein entsprechender Lebensstil machen den Alltag mit Vorhofflimmern ohne große Einschränkungen möglich. Wichtige Details hierzu in Kapitel 5. 41 6. Was ist wichtig beim Arztbesuch? Muss ich bei einer bevorstehenden Operation etwas beachten, wenn ich eine gerinnungshemmende Therapie einnehme? Aufgrund potenzieller Blutungsrisiken ist es wichtig, dass Sie Ihren Arzt vor jeder Operation, selbst den Zahnarzt, darüber informieren, dass Sie eine gerinnungshemmende Therapie einnehmen. Hierbei kann auch ein Patientenpass helfen. Mehr zum Thema am Ende des Kapitels 5. Muss ich die Medikamente vor oder nach dem Essen einnehmen? Die Einnahme ist je nach Medikament unterschiedlich. Sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. Erste Anhaltspunkte finden Sie in Kapitel 5. Muss ich etwas in meinem Alltag beachten bzw. verändern (Ernährung, Sport)? Sie können mit einem entsprechenden Lebensstil sehr viel zu einem unbeschwerten Alltag trotz Vorhofflimmerns beitragen. In Kapitel 5 finden Sie mehr zu Bewegung, Ernährung und Freizeitgestaltung mit dieser Herzrhythmusstörung. Welche möglichen Ursachen hat Vorhofflimmern in meinem Fall? Vorhofflimmern kann individuell sehr unterschiedliche Ursachen haben. Hierzu kann Ihr Arzt Ihnen Genaueres sagen. Erste Informationen zum Thema finden Sie in Kapitel 2 dieser Broschüre. Kann man Vorhofflimmern heilen? Vorhofflimmern ist bislang noch nicht heilbar, kann aber auf verschiedene Arten behandelt werden. In Kapitel 5 finden Sie hierzu mehr. 42 43 7. Symptome des Schlaganfalls – Was ist zu tun? Jeder Schlaganfall ist ein Notfall: Sofort 112 wählen! Auch bei einer gewissenhaft durchgeführten Vorbeugung ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Schlaganfall auftreten kann. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Sie sowie Ihre Familie und Freunde die Anzeichen erkennen und schnell handeln können. Denn tritt ein Schlaganfall auf, zählt jede Minute. 44 Die Symptome für einen Schlaganfall treten häufig unvermittelt und ohne Vorwarnung auf und können in einigen Fällen nach kurzer Zeit auch wieder abklingen. In solchen Fällen handelt es sich dennoch um einen Notfall und die Gefahr eines weiteren Schlaganfalls ist hoch.12 45 7. Symptome des Schlaganfalls – Was ist zu tun? Symptome erkennen und handeln. Folgende plötzlich auftretende Symptome und Verhaltensweisen können auf einen Schlaganfall hinweisen.12 46 Sehstörung: Sprach- und Sprach- verständnisstörung: • Beeinträchtigung des Sehvermögens • plötzliche Einschränkung des Gesichtsfeldes • Störung des räumlichen Sehens (und Orientie- rungslosigkeit) • Sehen von Doppelbildern (z. B. Danebenfassen bei Gegenständen) • in leichteren Fällen stockende, abgehackte Sprache • Verdrehen von Silben oder Verwendung von falschen Buchstaben • Kommunikation im Tele grammstil, verwaschene oder lallende Sprache, selten auch Sprachverlust • Sprachverständnisstö- rungen Lähmung, Taubheitsgefühl: Schwindel mit Gangunsicherheit: Sehr starker Kopfschmerz: • • • • plötzlich auftretendes Schwindelgefühl (z. B. Drehschwindel oder Schwankschwindel), verbunden mit Gangunsicherheit • Gefühl von Gleichge wichts- und Koordinationsverlust • • • Lähmungserscheinungen auf einer Körperseite häufig sind das Gesicht, Arm und Hand stärker betroffen (typisches Merkmal ist z. B. ein herunter- hängender Mundwinkel) plötzlich eintretende Störung des Berührungs- empfindens (z. B. ein eingeschlafener Fuß oder „Pelzigkeitsgefühl“ auf einer Körperseite) oder plötzlich eintretendes Taubheitsgefühl vorher nicht gekannte, äußerst heftige Kopf- schmerzen auch verbunden mit Übelkeit und Erbrechen nach einiger Zeit können auch Lähmungen, Bewusstseinsverlust oder Verwirrtheit auftreten 47 7. Symptome des Schlaganfalls – Was ist zu tun? Der FAST-Test: Schnell und verlässlich einen Schlaganfall erkennen! Mithilfe des aus dem englischen Sprachraum stammenden FAST-Tests kann man wichtige und typische Schlaganfallsymptome schnell überprüfen. Die Buchstaben stehen für „Face – Arms – Speech – Time“ (Gesicht – Arme – Sprache – Zeit). Bei dem Verdacht, dass eine Person 48 einen Schlaganfall erlitten hat, kann man anhand folgender drei Übungen schnell und verlässlich einen Schlaganfall erkennen. Wenn der Betroffene mit einer Aufgabe Probleme hat, besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall – wählen Sie sofort den Notruf 112! 12 DER FAST-TEST: Schnell und verlässlich einen Schlaganfall erkennen! • Bitten Sie die betroffene Person zu lächeln, • beide Arme gleichzeitig zu heben und • einen einfachen Satz nachzusprechen. Wenn der Betroffene mit einer Aufgabe Probleme hat, besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall – wählen Sie sofort den Notruf 112! 49 8. Übersetzung wichtiger Fachbegriffe. Antagonist Hemmer Antiarrhythmika Medikamente, die den Herzrhythmus normalisieren Antikoagulanzien Gerinnungshemmer Aorta Hauptschlagader, große Körperschlagader Asymptomatisch Ohne Symptome, ohne Beschwerden 50 Betablocker Arzneistoffe zur Senkung der Ruheherzfrequenz und des Blutdrucks Cumarine Gruppe von Medikamenten, die zu den Vitamin-KAntagonisten gehören und orale Antikoagulanzien sind Diabetes mellitus Zuckerkrankheit Direkte orale Antikoagulanzien Neue Generation von oralen Antikoagulanzien, hemmen direkt bestimmte Gerinnungsfaktoren Echokardiographie Ultraschalluntersuchung des Herzens EKG Elektrokardiogramm (auch Herzschrift genannt), Aufzeichnung der Erregungsleitung des Herzens (Vorhof und Herzkammer) Holiday-Heart-Syndrom Anfallartig auftretendes Vorhofflimmern nach besonders viel Alkoholkonsum Hypertonie Bluthochdruck Kardiologe Facharzt für Herzerkrankungen Orale Antikoagulanzien Gerinnungshemmer in Tablettenform Katheterablation Prozedur, bei der durch punktuelle Gewebevernarbung die Weiterleitung fehlerhafter elektrischer Impulse unterbrochen wird, mit dem Ziel, den Sinusrhythmus wiederherzustellen Paroxysmales Vorhofflimmern Vorhofflimmern, das zeitweilig auftritt und von selbst aufhört Koagulation Blutgerinnung Nicht-valvuläres Vorhofflimmern Vorhofflimmern, das nicht durch eine Herzklappenerkrankung ausgelöst wird Permanentes Vorhofflimmern Vorhofflimmern, das über ein Jahr dauerhaft besteht Persistierendes Vorhofflimmern Vorhofflimmern, das länger als sieben Tage dauert und nicht von selbst aufhört, kann aber möglicherweise mittels einer spezifischen Therapie beendet werden Prävention Vorbeugung Sinusknoten Ansammlung von spezialisierten Herzzellen, die elektrische Impulse erzeugen und damit Taktgeber des Herzens sind Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Hemmen ein Enzym, das für die Umwandlung von inaktivem zu aktivem Vitamin K zuständig ist und somit in der Leber die Vitamin-Kabhängige Bildung verschiedener Gerinnungsfaktoren hemmt orale Antikoagulanzien 51 9. Die „Initiative Schlaganfallvorsorge. Bei Vorhofflimmern handeln“. Knapp 270.000 Schlaganfälle ereignen sich nach aktuellen Berechnungen jährlich in Deutschland, etwa 200.000 davon sind erstmalige Schlaganfälle. Alarmierende Zahlen, ist doch der Schlaganfall nach Krebs- und HerzKreislauf-Erkrankungen die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.13 Diese Situation wollen wir, die „Initiative Schlaganfallvorsorge. Bei Vorhofflimmern handeln“, gemeinsam gegründet von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) sowie den forschenden Pharmaunternehmen Pfizer und Bristol-Myers Squibb, ändern. Wir möchten in Deutschland die Zahl der Schlaganfälle bis 2024 deutlich verringern und so mehr Menschen 52 ein gesundes Altern ermöglichen. Hierzu müssen wichtige Risikofaktoren wie das Vorhofflimmern konsequent erkannt und – falls notwendig – behandelt werden. Denn ungefähr jeder fünfte Schlaganfall wird durch Vorhofflimmern ausgelöst,2 das bedeutet, alle zehn Minuten ereignet sich in Deutschland ein Schlaganfall aufgrund von Vorhofflimmern. Weiterführende Informationen erhalten Sie auch unter www.schlaganfall-verhindern.de Initiative Schlaganfallvorsorge Bei Vorhofflimmern handeln Medizinische Beratung. Diese Broschüre wurde erstellt mit fachlicher Beratung von: Prof. Dr. med. Ulrich Laufs, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, Stellvertretender Direktor der Klinik Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg Prof. Dr. med. Joachim Röther, Facharzt für Neurologie, Zusatzbezeichnung Neurologische Intensivmedizin und Geriatrie, Chefarzt der Neurologischen Abteilung, Asklepios Klinik Hamburg Altona 53 Quellen 1. Patienteninformation „Herz aus dem Takt: Vorhofflimmern“. Herausgeber Kompetenznetz Vorhofflimmern. Aktualisierte Neuauflage (Stand: Februar 2013). 2. Camm AJ et al. Europace 2012; 14:1385–1413. 3. Kompetenznetz Schlaganfall. Patienteninformationen: Risikofaktoren. (online) URL: http://www.kompetenznetz-schlaganfall.de/48.0.html (Stand: 17.12.2013). 4. Dickhuth HH. Bewegung und Sport bei Vorhofflimmern, Herz Heute 2014; 2:24–27. 5. Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Vitamin K und Therapie mit Antiko- agulanzien. Beratungspraxis 04/2001. (online) URL: http://www.dge.de/ modules.php?name=News&file=article&sid=279 (Stand: 21.10.2013). 6. Hu FB, Willett WC. JAMA 2002; 288:2569–78. 7. Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. 4., vollständig überarbeitete Auflage 2013. (online) URL: http://www.dge.de/modules.php?name=Content&pa=showp age&pid=15 (Stand: 11.11.2013). 8. Dorandt S. Mittelmeerkost – lebensstilgerechte Alternative für Mitteleuropäer? Arbeitstagung der DGE 2005. Aktuelle Aspekte der Ernährungsbildung und -beratung. (online) URL: https://www.dge.de/pdf/presse/at2005/pm/ Dorandt_Abstract.pdf (Stand: 17.07.2014). 54 9. Mozaffarian D, Micha R, Wallace S (2010). Effects on Coronary Heart Disease of Increasing Polyunsaturated Fat in Place of Saturated Fat: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. PLoS Med 7(3):e1000252. 10.Skeaff CM, Miller J. Dietary fat and coronary heart disease: summary of evidence from prospective cohort and randomised controlled trials. Ann Nutr Metab 2009; 55:173–201. 11. Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit. Eine Aktualisierung anhand des Ernährungs- berichts 2008. DGEinfo 01/2010 – Forschung, Klinik, Praxis. (online) URL: http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=1019 (Stand: 17.07.2014). 12.Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Jeder Schlaganfall ist ein Notfall: Symptome erkennen und richtig handeln. Herausgeber Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Zu bestellen unter: www.schlaganfall-hilfe.de. 13.Heuschmann PU et al. Akt Neurol 2010; 37:333–340. 55 Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Carl-Miele-Straße 210 33311 Gütersloh Service- und Beratungszentrum Telefon: 05241 / 97 70-0 Telefax: 05241 / 97 70-777 E-Mail: [email protected] Internet: www.schlaganfall-hilfe.de www.facebook.com/schlaganfallhilfe Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 53111 Bonn Internet: www.bagso.de Informationen und Bestellung bei: BAGSO Service Gesellschaft Hans-Böckler-Str. 3 53225 Bonn Telefon: 0228 / 55 52 55-50 Telefax: 0228 / 55 52 55-66 E-Mail: [email protected] Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA Arnulfstraße 29 80636 München Telefon: 089 / 1 21 42-0 E-Mail: [email protected] Internet: www.b-ms.de Pfizer Deutschland GmbH Linkstraße 10 10785 Berlin Telefon: 030 / 55 00 55-01 Telefax: 030 / 55 00 54-9 9 9 9 9 Internet: www.pfizer.de CVDE14NP07028-01 Impressum und Kontakt.