1 5. Grundschaltungen und Schaltungsintegration 5.1 Allgemeines

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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
5.
Grundschaltungen und Schaltungsintegration
5.1
Allgemeines
Man unterscheidet grundsätzlich zwei Grundtypen elektronischer Schaltungen: In analogen
Schaltungen ist die Größe einer Spannung oder eines Stromes der direkte Träger der Information.
Deshalb wird man in der Analogtechnik fast immer versuchen, ein lineares Verhältnis zwischen einer
Spannung am Eingang und am Ausgang z. B. eines Verstärkers zu erzielen von der Art:
Uout = a * Uin
herzustellen. In der Digitaltechnik ist dagegen der Absolutwert einer Spannung nicht interessant.
Wenn eine Spannung eine obere Schranke überschreitet, wird sie als logisch "high" gewertet,
unterschreitet sie eine untere Schranke, so wird die als "low" bezeichnet. Die Digitaltechnik hat eine
2-wertige Logik, die Analogtechnik eine Logik mit theoretisch unendlich vielen verschiedenen
Werten
u (t)
t
high (1)
u (t)
low (0)
t
Abb. 5.1: Digitale und analoge Signale
Wir haben im Kapitel 3 kennengelernt, dass Halbleiter-Bauelemente typischerweise ein nichtlineares
Verhältnis zwischen angelegter Spannung und durchfließenden Strom aufweisen.
In der Analogtechnik wird man versuchen, die aktiven Bauelemente, also bipolare Transistoren oder
FETs, jeweils unabhängig voneinander in einem konstanten Arbeitspunkt zu betreiben. Das bedingt
wiederum kleine Signalgrößen im Vergleich zur Versorgungsspannung. Hilfreich ist auch die in der
diskreten (im Gegensatz zur monolithisch integrierten) Technik praktizierte Trennung der einzelnen
Stufen durch Kondensatoren. Natürlich kann eine solche Konstruktion auch keine Gleichspannung
übertragen. Sie hat eine untere und obere Grenzfrequenz für die übertragbaren Signale. Abb. 5.2
zeigt eine solche Schaltung, wie sie z. B. in einem Verstärker für tonfrequente Signale
(Audiobereich, ca. 15 Hz bis 20 kHz) oft verwendet wurde. Signale unter etwa 15 Hz sind für
Menschen nicht hörbar und müssen deshalb auch nicht übertragen werden.
1
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St. 1
St. 2
St. 4
St. 3
Abschnittsweise lineare Näherung
I
der Diodenkennlinie
U
Abb. 5.2: Mehrstufige analoge Verstärkerschaltung
Auf integrierten Schaltungen sind solche Konstrukte kaum verwendbar: Man kann dort die
notwendigen großen Werte der Kopplungskapazitäten (100 Mikrofarad und mehr) nicht realisieren,
auch schwebende (also nicht einseitig an Masse angeschlossene) Kapazitäten sind schwer zu
realisieren.
Deshalb sind mehrstufige Schaltungen, wenn sie auf dem IC realisiert werden, fast immer direkt
gekoppelt und können auch Gleichspannungen übertragen.
Generell wird der einzelne Transistor in der Analogtechnik aber ein möglichst linearer Verstärker
sein sollen
Diese Linearität ist in der Digitaltechnik weder erwünscht noch günstig. Dort kommt es vielmehr
darauf an, dass stets definierte High- bzw. Low-Pegel vorhanden sind und die Übergänge dazwischen
möglichst schnell stattfinden. Eine digitale Verstärkerstufe soll außerdem in der Lage sein, Signale zu
regenerieren, also aus einem langsamen high/low oder low/high-Zustandsübergang einen schnelleren
mit steileren Flanken zu erzeugen. Dazu benötigt auch die digitale Schaltstufe eine hohe
Verstärkung. Hat z. B. das Gatter G3 eine Spannungsverstärkung von 10, so wird es bereits
Ausgangssignale von 0,5 V des Gatters G1 auf einen Ausgangswert von 5V verstärken und
dementsprechend eine steile Übergangsflanke erzeugen.
Bei einer Verstärkung von 10, einer Versorgungsspannung von 5 V und einer Eingangsspannung
über 0,5 V wird aber bereits eine Zustand der Sättigung erreicht, das Gatter wird in seinem
Ausgangspegel begrenzt, seine aktiven Transistoren geraten in den Zustand der "Sättigung".
G3
G1
G5
G2
G3
regeneriertes
Signal
u (t)
Ausgangssignal
t
Abb. 5.3: Mehrstufige Digitalschaltung und Signalregenerierung
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Im Idealfall hat ein digitales Signal senkrechte Flanken. Lässt man den Aspekt der Regenerierung
außer Betracht, dann kann ein Transistor in einer Digitalschaltung als Schalter idealisiert werden, der
nur die Zustände "on" (leitend) und "off" (nicht leitend) kennt.
Diese Abstraktion ist in der Digitaltechnik durchaus gebräuchlich. Allerdings sind Transistoren nur
als spezielle Schalter verwendbar:
Ein pnp- oder ein p-Kanal-MOS-Transistor eignet sich dazu, einen internen Schaltungsknoten mit
der Betriebsspannung zu verbinden, während ein n-Kanal MOS-Transistor oder eine npn-Transistor
einen Schaltungsknoten mit dem Masse-Anschluss verbindet.
VDD
Ausgang
Ansteuerung
GND
VDD
Ausgang
Ansteuerung
GND
Abb. 5.4a: Transistoren in einer Digitalschaltung als aktive Schalter
Idealerweise arbeitet eine digitale Schaltungstechnik mit solchen aktiven Schaltern, wie es die heute
absolut dominierende CMOS-Technik tut.
Ältere MOS-Techniken und alle bipolaren Logiken arbeiten mit nur eine Art aktiver Schalter. Dann
werden zusätzlich auch Transistoren verwendet, die durch entsprechende Beschaltung als
Widerstände wirken.
VDD
R
Ausgang
Ansteuerung
GND
Abb. 5.4b: Digitalschaltung mit passivem Pull-up-Element und einseitigem aktiven Schalter
Technologien mit passivem "Pull-up-Element" gegen VDD haben den Nachteil, dass im "low"Zustand (und bei manchen Technologien sogar im high- und im low-Zustand) selbst bei Ruhe der
Schaltung ein Querstrom fließt.
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Wegen des Leistungsverbrauchs und damit verbundener Probleme der höheren Wärmebelastung im
Schaltkreis eignen sich nur Technologien mit zwei aktiven Schaltern für die Großintegration.
Man kann aber auch Transistoren als nicht-ideale Schalter in einem Modus einsetzen, in dem sie
Signale entweder sperren oder weiterleiten.
Man spricht dann von "Pass-Transistoren" oder, wenn ein p.Kanal und ein n-Kanal-Transistor
parallelgeschaltet werden, von "transmission gates". Solche Schalter sind zwar platzsparend
implementierbar, sie leisten aber keine Regenerierung der Signale, sondern bewirken eine
Abschwächung. Der Grund liegt darin, dass die auf Durchlass geschalteten Transistoren natürlich
immer noch einen endlichen Restwiderstand aufweisen. Zusammen mit der kapazitiven Belastung
ergibt sich daraus ein Tiefpass. Nach einigen solcher Stufen (meistens mx. 2 bis 3) muss ein Signal
deshalb stets wieder durch eine "aktive" Gatterschaltung regeneriert werden
Transmission Gate
Pass-Transistor
Steuersignal
Quelle /
Eingang
Quelle /
Eingang
Ausgang
Ausgang
Steuersignal
Steuersignal
GND
GND
Abb. 5.5: Pass-Transistor und Transmission Gate
Insbesondere die Pass-Transistor-Schaltung ist recht hochohmig bzw. schaltet nur recht langsam
vom sperrenden in den leitenden Zustand um. Wesentlich besser in dieser Beziehung ist das
Transmission Gate, bei dem jeweils ein p-Kanal- und ein n-Kanal-Transistor parallelgeschaltet
werden. Diese beiden Transistoren benötigen dann komplementäre Signale zur Ansteuerung.
5.2
Eigenschaften monolithisch integrierter Schaltungen
Digitale Schaltungen, die aus einzelnen diskreten Transistoren aufgebaut waren, wurden vorwiegend
in den 60er Jahren in Rechnern verwendet. Seitdem haben monolithisch integrierte Schaltungen
Einzug gehalten, bei denen mehrere Transistoren (in den ersten Technologien) bis zu Millionen von
Transistoren (seit den 80er Jahren) gemeinsam gefertigt werden. Wir haben im letzten Kapitel bereits
einzelne so gefertigte Transistoren betrachtet.
metal
N-well CMOS Technology
gate-oxide
field-oxide
p - bulk
n-channel
poly-silicon
p-channel
GND
VDD
n+
n+
p+
p+
n-well
n-well
p- bulk silicon
n-diffusion
p-diffusion
Abb. 5.6: Monolithisch integrierter Schaltkreis (Schnitt durch einen Inverter in CMOSTechnologie)
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Auch die Schaltungstechnik, die für monolithisch integrierte Schaltkreise verwendet wird, ist speziell
auf deren Fertigungsmöglichkeiten abgestimmt.
Vorab ist wichtig, dass bei der Fertigung von ICs stets gewisse Toleranzen auftreten. Man wird also
z. B. kaum einen Widerstand von genau 100 Ohm fertigen können, sondern muss stets Streuungen
etwa zwischen 90 und 110 Ohm tolerieren. Der Entwurf muss also stets darauf ausgelegt sein, dass
eine Schaltung auch bei solchen Toleranzen noch funktioniert. Schaltungen, deren Funktion nur bei
Einhaltung absoluter Werte von Bauelementen gewährleistet ist, werden auf dem IC nicht oder
allenfalls mit geringster Ausbeute bei der Fertigung funktionieren. Zulässig und weit verbreitet sind
dagegen Techniken, bei denen die Funktion auf einem festen Verhältnis zwischen zwei Widerständen
oder zwei Kapazitäten beruht. Die Kunst, trotz absolut schwankender Parameter sicher
funktionierende Schaltungen mit stabilen Eigenschaften zu entwerfen, ist insbesondere für analoge
integrierte Schaltungen perfektioniert worden.
Günstig und flächensparend realisieren lassen sich:
-
p-n-Dioden gegen das Grundsubstrat, wobei für die Polung eine Vorzugsrichtung existiert, die
durch die Art des Grundsubstrats (p- oder n-) bestimmt ist. Ansonsten werden Dioden oft mittels
Transistoren gebaut.
-
Transistoren, wobei in der bipolaren IC-Technologie vorwiegend npn-Transistoren als aktive
Schalter zum Einsatz kommen. pnp-Transistoren sind möglich, sind aber vergleichsweise viel
langsamer und werden aber eher als passive Widerstandselemente verwendet. In MOSTechnologien werden sowohl n-Kanal als auch p-Kanal-Transistoren als aktive Schalter benutzt.
-
Widerstände etwa im Bereich zwischen 1 kOhm und 100 kOhm durch Verwendung von
Transistoren, wobei aber die Widerstandswerte nicht konstant sind. Widerstandswerte bis ca.
100 kOhm sind durch widerstandsbehaftete Leitungen realisierbar.
-
Kondensatoren gegen Masse (Grundsubstrat) von unter 0,1 pF.
Transistor mit Substratanschluß an Masse
(n-Kanal)
Transistor mit Substratanschluß an VDD
(p-Kanal)
VDD
Signalleitung
=
R
oder
Signalleitung
GND
Abb. 5.7a: Gut realisierbare integrierte Bauelemente (MOS)
npn-Transistor pnp-Transistor Multi-Emitter-Transistor
(aktiver Schalter)(passiv, NF)
Abb. 5.7b: Integrierte Bauelemente (bipolar)
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Nur schwer realisierbar sind:
-
"Schwebende" Dioden zwischen Leitungen
"Schwebende" Kondensatoren
präzise Widerstandswerte
Widerstände unter 100 Ohm (ungenau) und über ca. 100 kOhm
über 1 kOhm
nur
als:
GND
Abb. 5.8: In IC-Technologie bedingt realisierbare Bauelemente
Kaum zu realisieren sind:
-
Spulen (Induktivitäten)
Transformatoren
große Kapazitäten über ca. 10 pF
Relais und elektromechanische Komponenten
Induktivität
Übertrager / Transformator
große Kapazitäten
Große Widerstände,
Präzisionswiderstände
Elektromechanische
Bauelemente
Abb. 5.9: In IC-Technologie nicht realisierbare Komponenten
(Induktivitäten sind bedingt möglich)
Zudem existiert für alle integrierten Bauelemente ein gemeinsamer Masse (GND)-Anschluss. Damit
sind Entkopplungen für Gleichspannung, wie man sie in diskret aufgebauten Schaltungen mittels
Kondensatoren oder Spulen (Übertragern) bauen kann, problematisch. Einzelne einer größeren
Schaltung sind nahezu immer galvanisch gekoppelt.
In den meisten Technologien sind auch entweder nur bipolare Transistoren oder nur MOSTransistoren verfügbar. Mischtechnologien existieren aber. Bei den bipolaren Transistoren ist für die
(schnelle) Signalverarbeitung fast ausschließlich der npn-Transistor verfügbar, pnp-Transistoren
dienen nur als quasi-statische Bauelemente z. B. als Lastelemente , für Stromquellen etc.
Diese Einschränkungen erscheinen für den Elektroniker, der Schaltungen auf dem "Brett" mit
Komponenten aus der Schublade zu bauen gewohnt ist, schwerwiegend.
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Dem gegenüber stehen handfeste Vorteile:
-
geringe Kosten pro aktivem Bauelement
(ein diskret aufgebauter Transistor kostet ca. 0,1 DM, eine Transistorfunktion in einem
hochintegrierten IC ist für 10**-4 DM entsprechend 0,01 Pfg. und weniger zu bekommen)
ICs haben im Vergleich zu diskreten Schaltungen eine mehrfach höhere Zuverlässigkeit und
Lebensdauer
Gewicht, Platzbedarf und Leistungsverbrauch pro Transistorfunktion sind um Größenordnungen
niedriger.
-
Überraschend für den Anfänger ist vielleicht die Tatsache, dass die Zuverlässigkeit einer Schaltung
viel mehr durch die Verbindungsleitungen und Kontakte zwischen aktiven Bauelementen bestimmt
ist als durch diese selbst.
Die Fertigung von ICs ist ein aufwendiger Prozess, der bei modernen Technologien aus hunderten
von Einzelschritten besteht, die wiederum detailliert aufeinander abgestimmt sein müssen. Damit sind
ICs grundsätzlich kostengünstig nur bei Stückzahlen von Tausenden bis Millionen herstellbar.
Einmal gefertigte ICs kann man, falls ein Entwurfsfehler vorliegt, kaum jemals reparieren. Sie
verlangen also eine ganz neue Entwurfstechnologie (siehe Spezialvorlesung ab 6. Semester).
Da das Innere von ICs von außen kaum zugänglich ist , kann man auch nur sehr beschränkt in der
Schaltung messen und prüfen. Deshalb verlangen ICs eine eigene, sehr spezielle Test-Technologie
(Spezialvorlesung gibt es auch).
5.3
Die Silizium-Planartechnik
Seit den 60er Jahren hat sich ein grundlegendes Fertigungsverfahren für integrierte Halbleiterschaltungen entwickelt, auf dem die gesamt Mikroelektronik beruht. Man nennt dies die
"Planartechik". Sie ist gekennzeichnet dadurch, dass Halbleiter-Bauelemente massenweise
gleichzeitig mit Hilfe fotomechanischer Abbildungsverfahren gefertigt werde.
Das Ausgangsmaterial ist stets eine Scheibe einkristallinen, hochreinen, an den Oberflächen polierten
Siliziums. Bei einer Dicke von ca. 0,7 mm hat ein solcher "Wafer" einen Durchmesser von bis zu ca.
30 cm. Das Grundmaterial ist, je nach Typ der zu fertigenden Schaltung, entweder schwach p- oder
n-dotiert.
Die verschiedenen Fertigungsschritte benutzen zumeist eine in etwa ähnliche Prozessfolge.
1. Wafer (nicht maßstäblich)
2. Oxidation
5. Selektives Entfernen der
der belichteten Lackstellen
6. Entfernen der Oxidschicht
an den belichteten Stellen
3. Beschichtung mit Fotolack
7. Strippen der Lackreste
4. Selektive Belichtung
8. Selektive Dotierung der
geöffneten Bereiche
Abb. 5.10: Grundlegende Prozess-Schritte der Silizium-Planartechnik
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Am Anfang der Prozessfolge steht stets die Oxidierung der Silizium-Oberflächen. Das Oxid dient als
Maskierungsschicht für eine Anzahl von Prozess-Schritten, weil z. B. bei Behandlung der Oberfläche
des Halbleiters mit einem Dotierstoff (z. B. PH3-Gas, Phosphin) der Dotierstoff in eine SiliziumOberfläche wesentlich schneller eindiffundiert als in eine SiO2-Oberfläche. Effektiv geschieht die
Diffusion ins SiO2 so langsam, dass eine solche Schicht das darunter liegende Silizium effektiv
abschirmt. Bei einem Dotierungsprozess, der in der Regel bei etwa 1000 Grad Celsius im
sogenannten Diffusionsofen stattfindet, wird als der Dotierstoff zur Bildung p- oder n-leitender
Bereiche gezielt an vorher "geöffneten" Stellen in den Halbleiter eingebracht.
Das selektive Öffnen selbst erfordert einen mehrstufigen Prozess:
Im ersten Schritt wird die Silizium-Oberfläche durch Oxidation mit Sauerstoff der Wasserdampf (bei
1000 Grad C. im Ofen) oxidiert. Man unterscheidet dabei die Trockenoxidation, bei der sich langsam
ein sehr homogenes, hochwertiges Oxid bildet (z. B. auch für Transistor-Gates geeignet) Danach
erfolgt eine Abdeckung mit einem lichtempfindlichen Kunststoff, meistens als "Fotoresist"
bezeichnet.
Die Übertragung von Strukturmustern für z. B. zu diffundierende Bereiche geschieht nun mittels
einer selektiven Belichtung der Oberfläche z. B. durch eine Maske hindurch. Eine Quarzlampe sendet
UV-Strahlung aus, die von einer als Maske wirkenden teilweise geschwärzten Glasplatte nur an den
zu belichtenden Stellen durchgelassen wird. In den meisten Fällen ist der Resist an den belichteten
Stellen anschließend in einem Lösungsmittel leichter löslich als die unbelichteten Teile (Positivlack).
Es gibt aber auch Resist-Sorten, die nur an den belichteten Stellen unlöslich werden. (Negativlack).
Nachdem so zunächst die Oberfläche des Oxids selektiv geöffnet wurde, wird anschließend ein
Ätzmittel verwendet, das nur das Oxid, nicht aber den stehengebliebenen Resist angreift. Meistens
wird zum Ätzen Fluss-Säure (HF) verwendet. Damit wird nun seinerseits das Oxid an den belichteten
Stellen geöffnet. Damit existiert nun das für eine selektive Diffusion benötigte Fenster. Vor der
Diffusion werden aber die stehengebliebenen Lackreste entfernt (gestrippt). Nach dem
Diffusionsvorgang wird sofort wieder oxidiert, damit die behandelte Stelle für weitere ProzessSchritte maskiert ist.
Im Verlauf der Herstellung eines ICs ist es einerseits notwendig, p- und n-Dotierungen an
verschiedenen Stellen aufzubringen. Aber auch die Umdotierung eines schwach p-dotierten Bereichs
in ein n-dotiertes Gebiet (und umgekehrt) kann notwendig werden. Besonders kompliziert sind die
Verhältnisse beim integrierten bipolaren Transistor (Abb. 5.11).
E
B
n++
P+
C
n+
Isolator
n - (epitaktisch)
n++
Grundsubstrat
Abb. 5.11: Integrierter bipolarer Transistor
Dort muss auf ein schwach leitendes Grundsubstrat zunächst die gut leitende "vergrabene Schicht"
aufgebracht werden. Dieser folgt für den Kollektor eine niedriger leitende epitaktische Schicht. Da
man in eine gut leitende Schicht keine schwach leitende derselben Polarität eindotieren kann, muss
auf der Oberfläche eine schwach leitende monokristalline Schicht "aufgewachsen" werden. Diesen
Prozess nennt man Epitaxie. In die Epitaxie-Schicht werden dann die mittelhoch dotierte Basis und
die hoch dotierten Emitter- und Kollektor-Anschlüsse eindiffundiert.
Schließlich ist noch Trennschicht zwischen verschiedenen Transistoren vorzusehen, die entweder aus
einer tiefen p-Diffusion oder einer echten Isolierschicht bestehen kann.
8
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5.4
Grundschaltungen
5.4.1 Dioden und Transistoren als Bauelemente in ICs
In integrierten Schaltungen werden vorwiegend bipolare npn-Transistoren oder selbstsperrende
MOS-Fets verwendet.
Deren Eingangs-Ausgangs-Verhalten lässt sich etwa so beschreiben:
IC = IS * e(UBE/UT) (1 + UCE/UA) , IB = IC / B
für den bipolaren Transistor.
ID = K/2 (UGS-Uth)2* (1 + UDS / UA) , IG = 0
für den MOSFET im Abschnürbereich oder Sättigungsbereich.
Dabei ist K der sogenannte Transduktanz-Koeffizient, der als Maß für die Steigung der
Übertragungskennlinie gelten kann. Mit:
K = µn C’ox *W / L
Es gehen also ein: Die Beweglichkeit der Ladungsträger (hier für den n-Kanal), die Oxid-Kapazität
am Gate, die Weite und die Länge der Kanal-Zone.
In beiden Strom-Spannungs-Gleichungen kommt jetzt die Early-Spannung UA vor, die man auch
beim MOSFET in Analogie zum Bipolaren Transistor definiert und die hier wie dort den Einfluss der
variablen Sperrschicht-Weiten mit der Spannung abdeckt. Diese Konstante liegt beim MOSFET bei
ca. 20 bis 100 V.
Natürlich sind diese recht groben Gleichungen viel zu ungenau, um beim tatsächlichen
Schaltungsentwurf die Transistoren genau zu dimensionieren. Die in den Simulationsprogrammen
wie SPICE oder PSPICE verwendeten Parameter müssen viel genauer sein.
Beim Entwurf von Bauelementen und Baugruppen in integrierten Schaltungen kann man nicht
beliebige Größen z. B. der Kanallänge angeben, sondern man ist an Vorgaben des Schaltungsherstellers gebunden. Meistens ist eine minimale Transistor-Größe bezüglich z. B. effektiver KanalLänge und Kanal-Breite vorgegeben, die man fast beliebig überschreiten, aber nicht unterschreiten
darf. Oft werden auch die Simulationsparameter auf eine solchen Einheits-Transistor bezogen.
Typischerweise sind für den Entwurf verfügbar:
a) in bipolaren Technologien: npn-Transistoren für die Signalverarbeitung
pnp-Transistoren nur für statischen Einsatz in Stromquellen etc.
b) in MOS-Technologien:
selbstsperrende n-Kanal-Transistoren
selbstsperrende p-Kanal-Transistoren.
MOS-Technologien, die auch selbstleitende p-Kanal-Transistoren
anbieten,
waren früher üblich, sind heute aber eher die Ausnahme.
Beim Entwurf ist stets davon auszugehen, dass die Fertigungsparameter wie Kanallängen,
Schichtdicken usw. und damit auch die elektrischen Parameter wie z. B. die Steilheit zwischen 2
Fertigungsläufen um 10-20% schwanken können. Dagegen sind sie Schwankungen zwischen in
einem „run“ oder gar auf einem Chip nominal mit gleichen Eigenschaften gefertigten Bauelementen
9
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recht gering. Man kann beim Entwurf z. B. davon ausgehen, dass ein als „doppelt breit“ entworfener
Transistor auch ziemlich genau doppelt so breit ist wie der Standard-Transistor.
Zunächst überraschend ist, dass man in integrierter Schaltungstechnik auch die Dioden oft über
Transistoren realisiert.
A
A
A
K
K
K
normale Diode
npn-Diode
pnp-Diode
Abb. 5.12: Dioden in integrierten bipolaren Schaltungen
A
A
K
K
A
K
normale Diode
p-Kanal-Diode
n-Kanal-Diode
Abb. 5.13: Dioden in integrierten MOS-Schaltungen
Die bipolare Diode, die aus einem Transistor mit kurzgeschlossener Basis-Kollektor-Strecke besteht,
wird auch als „Transdiode“ bezeichnet. Die npn- und die pnp-Transdiode haben nochmals
unterschiedliche Eigenschaften. Man benötigt solche Dioden speziell für Strom-SpannungsWandlung und Strom-Skalierung. Man kann damit, entsprechend den Transistoren, auch
Transdioden mit skalierter Größe bauen. Solche Dioden werden häufig in Schaltungen zur StromSpannungs-Wandlung eingesetzt: Die eigentliche Mess-Größe ist ein Strom, benötigt wird aber eine
Strom-proportionale Spannung, ohne (wie bei einem Mess-Widerstand) den Kreis, in dem die
Messgröße auftritt, massiv zu beeinflussen.
A
A
IC
I
IB = 0
I
IG=0
U
K
ID
U
K
Abb. 5.14: Strom-Spannungs-Wandlung mit Skalierung
In der Schaltung mit bipolaren Transistoren fließt zunächst durch den rechten Transistor der Strom I.
Nach der Dioden-Gleichung gilt dafür:
10
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I = I S,D (e **U/UT - 1) und U = UT ln (I/I S,D + 1)
Und näherungsweise gilt: U = UT ln (I /I S,D)
I S,D ist der Sättigungs-Sperrstrom der Diode. Entsprechend habe der Transistor (links) den
Sperrstrom I S,T.
Für den Kollektorstrom des Transistors gilt näherungsweise:
IC = I S,T e** (UBE/UT) = I S,T e**ln (I/I S,D) = I * (I S,T / I S,D)
Der Strom wird also entsprechend dem Verhältnis der Sättigungs-Sperrströme skaliert. Eine
definierte Skalierung erreicht man aber nur dann, wenn man zwei gleiche Transistor-Typen
kombiniert. Dann wird das Verhältnis der Sättigungs-Sperrströme über die Transistor-Größe
festgelegt.
Bei MOS-Schaltungen setzt man entsprechend die FET-Dioden ein. Hier gilt dann für die StromSpannungs-Wandlung:
I = KD/2 (UGS-Uth)**2 und folglich: U = Uth + √ (2I / KD)
KD ist der Steilheits-Koeffizient der FET-Diode. Der zweite MOS-FET habe den SteilheitsKoeffizienten KM. Dann gilt näherungsweise:
ID = KM/2 (UGS-Uth)**2 = I KM / KD . (bei UGS = U)
Auch hier erfordert die Skalierbarkeit die Verwendung gleichartiger Transistoren.
5.4.2 Stromquellen und Stromspiegel
In diskreter Schaltungstechnik werden zur Arbeitspunkt-Einstellung Widerstände verwendet. Diese
Methode ist bei integrierten Schaltungen kaum noch praktikabel. Man behilft sich mit Schaltungen,
die definierte Ströme liefern, sogenannten Stromquellen. Dabei handelt es sich stets um
Gleichströme.
Stromspiegel sind fast noch häufiger und wichtiger:
Ein Stromspiegel ist eine Schaltung, welche am Ausgang eine definiert abgeschwächte oder
verstärkte Kopie eines anderen Stromes liefert.
Bereits einzelne Transistoren können als Stromquellen betrachtet und behandelt werden.
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Ub
Ub
RL
RL
Ia
Ia
UBE
U0
UGS
RE
UR
GND
Ua
U0
UR
RS
Ua
GND
Abb. 5.15: Bipolarer Transistor und n-Kanal-MOSFET als Stromquelle
Das Ausgangs-Kennlinienfeld des bipolaren Transistors wie auch das des MOS-Transistors zeigen
bei konstantem Basis-Strom bzw. konstanter Basis-Spannung eine bemerkenswertes Verhalten:
Trotz Änderung der Kollektor-Emitter-Spannung bzw. der Source-Drain-Spannung bleibt der
Kollektor-Strom bzw. der Drain-Strom über einen weiten Bereich konstant (nahezu horizontale
Kennlinie- bis auf den Early-Effekt). Zur Kompensation von Temperatur-Effekten wird man
außerdem noch eine Strom-Gegenkopplung benötigen, die über den Widerstand RE bzw. RS bewirkt
wird.
Damit fließt nun über den „Verbraucher“, der hier durch den Widerstand RL dargestellt ist, ein
nahezu konstanter Strom, auch dann, wenn sich die anliegende Spannung Ub in erheblichem Umfang
ändert.
Für den Fall des bipolaren Transistors kann man den Ausgangsstrom wie folgt angeben:
Ia = U0 - UBE / RE
Der Strom bleibt um so besser konstant, je größer U0 gegenüber UBE ist. Allerdings kann man U0
nicht zu nahe an Ub herankommen lassen, sonst wird der Aussteuerbereich arg eingeschränkt.
Wichtig ist auch der dynamische Ausgangswiderstand:
Ra = dUa /dIa (U0 = const.)
Dieser sollte eigentlich (bei waagerechter Ausgangskennlinie) unendlich groß sein, wird aber durch
den Early-Effekt tatsächlich begrenzt:
Näherungsweise gilt:
ra = UA/ Ia + RE *Ua/UT
ra = β UA/ Ia
für UR klein gegen β UT.
für UR groß gegen β UT.
Dabei ist β die dynamische (Kleinsignal-) Stromverstärkung des Transistors, die sich von der
statischen Stromverstärkung B etwas unterscheidet.
Man kann mit bipolaren Transistoren durchaus dynamische Innenwiderstände bis zu einigen 100
kOhm realisieren.
Die Stromquelle lässt sich entsprechend auch mit dem MOSFET realisieren. Allerdings ist wegen
dessen geringerer Early-Spannung und seiner geringeren Steilheit (bei gleichem Strom) der
Innenwiderstand nicht ganz so groß.
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Deshalb verwendet man in diskreten Schaltungen meistens Stromquellen mit bipolaren Transistoren.
Ub
Ub
R1
R1
R2
Ub
Ia
R1
Ia
RE
R2
RE
Ia
RE
Abb. 5.16: Stromquellen-Schaltungen für diskreten Aufbau mit bipolaren Transistoren
Die einfachste Stromquellen-Schaltung sieht fast wie eine normale Verstärker-Schaltung aus, an
Stelle des Widerstandes RC steht aber hier die Schaltung, die mit einem konstanten Strom betrieben
werden soll. Nachteilig ist hier die Abhängigkeit von UBE von der Temperatur.
Der Ausgangsstrom wird hierbei näherungsweise: Ia = (UbR2/(R1 + R2) –UBE) /RE wobei UBE etwa
0,7 V beträgt.
Man kann diese Abhängigkeit durch Vergrößerung von RE verringern, aber alternativ auch , in dem
man alternativ eine Diode in den Spannungsteiler einbaut. Dann gilt näherungsweise:
Ia = (Ub-UD)*R2 /((R1 + R2)RE)
Dabei kann man die Fluss-Spannung UD der Diode zu etwa =0,7 V ansetzen.
Eine weitere Lösung ist die Verwendung einer Z-Diode an Stelle von R1, die im Durchbruch
betrieben wird. Wenn man hier eine Z-Diode mit geringer Temperaturabhängigkeit der
Durchbruchsspannung verwendet und zusätzlich noch eine normale Diode in Flussrichtung zur
Kompensation der Schwankungen in Serie schaltet, so wird die Schaltung besonders stabil.
Für die Schaltung mit einer Z-Diode für den Widerstand R2 gilt näherungsweise:
Ia = (UZ – UBE)/RE (mit UBE etwa 0,7 V)
UZ ist die Durchbruchsspannung der Z-Diode in Rückwärtsrichtung.
Mit der zusätzlichen Kompensation von UBE durch eine vorgeschaltete Diode erhält man dann:
Ia = UZ/ RE
Stromspiegel-Schaltungen dienen dazu, einen in einem Schaltungsteil auftretenden Strom in einem
zweiten Teil direkt oder in übersetzter Form zu reproduzieren.
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Ub
Ub
Rv
Rv
Ie
Ia
Ia
T1
T1
T2
T2
Ua
Ua
R2
R1
Abb. 5.17: Einfache Stromspiegel-Schaltungen mit npn-Transistoren (links) und mit n-KanalMOSFets
Die einfachsten Stromspiegel-Schaltungen bestehen, wie oben gezeigt, jeweils aus 2 TransistorenT1
und T2, die jeweils mit 2 Widerständen R1 und R2 zur Strom-Gegenkopplung ausgestattet sind. Der
zusätzliche Widerstand RV lässt jeweils die linke Seite der Schaltung zu einer Stromquelle werden.
Betrachtet sei zunächst der Stromspiegel mit npn-Transistoren, auch als npn-Stromspiegel
bezeichnet. Eine charakteristische Größe ist das Übersetzungsverhältnis:
kI = Ia / Ie zwischen Eingangsstrom und Ausgangsstrom. Für den Fall, dass die Widerstände R1 und
R2 zu 0 gemacht werden, ergibt sich der einfache Spezialfall:
kI = Ia / Ie = 1/(Is1/Is2(1+1/B) +1/B)
Wenn die Stromverstärkung B ausreichend hoch ist (üblicherweise ca. 100 – 500), so ist das
Übersetzungsverhältnis nur durch die Sperrströme Is1 und Is2 bestimmt.
Bei gleichartigen und gleich großen Transistoren ist dieses Verhältnis auch noch gleich 1, dann wird
der Eingangsstrom in einen gleich großen Ausgangsstrom übersetzt.
Die nachfolgende Abbildung zeigt die Ausgangskennlinie des Stromspiegels.
Ia/uA
100
npn
Arbeitsbereich
bipolar
n-Kanal MOS
npn
n-Kanal MOS
Arbeitsbereich
MOS
20
1
2
Ua/V
Abb. 5.18: Typische Ausgangskennlinien von Stromspiegel-Schaltungen
14
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Wegen der größeren Steilheit und der größeren Early-Spannung ist der Arbeitsbereich des npnStromspiegel günstiger als der der MOS-Schaltung.
Erhält der Stromspiegel eine Gegenkopplung durch die Widerstände R1 und R2, so beeinflussen diese
das Übersetzungsverhältnis. Dann gilt näherungsweise:
kI = Ia / Ie = R1/(R2 +(R1+R2)/B)) was für große Werte von B in R1 / R2 übergeht.
Bei diskret aufgebauten Stromspiegeln wird man nie gleiche Transistoren haben und deshalb immer
mit Widerständen zur Gegenkopplung arbeiten.
Bei integrierten Stromspiegeln wird man dagegen das Verhältnis der Widerstände entsprechend den
Größenverhältnissen der Transistoren wählen: IS2 / IS1 = R1 / R2.
Dann wirken sich die Widerstände praktisch nicht auf das Übersetzungsverhältnis aus.
In der Praxis wird man relativ häufig den Stromspiegel direkt als Stromquelle einsetzen.
Bei Vernachlässigung der Basis-Ströme und mit einem Vorwiderstand RV erhält man
näherungsweise:
Ie = (Ub – UBE1) /(RV + R1) , wobei UBE1 wieder zu etwa 0,7 V angesetzt werden kann.
Wenn es nicht mehr möglich ist, das Übersetzungsverhältnis des Stromspiegels über die TransistorGrößen einzustellen, weil der Transistor T2 zu klein wird bzw. die Größe von T1 unhandlich würde,
dann setzt man in integrierten Schaltungen auch den sogenannten „Widlar-Stromspiegel“ ein, bei
dem nur der Gegenkopplungswiderstand R2 vorhanden ist. Dann gilt näherungsweise:
kI=IS2 / IS1 e**(-UR2/ UT)
UR2 ist der Spannungsabfall am Gegenkopplungs-Widerstand R2, UT ist die Temperaturspannung.
In manchen Fällen wird, insbesondere bei kleinen Stromverstärkungen oder bei großen
Übersetzungsverhältnissen, der Basis-Strom des Ausgangstransistors nicht mehr zu vernachlässigen
sein. Dann ist das Übersetzungsverhältnis nicht mehr einfach von den Transistor-Größen abhängig.
Abhilfe schafft dann eine Spezialschaltung, bei der ein dritter Transistor zur Versorgung des BasisStroms eingesetzt wird, der sogenannte 3-Transistor-Stromspiegel.
Ub
Ie
Rv
Ia
T3
T1
T2
Ua
R1
R2
Abb. 5.19: 3-Transistor-Stromspiegel
15
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Der Fehler bei der Berechnung des Übersetzungsverhältnisses reduziert sich um den Faktor der
Stromverstärkung des dritten Transistors. Verwendet wird eine solche Schaltung besonders in
sogenannten Strom-Bänken: In manchen Typen von analogen und digital-analogen Schaltungen
benötigt man eine Serie von fest eingestellten Strömen mit einen festen Verhältnis zueinander.
Die kann ein Stromspiegel liefern, wenn man an Stelle des einen Transistors T2 eine Serie von
unterschiedlich großen Transistoren anschließt.
Noch nicht genauer betrachtet haben wir die Einstellung des Übersetzungsverhältnisses beim
Stromspiegel mit n-Kanal-MOSFETs.
Für die Drain-Ströme der beiden Transistoren kann man ansetzen:
ID1 = K1/2 (UGS1 - Uth)2 .
ID2 = K2/2 (UGS2-Uth)2 (1 + UDS2/UA) .
(K1, K2 sind die Steilheits-Faktoren UA ist die Early-Spannung)
Beim Transistor T1 (Abb. 5.20) kann man wegen UDS1 = UGS1 << UA den Early-Effekt
vernachlässigen.
Da in MOSFETs keine Gate-Ströme fließen, entsprechen die Ströme am Ein- und Ausgang den
Drain-Strömen: Ie = ID1, Ia, = ID2.
Ub
Rv
Ie = ID1
Ia = I D2
I=0
Ue
T1
UR1
T2
UGS1
R1
UGS2
R2
Ua
UR2
GND
Abb. 5.20: Stromspiegel mit n-Kanal-MOSFETs
Die Maschengleichung liefert dann:
I D1 R1 + UGS1 = ID2 R2 + UGS2.
Für den n-Kanal-Stromspiegel ohne Gegenkopplung, also mit R1 =R2 = 0 erhält man dann das
Übersetzungsverhältnis:
kI =Ia /Ie = K2 / K1 (1 + Ua/UA) und näherungsweise:
kI= K2/K1.
Damit wird, bei ausreichend großer Early-Spannung, das Übersetzungsverhältnis nur durch die
Größe der Transistoren bestimmt.
16
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Typischerweise müsste man, um eine Grenze des Aussteuerbereichs von ca. 0,1 bis 0,2 V wie bei
bipolaren Transistoren zu erreichen, die MOSFETs um den Faktor 50 bis 100 größer machen.
Die Praxis lässt das nur in Ausnahmefällen zu.
Wenn der Stromspiegel mit Widerständen zur Gegenkopplung betrieben wird, so wird die
Bestimmung des Übersetzungsverhältnisses für den allgemeinen Fall nicht mehr geschlossen möglich.
Für den Sonderfall:
K2 / K1 = R1 / R2
erhält man allerdings eine Aufhebung des Substrateffekts, und das Übersetzungsverhältnis entspricht
dem beim n-MOS-Stromspiegel ohne Gegenkopplung.
Mit dem Vorwiderstand Rv kann man den n-Kanal-Stromspiegel auch als Stromquelle betreiben.
Dann gilt:
Ie = (Ub – UGS1) /(Rv + R1) und Ia = kI*Ie .
Für manche Anwendungen sind hohe bis extrem hohe Ausgangswiderstände gefordert.
Die sind mit einem einfachen Stromspiegel nur sehr hochohmige Widerstände für die Gegenkopplung
zu realisieren. In integrierten Schaltungen stehen solche Widerstandswerte typischerweise nicht zur
Verfügung. Deshalb ist es dann sinnvoll, eine sogenannte Kaskoden-Schaltung einzusetzen.
Ub
RC
R1
out
T2
T1
R2
in
Cb
RbV
Abb. 5.21: Kaskode-Schaltung
Die Kaskode-Schaltung ist eine spezielle Trick-Schaltung, um Transistor-Verstärker auf höhere
Grenzfrequenzen zu „züchten“. Der Transistor T1 arbeitet in Emitter-Schaltung, allerdings auf eine
sehr kleinen Eingangswiderstand, dargestellt durch den Transistor T2 in Basis-Schaltung . Der
Arbeitspunkt der Basis-Schaltung wird durch die Widerstände R1 und R2 bestimmt. Der Kondensator
Cb dient dazu, den Transistor T2 gleichspannungsmäßig an Masse zu legen. Der Widerstand Rbv wird
manchmal notwendig, um Eigenschwingungen der Schaltung zu unterdrücken.
Diese Schaltung weist in etwa dieselbe Verstärkung wie die Emitter-Schaltung auf, funktioniert aber
über eine größere Bandbreite.
17
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Ub
Rv
Ub
Ia
Ia/B
Ia
Rv
T3
T3
Ie
T1
T1
T2
T2
U0
U0
GND
GND
Abb. 5.22: Stromspiegel mit Kaskode-Schaltung
Man kann diese Schaltung ansehen als eine einfache Stromquelle in Emitter- bzw. SourceGrundschaltung, bei welcher der Gegenkopplungswiderstand durch einen Stromspiegel ersetzt ist.
Nachteilig ist hierbei, dass man eine externe Spannungsquelle als Referenz benötigt. Deshalb hat es
sich als praktischer herausgestellt, gleich den vollständigen „Kaskode-Stromspiegel“ zu bauen, bei
dem diese Spannungsquelle entfällt.
Ie
Ia
Ia
T3
Ie
T4
Ie‘
T3
Ua
Ia‘
T4
Ie‘
Ia ‘
Ua
T1
T1
T2
T2
GND
GND
Abb. 5.23: Kaskode-Stromspiegel
Diese Schaltung wird auch als Kaskode-Stromspiegel mit automatischer Arbeitspunkt-Einstellung
bezeichnet.
Das Übersetzungsverhältnis kI = Ia / Ie ist gegeben durch die Ruheströme der Transistoren Is2 zu Is1
bei der bipolaren Schaltung und durch das Verhältnis der Steilheits-Faktoren K2 zu K1 bei der MOSSchaltung.
Wenn β die Kleinsignal-Stromverstärkung des Transistors ist, so wird bei der bipolaren Schaltung
der Ausgangswiderstand der Kaskode-Schaltung um den Faktor β / (1 + kI) größer als der des
einfachen Stromspiegels.
18
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Vcc = 5V
Vdd = 5V
35k
15 k
Ie
T3
T4
Ie‘
Ia = 100 uA
Ia = 100 uA
T3
Ua
Ia‘
Ie
T4
Ie‘
Ia‘
Ua
T1
T1
T2
T2
GND
GND
Abb. 5.24: Kaskode-Stromspiegel als Stromquelle
Mittels solcher Schaltungen kann man in der Praxis Innenwiderstände der Stromquellen von ca.
30-70 Mohm erreichen. Dabei ist die bipolare Schaltung typischerweise um den Faktor 2-3 „besser“,
bzw. hat einen größeren nutzbaren Aussteuerbereich.
5.4.3 Differenzverstärker
Die vorstehend betrachteten Schaltungen für Kleinsignalverstärker sind so für integrierte
Schaltungen nicht brauchbar. Es ist schlicht und einfach unmöglich, die galvanische Trennung
benötigten Kondensatoren unterzubringen. Benötigt werden Verstärker, welche auch mit
galvanischer Kopplung der einzelnen Stufen und ohne separate Einstellung von Arbeitspunkten
funktionieren. Dabei ergibt sich ein grundlegendes Problem:
Der Arbeitspunkt eines Transistors ändert sich mehr oder weniger mit der Temperatur, auch beim
Einsatz stabilisierender Schaltungstricks. Und wenn man z. B. n=5 Schaltungsstufen hat, von denen
jede eine Verstärkung von B= 10 aufweist, dann werden die Drift-Effekte der ersten Stufe ganz wie
ein Nutz-Signal von den folgenden Stufen mit verstärkt. Variiert also die Spannung der Stufe 1 um 1
mV, so wird diese Änderung bis zum Ausgang noch 10**4 mal verstärkt und würde am Ausgang die
Spannung um 10 V verschieben. Dieser Effekt wird durch den Einsatz von Differenzverstärkern
vermieden.
19
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Vcc
Vdd
R C1
R D1
R C2
Ua1
Ue2
R D2
Ua1
Ua2
T2
T1
T1
T2
Ue1
Ue2
Ue1
Ue2
Vss
Vss
Abb. 5.25: Differenzverstärker mit npn- und mit n-Kanal-MOS-Transistoren
Der Differenzverstärker ist ein symmetrischer Verstärker mit zwei Eingängen und zwei Ausgängen.
Die beiden aktiven Transistoren werden in Emitter- oder in Source-Schaltung betrieben.
Neben der normalen Versorgungsspannung wird eine weitere negative Versorgungsspannung
benötigt. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Konstant-Stromquelle: Sie sorgt im Idealfall dafür, dass
die Summe der Ströme durch die beiden Transistoren stets gleich bleibt.
Im Normalfall werden die beiden Zweige auch symmetrisch ausgeführt, also mit RC1 = RC2 bzw. RD1
= RD2. Für die Eingangsspannungen Ue1 und Ue2 führt man allerdings eine andere Notation ein. Man
unterscheidet nämlich zwischen einer Differenzspannung UD=Ue1–Ue2 und einer Gleichtakt-spannung
UGL = (Ue1 + Ue2) / 2.
Also gilt auch:
Ue1 = UGL + UD / 2, Ue2 = UGL – UD / 2.
Vcc
R C1
R C2
T1
T2
Vss
UD/2
UD/2
UGL
20
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Abb. 5.26: Differenzverstärker mit Gleich- und Gegentaktspannung
Bei gleichen Eingangsspannungen Ue1 und Ue2 teilt sich der Gesamtstrom der Stromquelle
gleichmäßig auf beide Zweige auf. Dann gilt also:
IC1 = IC2 bzw. ID1 = ID2 (für den npn- bzw. den n-Kanal-Verstärker).
Entsprechend sind auch die Ausgangsspannungen Ua1 und Ua2 gleich mit:
Ua1 = Ua2 = Vcc – I0 * RC
bzw.
Ua1 = Ua2 = VDD – I0*RD. (I0 = konstanter Strom der Stromquelle)
Bemerkenswert ist nun, dass eine Änderung der Gleichtaktspannung UGL im idealen Fall (und real
innerhalb gewisser Grenzen der Aussteuerung) die Stromverteilung nicht beeinflusst. Die
Ausgangsspannung bleibt also trotz Änderungen am Eingang konstant.
Die Gleichtaktverstärkung AGL ist eine typische Größe solcher Verstärker. Sie ist definiert als:
AGL = dUa1/dUGL = dUa2/dUGL für UD= 0.
Im Idealfall sollte diese Größe immer 0 sein. Tatsächlich hat sie real einen Wert von ca. –10**(-4)
bis –1. Das liegt vor allem am endlichen Innenwiderstand realer Stromquellen.
Liegt dagegen am Eingang eine Differenzspannung an, so ändert sich dadurch auch die
Ausgangsspannung. Man definiert die Differenzverstärkung zu:
AD = dUa1/dUD = - dUa2/dUD (jeweils für UGL= const.)
Diese Differenz-Verstärkung ist ebenfalls negativ. Man erreicht Werte zwischen etwa –10 und – 100
dann, wenn RC und RD echte Widerstände sind und etwa – 100 bis – 1000 dann, wenn an Stelle der
Widerstände Stromquellen verwendet werden.
Das Verhältnis von Differenz- und Gleichtaktverstärkung wird auch als Gleichtakt-Unterdrückung
(common mode rejection ration, CMRR) bezeichnet.
Typisch sind hier Werte zwischen 10**3 und 10**5.
Dies bedeutet praktisch, dass ein zwischen den beiden Eingängen als Differenz eingespeistes Signal
etwa 1000 mal stärker verstärkt wird als eine Spannungsverschiebung am Eingang durch z. B. eine
Temperaturdrift, die sich ja auf beide Eingänge gleichermaßen auswirkt.
In der Praxis wird man den Differenzverstärker nicht nur symmetrisch auslegen und betreiben, es gibt
auch unsymmetrische Auslegungen und Betriebsarten, die durchaus Sinn machen:
Man kann wahlweise einen Ein- und/oder Ausgang auf Masse legen.
Nehmen wir an, es existiert nur ein Masse-bezogenes Eingangssignal (wie sehr häufig).
Es ist dann möglich, mit einem Differenzverstärker, bei dem ein Eingang auf Masse-Potential
„festgeklemmt“ wird, eine Umsetzung in ein symmetrisches Ausgangssignal zu erreichen.
Solche Schaltungen kommen sowohl in der Analogtechnik (als Vorstufe zu Gegentakt-Verstärkern)
wie auch in abgewandelter Form in der Digitaltechnik vor.
Entsprechend kann man eine Differenzverstärker-Schaltung, bei der einer der beiden Widerstände im
Kollektor-Kreis entfällt, zur Umsetzung eines „schwebenden“ in ein Masse-bezogenes Signal
verwenden.
Sogar die Variante, die einen auf Masse gelegten Eingang und einen Ausgang ohne Lastwiderstand
verwendet, macht Sinn: Sie wirkt wie eine Reihenschaltung eines Transistors in Kollektror-Schaltung
21
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
mit einem Transistor in Basis-Schaltung. Damit kann man wegen des nicht mehr auftretenden MillerEffekts (wird im nächsten Kapitel behandelt) eine hohe Grenzfrequenz der Schaltung erreichen.
Vcc
Vcc
Vcc
R C1
R C2
R C2
R C2
Ua1
Ue2
Ue2
Ue2
T1
T2
T1
Ue1
T2
Ue1
T1
Ue2
Vss
Ue1
Vss
Ausgang
unsymmetrisch
Eingang
unsymmetrisch
T2
Vss
Ein- und Ausgang
unsymmetrisch
Abb. 5.27: Unsymmetrisch aufgebauter Differenzverstärker
Die mit Differenzverstärkern erreichbaren Verstärkungen sind dann sehr hoch, wenn die Widerstände
im Kollektor- bzw. Drain-Kreis sehr hoch sind. In ICs kann man Widerstände im kOhm-Bereich nur
sehr schlecht realisieren: Sie werden durch Stromquellen ersetzt. Damit steigt aber als erwünschter
Nebeneffekt sogar die Verstärkung erheblich an. Tatsächlich setzt man Stromspiegel oder KaskodeStromspiegel ein.
Vcc
T4
T3
Ia
IC1
IC2
T1
Ua
T2
U e1
U e2
2 I0
Vss
22
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Abb. 5.28: Differenzverstärker mit pnp-Stromspiegel als Stromquelle
Die Wahl der Stromquelle oder des Stromspiegels hat keinen wesentlichen Einfluss auf das
Kleinsignal-Verhalten der Schaltung. Da der Stromspiegel selbst an der Signalverstärkung nicht
teilnimmt, können hier auch die (potentiell langsameren) pnp-Transistoren verwendet werden.
Differenzverstärker gehören zu den wichtigsten Kern-Bestandteilen aller hochintegrierten Verstärker.
Wie wir aber nachfolgend sehen werden, spielen sie selbst bei digitalen integrierten BipolarSchaltungen eine wichtige Rolle.
Wichtig ist es sicher noch, festzustellen, in welchen Grenzen ein solcher Differenzverstärker
aussteuerbar ist. Für die Schaltung nach Abb. 5.26 kann man ableiten:
Ua1 = Vcc - I0 *RC ( 1 + tanh(UD/2UT)
Ua2 = Vcc - I0*RC ( 1 - tanhUD/2UT)
Ua1, Ua2
Ua1
Ua2
UD
T1 sperrt
5 UT
-2UT -UT
aktiver Bereich
0
UT
Betrieb als
Verstärker
2UT
5 UT
T2 sperrt
aktiver Bereich
Abb. 5.29: Verlauf der Übertragungskennlinie für den npn-Differenzverstärker
Der Verstärker ist praktisch über einen Spannungsbereich von + /- 5 UT aussteuerbar. Jenseits davon
wird ein Transistor vollständig abgeschaltet. Für einen Betrieb als Kleinsignal-Verstärker kommt
sogar nur der zwischen + / - UT in Betracht, jenseits davon nehmen die auftretenden Nichtlinearitäten erheblich zu. Damit kann man schon feststellen, dass diese Schaltung vorwiegend in den
Eingangsstufen integrierter Verstärker benutzt wird.
Betreibt man den Differenzverstärker mit zusätzlicher Strom-Gegenkopplung im Emitter-Kreis, so
werden die Übertragungskennlinien wesentlich flacher, aber gleichzeitig steigt die Größe des linearen
Bereichs proportional an.
23
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Vcc
R C1
R C2
Ua1
Ue2
T1
Ue1
RE
T2
RE
Ue2
Abb. 5.30: Differenzverstärker mit Strom-Gegenkopplung
Unter der Annahme starker Gegenkopplung, d. h. nahezu konstanter Basis-Emitter-Spannungen,
kann man Näherungsformeln für die Abhängigkeit des Ausgangsspannungen von der Differenzspannung UD angeben:
Ua1 = Ucc –IC1* RC ≈Ucc – I0 RC – RC UD/2RE .
Ua2 = Ucc –IC2* RC ≈Ucc – I0 RC +RC UD/2RE .
Baut man den Differenzverstärker mit MOSFETs auf, so erhält man einige erstaunliche Effekte.
Zunächst sind für den linearen Verstärkungsbereich die Abhängigkeiten zwischen Spannungen und
Strömen wie folgt beschreibbar:
Ua1 = Udd – I0 RD – UDRD/2 (2K I0 – (KUD/2)2)1/2 .
Ua2 = Udd – I0 RD + UDRD/2 (2K I0 – (KUD/2)2)1/2 .
Die Kennlinien sind über den Steilheitsfaktor K auch von der Größe der MOS-Fets abhängig. Damit
kann man die Eigenschaften durch Skalieren des MOSFETS einstellen, also durch deren Breite.
Kleine MOSFETs erzeugen eine flachere Kennlinie bei geringerer Verstärkung und einen größeren
linearen Bereich, während breitere MOSFETs eine höhere Differenzverstärkung und eine steilere
Übertragungskennlinie zur Folge haben, aber auch einen eingeschränkten Dynamikbereich. Damit
kann man hier die Eigenschaften über die Transistorgrößen einstellen wie beim bipolaren
Differenzverstärker über die Strom-Gegenkopplung.
Die Strom-Gegenkopplung kann man auch hier anwenden, aber für eine ausreichende Verstärkung
braucht man dann recht große Transistoren. Diese und die Fläche für die Widerstände zur
Gegenkopplung kosten aber Platz und verringern durch größere Kapazitäten auch die obere
Grenzfrequenz. Damit ist diese Lösung eher unbeliebt.
5.5
Integrierte digitale bipolare Schaltungen
Die ersten digitalen ICs wurden in den 60er Jahren in verschiedenen bipolaren Technologien
entwickelt und gefertigt.
24
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Von einer gewissen praktischen Bedeutung ist sind heute davon nur noch die Transistor-TransistorLogik (TTL) und die Emitter-Coupled-Logic (ECL).
Alle digitalen integrierten Schaltungen haben, was den eigentlichen Betrieb betrifft, gemeinsame
Eigenschaften:
Die aktiven Bauelemente werden nicht mehr im Kleinsignal-Betrieb betrieben. Die ArbeitspunktEinstellung entfällt deshalb. Der verwendete nicht-lineare Großsignalbetrieb hat ganz andere
Eigenschaften.
Da Halbleiter-Bauelemente die unangenehme Eigenschaft besitzen, exponentielle (bipolar) bzw.
quadratische (MOS) Eingangskennline zu besitzen, ist die Übertragungscharakteristik formal nur
schwer beschreibbar. Man hilft sich mit graphischen Mitteln.
Gegeben sei das Ausgangs-Kennlinienfeld eines bipolaren Transistors. Wir nehmen an, dass er mit
einem ohmschen Widerstand RC an die Versorgungsspannung angeschlossen ist. Die StromSpannungs-Kennlinie ist dann eine Gerade. Diese wird „rückwärts“ in das Ausgangs-Kennlinienfeld
des Transistors eingetragen.
Stufe n
3 EingangsKennlinie
Arbeitsgerade
Ic
Stufe (n+1)
Trans.-Eingang
3
Widerstand
IB
2
2
1
1
UCE
UBE
Abb. 5.31: Umschaltverhalten mit Eingangs- und Ausgangskennlinie
Für IC = 0 ist der Strom durch den Widerstand 0, der Transistor wird bei UCE = UCC
(Versorgungsspannung) betrieben. Im anderen Extremfall, wenn der Transistor extrem gut leitend
sein soll (UCE = 0), ist der Strom auf IC = UCC/ RC begrenzt. Damit sind die Endpunkte der
„Arbeitsgeraden“ im Ausgangs-Kennlinienfeld definiert.
In bipolaren digitalen Schaltungen ist die Last der Stufe n durch die Eingangskennlinie der Stufe
(n+1) gegeben, die z. B. durch eine Dioden-Kennlinie gegeben sein kann. Dann wird entsprechend
auch diese Kennlinie „rückwärts“, also vom Punkt UCE = UCC aus auftragen und erhält damit die
möglichen Punkte im Ausgangs-Kennlinienfeld der treibenden Stufe.
Wir nehmen an, eine digitale Schaltung vollführt am Ausgang einen Signalwechsel von logisch „0“
auf logisch „1“. Die Betriebsspannung betrage z. B. 5 V, und die Spannungsverstärkung einer
logischen Stufe betrage 10.
Die angeschlossene nächste Stufe wird zunächst nur wenig auf den Signal-Anstieg reagieren, bis die
dortigen Transistoren so weit ausgesteuert sind, dass sie aktiv verstärkend werden. In bipolaren
Schaltungen wird das ab ca. 0,7 V wirksam. Dann erfolgt eine Verstärkung des Signals um den
Verstärkungsfaktor der treibenden Stufe, der seinerseits vom „momentanen“ Arbeitspunkt abhängt.
Lange bevor das ansteuernde Signal seinen Endwert erreicht hat, erreicht das Produkt:
25
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Uaus * Au (Ausgangsspannung mal Spannungsverstärkung) einen Wert, der über der Betriebsspannung liegt. Damit wird die zweite Stufe übersteuert, trotz möglicherweise noch ansteigender
Eingangsspannung steigt die Ausgangsspannung der zweiten Stufe nicht mehr an.
Die angesteuerte Stufe wird also in eine Art Sättigungszustand gebracht.
Je größer die dynamische Verstärkung der (n+1)-ten Stufe ist, um so steiler wird die an deren
Ausgang auftretende Flanke des digitalen Signals. Eine hohe Verstärkung ist also auch in digitalen
Schaltungen erwünscht, und zwar zur Erzeugung definierter Zustandsübergänge.
In bipolaren Schaltungen unterscheidet man noch zwei Grundtypen:
Bei sogenannter „gesättigter“ Logik werden Transistoren des angesteuerten Gatters in den Zustand
der Sättigung getrieben (bei p-n-Übergänge leitend). Das führt zu geringen Restspannungen Uce am
Transistor, aber auch zu erheblichen Effekten der Ladungsspeicherung.
Um die in der Sättigung gespeicherten Ladungen in der Basis-Zone wieder zu entfernen, wird beim
nächsten Umschalten zusätzlich Zeit benötigt. Bei sogenannter „ungesättigter“ Logik wird deshalb
der Zustand der Sättigung auf Kosten einer erhöhten Verlustleistung gezielt vermieden.
Gatter n, Ausgang
u (t)
t
Gatter (n+1), Ausgang
u (t)
t
Abb. 5.32: Übertragungsverhalten zwischen digitalen Schaltungen
Die meisten digitalen Schaltkreis-Typen haben die Eigenschaft, dass sich bestimmte GatterFunktionen bevorzugt fertigen lassen (meistens NAND oder NOR). Andere logische Funktionen
werden dann indirekt z. B. über NANDs oder NORs realisiert.
Je nach grundlegendem Schaltungsaufbau wurden die digitalen integrierten Schaltungen in
„Familien“ aufgeteilt. Frühe Typen waren die RTL (Resistor-Transistor-Logik) und die DTL
(Dioden-Transistor-Logik), jeweils benannt nach den in den logischen Grund-Bauelementen
vorwiegend verwendeten elektronischen Bauelementen. Von praktischer Bedeutung sind heute (mit
stark abnehmender Tendenz gegenüber MOS-Logiken) nur noch die TTL-Logik (TransistorTransistor-Logik) und die ECL (Emitter Coupled Logic).
5.5.1 Transistor-Transistor-Logik (TTL)
Das wesentliche und typische Bauelement der TTL-Logik ist der Multi-Emitter-Transistor.
26
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
E1
E2
n++ n++
B
C
n+
P+
Isolator
n - (epitaktisch)
n++
Grundsubstrat
Abb. 5.33: Multi-Emitter-Transistor
Wie Abb. 5.33 zeigt, ist es technologisch einfach, dem integrierten bipolaren Transistor weitere
Emitter-Anschlüsse hinzuzufügen und damit eine "Multi-Emitter-Struktur" zu erzeugen. Ein solcher
npn-Multi-Emitter-Transistor ist dann auch charakteristisch für die bipolare Transistor-TransistorLogik (TTL), die wichtigste Logikfamilie für diskrete Logik-Bausteine der 60er und 70er Jahre.
Abb. 5.34 zeigt vereinfacht ein Grundgatter in TTL-Logik. Charakteristisch ist der Multi-EmitterTransistor am Eingang.
VDD
Rb
Ausgang
T2
T1
Eingänge
GND
Abb. 5.34: NAND-Grundgatter der TTL-Logik mit Open Collector-Ausgang
Ist mindestens einer der Eingänge auf "low", so ist der Transistor T1 niederohmig leitend (kann in
Sättigung sein). Die folgende Stufe mit T2 erhält eine Eingangsspannung nahe dem GND-Potential,
zieht damit keinen nennenswerten Basisstrom und sperrt. Werden dagegen beide Eingänge auf "high"
gelegt, so gerät der Transistor T1 in den aktiv inversen Betrieb, es fließt ein Strom durch die
Kollektor-Basis-Diode zum Eingang von T2. Damit erhält der Ausgangstransistor T2 einen
Basisstrom und wird niederohmig leitend. Da in diesem Fall die Basis-Emitter-Spannung des
Ausgangstransistors höher als die Kollektor-Emitter-Spannung werden kann, gerät dieser Transistor
in den Zustand der Sättigung und wird sehr niederohmig. In der "Open Collector"-Konfiguration
benötigt die Schaltung einen externen Widerstand am Ausgang gegen Vdd um zu funktionieren.
Eine erweiterte, ohne externen Widerstand verwendbare TTL-Stufe zeigt Abb. 5.35.
27
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
VDD
Rb
Eingänge
T4
T1
Q
T2
T3 Ausgang
GND
Abb. 5.35: TTL-NAND-Schaltung mit Gegentakt-Ausgang
Die Schutzdioden am Schaltungseingang bewirken, dass die Spannungen am Schaltungseingang
begrenzt bleiben (Schutzdioden). Die Gegentaktschaltung kann relative hohe Ströme und
Stromspitzen am Ausgang liefert, ein externer Widerstand ist nicht notwendig.
TTL-Gatter mit diesem Aufbau sind relativ langsam, weil die Transistoren in den Zustand der
Sättigung geraten. Dabei wird jeweils, bedingt durch die große Diffusionskapazität der Dioden in
Flussrichtung, eine relativ große Ladungsmenge in der Basis gespeichert. Da beim Umschalten des
Transistors diese Diffusionskapazität umgeladen werden muss, schalten Schottky-Gates in
sogenannter "gesättigter Logik" relativ langsam. Will man sie schneller machen, so muss man den
Zustand der Sättigung vermeiden. Den Schaltungstrick zeigt Abb. 5.36.
VDD
Schottky-Transistor
RL
E2
E1
C
out
in
B
Verstärkerstufe
Multi-Emitter-Transistor
Abb. 5.36: Transistor mit Schottky-Diode zur Vermeidung der Sättigung
Die Schottky-Diode hat jeweils eine geringere Fluss-Spannung als die p-n-Diode des Transistors und
wirkt deshalb als effizienter Nebenschluss.
Da eine solche Schottky-Diode auch günstig und ohne großen Flächenverlust in die integrierte TTLSchaltung einbezogen werden kann, haben heute verwendete TTL-Schaltungen praktisch nur noch in
sogenannter "Schottky-Logik" praktische Bedeutung, bei der alle Transistoren, die in den Zustand
der Sättigung laufen könnten, eine zum B-C-Übergang parallele Schottky-Diode besitzen.
Der logische Hub, das ist der Unterschied zwischen "high"- und "low"-Pegel beträgt in TTL etwa
2 V.
Auffällig ist, dass die TTL-Logik weitestgehend ohne pnp-Transistoren auskommt.
28
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Man kann in integrierter bipolarer Technologie auch pnp-Transistoren implementieren, aber nicht mit
ähnlicher Leistungsfähigkeit wie npn-Transistoren.
Sie werden aufgebaut entweder als "vertikale" oder als "laterale" pnp-Transistoren.
B
E
Isolator
Isolator
n++
p+
n-
C
P-
Grundsubstrat
Abb. 5.37: Vertikaler pnp-Transistor (Schnitt)
B
C
E
C
Isolator
Isolator
n+
p
p+
p
n-
n+
P-
Grundsubstrat
Abb. 5.38: Lateraler pnp-Transistor
Im vertikalen pnp-Transistor bildet das Grundsubstrat den Kollektor, was für die Schaltungstechnik
ungünstig ist.
Im lateralen pnp-Transistor hat man den Kollektor "frei" verfügbar, aber weder die Geometrie noch
die Dotierungsdichten sind sehr günstig. Aus diesem Grunde existieren keine digitalen integrierten
Technologien, die komplementäre npn- und pnp-Transistoren verwenden.
5.5.2 Emitter Coupled Logic (ECL-Logik)
Die schnellste bipolare Logik ist die ECL-Logik. Abb. 5.39 zeigt das Grundgatter.
GND
U1
Uq1
Is
Uq2
Uref
Vss (-5V)
Abb. 5.39: Prinzip der ECL-Logik
Charakteristisch ist der Aufbau des ECL-Gatters mittels einer Konstantstromquelle, die mit den
Emittern der Schalttransistoren und einer negativen Versorgungsspannung verbunden ist. Es fließt
also kontinuierlich ein Strom durch die Schaltung, der über die Eingangsspannungen U1 und Uref
zwischen den beiden Zweigen der Schaltung hin und her geschaltet werden kann.
29
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Keiner der Transistoren erreicht dabei den Zustand der Sättigung. Auf diese Weise erhält man
schnelle Schaltungen, die allerdings eine hohe Verlustleistung aufweisen. Die Ausgangsspannung
wird an den Kollektor-Anschlüssen der Transistoren abgenommen. Während einer der beiden
Transistoren durch ein Signal angesteuert wird, verbindet man den Eingang des zweiten parallelen
Transistors mit einer auf dem Chip erzeugten Referenzspannung (Uref). Es stehen jeweils 2
zueinander invertierte Ausgangssignale (Uq1, Uq2) zur Verfügung. Sie sind allerdings in dieser
vereinfachten Schaltung noch nicht zur Ansteuerung nachfolgender Gatter geeignet.
Die ECL-Logik verwendet eine negative Versorgungsspannung (-5 V) und ist deshalb mit anderen
Logiken (CMOS, TTL) nicht direkt kombinierbar. Der externe Spannungshub bei ECL-Bausteinen
beträgt etwa 0,8 V, der innere Hub nur 0,4 V.
Sollen ECL.-Bausteine auf einer Platine mit CMOS- oder TTL-ICs kombiniert werden, so sind
spezielle Wandler-Bausteine notwendig. Auf Platinen, die sowohl ECL- als auch TTL- und/oder
MOS-ICs besitzen, wird man jeweils neben dem Masse-Anschluss Versorgungsspannungen von +
5V und - 5 V bereitstellen müssen.
ECL-Bausteine können auf Platinen direkt Verbindungsleitungen mit einem Wellenwiderstand von
50 Ohm treiben (ganz im Gegensatz zu CMOS !)
Ein realistisches ECL-Grundgatter zeigt Abb. 5.40.
GND
Ui1
Ui2
Uref
Q'
Ref1
(extern)
Is
Q
Ref2
(extern)
Vss (-5V)
Emitterfolger
Abb. 5.40: ECL-Gatter
Das Gatter erzeugt eine OR/NOR-Verknüpfung zwischen den Eingangssignalen Ui1 und Ui2. Wenn
einer der leiden linken Transistoren leitend ist, so fließt der Konstantstrom durch diesen Zweig.
Zusätzlich besitzt die Schaltung zwei weitere Transistoren, die als Emitterfolger geschaltet (kein
Widerstand im Kollektorkreis) als reine Stromverstärker arbeiten.
Die externen Lastwiderstände Ref1 und Ref2 können z. B. durch die Eingänge nachfolgender Gatter
gebildet werden.
ECL-Schaltkreise haben über mehr als ein Jahrzehnt (ca. 1970 bis 1990) als Basistechnologie für den
Aufbau von Großrechnern (auch "Mainframes" genannt) gedient. ECL ist die "MainframeTechnolgie" schlechthin. Dazu wurden mittelhoch integrierte ECL-Bausteine mit bis zu ca. 10 000
Gattern entwickelt (z. B. bei IBM, Siemens, Fujitsu).
Das Problem war stets die Abführung der hohen Verlustleistung. In Mainframes hat man mit
speziellen wasserdurchflossenen Träger-Modulen für ECL-Schaltkreise bis zu ca. 80 W Verlustleistung pro cm2 abführen können.
30
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
In erster Linie dieses Problem, darüber hinaus aber auch der im Vergleich zu MOS-Technologien
hohe Platzbedarf haben schließlich dazu geführt, dass ECL-Schaltkreise den Integrationsgrad von
MOS-ICs auch nicht annähernd erreichen konnten.
Allerdings sind Schaltzeiten unter 0,1 ps für ECL-Gatter durchaus beeindruckend.
5.6
MOS-Technologien
5.6.1 Einleitung
Wir haben im Kapitel 3 kennengelernt, dass MOS-Transistoren sich als n- und als p-Kanal-Typen
entweder selbstleitend oder selbstsperrend realisieren lassen.
Die ersten MOS-Technologien für ICs waren p-Kanal-Technologien, weil zu der Zeit (ca. bis Mitte
der 70er Jahre) ein p-Kanal-Transistor in selbstsperrender Technik herstellbar war, während die nKanal-Techniken zunächst zu selbstleitenden Transistoren führten. Die Ursachen waren OberflächenEffekte.
Als man ab ca. Mitte der 70er Jahre in n-Kanal-Technologie sowohl selbstleitende als auch
selbstsperrende Transistoren fertigen konnte, wurde bis ca. Mitte der 80er Jahre die nMOSTechnologie das Arbeitspferd der VLSI (very large scale integration) Technik.
In den 70er Jahren entstand zunächst nur als Exot für Low-Power-Anwendungen (das waren die auf
minimalen Stromverbrauch getrimmten Schaltungen in elektronischen Armbanduhren) die
Complementary MOS (CMOS-) Technologie, die in Kombination selbstsperrende n-Kanal und pKanal-Transistoren verwendet.
Als sich ab ca. der Mitte der 80er Jahre das Problem der Wärmeableitung auch bei nMOS eine für
den Fortschritt der Integrationstechnik wesentliche Rolle zu spielen begann, führte das zu einem
schnellen allgemeinen Durchbruch der CMOS-Technologie.
Seit ca.1990 werden alle hochintegrierten Prozessoren und Speicher in CMOS-Technologie gebaut.
Das Problem der Wärmeabfuhr ist damit aber nicht endgültig gelöst:
Bei hohen Taktraten ab ca. 100 MHz sind die statischen Verluste weniger bedeutend als die beim
Umladen der Kapazitäten entstehenden dynamischen Verluste. Hier hilft bis zu einem gewissen
Grade die Verringerung der logischen Hübe (wie bei ECL), um die dynamische Verlustleistung in
Grenzen zu halten. Leider aber bewirken kleinere Hübe auch geringere Störabstände.
Inzwischen (1997) sind die Taktraten von Prozessoren so hoch geworden, dass die dynamische
Verlustleistung die wesentliche Rolle spielt.
5.6.2 nMOS-Technologie
Wir wollen an dieser Stelle zunächst das Schaltverhalten einfacher digitaler Schaltungen betrachten.
Die einfachste digitale Schaltung ist dabei ein Inverter, der wiederum im einfachsten Fall aus einem
aktiven Transistor und einem passiven Lastwiderstand aufgebaut ist (Abb. 5.41).
I KS
I DS
U GS als Parameter
VDD
RD
Lastkennlinie R D
n-enh. out
U GS
U LL
GND
U DS
Abb. 5.41: Inverter mit Lastwiderstand und Ausgangs-Kennlinienfeld
31
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Das Betriebsverhalten dieser Schaltung lässt sich leicht erklären:
Zunächst seien die Extremfälle betrachtet. Ist der Transistor ideal gesperrt (I DS = 0), so fällt am
Widerstand R D keine Spannung ab. Die Spannung am Ausgang des Inverters ist dann die
"Leerlaufspannung" ULL, und diese entspricht der Versorgungsspannung VDD (gilt nur dann, wenn
keine zusätzlichen Belastungen am Ausgang out bestehen). Ist dagegen der Transistor ideal leitend
(UDS = 0), so wird die Ausgangsspannung zu null, durch den Widerstand R D fließt ein Strom der
Größe I KS = VDD / R D. Real wird der Transistor immer noch einen endlichen Widerstand
aufweisen, so dass die minimale Ausgangsspannung nicht null sein kann.
Für die Praxis der MOS-Technologie ist diese Schaltung nicht von wesentlicher Bedeutung, da die
Realisierung eines Widerstandes von einigen kOhm auf einem IC nur schwer möglich ist.
Die frühesten Realisierungen integrierter MOS-Schaltungen verwendeten als aktives Element einen
p-Kanal-Transistor, man sprach deshalb von der pMOS-Technologie. Sie wurde aber bereits in den
frühen 80er Jahren weitgehend durch die nMOS-Technologie angelöst.
Die nMOS-Technologie verwendet als Grundelemente einen selbstsperrenden Transistor als aktiven
Schalter und einen weitere Transistor als Lastelement.
VDD
VDD2
VDD
VDD1
n-enh.
n-enh.
n-enh.
n-depl.
n-enh.
n-enh.
GND
A
C
B
Abb. 5.42: Grundtypen von nMOS-Invertern
Wie in Kapitel 7 vorgestellt, kann man einen im Anlaufbereich betriebenen selbstsperrenden oder
selbstleitenden MOS-Transistor als Widerstand verwenden.
Die unterschiedlichen Möglichkeiten zeigt Abb. 5.42. Die ersten gefertigten nMOS-Schaltungen
enthielten nur selbstsperrende n-Kanal-FETs. Das Lastelement besteht aus einem FET, dessen Gate
z. B. mit der Betriebsspannung (5.42 A) verbunden ist. Dieser Transistor wird dann, wenn die
Spannung am Ausgang von "low" auf "high" umschaltet, leitend, um die Ausgangslast umzuladen.
Wenn die Spannung am Ausgang dabei auf Werte steigt, die höher liegen als Vdd-Uth, so wird
dieser Transistor faktisch vom Durchlass- in den Sperrbereich umgeschaltet. Das Resultat ist eine
sehr langsame Aufladung der Lastkapazität bis zum Wert Vdd der Ausgangsspannung.
Der Umschaltvorgang ist wieder durch die Ausgangs-Kennlinien des aktiven Schalttransistors und
passiven Lasttransistors bestimmt. Im Unterschied zum linearen Lastwiderstand ergeben sich aber
jetzt andere Übertragungskennlinien (Abb. 5.43).
32
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
I
I
DS
KS
VDD
n enh.
U GS als Parameter
RD
Lastkennlinie
n-enh. out
selbstsperrender
Lasttransistor
U GS
GND
Lasttransistor: UGS = U DS
U LL
U DS
Abb. 5.43: Kennlinien des MOS-Inverters mit selbstsperrendem Last-Transistor
Ein schnelleres Umladen erhält man, wenn für das Gate des Lasttransistors eine zweite, höhere
Versorgungsspannung zur Verfügung steht. (5.42 B) Tatsächlich wurden in den 70er Jahren CMOSICs mit zwei verschiedenen Versorgungsspannungen gefertigt. Diese Lösung wird allerdings wegen
des Bedarfs an zusätzlichen Leitungen und Netzgeräten die Systemkosten erheblich steigern.
Die einzig befriedigende Lösung ist die Verwendung eines selbstleitenden FETs als Lastelement
(5.42 C). Erst damit war für die nMOS-Technologie eine befriedigende Lösung gefunden.
Voraussetzung ist hier, dass der Halbleiter-Hersteller die Schwellenspannungen der Transistoren
nahezu frei einstellen kann.
I
I
DS
KS
VDD
n-depl.
Lastkennlinie
R
D
U GS als Parameter
n-enh.
selbstleitender
Last-Transistor
U
GS
out
GND
Lasttransistor: U
U
LL
U
GS
=0
DS
Abb. 5.44: Kennlinie des MOS-Inverters mit selbstleitendem Last-Transistor
Möglich geworden ist dies mit Hilfe der Technik. der Ionen-Implantation. Man kann damit ortsfeste
positive oder negative Ladungen unterhalb der Sperrschicht "einbauen".
33
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
metal
nMOS Technology
gate-oxide
field-oxide
n-channel
n-channel
enhancement
depletion
p - bulk
poly-silicon
GND
VDD
p- bulk silicon
n-diffusion
p-diffusion
Abb. 5.45: Schnitt durch einen Inverter in nMOS Technologie
Charakteristisch ist der Anschluss des Gates des selbstleitenden Transistors an dessen SourceElektrode. Es gilt also immer UGS = 0. Wenn die Schwellenspannung Uth z. B. bei ca. -1,5 V liegt,
ist dieser Lasttransistor auch bei UDS < 1.5 V noch ausreichend leitfähig. Die Übertragungskennlinien der drei betrachteten Inverter-Grundtypen zeigt Abb. 5.46.
Lastwiderstand
Selbstsperrender
Lasttransistor
U
U DS
U
Selbstleitender
Lasttransistor
U DS
DS
GS
U
GS
U
GS
Abb. 5.46: Kennlinien zur Übertragung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung bei
nMOS-Invertern
In allen Fällen wird bei steigender Eingangsspannung die Ausgangsspannung zunächst nur wenig,
dann zunehmend beeinflusst (quadratische Eingangskennlinie). Zu hohen Eingangsspannungen hin
treten dann Sättigungseffekte auf, welche die Verstärkung wieder abfallen lassen. Aus
Übertragungsdiagrammen dieser Art kann man graphisch ableiten, welche Störabstände die
Schaltung besitzt, d. h. welche Größen von Störsignalen logische Zustandsänderungen bewirken
können.
5.7
Analoge integrierte Schaltungen
5.7.1 Einleitung
Man könnte fast glauben, digitale Schaltungen und integrierte Schaltungen seien identisch.
Tatsächlich ist der Großteil aller gefertigten Schaltungen heute digital, aber bereits in der AutomobilElektronik begegnen uns auch analoge Baugruppen oder gemischt digital-analoge Schaltungen in
Hülle und Fülle. Weshalb?
34
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Zunächst muss ein Signal eine gewisse Höhe erreichen, bevor es als digitale Information weiter
verarbeitet werden kann. Signale, die bei Spannungen von nur einigen Volt auftreten, müssen also
zunächst verstärkt werden. Die Verstärkertechnik ist deshalb ein besonderes Kapitel in der
Schaltungstechnik, wobei heute (bis auf die Hoch- und Höchstfrequenztechnik und die
Leistungselektronik) Verstärker als integrierte Bausteine realisiert werden. Eine besondere Rolle
spielen dabei sogenannte Operationsverstärker, das sind integrierte Verstärker-Bausteine mit
speziellen Eigenschaften. Auch zur Wandlung von analogen in digitale Schaltungen werden
bestimmte spezielle Baugruppen, sogenannte Analog-Digital-Wandler, benötigt. Anders herum
eignen sich digitale Signale auch nicht direkt zur Ansteuerung von z. B. Motoren. Dort werden
umgekehrt Digital-Analog-Wandler benötigt. Und diesen folgen dann meistens noch spezielle
Leistungsverstärker. Wir können aber auch bei der Nachrichtentechnik im engeren Sinne bleiben.
Wir haben bis jetzt eine Reihe von passiven Bauelementen der Nachrichtentechnik kennengelernt.
Mit solchen Bauelementen ist der Elektrotechniker in der Lage, gegebene Signale auf zu
manipulieren wie z. B. frequenzabhängig zu dämpfen oder auf andere Spannungsebenen umzusetzen.
Was fehlt ist die Fähigkeit, Spannungen, Ströme oder Signale zu verstärken oder Schwingungen zu
erzeugen. Dazu werden aktive Bauelemente benötigt. Baugruppen, die aus einem Eingangssignal am
Eingang ein (möglichst gleichartiges) Ausgangssignal mit höherer Spannung erzeugen, werden als
Verstärker bezeichnet. Bei Erzeugung eines höheren Stroms ohne Spannungsverstärkung spricht
man dagegen von einem Impedanz-Wandler oder einem Stromverstärker.
Es gibt in der Nachrichtentechnik weitere wichtige aktive Baugruppen.
Oszillatoren sind selbstschwingende Schaltungen, wie sie z. B. auch als Taktgeber in digitalen
Schaltungen Verwendung finden. Sie werden aber auch in der analogen Elektronik und
Nachrichtentechnik verwendet.
Mischer sind Baugruppen, welche ein Eingangssignal von einer Frequenzebene auf eine andere
umsetzen. So wird z. B. das UKW-Rundfunk-Signal von 15 kHz Bandbreite einem Träger im 100
MHz-Bereich aufgepackt und muss im Empfänger auf eine sogenannte Zwischenfrequenz von
einigen MHz umgesetzt werden, bevor es verstärkt und schließlich demoduliert werden kann.
Modulatoren sind Baugruppen, welche ein Signal in Abhängigkeit eines anderen Signals variieren. Z.
B. wird ein Sender stets aus einem Hochfrequenz-Oszillator bestehen, auf den ein niederfrequentes
Signal aufmoduliert wird, um von ihm "huckepack" übertragen zu werden.
Demodulatoren sind Baugruppen, welche aus einem modulierten Signal die modulierende Spannung
zurückgewinnen (auch als Detektoren bezeichnet).
5.7.2 Verstärker-Grundlagen
Die zweifellos wichtigsten aktiven Bausteine der Analogtechnik sind Verstärker. Sie werden immer
dort benötigt, wo eine an einem Detektor auftretende kleine Signalspannung zu klein ist, um direkt
verarbeitet werden zu können. In der Regel werden Verstärker-Baugruppen mit einer VersorgungsGleichspannung versorgt (meistens als Vdd oder Vcc gekennzeichnet), welche die Energie für den
Verstärkungsvorgang liefert. Sie besitzen notwendigerweise auch einen Masse-Anschluss (GND),
der oft mit dem Masse-Anschluss der Signalleitungen am Eingang und Ausgang der Schaltung
zusammenfällt. Praktisch verwendete integrierte Verstärker-Bausteine benötigen teilweise auch eine
positive und eine negative Betriebsspannung (z. B. + - 15 V).
35
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Vdd
Uin
Uout
GND
Abb. 5.47: Verstärker-Vierpol
Verstärker sind in der Regel als Vierpole darzustellen, im Ersatzschaltbild steuert eine
Eingangsspannung oder ein Eingangsstrom eine interne Spannungs- oder Stromquelle.
C b'c
b
rbb'
b'
gb'e
c
gce
Cb'e
cce
e
u b'e
S u b'e
Abb. 5.48: Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines Transistors als Verstärker in Emitterschaltung
Das Ersatzschaltbild für einen Transistor als Kleinsignal-Verstärker ist in Abb. 5.48 dargestellt.
Ein Verstärkerbaustein wird (bis auf ganz speziell Sonderfälle) mindestens einen Transistor als
aktives Bauelement beinhalten, häufig aber auch eine ganze Anzahl von Transistoren als integrierte
Baugruppe. Eine praktisch wichtige Untergruppe solcher integrierter Verstärkerbausteine sind
sogenannte Operationsverstärker.
Ui
Ui
Zi
Ua
Za
1 / Za
Zi
Y21 Ui
Abb. 5.49: Verstärker-Vierpol mit Kenngrößen und vereinfachter Ersatzschaltung
Die wichtigsten Kenngrößen eines solchen Verstärker-Vierpols sind dann:
-
die Spannungsverstärkung Au = Ua / Ui zwischen Eingang und Ausgang, oft gemessen für den
Fall des Leerlaufs am Ausgang
36
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
-
der Eingangswiderstand Ri bzw. die Eingangsimpedanz Zi
-
der Ausgangswiderstand Ra bzw. die Ausgangsimpedanz Za
-
die obere Grenzfrequenz, d. h. die Frequenz, bei der die Spannungsverstärkung um 3 dB oder
Wurzel 2 gegenüber dem Standardwert abfällt.
-
die sogenannte Transitfrequenz, das ist die Frequenz, bei der der Verstärker auch noch eine
Spannungsverstärkung von 1 besitzt.
Dieser Wert wird oft auch als Bandbreite bezeichnet, weil er das obere Ende des
Frequenzbereichs angibt, über den der Verstärker einsetzbar ist.
-
die maximale Spannung am Eingang und Ausgang
-
der maximale Strom am Ausgang
-
die maximale Ausgangsleistung (Produkt aus Ausgangsspannung und Ausgangsstrom).
-
die Rauscheigenschaften des Verstärkers: Das ist das Maß für die Eigenschaften des Verstärkers,
einem Eingangssignal ein Störsignal hinzuzufügen.
Soll z. B. ein Eingangssignal von 0,5 Millivolt verstärkt werden, so ist dies nicht möglich, wenn die
Eingangsstufe des Verstärkers selbst ein Rauschsignal von 10 mV Mittelwert produziert.
Weiterhin unterscheidet man zwischen linearen und nicht-linearen Verstärkern.
Bei einem linearen Verstärker ist die Höhe der Verstärkung unabhängig von der Größe der
Spannung am Eingang und Ausgang. Nehmen wir als Beispiel eine Spannungsverstärkung von 100
und eine Versorgungsspannung von 10 V an, so wird ein solcher Verstärker eine Eingangsspannung
von 1 mV sicher auf 100 mV verstärken können. Er wird aber keine Eingangsspannung von 1 V auf
100 V verstärken können. Bei einer Ausgangsspannung von 10 V ist eine Grenze erreicht, der
Verstärker gerät in den Zustand der "Sättigung" und ist dann ein "nicht-linear".
Alle Gatter-Bausteine der Digitaltechnik sind so angelegt, dass sie vom Eingangssignal in die
Sättigung getrieben werden, sind also hochgradig nicht-linear.
Eine hohe Verstärkung wird trotzdem benötigt, um bei digitalen Signalen steile Flanken zu erhalten.
Ia
Ra
Ua
Ia
Ra
Abb. 5.50: Klein- und Großsignalbetrieb
37
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
In der Analogtechnik unterscheidet man weiterhin:
a. Kleinsignalbetrieb
Die Spannungswerte der Signale am Eingang und Ausgang einer Schaltung sind klein gegen die
Betriebsspannung (etwa Usignal < 0,1 Vdd). Dann kann man die eigentlich nicht-linearen
Halbleiterschaltungen oft näherungsweise als linear betrachten, weil für den verwendeten kleinen
Schwankungsbereich von Spannungen und Strömen die Eigenschaften der Schaltung
(Eingangswiderstand, Verstärkung) nahezu konstant bleiben.
b. Großsignalbetrieb
Die Signalspannungen am Ein- oder Ausgang (meistens am Ausgang) sind etwa so groß wie die
Signalspannungen. Dann sind lineare Näherungen meistens nicht mehr gültig, d. h. man muss die in
Abhängigkeit von Eingangsspannung bzw. Ausgangsspannung unterschiedlichen Parameter
(Widerstand, Verstärkung etc.) berücksichtigen. Weiterhin wird unterschieden zwischen linearem
und nicht-linearem Großsignalbetrieb.
Lineare Großsignalverstärker kommen typisch in den Endstufen von Audio-Geräten vor. Die
Digitaltechnik ist als nicht-linearer Großsignalbetrieb anzusehen.
Vorab sei hier schon bemerkt, dass man für die Berechnung von Schaltungen mit aktiven
Bauelementen, also Verstärkern und Oszillatoren, gültige Modelle der Schaltung braucht. Man
unterscheidet auch dort z. B. für Transistoren Kleinsignal- von Großsignal-Modelle.
In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen Gleichspannungs- und Wechselspannungsverstärkern
von großer Wichtigkeit.
Verstärker für tonfrequente Signale wurden in der Regel so gebaut, dass die einzelnen Stufen durch
Kondensatoren getrennt waren.
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Eingang
Ausgang
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Eingang
Ausgang
Abb. 5.51: Gleichspannungs- und Wechselspannungsverstärker
Oft wird man in der Praxis die gewünschte Verstärkung oder die benötigte Höhe von
Ausgangsspannung oder Ausgangsstrom nicht mit einer Stufe erreichen können.
Verstärkerschaltungen bestehen deshalb oft aus mehreren kaskadierten Stufen, von denen jede ihre
eigene Arbeitspunkt-Einstellung hat. Leider ändern sich diese Einstellungen z. B. durch
Temperatureffekte während des Betriebes. Bei einem mehrstufigen Verstärker würden dann die
Schwankungen des Betriebspunktes, also der Werte der Ausgangsspannung ohne Nutzsignal, als
Quasi-Signal an die nächste Stufe weitergegeben werden müssen. Das führt bei mehrstufigen
Verstärkern aber zu bösen Schwankungen der Ruhespannung am Ausgang (Drift-Effekte). Praktisch
hat man deshalb oft versucht, die einzelnen Stufen durch "schwebend" aufgehängte Kondensatoren
zu trennen, wodurch die Übertragung von Gleichspannungseffekten zwischen den Stufen ausfällt.
38
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Drift-Effekte sind dann auf die einzelnen Stufen beschränkt. Dann kann allerdings auch keine
Übertragung beliebig geringer Frequenzen und von Gleichspannungswerten erfolgen.
Leider ist eine solche Trennung bei integrierten analogen Bausteinen nicht möglich. Sie benötigen
deshalb ganz spezielle Bauweisen, es ergibt sich eine Schaltungstechnik auf dem IC, die von der mit
"diskreten" Bausteinen stark abweicht.
5.7.3 Grundschaltungen und Eigenschaften
Wir haben an anderer Stelle schon den Transistor in Emitter-Schaltung als Kleinsignal-Verstärker
behandelt.
Ub
Ub
äquivalent:
Cm
Ua
Ug
Ua
Ue
Ug
Ue
Cm
*(1 + |A|)
A = Spannungsverstärkung in Emitter-Schaltung
Abb. 5.52: Miller-Effekt beim Transistor in Emitter-Schaltung
Ein Blick in das Giacoletto-Ersatzschaltbild zeigt meistens direkt, dass schon der Transistor selbst
eine nicht unerhebliche Rückkopplungs-Kapazität zwischen Kollektor und Basis enthält. Der Einfluss
dieser Kapazität ist durch den Miller-Effekt gekennzeichnet: Sie wirkt sich aus, wie eine um den
Wert (1 +|A|) erhöhte Kapazität zwischen Basis und Emitter, wenn A die Spannungsverstärkung der
Stufe ist.
Gleichzeitig gibt es meistens nicht nur einen Vorwiderstand im Eingangskreis, sondern auch noch
einen nicht unerheblichen Basis-Bahnwiderstand. Diese bilden zusammen mit der Miller-Kapazität
einen R-C-Tiefpass, der typischerweise für das Verhalten des Transistorverstärkers im
Frequenzbereich bestimmend ist. Die Frequenz, bei der die Verstärkung um 3 dB abfällt, ist
typischerweise gegeben durch die Grenzfrequenz dieses R C-Tiefpasses.
Bei MOS-Transistoren ist dieser Effekt weit weniger ausgeprägt, weil deren interne Rückkopplungskapazität z. B. zwischen Drain und Gate kleiner ist.
Bei bipolaren Transistoren kann man statt der Emitter-Schaltung die Basis-Schaltung verwenden, die
eine höhere Grenzfrequenz aufweist, allerdings leider auch einen sehr geringen Eingangswiderstand
und eine geringere Leistungsverstärkung. Abhilfe schafft eher die sogenannte Kaskode-Schaltung.
39
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Vcc
Vdd
RD
Rc
T2
T2
UO
Ua
T1
UO
Ua
T1
U CE1
Ue
Ue
Abb. 5.53: Kaskode-Schaltung mit npn-Transistoren und mit n-Kanal MOSFETs
Der Transistor T1 arbeitet zwar in Emitter-Schaltung (und deshalb mit recht hohem Eingangswiderstand und Stromverstärkung), „sieht“ aber am Ausgang den Transistor T2 in Basis-Schaltung.
Dessen Eingangswiderstand ist so gering, dass T1 mit einer Spannungsverstärkung von nur etwa 1
arbeitet. Die Spannungsverstärkung übernimmt T2 mit seiner Basis-Schaltung. Damit wird am ersten
Transistor der Miller-Effekt weitgehend vermieden. Die Kaskode-Schaltung erreicht im Vergleich
zur einfachen Emitter-Schaltung eine wesentlich höhere Bandbreite. In integrierter Technik ist es
notwendig, die Widerstände durch Stromquellen oder durch Stromspiegel-Schaltungen zu ersetzen.
Vcc
Vdd
T3
T3
I0
I0
I0
I0
T2
T2
UO
Ua
UO
Ua
T1
T1
Ue
U CE1
Ue
Abb. 5.54: Transistorverstärker in Kaskode-Schaltung mit Stromspiegel
Auch die Spannungsquelle wird man durch eine geeignete Schaltung mit Dioden oder Transistoren
ersetzen müssen.
5.7.4 Operationsverstärker
40
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Die eigentlichen aktiven Bauelemente sind heute in erster Linie Transistoren.
In der analogen (und auch in der digitalen) Schaltungstechnik begegnen sie uns aber meistens in
versteckter Form, d. h. als Bestandteile größerer mittelhoch bis hoch integrierter Bausteine.
Der typische aktive Baustein der Analogtechnik ist der Operationsverstärker.
+ VDD
+
- VSS
Abb. 5.55: Operationsverstärker
Betrachten wir zunächst den Operationsverstärker in idealisierter Form:
Der OP hat einen invertierenden und einen nicht-invertierenden Eingang. Darüber hinaus existieren
meistens Anschlüsse sowohl für eine positive als auch eine negative Betriebsspannung. Der OP ist
intern ein mehrstufiger, gleichspannungsgekoppelter Verstärker. Für den idealen OP wird
angenommen:
-
er habe eine unendlich hohe Verstärkung
-
die Verstärkung geht bis zu beliebig hohen Frequenzen
-
der OP erzeugt keine (nicht-invertierend) oder 180 Grad (invertierender Betrieb) Phasenverschiebung zwischen Eingang und Ausgang
-
die Verstärkung erfolgt leistungslos, es fließen also keine Ströme in die Eingänge des OP hinein.
Diese idealen Annahmen führen für die Schaltungstechnik des OPs zu bestimmten Konsequenzen:
-
die Spannung zwischen den Eingängen ist stets null
-
der OP wird stets in einer Schaltung so betrieben, dass eine Verbindung zwischen Ausgang und
Eingang zur Einstellung der Verstärkung (Gegenkopplung) besteht.
Die einfachsten Grundschaltungen mit einem OP zeigt Abb. 5.56.
R2
R1
Uin
+
Uout
Abb. 5.56: Invertierender Verstärker mit Operationsverstärker
Wir nehmen an, dass der OP ideal ist. Dann liegen beide Eingänge auf Null-Potential.
41
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Wenn über R1, getrieben durch Uin, ein Strom von Iin = Uin / R1 in die OP-Schaltung hineinfließt und
der OP selbst einen unendlich hohen Eingangswiderstand hat, so fließt ein Strom gleicher Höhe auch
zum Ausgang über R2.
Also: Iin = Uin / R1
I2 = Uout / R2
Virtuelle Masse: Iin + I2 = 0
Iin = - I2
Uin / R1 = - Uout / R2
Uout / Uin = Au = R2 / R1
Die Spannungsverstärkung wird also durch das Verhältnis der beiden Widerstände eingestellt. Für
R2 = R1 wird die Spannungsverstärkung eins, man hat dann einen sogenannten Spannungsfolger.
Die Ausgangsspannung folgt der Eingangsspannung mit umgekehrtem Vorzeichen nach.
Die Schaltung für einen nicht-invertierenden Verstärker sieht etwas komplizierter aus. Man
bezeichnet sie auch als "Elektrometer-Verstärker".
R1
+
Uin
Ra1
Uout
Ra2
Abb. 5.57: Nicht-invertierende Verstärkerschaltung mit OP
In der obigen Schaltung wird die Verstärkung durch das Verhältnis der Widerstände Ra1 und Ra2
eingestellt.
Natürlich ist es auch möglich, mit dem OP andere Schaltungen als einfache Verstärker zu bauen.
Betrachten wir die Schaltung in Abb. 5.58.
C2
R2
R1
Uin
+
Uout
Abb. 5.58: Aktiver RC-Tiefpass mit Operationsverstärker
Nehmen wir vereinfachend an, dass zunächst R2 = unendlich gilt.
42
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00
Bei Gleichspannung findet keine Gegenkopplung statt, im Idealfall wird die Verstärkung unendlich
hoch. Bei realen Operationsverstärkern sind Spannungsverstärkungen von ca. 1000 bis 10 000
möglich.
Für hohe Frequenzen wird dagegen die Ausgangsspannung voll auf den Eingang zurückgekoppelt,
die Verstärkung wird auf Werte unter 1 reduziert.
Die Schalttung hat so aber noch eine andere Funktion: Der Kondensator wird über der Zeit den vom
Eingang her eingeflossenen Strom "aufintegrieren" müssen.
Die Schaltung kann also dazu dienen, instabile Eingangsspannungen aufzuintegrieren. Sie ist damit
z. B. verwendbar, um das in der Praxis häufig vorkommende "Prellen" von Schaltern zu
unterdrücken.
Setzt man den zweiten Widerstand R2 ein, so kann man zunächst für f = 0 die gewünschte
Verstärkung einstellen und durch das Verhältnis R2 zu ω C2 auch bestimmen, ab welcher Frequenz
der Tiefpass wirksam werden soll.
Natürlich kann man an Stelle von R1 und R2 jeweils beliebig komplexe RC-Netzwerke einsetzen.
Damit erhält man nun aber keine "passiven" Filter, bei denen die Ausgangsspannung immer kleiner
als die Eingangsspannung ist, sondern man erhält Verstärker mit vorprogrammiertem Frequenzgang,
oder, anders ausgedrückt, aktive Filter mit Verstärkungen im Durchlassbereich.
Eine weitere Anwendung solcher Schaltungen war die Analog-Rechentechnik.
R1
U1
R
R2
-
U2
+
Uout
Abb. 5.59: Analoger Addierer
Für die Ausgangsspannung bei dieser Schaltung gilt: Ua = - R (U1/R1 + U2/R2)
Entsprechend kann man weitere Eingangssignale anschließen.
Betreibt man den OP mit Anschluss von Signalen an beide Eingänge, so lässt sich ein
Differenzverstärker realisieren, mit dem man natürlich auch analoge Spannungswerte voneinander
subtrahieren kann.
R2
R1
-
U1
+
U2
Uout
R3
R4
Abb. 5.60: Differenzverstärker
Für die Ausgangsspannung des Differenzverstärkers gilt: Uout = U2 R4 / R3 - U1 R2 / R1
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Damit hat man für eine analoge Rechentechnik auch einen Subtrahierer verfügbar.
R1
-
Uin
+
Uout
R2
Uin
+
Uout
Abb. 5.61: Logarithmierer (oben) und Exponentialverstärker (unten)
Abschließend sei noch gezeigt, dass man mit analoger Rechentechnik einige Funktionen, deren
Berechnung auf dem Digitalrechner sehr aufwendig sind, direkt implementieren kann.
In der oberen Schaltung berechnet sich die Ausgangsspannung zu:
Uout = - UT ln Uin /R1 Is
Dabei sind UT und Is Parameter der exponentiellen Dioden-Kennlinie.
Entsprechend gilt für den Exponentialverstärker:
Uout = - R2 Is exp (Uin / UT)
Beim Analogrechner sind die Widerstandswerte und die Spannungen einstellbar.
Damit kann man hier sehr schnell sehr komplexe Rechenoperationen durchführen. Das Problem ist
die sehr beschränkte Genauigkeit:
In der Analogtechnik ist die Höhe einer Spannung gleichzeitig die Information, und deshalb wirkt
sich jede Störung analoger Signale direkt verfälschend auf die Information aus. Genau das hat man
mit der Digitaltechnik weitgehend ausschalten können.
5.7.5 Interner Aufbau von Operationsverstärkern
Für die meisten Anwendungen wird man Operationsverstärker benötigen, die einen hochohmigen
Eingang und einen niederohmigen Ausgang aufweisen. Dem kommt im einfachsten fall eine
Schaltung nahe, die aus folgenden Komponenten aufgebaut ist.
-
einem Differenzverstärker als Eingangsstufe für die Spannungsverstärkung
einer Leistungsverstärker-Stufe am Ausgang für die Stromverstärkung
Dazwischen wird meistens noch eine Stufe für die Pegel-Verschiebung benötigt.
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+
+ 15 V
+
RC
7,5 kΩ
I0 + Iq
0V
T3
I0 - Iq
6,9 V
0V
T1
T2
0V
UN
UP
3 mA
Iq
Ua
RC
I0
5 kΩ
1 mA
- 15 V
-
-
Abb. 5.62: Einfacher Operationsverstärker
Die erste Stufe liefert zunächst die notwendige Verstärkung der Eingangsspannung. Bis zu etwa
1000-fache Verstärkungen kleiner Signale sind möglich. Von dieser Stufe bestimmt ist außerdem die
Empfindlichkeit des Verstärkers: Wenn die Transistoren am Eingang selbst ein relativ großes
Störsignal (Rauschen) erzeugen, so wird dies in folgenden Stufen weiter mitverstärkt und wirkt sich
viel stärker aus als etwa das Rauschen einer Endstufe. Es gibt tatsächlich Operationsverstärker, die
speziell auf eine rauscharme Vorstufe optimiert sind. Weiterhin muss die Eingangsstufe optimiert
sein auf:
-
eine hohe Gleichtakt-Unterdrückung
eine möglichst große Bandbreite
Letztere beeinflusst die maximale Betriebsfrequenz des Operationsverstärkers.
Bei einer Eingangsspannung von z. B. 0V Differenz (UP - UN) ist die Ausgangsspannung der ersten
Stufe z. B. bei 2 V. Entweder muss nun die Ausgangsstufe des Operationsverstärkers so aufgebaut
werden, dass sie diesen Pegel auf 0 V verschiebt, oder es wird zwischen Vorverstärker und
Ausgangsverstärker eine Pegelshift-Stufe eingeführt.
Eine solche Pegelshift-Stufe kann man entweder mit Dioden oder mit Z-Dioden aufbauen.
Da sich Dioden-Spannungen (und Spannungen im Transistor) mit der Temperatur ändern, muss die
Pegelshift-Stufe auch den Temperatur-Drift mit ausgleichen.
In der obigen Beispielschaltung wird der Pegelshift erst mittel einer Z-Diode am Ausgang der
Leistungsstufe vorgenommen. Dies ist typisch für einfache Operationsverstärker mit relativ
„schwachen“ Ausgangsstufen, also einem relativ hohem Innenwiderstand der Endstufe. Bei
Leistungs-Operationsverstärkern ist die Pegelshift-Stufe „in der Mitte“ üblich.
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VDD
in 1
Vorverstärker
out
Endverstärker
in 2
GND
Abb. 5.63: Pegelshift-Stufe mit Dioden in Flussrichtung
VDD
in 1
Vorverstärker
Endverstärker
out
in 2
GND
Abb. 5.64: Pegelshift-Stufe mit Z-Diode im Durchbruch
Reale Operartionsverstärker werden als ICs in großer Arten-Vielfalt angeboten.
Die wichtigsten Eigenschaften sind:
-
die Bandbreite (in MHz)
der Eingangswiderstand
die Rauscheigenschaften (Rauschzahl)
der maximale Ausgangsstrom
Ausgangsspannung, Ausgangsleistung
Versorgungsspannungen (z. B. + / - 15 V)
die Spannungs-Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate).
Letztere ist wichtig für den Einsatz in Großsignal-Schaltungen und für den Betrieb als Schalter.
OPs sind natürlich auch als vorentworfene Bausteine für die Verwendung beim Entwurf komplexer
digital-analoger ICs verfügbar.
5.7.6 Eigenschaften realer Operationsverstärker
Der ideale OP ist ein ziemlich grobes Modell, dem reale OPs nur unvollkommen entsprechen.
Insbesondere weisen sie eine Phasendrehung zwischen Eingang und Ausgang auf.
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Für den OP kann man stets eine Spannungsverstärkung:
Au = Uout / Uin angeben.
Im Idealfall ist diese nur durch den Rückkopplungs-Widerstand, der eine Gegenkopplung bewirkt,
und einen Vorwiderstand bestimmt.
Der reale OP verhält sich leider etwas anders:
Au ist, wenn die Schaltung neben Widerständen wenigstens auch Kapazitäten enthält, eine Funktion
der Frequenz und im allgemeinen eine komplexe Funktion. Und leider enthalten nun reale OPs stets
diverse Kapazitäten. Man kann die Übertragungsfunktion mit dem Bode-Diagramm getrennt nach
Betrag und Phasengang darstellen, wobei der Amplitudengang typischerweise im doppelt
logarithmischen Maßstab dargestellt wird.
A/dB
Amplitudengang
-10dB / Dekade
1.Pol
(dominant)
-20dB / Dekade
2. Pol
Φ
90
0,1fp1
fp1 10 fp1
0,1fp2 fp2 10 fp2
lg (f/f0)
Phasengang
45
- 45
lg (f/f0)
-90
-135
-180
Abb. 5.65: Frequenz- und Phasengang eines realen Operationsverstärkers im doppelt
logarithmischen Maßstab (Bode-Diagramm).
Wir betrachten zunächst einen OP, der nicht rückgekoppelt ist. Dann spricht man von einer „open
loop“-Verstärkung. Bei niedrigen Frequenzen hat der OP eine (meistens) sehr hohe Verstärkung.
Ein Abfall tritt aber meistens schon bei einigen MHz auf, bedingt durch einen in der Schaltung
„verborgenen“ RC-Tiefpass. Dessen Grenzfrequenz wird als fp1 bezeichnet. In der
Übertragungsfunktion tritt an dieser Stelle ein sogenannter „Pol“ auf. An der Polstelle ist der Betrag
der Verstärkung um 3 dB gegenüber dem Leerlaufwert abgesunken, gleichzeitig hat sich aber auch
die Phase um 90 Grad gedreht. Man nimmt näherungsweise an:
-
dass die Verstärkungskurve (Betrag) ab der Polstelle mit –10db/ Dekade abfällt
dass die Kurve für den Phasengang bei einem Zehntel der Pol-Frequenz beginnt, die Phase mit
-45 Grad / Dekade zu drehen,
dass die durch einen Pol insgesamt bewirkte Phasendrehung –90 Grad beträgt und beim
Zehnfachen der Pol-Frequenz mit –90 Grad erreicht ist.
Tatsächlich gibt es in der Schaltung nicht nur einen RC-Tiefpass, sondern immer mehrere. Der
zweite Tiefpass wird die Phase wiederum um 90 Grad drehen.
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Und dann ist der kritische Punkt erreicht: Hat die Schaltung jetzt noch eine Verstärkung, die dem
Betrag nach größer als 1 ist, und baut man nun einen Widerstand zur Gegenkopplung ein, so wird
die Ausgangsspannung phasengleich auf die Eingangsspannung zurückgekoppelt.
Und dies erfüllt möglicherweise die sogenannte „Schwingbedingung“, die einen Verstärker zu einer
selbstschwingenden Schaltung, einem sogenannten Oszillator macht:
R1
+
Verstärker
Au
R2
RK-Glied
Ark
Schleifenverstärkung: As = Au * Ark
Abb. 5.66: Verstärker mit Rückkopplungsnetzwerk
-
Schleifenverstärkung größer als 1 ist
die Phasendrehung zwischen Eingang und Ausgang 0 Grad oder ein Vielfaches von 360 Grad
beträgt.
Operationsverstärker können also bei „passender“ Rückkopplung, die eigentlich zur Gegenkopplung
vorgesehen war, durchaus durch parasitäre Effekte zum Oszillator werden.
Dagegen gibt es zwei Mittel:
Sogenannte „nicht kompensierte“ OPs besitzen einen internen Anschluß zwischen der Vorstufe und
der Endstufe. Wird dieser extern mit einer Kapazität beschaltet, so ergibt sich damit ein neuer
„dominierender“ Pol, der verhindert, dass bei einer Phasendrehung um insgesamt 0 oder 360 Grad
die Schleifenverstärkung noch größer als 1 ist.
Bei sogenannten „kompensierten OPs“ ist genau diese Maßnahme schon fest in den OP eingebaut.
Man hat weniger Aufwand, aber für die praktische Nutzung sind Verstärkung und Bandbreite
entsprechend geringer.
5.8
Praktischer Einsatz
Operationsverstärker kommen heute fast überall dort in analogen Schaltungen zum Einsatz, wo man
früher Einzeltransistoren verwendet hat. Eine Ausnahme bietet der Bereich hoher bis sehr hoher
Frequenzen über ca. 100 MHz. OPs sind kaum teurer als Einzeltransistoren, aber wesentlich
einfacher zu berechnen und zu beschalten. Sie gehören deshalb zu den am weitesten verbreiteten
Standaed-Bauelementen der analogen Schaltungstechnik. Man baut nicht nur Verstärker damit auf,
sondern z. B. auch aktive Filterschaltungen, Spannungs- und Stromquellen, Abtast- und Halteglieder,
Phasen-Regelkreise, und digital-analoge Wandler.
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