praxis Indikation und Technik des Absaugens SOG-Wirkung Das Absaugen von Sekret aus dem Mund-Rachen-Raum eines Patienten sieht kinderleicht aus, erfordert aber doch etwas Fingerspitzengefühl und Übung. Andernfalls besteht die Gefahr, manuelle Verletzungen zu verursachen oder aufgrund einer Vagusreizung zum Beispiel eine Asystolie auszulösen. D as Absaugen von Sekret oder anderen Fremdstoffen aus den Atemwegen gehört zu den wichtigsten Maßnahmen, um die Atmung eines Patienten sicherzustellen. Doch nur mit dem Einführen eines Absaugkatheters in die Atemwege, dem Tubus oder einer Trachealkanüle ist es bei weitem nicht getan. Neben den Kenntnissen über die Handhabung der verschiedenen Geräte und deren Anwendung am Patienten ist auch die Durchführung des Absaugens zu trainieren und sicher zu beherrschen. Diese scheinbar einfache Maßnahme muss vom Rettungsfachpersonal geübt werden und unter Berücksichtigung aller Gefahren und Komplikationen für den Patienten verantwortungsbewusst durchgeführt werden. Sammeln sich in den Atemwegen vermehrt Sekrete oder andere Fremdstoffe wie Blut, wird der Gasaustausch innerhalb der Lunge erheblich behindert. Die Beeinträchtigung kann soweit gehen, dass es zu einer ausgeprägten Hypoxie mit deutlicher Zyanose kommt. Eine kontrollierte Beatmung wird erschwert, was zum Beispiel an steigenden Beatmungsdrücken abzulesen ist. Rasselnde, brodelnde Geräusche sind oft sowohl bei der Inspiration als auch bei der Exspiration deutlich zu hören. Für den Patienten äußert sich eine solche Sekretansammlung in Form von starkem Husten und Würgereiz, in schweren Fällen als Atemnot mit ausgeprägter Angst. Um auch an schwer zugängliche Stellen der oberen Atemwege zu gelangen, stehen für das Absaugen spezielle 64 Rettungs-Magazin März/April 2007 Um eine Absaugung durchzuführen, stehen auf dem Markt diverse Produkte zur Verfügung. Das Foto zeigt eine Auswahl. Katheter zur Verfügung. Sie sind in ihrer Beschaffenheit einerseits weich und biegsam, andererseits wiederum so stabil, dass sie nicht schnell abknicken. Da die Katheter aus Kunststoff hergestellt werden, verändert sich ihre Elastizität in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur. Aus diesem Grund sind kalte Absaugkatheter relativ steif und erhöhen zum Beispiel das Verletzungsrisiko der Schleimhäute. Atraumatische Katheter erhöhen die Sicherheit Damit das abgesaugte Sekret in Menge, Farbe und Konsistenz beurteilt werden kann, sind die Absaugkatheter durchsichtig. Darüber hinaus stehen sie in unterschiedlichen Längen, mit gerader oder gebogener Spitze sowie in unterschiedlichen Stärken zur Ver- fügung. Ähnlich wie beispielsweise bei Endotrachealtuben wird auch bei Absaugkathetern die Stärke in Charrière angegeben. Ein Charrière (Ch) entspricht 0,33 Millimeter. Seit einigen Jahren kommen so genante atraumatische Absaugkatheter immer häufiger zum Einsatz. Diese Produkte haben an der Spitze zusätzliche seitliche Öffnungen und einen so genannten Ringwulst, zum Beispiel Absaugkatheter AeroFlo. Sie sollen unter Sog eine Art Luftpolster bilden, das verhindert, dass sich der Absaugkatheter an den Schleimhäuten festsetzt. Deshalb dürfen diese Katheter auch unter Sog eingeführt werden. Sammeln sich in den Atemwegen vermehrt Sekrete oder andere Fremdstoffe wie Blut, wird der Gasaustausch innerhalb der Lunge erheblich behindert. Die Beeinträchtigung kann soweit gehen, dass es zu einer ausgeprägten Hypoxie mit deutlicher Zyanose kommt. Atraumatische Absaugkatheter werden mit mindestens –0,4 bar (Sog) eingeführt. Der herkömmliche Absaugkatheter hat hingegen nur seitlich und an seiner Spitze Öffnungen, ohne den Ringwulst, und muss deshalb grundsätzlich ohne Sog eingeführt werden. Wird er verwendet, darf der negative Druck bei Erwachsenen maximal –0,4 bar bzw. –0,2 bar bei Kindern betragen. Ist bekannt, dass der Patient an einer infektiösen Erkrankung wie Tbc oder HIV leidet bzw. Träger eines Multi-Resistenten-Staphylococcus-Aureus (MRSA-Keim) im Mund-Rachen-Raum ist, müssen beim Absaugen zusätzlich neben den obligatorischen Handschuhen unbedingt auch ein Mundschutz und eine Schutzbrille getragen werden. Diese Maßnahmen sind wichtig, weil sich Aerosole mit den Keimen aus dem Beatmungssystem oder der Ausatemluft in der Umgebungsluft verbreiten und wiederum vom Rettungsfachpersonal über die Mund-, Nasen- oder Augenschleimhäute aufgenommen werden können. Eine Schutzbrille ist zwar nicht vorgeschrieben, wird aber dringend empfohlen. Jedes Absaugen sollte im Einsatzprotokoll dokumentiert werden. Neben ungefährer Menge des Atemwegssekrets, dessen Farbe und Konsistenz ist auch wichtig zu vermerken, welche Reakti- onen der Patient unter der Absaugung gezeigt hat. Denkbar ist zum Beispiel eine Bradykardie oder ausgeprägte Zyanose. Unbedingt zu bedenken ist auch, dass ein durch den Absaugvorgang provozierter Husten zu einem Anstieg des Hirndruckes führen kann. Unterschiedliche Arten von Absaugpumpen 왘 Um eine Absaugung durchzuführen, stehen auf dem Markt diverse Produkte zur Verfügung. Neben den weit verbreiteten elektrischen Absaugpumpen – die aufgrund ihrer leistungsstarken Akkus mobil und sehr flexibel einsetzbar Rettungs-Magazin März/April 2007 65 praxis sind –, sind vereinzelt auch Absaugpumpen im Einsatz, die mittels Sauerstoff betrieben werden. Sie sind meist mit einem Beatmungsgerät kombiniert. Diese Apparate haben für den Rettungsdienst den Nachteil, dass sie für jeden Absaugvorgang eine erhebliche Menge an Sauerstoff verbrauchen. Eine dritte Variante stellen manuelle Hand- oder Fußabsaugpumpen dar. Sie sind klein und kompakt – und somit ideal für Notfalltaschen oder Notfallrucksäcke –, haben aber den entscheidenden Nachteil, dass sich der Sog nicht regulieren lässt. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei jedem Betätigen der Hand- oder Fußabsaugpumpe kurzfristig nur eine maximale Saugleistung zur Verfügung steht. Risiken des „blinden Absaugens“ Beim Absaugen wird zwischen unterschiedlichen Arten der Durchführung differenziert. Eine Vorgehensweise ist das oro- oder nasotracheale Absaugen. Diese Form wird auch als „blindes Absaugen“ bezeichnet. Dabei werden Atemwegssekrete oder andere Fremdstoffe ohne Sichtkontrolle direkt aus den oberen Atemwegen in der Reihenfolge Mund, Rachen und Nase entfernt. Das „blinde Absaugen“ wird Elektrische Absaugpumpen sind aufgrund ihrer leistungsstarken Akkus sehr flexibel einsetzbar und haben den Vorteil, dass ihr Sog stufenlos einzustellen ist. 66 Rettungs-Magazin März/April 2007 vor allem bei Patienten angewandt, die krankheits- oder altersbedingt sehr geschwächt sind und aus eigener Kraft Sekrete nicht mehr abhusten können. Da „blindes Absaugen“ nicht ohne Risiko ist, gilt eine sehr strenge Indikationsstellung. Denn durch das Einführen des Katheters kann es zu einer Reizung der Carina – zu einem so genannten Vagusreiz – kommen, der eventuell eine Bradykardie oder Asystolie zur Folge hat. Aus diesem Grund sollte ein solcher Patient vor dem Absaugen grundsätzlich an ein EKG bzw. einen Überwachungsmonitor angeschlossen werden, um Rhythmusveränderungen sofort zu bemerken. Hilfreich kann es hierbei sein, den QRS-Ton einzuspielen. Sollte es möglich sein, ist der Patient zum Absaugen idealerweise mit erhöhtem Oberkörper zu lagern. In dieser Körperposition wird der Absaugvorgang für den Patienten als nicht so bedrohlich und unangenehm empfunden. Zugleich möchte man dadurch verhindern, dass es zu einer Regurgitation von Mageninhalt kommt und der Patient im Extremfall aspiriert. Da das Absaugen durch den Mund sehr leicht einen Brechreiz auslöst, sollte auf diesem Wege auch tatsächlich nur der Mundraum von Sekret befreit werden. Wenn Sekret tiefer aus dem Rachenraum abzusaugen ist, empfiehlt sich die nasotracheale Technik. Besondere Sensibilität gilt für Patienten, die kurz zuvor Nahrung zu sich genommen haben. In diesen Fällen ist ganz genau abzuwägen, ob ein blindes Absaugen wirklich indiziert ist. Trägt der Betroffene bereits eine Magensonde, die noch nicht an ein Ablaufsystem angeschlossen wurde, ist der Mageninhalt über die Magensonde abzulassen oder mit einer Spritze abzuziehen. Da beim Absaugen von Sekret dem Patienten auch ein Großteil der Atemluft aus den Atemwegen mit abgesaugt wird, sollte im Vorfeld eine Art Oxygenierung stattfinden. Es ist deshalb sinnvoll, dem Patienten über eine Sauerstoffmaske vor dem Absaugen hochdosiert für einige Minuten Sauerstoff anzubieten. Häufig wird schon während des Einführens des Absaugkatheters ein so starker Hustenreiz ausgelöst, dass sich das Atemwegssekret lockert und in den Rachen befördert wird, wo es sich dann problemlos absaugen lässt. Jeder einzelne Absaugvorgang sollte maximal 10 bis 15 Sekunden dauern. Falls nach dem ersten Absaugversuch noch ein weiteres Manöver erforderlich sein sollte, ist dem Patienten möglichst eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. Eine weitere Komplikation bei der Beim endotrachealen, „offenen“ Absaugen besteht die Gefahr, dass es während der Maßnahme aus Unachtsamkeit zu einer Lageveränderung des Tubus kommt. Im ungünstigsten Fall kann dies zu einer versehentlichen Extubation des Patienten führen. oro- oder nasotrachealen Absaugung ist die Verletzung der Schleimhäute. Um den Absaugkatheter besser und behutsamer einführen zu können, sollte er mit einem analgetisch wirkenden Gleitgel wie Xylocain präpariert werden. Neben der Verletzung und der entstandenen Blutung birgt eine solche Verletzung der Schleimhäute immer auch eine mögliche Eintrittsforte für pathogene Keime. Wahl des korrekten Katheters Die eigentliche Technik des Absaugens bedarf Fingerspitzengefühl und ausreichender Übung. Der Katheter wird während der Inspirationsphase behutsam und ohne Sog – Ausnahme: atraumatischer Katheter – eingeführt. Um ein leichteres Vorschieben zu ermöglichen, wird der Katheter unter vorsichtigem Hin- und Herdrehen – dem so genannten Zwirbeln – eingeführt. Erst dann wird abgesaugt und der Katheter unter Sog vorsichtig zurückgezogen. Eine weitere Möglichkeit, das unerwünschte Festsetzen des Katheters an den Schleimhäuten zu verhindern, bietet der Fingertip. Mit ihm ist ein intermittierendes Absaugen möglich, indem der Sog beim Herausziehen des Katheters kurzfristig immer wieder unterbrochen wird. Absaugen bei Patienten mit Tubus und Trachealkanüle Um die ungefähre Absaugtiefe mit dem Katheter vorab einschätzen zu können, wird beim nasalen Absaugen die Entfernung von der Nasenspitze bis zum Ohrläppchen und beim oralen Absaugen die Entfernung vom Mundwinkel bis zum Ohrläppchen bestimmt. Beim Abmessen ist aber darauf zu achten, dass der Katheter nirgendwo aufliegt und mit Keimen kontaminiert werden darf. So wie es die Notfallsituation zulässt, sollte immer auf eine möglichst sterile Arbeitsweise geachtet werden. Insofern darf das einzuführende Ende des Absaugkatheters nicht berührt oder abgelegt werden. Jeder Absaugkatheter wird nach dem Gebrauch verworfen und kann nur einmal verwendet werden. Generell ist zu bedenken, dass eine häufige Manipulation der Schleimhäute eine vermehrte Schleimproduktion hervorrufen kann. Ist der Patient mit einem Tubus oder Um die ungefähre Absaugtiefe mit dem Katheter vorab einschätzen zu können, wird beim nasalen Absaugen die Entfernung von der Nasenspitze bis zum Ohrläppchen und beim oralen Absaugen die Entfernung vom Mundwinkel bis zum Ohrläppchen bestimmt. einer Trachealkanüle versorgt worden, ist er nicht mehr in der Lage, Schleim und Sekret selbstständig aus den Atemwegen abzuhusten. In der Regel sind diese Patienten zudem auch sediert und relaxiert. Das Atemwegssekret muss dann über den Tubus bzw. die Trachealkanüle vom Rettungsfachpersonal abgesaugt werden. Das mag auf den ersten Blick einfach klingen. Doch auch bei dieser Patientengruppe sind die Risiken bei der Durchführung der Maßnahme nicht zu unterschätzen. Beim so genannten endotrachealen, „offenen“ Absaugen besteht immer die Gefahr, dass es während der Maßnahme aus Unachtsamkeit zu einer Lageveränderung des Tubus oder der Trachealkanüle kommt. Im ungünstigsten Fall kann es zu einer versehentlichen Extubation des Patienten kommen. Besonders hoch ist auch das Risiko, dass pathogene Keime mit dem Absaugkatheter in die Atemwege eingeschleppt werden. Auch wenn das Absaugen meist eine notfallmedizinische Maßnahme ist, bei der der Faktor Zeit immer eine große Rolle spielt, sollte trotzdem daran gedacht werden, sauber zu arbeiten. Im Rahmen einer Intensivverlegung erfolgt das Absaugen von Atemwegssekret meist nicht notfallmäßig, sondern bei Bedarf. Unter diesen Bedingungen empfiehlt es sich, bei einer offenen Absaugung unter sterilen Bedingungen zu arbeiten. Das heißt, über die absaugende Hand wird ein steriler Einmalhandschuh gezogen und das Sekret wird unter strengen hygienischen Richtlinien steril entfernt. Wird ein Patient über einen Tubus oder eine Trachealkanüle beatmet, signalisiert ein deutlich rasselndes oder Tubusgröße in mmID bis 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 Absaugkatheter in Charrière (Charr) 6 8 8 8 – 10 10 10 12 12 14 14 14 – 16 16 brodelndes Geräusch, dass abgesaugt werden muss. Häufig löst sich Sekret, wenn der Patient umgelagert oder gedreht wurde. Auch wenn unter einer Beatmung der Beatmungsdruck und das pCO2 steigen, während das pO2 sinkt, ist es oft nötig, den Patienten umgehend abzusaugen. Fehlen die klassischen Rasselgeräusche bei der Inspiration und Exspiration, ist im Zweifelsfall der Patient zu auskultieren. Infektionsrisiko für Helfer Um Atemwegssekret über einen Tubus oder eine Trachealkanüle entfernen zu können, muss der Beatmungsschlauch von dem Tubus bzw. der Trachealkanüle diskonektiert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der Schlauch so abgelegt wird, dass die ausströmende Luft und mögliches Kondenswasser nicht in Richtung Rettungsfachpersonal geblasen wird. Untersuchungen haben nämlich ergeben, dass sich Kondenswasser und Keime bei einer Diskonektion mehr als zwei Meter im Umfeld des Patienten verteilen und für alle Personen im direkten Umfeld ein erhebliches Infektionsrisiko bedeuten. Bevor das Beatmungssystem von Tubus oder der Trachealkanüle entfernt wird, sollte der Patient für zwei bis drei Minuten mit 100 Prozent Sauerstoff präoxygeniert werden. Wie beim oralen oder nasalen Absaugen muss der Patient an einen Überwachungsmonitor angeschlossen sein. Am Beatmungsgerät sollten – sofern möglich – die Alarme für den Zeitraum des Absaugens unterdrückt werden, um den Patienten durch den Gerätealarm nicht unnötig zu beunruhigen. Über den Tubus oder die TrachealkaRettungs-Magazin März/April 2007 왘 67 praxis Seit Anfang der 90er Jahre sind geschlossene Absaugsysteme auf den Intensivstationen anzutreffen. Im Rahmen einer Intensivverlegung könnte auch die Besatzung eines „normalen“ Rettungswagens mit einem solchen System konfrontiert werden. nüle wird der Absaugkatheter vorsichtig bis zu einem spürbaren Widerstand vorschoben, danach zirka einen Zentimeter zurückgezogen und anschließend mit zwirbelnden Bewegungen (siehe oben) und unter Sog herausgezogen. Stößt der Absaugkatheter beim Einführen auf einen Widerstand, darf auf keinen Fall versucht werden, mit Gewalt diesen weiter vorzuschieben. Durch die Diskonektion vom Beatmungsgerät kann beim offenen Absaugen der PEEP nicht aufrechterhalten werden. Für besonders instabile Patienten ist dies eine schwere Belastung, die sich selbst nach einer kurzfristigen Unterbrechung der Beatmung noch Stunden später nachteilig auswirkt. Mit dem ausbleibenden PEEP-Effekt kollabieren möglicherweise die Alveolen in der Lunge und benötigen oft einige Zeit, um sich wieder zu entfalten. Zur Ermittlung der passenden Kathetergröße in Charrière wird als Faustformel die Größe des Tubus mit zwei multipliziert. Bei einem 7-er Tubus wäre das ein 14-Charrière-Katheter. Befindet sich allerdings sehr zähes Sekret in den Atemwegen, muss ein Absaugkatheter mit größerem Lumen gewählt werden. Auch hier gibt es eine Faustregel, die besagt, dass der Katheter nicht dicker als ein Drittel des Innendurchmessers des Tubus bzw. der Trachealkanüle sein darf. Geht man darüber hinaus, 68 Rettungs-Magazin März/April 2007 lässt sich der Katheter schwerer vorschieben und verlegt zusätzlich noch das Lumen des Tubus bzw. der Trachealkanüle. Dies würde das Sauerstoffdefizit zusätzlich erhöhen. Seit Anfang der 90er Jahre sind geschlossene Absaugsysteme in Deutschland erhältlich und immer häufiger auf den Intensivstationen anzutreffen. Der Umgang mit ihnen ist allerdings nicht ganz einfach. Es bedarf einiger Übung, um sich mit diesem System vertraut zu machen und letztlich optimal damit zu arbeiten. Ein Fall für die Klinik: geschlossene Systeme Für die präklinische und notfallmäßige Versorgung eines Patienten ist dieses System keine Alternative. Im Rahmen einer Intensivverlegung könnte aber auch die Besatzung eines „normalen“ Rettungswagens mit einem geschlossenen Absaugsystem konfrontiert werden. Für diesen Fall ist es wichtig zu wissen, dass das geschlossene Absaugsystem mit dem Tubus oder der Trachealkanüle fest verbunden ist. Zum Absaugen müssen Tubus/Trachealkanüle und Beatmungsschlauch also nicht mehr diskonektiert werden. Dadurch werden auf der einen Seite die erwähnten hygienischen Probleme vermieden. Pathogene Keime können nicht mehr über den Tubus oder die Trachealkanüle in die Atemwege gelangen und nosokomiale Infektionen verursachen. Auf der anderen Seite kann Kondenswasser nicht mehr in die nähere Umgebung des Patienten geblasen und für die umstehenden Personen zu einer Gefahr werden. Das geschlossene Absaugsystem selbst besteht aus einem Katheter, der von einer flexiblen Hülle umgeben ist. Mit einem Konektor wird das System direkt auf den Tubus oder die Trachealkanüle gesteckt. Die Absauganlage wird über ein Ventil an das System angekoppelt. Eine Sogstärke von –0,4 bis –0,6 bar ist ausreichend. Das Ventil soll verhindern, dass versehentlich oder unbemerkt abgesaugt wird. In dem Konektor befindet sich ein so genannter Abstreifring, der den Absaugkatheter beim Zurückziehen reinigt und dafür sorgt, dass der PEEP der Beatmung beim Absaugvorgang erhalten bleibt. Des Weiteren befindet sich an dem Konektor eine Zuspritzmöglichkeit, um das Absaugsystem mit steriler Kochsalzlösung zu spülen. Da die Beatmung unter der Absaugung kaum beeinträchtigt wird, ist eine zeitliche Einschränkung des Absaugvorganges wie beim offenen System nicht nötig. Ist der Patient unter der Beatmung ansprechbar, empfindet er das Absaugen unter dem geschlossenen System deutlich angenehmer als bei der offenen Absaugung, wo er jedes Mal vom Beatmungsgerät diskonektiert werden muss. Während beim offenen Absaugen deutlich hörbar ist, dass auch Sekret entfernt wird, fehlt dieses „schlürfende“ Geräusch beim geschlossenen System fast vollständig. Aus diesem Grund wird vom Fachpersonal häufig irrtümlich angenommen, dass eine geschlossene Absaugung nicht effektiv ist. Das abgesaugte Sekret lässt sich aber am Sichtfenster vor dem Sogventil beurteilen. Die geschlossenen Absaugsysteme verbleiben bis zu 48 Stunden am Patienten und werden dann von der Intensiv-Pflegefachkraft gewechselt. Herbert Mannel (Text), Markus Brändli (Fotos). Für die Unterstützung bei der Illustrierung des Beitrags danken wir der Firma Medizintechnik Herbert Schwarz (www.medschwarz.de)