Skript zur Vorlesung Einführung in die Physik 2 Udo Backhaus, Universität Duisburg-Essen Version Sommersemester 2007 Gleichgewicht beim echten“ Menschen . . . ” . . . und beim Modellmenschen“ ” Inhaltsverzeichnis 1 Elektrik 1.1 Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Elektrische Ladung und elektrische Stromstärke . . . . . . 1.1.2 Hausaufgaben 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Einführung des Spannungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Die Spannung elektrischer Quellen . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Die Spannung zusammengesetzter Quellen . . . . . . . . . 1.2.3 Hausaufgaben 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Spannung und Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Die Spannung an stromdurchflossenen elektrischen Geräten 1.3.2 Der Widerstand elektrischer Geräte . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Hausaufgaben 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Stromkreisgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Reihenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Das Ohm’sche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.4 Hausaufgaben 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Energetik 2.1 Energieübertragung durch elektrischen Strom . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Wofür verlangen Elektrizitätswerke Geld? . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Zusammenhang zwischen Energiestrom und elektrischem Strom . 2.1.3 Hausaufgaben 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Energiemessungen mit dem Energiezähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Der Stromzähler“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” 2.2.2 Umsatz elektrischer Energie im Haushalt . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Hausaufgaben 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Der physikalische Energiebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Merkmale der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Energiearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Energieumwandlung und Energieübertragung . . . . . . . . . . . 2.3.4 Hausaufgaben 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Thermische Energie und ihre Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Lageenergie und ihre Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Umwandlung von Lageenergie in thermische Energie . . . . . . . . 2.5.2 Die Erhaltung der Lageenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Hausaufgaben 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Die Bewegungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Gegenseitige Umwandlung von Lageenergie und Bewegungsenergie 2.6.2 Wie hängt die Bewegungsenergie mit der Masse und der Geschwindigkeit zusammen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.3 Hausaufgaben 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Der allgemeine Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 3 5 5 7 9 10 10 12 14 14 15 16 18 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 23 23 24 27 28 28 30 32 33 34 35 36 39 41 42 44 47 49 50 50 . 51 . 53 . 54 2.7.1 2.7.2 2.7.3 Die Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile (1. Art) . . . . . . . . . 54 Der Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Hausaufgaben 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3 Mechanik 3.1 Gleichgewicht und Hebel . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Hebel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Hausaufgaben 11 . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Der Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Das Hebelgesetz für den zweiseitigen Hebel . 3.1.6 Der Hebel als Kraft verändernde Maschine“ ” 3.1.7 Scheibe und Rad als Hebel . . . . . . . . . . 3.1.8 Hausaufgaben 12 . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Hebel und Drehmomente am Fahrrad . . . . . . . . 3.2.1 Hebel am Fahrrad . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Die Gangschaltung . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Hausaufgaben 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 58 58 60 61 62 64 66 68 69 71 71 71 74 Literatur [1] U. Backhaus et al.: Physik plus, Gymnasium, Klasse 6, Nordrhein-Westfalen, Volk und Wissen: Berlin 1999 [2] U. Backhaus, L.-H. Schön: Physik plus, Gymnasium, Klasse 8, Nordrhein-Westfalen, Volk und Wissen: Berlin 2001 [3] U. Backhaus et al.: Physik plus, Gymnasium, Klasse 9/10, Nordrhein-Westfalen, Volk und Wissen: Berlin 2002 ii Abbildung 1: Modellvorstellung zum elektrischen Stromkreis ([2], S. 17) 1 Elektrik 1.1 1.1.1 Wiederholung Elektrische Ladung und elektrische Stromstärke • Wenn in elektrischen Stromkreisen Lampen leuchten, sich Motoren drehen, Tauchsieder heiß werden, . . . , dann sagt man, es fließe ein elektrischer Strom. Elektrischer Strom ist das Fließen elektrischer Ladung. • Die elektrische Stromstärke ist ein Maß dafür, wie viel elektrische Ladung in einer bestimmten Zeit an einer Stelle des Stromkreises vorbeifließt: Menge der in einer bestimmten Zeit fließenden Ladung zugehörige Zeit Q I = t elektrische Stromstärke = oder als Formel: Die elektrische Stromstärke wird in Ampere (A) gemessen. Die entsprechenden Messgeräte heißen Amperemeter. 1 I0 = I 1 = I 2 I = I 1 + I2 A A I0 A I1 A A I1 I A I2 I2 Abbildung 2: Zum experimentellen Nachweis der Gesetzmäßigkeiten für die elektrische Stromstärke Amperemeter müssen in Reihe zu dem Gerät geschaltet werden, für das die Stromstärke gemessen werden soll. • Experiment: Schaltet man zu einer leuchtenden Glühlampe eine weitere in Reihe, dann wird die Lampe dunkler. Die Stromstärke wird dabei kleiner. • Experiment: Schaltet man zu einer Lampe, die allein an eine Quelle angeschlossen ist, eine weitere parallel, dann ändert sich die Helligkeit der ersten Lampe nicht. Die Stromstärke im unverzweigten Teil des Stromkreises wird dabei größer. • Eigenschaften der elektrischen Stromstärke – In einem unverzweigten Stromkreis ist die Stromstärke an allen Stellen gleich groß. I 0 = I1 = I2 = . . . = I (1) – Schaltet man zu einem Gerät weitere Geräte parallel, steigt die Stromstärke im unverzweigten Teil des Stromkreises. – Schaltet man zu einem Gerät weitere Geräte in Reihe hinzu, wird die Stromstärke im gesamten Stromkreis kleiner. – Wird in einen Stromkreis eine Parallelschaltung eingebaut, dann ist die Summe der Stromstärken in den Parallelzweigen gleich der 2 Stromstärke im unverzweigten Teil des Stromkreises. I = I1 + I2 + . . . (2) • Das Verhalten elektrischer Stromkreise lässt sich gut mit der folgenden Modellvorstellung veranschaulichen (s. Abb. 1): – Das Fließen elektrischer Ladung entspricht dem Fließen von Wasser in einem geschlossenen Wasserkreislauf durch Wasserrohre. – Batterien und andere elektrische Quellen entsprechen Umwälzpumpen, die die Wasserströmung trotz Hemmung aufrecht erhalten. – Glühlampen und andere elektrische Geräte entsprechen Engstellen im Leitungssystem. Durch diese Engstellen wird die Strömung behindert. – Durch paralleles Hinzuschalten einer weiteren Engstelle zu einer bereits vorhandenen wird die ursprüngliche Engstelle erweitert ( Bypass“). Dadurch wird die ” Strömung an dieser Stelle weniger behindert, und die Pumpe kann eine größere Stromstärke erzeugen. 1.1.2 Hausaufgaben 1 1. Aus diesem Stromkreis wird das Lämpchen L1 herausgedreht, sodass es erlischt. r @ @ @ r @ L1 r A (a) Ändert sich etwas an der Helligkeit von Lämpchen L2 ? (b) Wenn ja – leuchtet es jetzt heller oder schwächer? (c) Zeigt das Amperemeter jetzt einen anderen Wert an als vorher? (d) Wenn ja – ist der Wert jetzt größer oder kleiner als vorher? 2. In dem folgenden Stromkreis befinden sich gleichartige Glühlampen. 3 (a) Ordnen Sie die Glühlampen nach der Helligkeit, mit der sie leuchten! (b) In Lampe A wird eine Stromstärke von IA = 1.5A, in Lampe E eine von IE = 0.25A gemessen. i. Zeichnen Sie in die Schaltskizze zwei Amperemeter ein, mit denen diese Stromstärken gemessen werden können. ii. Wie groß sind die Stromstärken in den anderen Lampen? IC = ID = IB = 3. In diesen Stromkreis wird an der Stelle a oder an der Stelle b ein zusätzliches Lämpchen eingeschaltet. Wie ändert sich die Helligkeit der Lämpchen L1 , L2 und L3 ? Begründen Sie Ihre Aussagen! r a- @ @ 6 L2 b @ r @ L1 @ @ L3 In diesen Stromkreis wird an der Stelle a oder an der Stelle b ein zusätzliches Lämpchen eingeschaltet. Wie ändert sich die Helligkeit der Lämpchen L1 , L2 und L3 ? Begründen Sie Ihre Aussagen! (a) Stelle a: (b) Stelle b: 4. Ergänzen Sie in der Abbildung die fehlenden Angaben für die Stromstärke! 4 Abbildung 3: Unterschiedliche Glühlampen an unterschiedlichen Quellen. In welchem Stromkreis ist die Stromstärke größer? ([2], S. 54) Berechnen Sie die fehlenden Angaben 5. In der Zuleitung einer Parallelschaltung beträgt die Stromstärke 2.4A. In einem der Zweige wird I1 = 0.9A gemessen. (a) Wie groß ist die Stromstärke I2 in dem anderen Zweig? (b) Was zeigen die beiden anderen Messgeräte an, wenn I1 durch Hinzuschalten eines weiteren Verbrauchers in den Zweig 1 auf 0.4A sinkt? 1.2 1.2.1 Einführung des Spannungsbegriffs Die Spannung elektrischer Quellen • Experiment 1: Zwei einzelne Stromkreise (Abb. 3): 1. 230V/100W-Haushaltsglühlampe an Steckdose 2. 6V/3W-Lämpchen an 6V-Netzgerät 5 Abbildung 4: Reihenschaltung aus 230V/100W- und 6V/3W-Lampe Beobachtung: Die Haushaltsglühlampe leuchtet viel heller als das Fahrradlämpchen. Frage: In welchem Stromkreis ist die Stromstärke größer? Messung der Stromstärke mit einem Amperemeter ergibt, dass die Stromstärke in beiden Kreisen fast gleich groß ist. • Frage: Was wird geschehen, wenn das 6V/3W-Lämpchen zu der 230V/100W-Lampe in Reihe geschaltet wird? Experiment 2: Das Lämpchen brennt wider Erwarten nicht durch; beide Lampen leuchten ungefähr normal (Abb. 4). Anmerkung: Das hätte man vorhersagen können: Im ersten Experiment betrug die Stromstärke in beiden Lampen etwa 0.5A. Durch das Hinzuschalten des zweiten Lämpchens wird die Stromstärke verkleinert. Sie wird also auf keinen Fall zu groß für das Lämpchen sein! • Die Experimente zeigen, dass zur Beschreibung, bzw. zur Vorhersage des Verhaltens elektrischer Stromkreise die elektrische Stromstärke nicht ausreicht. Man benötigt eine zweite physikalische Größe: die elektrische Spannung. • Experiment 3: Ausgehend von den Stromkreisen des Experiments 1 werden die Glühlampen ausgetauscht. 1. Die 230V/100W-Lampe wird an dem 6V-Netzgerät nicht zum Leuchten gebracht. 2. Das 6V/3W-Lämpchen zerplatzt mit einem lauten Knall1 , wenn es an eine Steckdose angeschlossen wird. Ergebnis: 1 . . . und die Sicherung fliegt raus“ . . . ” 6 V V V Abbildung 5: Unterschiedliche Schaltskizzen für den Anschluss eines Voltmeters an eine Batterie Elektrische Quellen können unterschiedlich stark“ sein. Quelle und elek” trisches Gerät müssen deshalb zueinander passen: Wenn die Quelle zu stark“ ist, wird das Gerät zerstört, ist sie zu schwach, funktioniert das ” Gerät nicht richtig oder gar nicht. Die physikalische Größe, mit der diese Eigenschaft elektrischer Quellen beschrieben wird, ist die elektrische Spannung: Starke“ Quellen haben eine größere Spannung als weniger ” ” starke“. • Mit der Analogie zwischen elektrischem Stromkreis und Wasserkreislauf ist dieses Merkmal elektrischer Quellen sehr anschaulich: Auch Umwälzpumpen können die Wasserstömung unterschiedlich stark antreiben: Wenn die Strömung stark behindert wird, wird eine zu schwache Pumpe abgewirkt“. Es ist eine stärkere erforderlich, ” um eine genügend große Strömung aufrecht zu erhalten. • Die Spannung elektrischer Geräte wird mit Voltmetern gemessen, die mit Kabeln direkt an die beiden Buchsen der Quelle angeschlossen werden. Die Messung kann auch erfolgen, während die Quelle in einem Stromkreis einen elektrischen Strom erzeugt: Die Spannung elektrischer Quellen ändert sich (fast) nicht, wenn ein Stromkreis geschlossen und ein elektrischer Strom in Gang gesetzt wird. 1.2.2 Die Spannung zusammengesetzter Quellen • Wenn man Batterien in Reihe schaltet, dann addieren sich ihre Spannungen bei richtiger Polung. 7 1.5V V 4.5V V 3.0V V A A A • Die Spannungen subtrahieren sich jedoch bei falscher Polung. 0.0V V 1.5V V A A • Schaltet man Batterien gleicher Spannung mit richtiger Polung parallel, dann hat die zusammengesetzte Batterie dieselbe Spannung wie jede einzelne2 . • Schaltet man jedoch Batterien gleicher Spannung mit falscher Polung parallel, dann ist die Gesamtspannung null. Dabei wird die Stromstärke im Batteriekreis“ sehr ” groß. Die Batterien sind sehr schnell alle“ und können zerstört werden. ” 1.5V @ @ 1.5V V V 0.0V @ V @ @ @ @ @ @ @ • Zusammenfassung: – Schaltet man Batterien ( polungsrichtig“) hintereinander, dann ist die Span” nung der zusammengesetzten Batterie gleich der Summe der Spannungen der einzelnen Batterien: Uges = U1 + U2 2 (Reihenschaltung von Batterien) Die so zusammengesetzte Baterie hält“ allerdings länger. ” 8 – Schaltet man Batterien gegeneinander ( polungsfalsch“ hintereinander), dann ” ist die Gesamtspannung gleich der Differenz der einzelnen Spannungen: Uges = U1 − U2 ( Gegeneinander“-Schaltung von Batterien) ” – Schaltet man Batterien gleicher Spannung parallel, dann ist die Spannung der zusammengesetzten Batterie gleich der Spannung der einzelnen Batterien: Uges = U1 = U2 1.2.3 (Parallelschaltung von Batterien gleicher Spannung) Hausaufgaben 2 ([2], S. 59) 1. Geben Sie verschiedene Möglichkeiten an (mit Voltmeter, mit Amperemeter, ohne Messgeräte), die Spannung zweier Quellen miteinander zu vergleichen. 2. Begründen Sie anschaulich, dass zwei in Reihe geschaltete Batterien zusammen eine größere Spannung haben als eine einzelne, zwei parallel geschaltete jedoch nicht. 3. Wie groß ist die Spannung der drei zusammengeschalteten Batterien in dem folgenden Bild? 4. Zeichnen Sie möglichst viele verschiedene Arten, drei Batterien mit einer Spannung von 1.5V zusammenzuschalten. Tragen Sie jeweils die Spannung ein, die die zusammengesetzten Batterien zusammen haben. 9 6 V 6 V 1.5 V 4.5 V V V 6 V 1.5 V 4.5 V V V 1.5 V 4.5 V V V Abbildung 6: Zur Spannungsmessung in einer Reihenschaltung: Die Teilspannung an der linken Lampe kann als Spannung der rot gezeichneten Ersatzquelle, die an der rechten Lampe als Spannung der grün gezeichneten Ersatzquelle verstanden werden. 1.3 1.3.1 Spannung und Widerstand Die Spannung an stromdurchflossenen elektrischen Geräten • Experiment 1 (Wiederholung): 230V/100W-Haushaltslampe und 6V/3W-Fahrradlämpchen in Reihe an einer Steckdose (U = 230V ). Frage: Warum brennt das Lämpchen nicht durch, obwohl es an eine viel zu starke“ ” Quelle angeschlossen ist? Antworten: – Die Haushaltslampe behindert die Strömung so stark, dass die Stromstärke nicht zu groß für das Lämpchen werden kann. – Das Lämpchen bemerkt“ nicht, dass die Spannung der Quelle 230V beträgt. ” – Die Spannung der Quelle“, an die das Lämpchen angeschlossen ist, d.h. der ” beiden Buchsen, an die es angeschlossen ist, ist nicht größer als 6V. Experiment 2: experimentelle Überprüfung: Die Spannung an den beiden Buchsen des Lämpchens beträgt etwa 5 Volt. An den Buchsen der Haushaltslampe wird eine Spannung von etwa 220 Volt angezeigt. Man kann Spannungen nicht nur an den Buchsen von Quellen messen, sondern auch an elektrischen Geräten. • Die Spannung an elektrischen Geräten hat folgende Eigenschaften: – Wenn das Gerät direkt an eine Quelle angeschlossen ist, ist die am Gerät gemessene Spannung ebenso groß wie die Spannung der Quelle. Das ist klar: Das Voltmeter ist direkt an die Quelle angeschlossen! – Wenn ein Gerät mit anderen Geräten in Reihe geschaltet ist, zeigt das Voltmeter die Spannung an, die das Gerät spürt“ 3 (s. Abb. 6). Die Spannung ist ” immer kleiner als die Spannung der (Gesamt-) Quelle. 3 Das ist die Spannung, die eine Quelle haben müsste, damit sie das Gerät ebenso stark betreiben könnte wie die Reihenschaltung. 10 Uges V V V U1 U2 Abbildung 7: Spannungsmessung in einer Reihenschaltung • Experiment 3: An zwei in Reihe geschaltete Glühlampen werden Voltmeter (parallel!) angeschlossen und die Spannung gemessen (Abb. 6). Der Versuch wird für unterschiedliche Lampen wiederholt. Messwerte: UQ 5.0V 3.0V U1 2.1V 3.0V 3.4V 2.0V U2 2.9V 1.8V 1.5V 0.9V U1 + U2 5.0V 4.8V 4.9V 2.9V Die Spannung an den Lämpchen hängt davon ab, mit welchem anderen Lämpchen sie zusammengeschaltet werden. Aber immer zeigt sich: Die Summe der Spannungen, die an in Reihe geschalteten Geräten gemessen werden, ist ebenso groß wie die Spannung der Quelle, an die die Reihenschaltung angeschlossen ist: U1 + U2 + . . . = Uges = UQuelle (Reihenschaltung) (3) Die an den Geräten gemessenen Spannungswerte nennt man deshalb auch Teilspannungen. Die Teilspannungen sind für unterschiedliche Kombinationen von Lampen verschieden groß. 11 • Experiment 4: Zwei Lämpchen werden parallel an dieselbe Quelle angeschlossen. Die Spannung der Quelle und die Spannung an den beiden Lämpchen werden gleichzeitig gemessen. Beobachtung: Alle Voltmeter zeigen dieselbe Spannung an. Erklärung: Alle Voltmeter sind direkt, d. h. ohne ein dazwischen geschaltetes weiteres Gerät, über Kabel an die Quelle angeschlossen, zeigen also alle die Spannung der Quelle. Die Spannung an parallelgeschalteten Geräten ist gleich groß. Sie ist gleich der Spannung der Quelle, an die die Parallelschaltung angeschlossen ist. U1 = U2 = . . . = UQuelle 1.3.2 (Parallelschaltung) (4) Der Widerstand elektrischer Geräte • Wenn bei einem elektrischen Gerät eine stärkere Quelle erforderlich ist, um eine bestimmte Stromstärke zu erzeugen, als bei einem anderen Gerät, dann behindert dieses Gerät den Stromfluss stärker als das andere. Man sagt dann, das Gerät habe den größeren elektrischen Widerstand. Je größer die Spannung ist, die nötig ist, um eine bestimmte Stromstärke in einem Gerät zu erzeugen, desto größer ist der Widerstand des Gerätes. • Umgekehrt: Wenn dieselbe Quelle in einem elektrischen Gerät eine größere Stromstärke hervorruft als in einem anderen, dann behindert das erste Gerät den Stromfluss weniger als das zweite. Man sagt dann, das Gerät habe den kleineren elektrischen Widerstand. Je größer die Stromstärke ist, die in einem Gerät durch eine Quelle mit fester Spannung hervorgerufen wird, desto kleiner ist der Widerstand des Gerätes. Beispiele: 1. Vier hintereinander geschaltete Batterien (Babyzellen) können in einer Fahrradlampe eine Stromstärke von 0.5A erzeugen, in einer 100-W-Haushaltslampe dagegen nur eine Stromstärke von 0.03A. Die Haushaltslampe hat also einen viel größeren Widerstand als das Fahrradlämpchen. 2. Eine Steckdose erzeugt in einer 100-W-Lampe eine Stromstärke von 430mA, in einer 25-W-Lampe dagegen nur eine Stromstärke von 110mA. Die 25-W-Lampe hat deshalb einen größeren Widerstand als die 100-W-Lampe. Beim Vergleich zweier Klarsicht-Glühlampen erkennt man, dass die 25-WLampe einen viel dünneren Glühdraht besitzt als die 100-W-Lampe (Abb. 8): Die von ihr gebildete Engstelle“ im Stromkreis ist viel enger! ” 12 Abbildung 8: Der Glühdraht einer 100-W-Glühlampe ist dicker als der einer 25-W-Lampe. Der elektrische Widerstand eines Gerätes ist definiert als Quotient aus der Spannung an dem Gerät und der zugehörigen Stromstärke in dem Gerät: Spannung an dem Gerät Stromstärke in dem Gerät U R = I Widerstand eines Gerätes = (5) Widerstandswerte werden in Ohm (Ω) angegeben: 1Ω = 1 V A (6) Ein Gerät hat einen Widerstand von 1 Ohm, wenn eine Spannung von 1V (2V, 5V, 10V, . . .) erforderlich ist, um in ihm eine Stromstärke von 1A (2A, 5A, 10A, . . .) hervorzurufen. Um den Widerstand eines Gerätes zu bestimmen, muss man also die Spannung an dem Gerät und gleichzeitig die Stromstärke in ihm messen (Abb. 9)4 . 4 Dabei macht man prinzipiell einen kleinen Fehler: – Entweder schließt man das Voltmeter direkt an die Buchsen des Gerätes an (Abb. 9 links). Dann misst man zwar die richtige Spannung, aber das Amperemeter zeigt die Stromstärke durch Lampe und Voltmeter an. (spannungsrichtige Widerstandsmessung) – Oder man schaltet das Amperemeter direkt hinter die Glühlampe (Abb. 9 rechts). Dann misst man zwar die richtige Stromstärke, aber das Voltmeter zeigt die Spannung an Glühlampe und Amperemeter zusammen an (stromrichtige Widerstandsmessung, Abb. 9 rechts). In den meisten Fällen ist der Messfehler bei beiden Schaltungen vernachlässigbar klein. Beide Schaltungen führen dann zu praktisch demselben Ergebnis. 13 A A A A V V V V Abbildung 9: Spannungsrichtige (links) und stromrichtige (rechts) Widerstandsmessung an einer Glühlampe 1.3.3 Hausaufgaben 3 1. Zwei Haushaltsglühlampen (100W bzw. 25W ), durch die ein Strom mit der Stromstärke I1 = 435mA bzw. I2 = 109mA fließt, wenn sie an eine Steckdose angeschlossen werden, werden mit Hilfe einer Verteilerschnur gemeinsam an eine Steckdose angeschlossen. (a) Wie groß ist bei diesem Einsatz der Widerstand der beiden Lampen einzeln? (b) Wie groß ist der Widerstand beider Lampen zusammen? (c) Versuchen Sie, Ihr Ergebnis zu verallgemeinern: Wie groß ist der Gesamtwiderstand, wenn zwei Geräte mit den Widerständen R1 und R2 parallel an eine Quelle der Spannung U angeschlossen werden? 2. Die beiden Lampen der vorangegangenen Aufgabe werden, was ganz unüblich ist, in Reihe an eine Steckdose angeschlossen. (a) Was lässt sich in diesem Fall über die Stromstärke im Stromkreis und den Gesamtwiderstand sagen? (b) Was glauben Sie: Welche der beiden Lampen wird in dieser Schaltung heller leuchten? Begründen Sie Ihre Antwort! 1.4 Stromkreisgesetze Elektrische Geräte kann man durch Parallelschaltungen, Reihenschaltungen oder Kombinationen davon zu komplexen Schaltungen kombinieren. Eine solche Schaltung kann man (in Gedanken) in einen Kasten einbauen, der nur zwei Anschlüsse hat. Den Widerstand der Schaltung in diesem Kasten kann man dann messen, indem man die anliegende Spannung und die zugehörige Stromstärke misst. Den so gemessenen Widerstand nennt man den (Ersatz- oder Gesamt-) Widerstand Rges der Schaltung: 14 Rges = Uges (7) Iges In den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wie der Gesamtwiderstand einer zusammengesetzten Schaltung aus den Widerständen der Geräte berechnet werden kann, aus denen die Schaltung zusammengesetzt ist. 1.4.1 Reihenschaltung • Wenn zu einem Gerät ein weiteres in Reihe hinzugeschaltet wird, verkleinert sich, bei gleich bleibender Spannung, die Stromstärke im Stromkreis. Das heißt: Schaltet man zu einem Widerstand einen weiteren in Reihe, dann wird dadurch der Gesamtwiderstand der Schaltung größer. • Durch in Reihe geschaltete Geräte fließt derselbe Strom, die Stromstärke in ihnen ist also gleich groß (s. (1)): I1 = I2 = Iges • Mit der bereits bekannten Gesetzmäßigkeit für die Teilspannungen (3) in einer Reihenschaltung Uges = U1 + U2 lässt sich deshalb auch vorhersagen, wie groß der Gesamtwiderstand einer Reihenschaltung sein wird: Uges U1 + U2 = Iges Iges U1 U2 = + I1 I2 = R1 + R2 Rges = Für den Gesamtwiderstand einer Reihenschaltung gilt also: Schaltet man mehrere elektrische Geräte hintereinander, dann ist der Gesamtwiderstand dieser Schaltung gleich der Summe aus den Widerständen der einzelnen Geräte. Rges = R1 + R2 + . . . 15 (8) • Diese Beziehung hat die folgenden Eigenschaften: 1. Der Gesamtwiderstand ist größer als jeder Einzelwiderstand. 2. Wenn zwei gleich große Widerstände hintereinander geschaltet werden, dann ist der Gesamtwiderstand doppelt so groß wie die Einzelwiderstände. • Wie wir gesehen haben (s. S. 11), ist die Aufteilung der Gesamtspannung auf in Reihe geschaltete Geräte von der Art der Geräte abhängig. Mit dem Widerstandsbegriff lässt sich diese Aussage nun leicht präzisieren: In beiden Geräten ist die Stromstärke gleich groß. Bei dem Gerät mit dem größeren Widerstand ist dazu aber die größere Spannung erforderlich. Es muss also gelten: Bei in Reihe geschalteten Geräten ist die Spannung an dem Gerät am größten, das den größten Widerstand hat. • Die entsprechende Gestzmäßigkeit findet man folgendermaßen: I 1 = I2 U1 U2 = R1 R2 =⇒ Für die Aufteilung der Spannung in einer Reihenschaltung gilt also: U1 U2 = R1 R2 (9) Die Teilspannungen an in Reihe geschalteten Geräten verhalten sich wie die Widerstände der Geräte. 1.4.2 Parallelschaltung • Wenn zu einem Gerät ein weiteres parallel hinzugeschaltet wird, vergrößert sich die Stromstärke im (unverzweigten) Gesamtstromkreis trotz gleich bleibender Spannung. Das heißt: Schaltet man zu einem Widerstand einen weiteren parallel, dann wird dadurch der Gesamtwiderstand der Schaltung kleiner. • Parallelgeschaltete Geräte haben gemeinsame Anschlüsse. Sie spüren“ deshalb die” selbe Spannung: U1 = U2 = Uges 16 (10) • Mit der bereits bekannten Gesetzmäßigkeit für die Stromstärke in einer Parallelschaltung (2) Iges = I1 + I2 (11) lässt sich deshalb auch vorhersagen, wie groß der Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung sein wird: Uges Uges = Iges I1 + I2 1 1 = I1 I2 = I1 + Uges + Uges U1 Rges = = 1 R1 1 + I2 U2 1 R2 • Für den Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung gilt also5 : Schaltet man mehrere elektrische Geräte parallel zueinander, dann ist der Kehrwert des Gesamtwiderstandes dieser Schaltung gleich der Summe der Kehrwerte der Widerstände der einzelnen Geräte. 1 Rges = 1 R1 + 1 R2 (12) Diese etwas unübersichtliche Beziehung hat (wie man sich klar machen kann!) die folgenden Eigenschaften: 1. Der Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung ist kleiner als alle Teilwiderstände. 2. Wenn zwei gleich große Widerstände parallel geschaltet werden, dann ist der Gesamtwiderstand halb so groß wie die Einzelwiderstände. • Bei einer Parallelschaltung fließt durch den Zweig der größere Strom, in dem er weniger behindert wird, dessen Widerstand also kleiner ist. Diese Aufteilung lässt sich nun auch leicht genau angeben: =⇒ U1 = U2 R 1 I1 = R 2 I2 5 Dieser Satz lässt sich eleganter formulieren, wenn man statt des Widerstandes den so genannten 1 verwendet. Leitwert L = R 17 Für die Stromstärken in parallel geschalteten Stromzweigen gilt also: I1 I2 = R2 (13) R1 Die Stromstärken in parallelen Stromzweigen verhalten sich umgekehrt wie die Widerstände dieser Stromzweige. 1.4.3 Das Ohm’sche Gesetz • Experiment: Zu einem ohmschen Widerstand wird (durch Öffnen eines parallel geschalteten Schalters) ein zweiter gleich großer in Reihe hinzugeschaltet. Die Spannung der Quelle und die Stromstärke im Kreis werden gemessen. Beobachtung: Die Spannung UQ = 13.1V der Quelle bleibt beim Hinzuschalten des zweiten Widerstandes gleich groß, Die Stromstärke nimmt von I = 0.3A auf 0.15A, also auf die Hälfte ab. U Schlussfolgerung: Der einzelne Widerstand hat einen Wert von R1 = IQ = 43.7Ω. Da die Gesamtspnnung unverändert bleibt, Stromstärke aber halbiert wird, verdoppelt sich der Gesamtwiderstand: r 13.1V = 87.3Ω = 2R1 = R1 + R2 0.15A Dieses Ergebnis entspricht der Erwartung gemäß (8). Rges = V r r r s s R2 r R1 A r • Experiment: Das vorangehende Experiment wird mit zwei gleichen Glühlampen (6V /0.5A oder 230V /100W ) wiederholt (s. Aufgabe S. 14). Beobachtung: Die Erwartung, dass die Stromstärke wieder auf die Hälfte zurückgeht, bestätigt sich nicht: Die Stromstärke in der Reihenschaltung ist deutlich größer als die Hälfte der Anfangsstromstärke (Abnahme von 0.45A auf 0.35A, bzw. von 0.435A auf 0.300A). Schlussfolgerung: Weil die Stromstärke nicht auf die Hälfte abnimmt, wird der Gesamtwiderstand nicht doppelt so groß (von Rges = 13.3Ω auf Rges = 17.1Ω). Da aber wieder (8) erfüllt sein muss, 18 Abbildung 10: Wenn der Eisendraht erhitzt wird, wird die Glühlampe dunkler. Rges = R1 + R1 = 2R1 < 2R1 , muss der Widerstand R1 der Lampen im zweiten Teil des Versuchs einen kleineren Wert haben als der Widerstand R1 zu Anfang. Die Ursache ist die unterschiedliche Stromstärke in den Glühlampen: Der Widerstand von Glühlampen ist nicht konstant. Er ändert sich mit der Stromstärke: Je kleiner die Stromstärke (je dunkler die Lampe), desto kleiner wird der Widerstand der Lampe. Dieses Verhalten von Glühlampen liegt daran, dass ihr Glühdraht mit zunehmender Stromstärke immer heißer und dadurch sein Widerstand größer wird. • Die folgenden Experimente veranschaulichen direkt, dass der Widerstand von Metalldrähten größer wird, wenn sie heißer werden: 1. Einige Windungen Eisendrahtes (Durchmesser 0.2mm) werden in Reihe zu einer 4V /1A-Glühlampe geschaltet. Die Spannung des Netzgerätes wird so eingestellt, dass die Lampe hell leuchtet. Dann wird der Eisendraht mit einer Gasflamme erhitzt (Abb. 10). Beobachtung: Beim Erhitzen des Drahtes wird die Lampe dunkler. 2. An einigen Wicklungen eines Eisendrahtes (Durchmesser 0.2mm) wird die Spannung, ausgehend von einem Anfangswert, verdoppelt und vervierfacht (Abb. 11). Beobachtung: Der Draht wird so heiß, dass er schließlich rot glüht. Spannung Stromstärke 6V 1.15A 1.35A 12V 1.60A 24V Bei der vierfachen Spannung ist die Stromstärke deutlich weniger als viermal so groß. Folgerung: Der Widerstand des Drahtes wird durch die Erwärmung größer. 19 Abbildung 11: Bei zunehmender Stromstärke wird der Draht so heiß, dass er hell glüht. Bei Wasserkühlung“ (Ausschnitt unten rechts) stellt sich bei derselben Spannung eine ” viel größere Stromstärke ein. 3. Der Draht wird zur Kühlung in Wasser getaucht (Abb. 11, unten rechts). Wieder wird der Zusammenhang zwischen Spannung und Stromstärke gemessen. Beobachtung: Spannung Stromstärke 1.5V 0.75A 1.5A 3.0V 3.0A 6.5V (a) Die Stromstärke wächst proportional zur Spannung. (b) Bei einer Spannung von 6V ist die Stromstärke in dem gekühlten Draht deutlich größer als in dem nicht gekühlten Draht. Folgerungen: (a) Der Widerstand des Drahtes bleibt unverändert. (b) Der Widerstand des gekühlten Drahtes ist kleiner als der des heißen Drahtes. Ergebnis: Der Widerstand von Metalldrähten wird mit zunehmender Temperatur größer. • Ohm’sches Gesetz 20 Wenn man bei Metalldrähten darauf achtet, dass sich ihre Temperatur nicht ändert, dann verändert sich die Stromstärke proportional zur anliegenden Spannung, d.h. der Quotient aus Spannung und Stromstärke hat immer denselben Wert: Der Widerstand von Metalldrähten ist konstant, d. h. unabhängig von Stromstärke und Spannung, solange sich ihre Temperatur nicht ändert. U ∼ I ⇐⇒ ⇐⇒ R = const U = const I (bei konstanter Temperatur) (14) • Glühlampen erfüllen das Ohm’sche Gesetz nicht. • Konstantan ist eine Metalllegierung, deren Widerstand trotz Temperaturänderung konstant bleibt. • Experiment: Zu einer 100W -Haushaltsglühlampe wird (zum wiederholten Male!) eine 25W -Lampe in Reihe hinzugeschaltet. Frage: Welche der Lampen wird heller leuchten? Beobachtung: Die 25W -Lampe leuchtet deutlich heller als die 100W -Lampe. Erklärung: Die 25W -Lampe hat (im Normalbetrieb) den größeren Widerstand. Nach (9) liegt an ihr die größere Spannung. Wenn die Widerstände der Lampe konstant wären, müsste die Spannung an der 25W -Lampe viermal so groß sein (184V )6 wie die an der 100W -Lampe (46V ). Gemessen werden dagegen folgende Werte: U25W = 10V , U100W = 220V . Sie zeigen wiederum, dass sich die Widerstände der Lampen geändert haben. 1.4.4 Hausaufgaben 4 1. Der Widerstand von Glühlampen (a) Berechnen Sie den Widerstand einer Glühlampe mit der Aufschrift 4V/50mA“! ” (b) Jemand versucht, mit einem Vielfachmessgerät, in dem sich eine 1.5V -Batterie befindet, den berechneten Wert zu bestätigen. Was wird er finden? Begründen Sie Ihre Antwort! (c) Was können Sie über die Stromstärke aussagen, die sich einstellt, wenn zwei dieser Glühlampen in Reihe an eine Quelle der Spannung 4V angeschlossen werden? 6 Wenn die 25W -Lampe allein angeschlossen wird, beträgt die Stromstärke I = 109mA. 21 2. Strom-Spannungs-Kennlinien Vier verschiedene Geräte werden nacheinander an ein Netzgerät angeschlossen und die Stromstärke auf vorgegebene Werte eingestellt. Die dazu erforderliche Spannung des Netzgerätes wird gemessen: I in mA 0 200 400 600 800 Spannung in V Gerät 1 Gerät 2 Gerät 3 Gerät 4 0 0 0 0 1.3 0.9 3.0 2.4 2.9 1.8 4.5 3.6 5.2 2.7 5.7 4.8 8.0 3.6 6.2 6.0 (a) Stellen Sie in einem Diagramm für die vier Geräte die Spannung als Funktion der eingestellten Stromstärke dar (U-I-Kennlinien). (b) Berechnen Sie aus den Messwerten die Widerstände der Geräte und stellen Sie sie in einem Diagramm als Funktion der Stromstärke dar (WiderstandsKennlinien). (c) Geben Sie an, für welche der Geräte das Ohm’sche Gesetz gilt. Welches der Geräte könnte eine Glühlampe sein? 3. Der Widerstand des menschlichen Körpers zwischen Hand und Fuß beträgt etwa 2kΩ. Eine Stromstärke von 30mA durch den Körper kann bereits lebensgefährlich sein. Was folgt aus diesen Angaben für die zulässige Berührungsspannung? 4. Durch eine Reihenschaltung von Amperemeter (Messbereich 3mA) und ohmschen Widerstand R = 200kΩ soll ein Voltmeter gebaut werden. Wie muss man dabei vorgehen? Berechnen Sie die zugehörige Spannungsskala! 22 Abbildung 12: Es ist anstrengend, zwei Glühlampen mit einem Generator zum Leuchten zu bringen! 2 Energetik 2.1 2.1.1 Energieübertragung durch elektrischen Strom Wofür verlangen Elektrizitätswerke Geld? • Wenn ein Gerät an eine Quelle angeschlossen wird, ist die elektrische Stromstärke an allen Stellen des Stromkreises gleich groß: Aus der Quelle kommt am einen Anschluss ebenso viel Elektrizität (Ladung) heraus, wie an dem anderen Anschluss wieder hineinfließt. Der Ausdruck Quelle“ ist insofern irreführend. Wir haben Batterien ” und Netzgeräte deshalb mit Pumpen verglichen, die eine Strömung antreiben. • Strom kommt aus der Steckdose.“ Eigentlich sind Steckdosen keine Quellen“; denn ” ” sie sind über Kabel mit dem Hausanschluss und dieser über Erd- und Überlandleitungen mit einem Kraftwerk“ verbunden. Auch in ein solches Kraftwerk fließt ” ebenso viel Elektrizität wieder zurück wie herausfließt. Die Aussage Das E-Werk ” beliefert uns mit Strom.“ ist also auch irreführend. Weshalb müssen wir dann jährlich eine Stromrechnung“ bezahlen? ” • Experiment: Ein Modellversuch hilft, diese Frage zu beantworten: Eine Lampe ( Haushalt“) ist über zwei lange Leitungen ( Überlandleitungen“) an einen Hand” ” generator ( Kraftwerk“) angeschlossen. Mit einem Schalter kann das Licht im Haus” halt (und evtl. weitere Geräte) eingeschaltet werden Abb. 12 und 13). Beobachtung: Solange der Stromkreis nicht geschlossen ist, lässt sich die Kurbel leicht drehen. In dem Moment, in dem der Schalter geschlossen wird und die Lampe aufleuchtet, wird es viel schwerer, die Kurbel zu drehen. Wird eine zweite Lampe 23 Abbildung 13: Modellversuch zur Energieversorgung von Haushalten durch ein Kraftwerk Abbildung 14: Unterschiedliche Energiestromstärke trotz gleicher elektrischer Stromstärke parallel hinzugeschaltet, ist es kaum noch möglich, so zu drehen, dass beide Lampen je für sich so leuchten wie die einzelne. Interpretation: So ist es auch bei den Haushalten und dem Kraftwerk: Mit jedem elektrischen Gerät, das eingeschaltet wird, lässt sich die Achse des Kraftwerksgenerators schwerer drehen. Damit sie nicht langsamer wird, muss mehr Dampf auf die Turbine geleitet werden, für dessen Erzeugung zusätzlich Kohle (o.ä.) verbrannt werden muss. Man sagt: Im Kraftwerk wird (z.B. mit Hilfe von Brennstoffen) Energie ins Netz eingespeist. Bei den Verbrauchern wird diese Energie in Form von Licht, Wärme, Bewegung usw. dem Netz wieder entnommen. Eine wichtige Funktion von Stromkreisen ist es, Energie von der (Energie-!) Quelle zum Verbraucher zu übertragen. Statt dass (wie früher) in jedem Haushalt ein Feuer, z.B. zum Kochen, brennt, wird in großen Kraftwerken zentral sehr viel Kohle, Gas, . . . verbrannt. Bezahlen müssen wir dem E-Werk also die Energie, die es uns liefert, d.h. die Koh” le“, die zusätzlich verbrannt werden muss, wenn wir elektrische Geräte einschalten. 2.1.2 Zusammenhang zwischen Energiestrom und elektrischem Strom • Bei elektrischen Stromkreisen müssen also zwei Ströme unterschieden werden: 24 – der elektrische Strom, bei dem elektrische Ladung im Kreis herum“ fließt, ” und – der Energiestrom, durch den Energie von der Quelle zum Verbraucher – also nur in eine Richtung! – übertragen wird. Stromkreise dienen als Energieleitung. • Die Anstrengung am Generator ist ein anschauliches Maß für die Energie, die (pro Zeit) in den Stromkreis eingespeist wird: Je mehr Lampen gleich hell zum Leuchten gebracht werden sollen, desto mehr muss man sich an der Kurbel anstrengen. • Der Begriff der Energiestromstärke7 hat eine ganz entsprechende Bedeutung wie die elektrische Stromstärke: Die Energiestromstärke ist der Quotient aus transportierter Energie und der dazu benötigten Zeit: übertragene Energie benötigte Zeit E P = t Energiestromstärke = (15) Die Einheit der Energiestromstärke ist 1 Watt (1W ). Typische Energiestromstärken sind: Fahrradlampe 2.4W Fernlicht beim Auto 60W Fernsehgerät 250W Bügeleisen 1000W =1kW Elektroherd 6000W =kW • Wenn Lampen gleichmäßig hell leuchten, Herdplatten gleichmäßig heizen, Elektromotoren unter konstanter Belastung gleichmäßig drehen, dann wird gleichmäßig Energie umgesetzt, d.h.: Die Energiestromstärke ist konstant. • Auch die Verdopplung der Energiestromstärke ist leicht zu erkennen: Wenn – statt einer zwei (gleiche) Lampen leuchten, – statt einer Herdplatte zwei (gleiche) heizen, – statt eines Rasenmähers zwei (gleiche) arbeiten, dann wird in jeder Zeitspanne doppelt so viel Energie benötigt. D.h.: Die Energiestromstärke ist doppelt so groß. 7 Die Energiestromstärke wird oft auch als Leistung bezeichnet. 25 Abbildung 15: Zwei Möglichkeiten den Energiefluss zu verdoppeln: durch Verdopplung der Stromstärke (b) bzw. durch Verdopplung der Spannung (c) ([2], S. 55) • Um statt einer Lampe zwei Lampen gleichzeitig je gleich hell zum Leuchten zu bringen, gibt es bekanntlich zwei Möglichkeiten: 1. Wenn die zweite Lampe parallel hinzugeschaltet wird, verdoppelt sich die elektrische Stromstärke (bei gleicher Spannung). 2. Wenn die zweite Lampe in Reihe hinzugeschaltet wird, muss die Spannung der Quelle verdoppelt werden, damit die elektrische Stromstärke den ursprünglichen Wert annimmt. Die Energiestromstärke zwischen Quelle und Verbraucher kann verdoppelt werden, indem – entweder die elektrische Stromstärke (bei gleicher Spannung der Quelle) verdoppelt wird – oder die Spannung der Quelle verdoppelt und die elektrische Strom unverändert gelassen wird. Beim Handgenerator machen sich die beiden Möglichkeiten unterschiedlich bemerkbar: Bei der Parallelschaltung zweier Lampen wird es schwerer, die Kurbel zu drehen, bei zwei in Reihe geschalteten Lampen muss die Kurbel schneller gedreht werden, damit beide ebenso hell leuchten wie die einzelne vorher. (Experiment) 26 • Information: Die von einer Quelle abgegebene Energiestromstärke P ist gleich dem Produkt aus der Spannung U der Quelle und der von ihr erzeugten elektrischen Stromstärke I: Energiestromstärke = Spannung * Stromstärke P = U ·I 1W = 1V · 1A = 1V A (16) (17) (18) Für die Energiestromstärke wird meist der Begriff Leistung verwendet. • Bei konstanter Energiestromstärke kann man leicht die übertragene Energie berechnen, indem man die Energiestromstärke mit der Zeit multipliziert: E = P ·t (19) Die Maßeinheit der Energie, 1 Joule (1J ), ist deshalb das Produkt aus 1W und 1s: 1 Joule ist die Energie, die eine Quelle in einer Sekunde abgibt, wenn die Energiestromstärke (Leistung) ein Watt beträgt: 1 Joule = 1 Watt * 1 Sekunde 1J = 1W · 1s = 1W s (20) (21) (22) • Im Haushalt und in der Energiewirtschaft ist eine weitere Energieeinheit üblich: Eine Kilowattstunde ist die Energie, die benötigt wird, um ein Gerät mit der Leistung 1kW = 1000W eine Stunde lang zu betreiben. Also: 1kW h = 1kW · 1h = 1kW · 3600s = 3600000J = 3600kJ 1kWh = 3600kJ 2.1.3 (23) Hausaufgaben 5 1. Eine Quelle gibt in einer Minute eine Energie von 2.25kJ ab. Dabei fließt ein elektrischer Strom mit der Stromstärke I = 0.5A. Wie groß ist die Spannung der Quelle, wie groß die Energiestromstärke von der Quelle zu den angeschlossenen Verbrauchern? 2. Durch einen Wasserkocher, der an eine Steckdose angeschlossen ist, fließt ein elektrischer Strom mit der Stromstärke I = 0.65A. (a) Berechne die Leistung des Wasserkochers. 27 Abbildung 16: Mit diesem Gerät werden in jedem Haushalt die Energiekosten gemessen. (b) Wieviel Energie gibt er in fünf Minuten ab? 3. An eine Quelle mit konstanter Spannung werden nacheinander ein 100Ω-Widerstand und ein 200Ω-Widerstand angeschlossen. (a) In welchem Widerstand wird mehr Energie umgewandelt? (b) Was ändert sich, wenn eine Konstantstromquelle“ verwendet wird, die in je” dem angeschlossenen Verbraucher dieselbe Stromstärke erzeugt? 4. Ein Mikrowellenherd (230V, 800W ) und ein Wasserkocher (230V, 1750W ) sollen an eine Doppelsteckdose angeschlossen werden. Für welche Stromstärke müssen die Zuleitung und die Sicherung ausgelegt sein? 2.2 Energiemessungen mit dem Energiezähler 2.2.1 Der Stromzähler“ ” • Der Verbrauch elektrischer Energie im Haushalt wird am Stromzähler“ (Abb. 16) ” abgelesen. • Man kann sich folgendermaßen davon überzeugen, dass dieses Gerät Energie misst (Experimente): – Wenn eine Lampe gleichmäßig leuchtet, dreht sich die Zählerscheibe gleichmäßig: Messergebnisse mit Haushaltszähler und einer 100W -Lampe: 28 Abbildung 17: Messung des Energieverbrauchs parallelgeschalteter Lampen mit einem Haushaltszähler Anzahl der Umdrehungen Zeit in s 1 63 2 126 Gleichmäßige Umdrehung der Zählerscheibe zeigt eine konstante Energiestromstärke an. – Wenn zwei gleiche Lampen über eine Verteilerschnur parallel an eine Steckdose angeschlossen werden (Abb. 17), dreht sich die Scheibe doppelt so schnell, in derselben Zeit also doppelt so oft. Messergebnisse mit einer bzw. zwei 100W -Lampen: 1*100W Anz. d. Umdrehungen Zeit in s 1 63 2 126 2*100W Anz. d. Umdrehungen Zeit in s 1 32 2 64 Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Zählerscheibe wird doppelt so groß, wenn die Energiestromstärke bei gleicher Spannung dadurch verdoppelt wird, dass zwei gleiche Lampen parallel geschaltet werden und die Stromstärke dadurch verdoppelt wird. – Mit einem Zähler für Kleinspannung (Abb. 18) kann man zeigen: Die Scheibe dreht sich auch doppelt so schnell, wenn in einer Reihenschaltung zwei gleiche Lampen bei doppelter Spannung, aber gleicher Stromstärke, gleich hell leuchten. Messergebnisse: 29 Abbildung 18: Messung des Energieverbrauchs in Reihe geschalteter Lampen mit einem Modellzähler für Kleinspannungen 1*4V /1A Anz. d. Umdrehungen Zeit in s 2 30 4 60 2*4V /1A Anz. d. Umdrehungen Zeit in s 2 16 4 32 Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Zählerscheibe wird doppelt so groß, wenn die Energiestromstärke bei gleicher Stromstärke dadurch verdoppelt wird, dass zwei gleiche Lampen in Reihe geschaltet werden und die Spannung verdoppelt wird. • Ergebnis: Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Zählerscheibe ist ein Maß für die Energiestromstärke, die Anzahl der Umdrehungen also ein Maß für die abgegebene (oder entnommene) Energie. Der Stromzähler“ im Haushalt ist ein Energiemessgerät ( Ener” ” giezähler“). Auf jedem Haushaltszähler ist in Form der so genannten Zählerkonstanten angegeben, wieviel Energie durch eine Umdrehung der Zählerscheibe angezeigt wird, bei dem Zähler in Abbildung 16 z. B. entsprechen 375 Umdrehungen einer Energie von einer Kilowattstunde. 2.2.2 Umsatz elektrischer Energie im Haushalt • Folgende Möglichkeiten gibt es, den Energieverbrauch elektrischer Geräte zu messen: 30 Abbildung 19: Energiemessung mit dem Energiewächter“: Bei nur einer eingeschalteten ” Lampe ist die Leistung (Energiestromstärke) halb so groß (links, 72.6W ) wie bei zwei eingeschalteten Lampen (rechts, 143.1W ). 1. An einem Haushaltszähler kann man die verbrauchte Energie direkt in Kilowattstunden ablesen. Allerdings muss man dafür sorgen, dass allein das Gerät eingeschaltet ist, für das man den Energieverbrauch bestimmen will. 2. Auch an einem so genannten Energiewächter“ (Abb. 19) kann man die ver” brauchte Energie direkt (in Kilowattstunden oder Wattsekunden) ablesen. Da das Gerät zwischen Steckdose und Gerät eingeschaltet wird, ist es einfach, den Verbrauch einzelner Geräte zu messen. 3. Wenn das Gerät gleichmäßig Energie verbraucht (die Energiestromstärke also konstant ist) durch Messung der Leistung P (in Watt) mit dem Energiewächter und einer Zeitspanne ∆t (Abb. 19): E = P ∆t 4. Wenn das Gerät verschiedene Betriebszustände hat (bei einer Waschmaschine z.B.: Heizung und Umwälzung), durch Messung der zugehörigen Leistungen und Abschätzung der jeweiligen Zeitdauern: E = P1 ∆t1 + P2 ∆t2 + . . . • Messergebnisse dreier Teilnehmerinnen an der Vorlesung im Sommersemester 2006: 31 Gerät Leistung Stand by in W Leistung in W Sandra Zagrajski DVD-Player 2.4 8.2 Stereoanlage 8.7 25.8 Laptop 7.7 35.7 Lichterkette 25.9 Handy-Ladegerät 0.7 Heizlüfter (maximal) 2151 Wasserkocher 2930 Dagmar Wedemeier Mikrowelle 1.4 1318 Receiver 0 26 Videorecorder 3.2 11.1 Fernseher 4.5 65 PC 1.9 120 Stehlampe 0.7 144.3 CD-Recorder 2.6 8.9 DVD-Player 0 10 Susanne Hahn Receiver 21.4 Videorecorder 3.2 11.1 Fernseher 2.8 41.4 Lampe mit Trafo 1.3 25.8 DVD-Player 11.2 Aus obiger Tabelle ergibt sich z.B., dass der Videorecorder, bereits ohne jemals eingeschaltet zu werden, in einem Jahr die folgende Energie verbraucht: Estand by = P ∆t = 3.2W · 365 · 24 · 3600s = 100915kJ = 28kW h Bei einem Preis von 15 Cent/kWh müssen dafür immerhin 4.20 Euro bezahlt werden. 2.2.3 Hausaufgaben 6 1. Finden Sie den zu Ihrer Wohnung gehörenden Energiezähler. (a) Versuchen Sie zu beobachten, dass sich die Scheibe umso schneller dreht, je mehr elektrische Geräte Sie einschalten. (b) Die Scheibe ist niemals in Ruhe. Woran kann das liegen? (c) Messen Sie den Energieverbrauch in Ihrer Wohnung für einen Tag und für eine Woche und vergleichen Sie die Messwerte. (d) Versuchen Sie aus ihren Messergebnissen den Energieverbrauch eines ganzen Jahres vorherzusagen und vergleichen Sie mit der letzten Rechnung des Energieversorgungsunternehmens. Wie lassen sich Unterschiede zwischen berechneter und faktischer Rechnung erklären? 32 2. Der Energieverbrauch einzelner Geräte lässt sich einfach mit so genannten Ener” giewächtern“ messen, die man für ca. 25 Euro im Elektronikhandel erwerben kann. (a) Messen Sie mit einem solchen Gerät die Leistung möglichst vieler elektrischer Geräte in Ihrem Haushalt – auch im ausgeschalteten“ Zustand ( Stand by“). ” ” (b) Schätzen Sie aufgrund Ihrer Ergebnisse den jährlichen Energieverbrauch durch diese Geräte und Ihre dadurch entstehenden Kosten ab. 3. An eine Quelle mit konstanter Spannung U = 6V werden ein 100Ω-Widerstand und ein 200Ω-Widerstand angeschlossen • zunächst nacheinander, • dann parallel zueinander und • schließlich in Reihe. (a) Berechnen Sie für alle Fälle die Energie, die in den beiden Widerständen umgesetzt wird, (genauer: die Energiestromstärke) und die von der Quelle abgegebene Energiestromstärke. (b) In welchem der Fälle gibt die Quelle am meisten, in welchem am wenigsten Energie ab. (c) Vergleichen Sie den Energieumsatz in den beiden Widerständen. Wann ist er in dem 100Ω-Widerstand, wann im 200Ω-Widerstand größer? (d) Versuchen Sie, Gesetzmäßigkeiten zu finden, die den Energieumsatz (die Leistung) in verschiedenen Widerständen in Reihenschaltungen und in Parallelschaltungen beschreiben! 4. Wie groß ist der stand-by-Energieverbrauch aller in der Tabelle der Vorlesung genannten Geräte im Laufe eines Jahres zusammen? Wieviel Geld müsste dafür bezahlt werden? 5. Der Wasserkocher der Vorlesungstabelle benötigt 137 Sekunden, um 1 Liter Wasser von der Anfangstemperatur ϑ = 15◦ C zum Sieden zu bringen. (a) Wie lange braucht er für den halben Liter Wasser? (b) Berechnen Sie aus dem Messwert, wieviel Energie benötigt wird, um 1kg Wasser um 1K zu erwärmen. (c) Der Wert, den Sie erhalten, ist zu groß. Welche Gründe kann es dafür geben? 2.3 Der physikalische Energiebegriff Eine wesentliche Funktion elektrischer Stromkreise ist es, Energie vom Kraftwerk“ an ” die Stellen zu verteilen, an denen sie gebraucht wird. Dadurch muss sich nicht jedermann selbst anstrengen, um sich ein warmes Essen zu bereiten, bei elektrischem Licht lesen zu können, . . . , und auch große Systeme aus Treibriemen sind nicht mehr erforderlich, 33 Abbildung 20: Fabrikhalle vor der Elektrifizierung um Energie von einer (Dampf-) Maschine zu verschiedenen Arbeitsplätzen zu verteilen (Abb. 20). Was wird in der Physik unter Energie“ verstanden? ” 2.3.1 Merkmale der Energie • Die Suppe im Topf, das Wasser für die Badewanne werden nicht von allein warm: Jemand muss sich dafür anstrengen oder bezahlen, oder ein anderer Körper wird dabei kälter. Man sagt: Um beliebige Körper zu erwärmen, ist Energie nötig. • Wasser kann durch andere Körper, z. B. durch heißeres Wasser in einem Wärmebad oder durch Einleiten von Wasserdampf, erwärmt werden. Man sagt: Körper, mit denen (z. B.) Wasser erwärmt werden kann, haben Energie. • Mit Körpern, die Energie haben, kann man auch andere Vorgänge in Gang setzen, die nicht von selbst geschehen: Man kann andere Dinge hochheben (z. B. steigt über einer heißen Heizung die Zimmerluft nach oben.), man kann andere Gegenstände in Bewegung setzen (Dampfkessel, Abb. 21), . . . • Deshalb lautet die erste, vorläufige Begriffsbestimmung für die Energie: Um Körper zu erwärmen, in Bewegung zu setzen, in die Höhe zu heben, . . . , ist Energie nötig. Sich bewegende Körper, hoch liegende Körper, elastisch verformte Körper, warme Körper haben Energie, weil mit ihnen etwas erwärmt, . . . werden kann. 34 Abbildung 21: Erzeugung von Bewegung mit heißem Waser • Wenn eine Suppe im Wasserbad erwärmt wird, kühlt sich das Wasser des Bades dabei ab. Wenn ein Körper, z. B. über eine Rolle, durch einen anderen in die Höhe gezogen wird, dann sinkt der andere dabei tiefer. Allgemein findet man: Wenn mit Körpern, die Energie haben, etwas erwärmt, . . . wird, dann verlieren sie dabei allmählich diese Fähigkeit, d.h. ihre Energie nimmt ab. Dafür aber nimmt die Energie des Körpers, der erwärmt, in Bewegung gesetzt, . . . wird, zu. Man sagt: Energie wird von einem Körper auf den anderen übertragen. Diese Eigenschaft der Energie hat zur Folge, dass man sich Energie als eine Art Substanz“ vorstellen darf, die von einem zum anderen Körper fließt“. Deshalb ” ” sagt man auch statt Körper haben Energie.“: ” Körper enthalten Energie. 2.3.2 Energiearten Um herauszufinden, ob ein Körper Energie enthält, muss man untersuchen, ob mit ihm (z. B.) Wasser erwärmt werden kann. Allerdings hat der Körper nach dieser Untersuchung seine Energie (oder zumindest ein Teil davon) verloren. Häufig ist es jedoch möglich, einem Körper anzusehen, dass er Energie enthält, bzw. es durch Messung herauszufinden, ohne dass er dabei Energie verliert: • Bei einem heißen Körper erkennt man an seiner hohen Temperatur, dass er Energie enthält: Eine hohe Temperatur ist ein Anzeichen von Energie: thermische Energie • Einem hoch liegenden Stein (Abb. 22) sieht man durch seine hohe Lage seine Energie an (denn beim Fallen setzt er sich selbst in Bewegung, oder er kann beim Hinabsinken oder -fließen eine Zeitlang einen Generator antreiben): Eine hohe Lage ist ein zweites Anzeichen von Energie in einem Körper: Lageenergie 35 Abbildung 22: Was geschieht, wenn er ins Rollen gerät? • Einem sich schnell bewegenden Ball sieht man an, dass er Energie enthält (Abb. 23): Eine große Geschwindigkeit ist ein weiteres Zeichen, dass ein Körper Energie enthält: Bewegungsenergie • Einem stark verformten Gummiband (Abb. 24) sieht man seine Energie an (denn mit ihm kann ein Stein in Bewegung gesetzt werden, mit dem wiederum . . . ): Elastische Verformung eines Körpers ist ein Anzeichen von Energie: Verformungsenergie • Einer vollen Gasflasche, einem vollen Autotank, einem vollen Treibstoffbehälter sieht man seine Energie am Füllstand an: Eine große Menge einer brennbaren Substanz ist Anzeichen von viel Energie: chemische Energie 2.3.3 Energieumwandlung und Energieübertragung • Körper können Energie in Form von thermischer Energie, Lageenergie, Bewegungsenergie, Verformungsenergie und in Form chemischer Energie enthalten. Diese Energiearten können ineinander umgewandelt werden: • Beispiel: Luftballon-Hubschrauber (Abb. 26) – Dem Gerät wird Energie zugeführt, indem der Luftballon aufgeblasen wird. Dabei wird die Ballonhülle gedehnt (Verformungsenergie), und die Luft zusammengepresst (Verformungsenergie). – Wenn der Luftballon geöffnet wird, strömt Luft aus (Umwandlung von Verformungsenergie in Bewegungsenergie). 36 Abbildung 23: Was geschieht, wenn der fliegende Ball landet“? ” Abbildung 24: Hier wird viel Energie in ein Gummiband gesteckt! 37 Abbildung 25: Ein voller Tank enthält viel Energie. 38 Abbildung 26: Energieumwandlungen – Der Luftstrom wird in den Propellerflügeln abgelenkt. Dadurch beginnen sich die Flügel zu drehen (Übertragung von Bewegungsenergie von der Luft auf die Flügel). – Die drehenden Flügel drücken Luft nach unten (Übertragung von Bewegungsenergie von den Flügeln auf die Umgebungsluft). Dadurch beginnt sich das Gerät zu bewegen und in die Höhe zu fliegen (Umwandlung von Bewegungsenergie in Lageenergie und Bewegungsenergie). • Beispiel: Einem Springfrosch (Abb. 27) und ähnlichen Spielzeugen kann man Energie durch Zusammendrücken einer Feder zuführen. Durch den Saugnapf kann diese Energie eine gewisse (nicht vorhersagbare) Zeit gespeichert werden. Wenn sie frei wird, springt der Frosch in die Höhe und wandelt die Energie zunächst in Bewegungsund dann in Lageenergie um. • Beispiel: Bei Spielzeugautos kann Energie durch Spannen einer Feder oder durch Inbewegungsetzen eines Schwungrades gespeichert werden. • Beispiel: Es gibt Radios und Taschenlampen, die aufgezogen“ werden können: ” Über einen an eine Kurbel oder eine andere mechanische Vorrichtung angeschlossenen Generator wird ein Akku aufgeladen (chemische Energie), mit dem dann Radio oder Taschenlampe einige Zeit betrieben werden können. 2.3.4 Hausaufgaben 7 1. Nennen Sie Beispiele für Körper mit • thermischer Energie, • Lageenergie, 39 Abbildung 27: Bei diesem Frosch kann eine Zeitlang Energie in einer Feder gespeichert werden. • Bewegungsenergie, • Verformungsenergie, • chemischer Energie und begründen Sie Ihre Beispiele, indem Sie andeuten, wie mit den Körpern Wärme oder Bewegung erzeugt werden kann. 2. Nennen Sie Beispiele für die gegenseitige Umwandlung der verschiedenen Energiearten. Bew.-Energie Lageenergie Verf.-Energie chem. Energie Bewegungsenergie Lageenergie Verformungsenergie chem. Energie therm. Energie 3. Begründen Sie, dass ein Körper umso mehr Energie enthält, • je schneller er sich bewegt, • je größer seine Masse ist, • je stärker er elastisch verformt ist, • je höher er liegt, • je größer seine Temperatur ist. 40 therm. Energie 4. Pusten Sie einen Luftballon auf and lassen Sie ihn dann los. Beobachten Sie den Vorgang und beschreiben Sie ihn. Was hat er mit Energie zu tun? 5. Lassen Sie mit einem Lineal, das Sie über der Tischkante verbiegen, einen Radiergummi in die Höhe fliegen. Untersuchen Sie dabei, wovon die Energie in dem verbogenen Lineal abhängt! (a) Verbiegen Sie das Lineal unterschiedlich stark! (b) Nehmen Sie verschieden steife Lineale! (c) Lassen Sie das Lineal verschieden weit über die Kante stehen! 2.4 Thermische Energie und ihre Messung Die (Energie-) Zähler im Haushalt und die Energiewächter“ sind die Messgeräte, mit ” denen im Alltag Energie am häufigsten gemessen wird. Auf ihnen kann die bezogene Energie in Kilowattstunden oder in Kilojoule abgelesen werden. Es gibt aber auch ganz andere Energieeinheiten“: ” • Bei Fernwärme wird gemessen, wieviel heißes Wasser ins Haus geliefert wird. • Beim Tanken wird das Volumen des eingefüllten Benzins gemessen, und dadurch die abgegebene Energie. • Bei der Ernährung wird die aufgenommene Energie in Kalorien“ oder gar in Schei” ” ben Knäckebrot“ angegeben. • Der Betreiber eines Elektrizitätswerkes mit Rückstaubecken muss nur wissen, wieviel Wasser das Becken enthält (seine Höhe kennt er natürlich.). • Bei einem auf der Erde einschlagenden Meteoriten wird seine Energie aus seiner Masse und seiner Geschwindigkeit berechnet8 . Im Folgenden soll an Beispielen deutlich gemacht werden, wie diese Umrechnungs” faktoren“ oder Wechselkurse“ bestimmt werden können. Grundlage der Überlegungen ” ist die Vorstellung, dass sehr viele Vorgänge in der Natur, in der Technik und im Alltag als Energieumwandlungs- und -übertragungsvorgänge betrachtet werden können. Wenn wir abends unsere elektrische Lampe ausschalten, ist die Energie, die wir beim Lesen vom Elektrizitätswerk bezogen haben und für die wir bezahlen müssen, verschwunden. Nur solange die Glühlampe noch warm ist, enthält sie noch einen (sehr kleinen!) Teil der umgesetzten Energie. Anders beim Erwärmen von Wasser: Je länger wir das Wasser auf der eingeschalteten Herdplatte stehen lassen, desto wärmer wird das Wasser. Die beim Erwärmen von Wasser bezogene Energie ist erkennbar an seiner Temperaturerhöhung: Je mehr Wasser erwärmt worden ist und je höher seine Temperatur geworden ist, desto mehr Energie war dafür erforderlich. 8 Oft wird auch umgekehrt aus der beim Auftreffen frei werdenden Energie auf die Masse und die Geschwindigkeit des Metoriten zurückgeschlossen. 41 Wieviel Energie erforderlich ist, um eine bestimmte Wassermenge um, zum Beispiel, 50K zu erwärmen, kann man im Experiment bestimmen, indem man das Wasser mit einem Tauchsieder erwärmt und die dabei bezogene Energie mit dem Zähler misst. Bei solchen Experimenten macht man die folgende Erfahrung: Information: Um ein Liter Wasser um ∆ϑ = 1K zu erwärmen, ist eine Energie von ungefähr 4 Kilojoule erforderlich. Genauer gilt der folgende Zusammenhang zwischen der Energiezufuhr ∆E und der Temperaturerhöhung ∆ϑ von Wasser: ∆E = mcW ∆ϑ cW = 4.19 mit kJ kg · K (24) cW heißt die spezifische Wärmekapazität von Wasser. Mit dieser Beziehung kann man berechnen, wieviel Energie zum Beispiel für ein Vollbad erforderlich ist. Man kann aber auch umgekehrt einem Behälter mit heißem Wasser ansehen“, wieviel Energie in ” ” ihm steckt“ (indem man seine Masse bestimmt und seine Temperatur misst). Beispiel: Wie viel Energie ist für die Erwärmung von Badewasser erforderlich? Wieviel kostet also ein Vollbad? Antwort: Für ein Bad müssen 200 Liter Leitungswasser der Temperatur ϑ1 = 15◦ C auf Badewassertemperatur ϑ2 = 38◦ C erwärmt werden. Die erforderliche Energie ist also ∆E = 200kg · 4.19 kJ kJ (38◦ C − 15◦ C) = 838 23K = 19274kJ = 5.35kW h kg · K K Da eine Kilowattstunde etwa 15 Cent kostet, kostet das Vollbad etwa 80 Cent9 . Was aber bedeutet diese Energiemenge im menschlichen Maß ? Wie stark muss man dafür sich anstrengen, wie lange dafür arbeiten? Eine erste Antwort auf diese Frage kann man erhalten, indem man selbst versucht, Wasser durch Reibung (z. B. durch Umrühren oder Quirlen) zu erwärmen (Abb.28). Das Ergebnis ist ernüchternd: Mit dem Quirl gelingt es trotz aller Anstrengung nicht, das Wasser zu erwärmen. Und selbst einen Magnetrührer muss man lange rühren lassen, um eine winzige Temperaurerhöhung mit einem Digitalthermometer nachweisen zu können. Vielleicht gelingt es, Wasser dadurch zu erwärmen, dass andere Körper nach unten fließen, rollen, . . . ? 2.5 Lageenergie und ihre Messung Hoch gehobene Körper enthalten Energie, weil man mit ihnen etwas erwärmen kann (z. B. beim Bremsen, wenn sie hinunterfallen oder -rollen) oder in Bewegung setzen kann (am leichtesten sie selbst!). Ihre Lageenergie ist umso größer, je schwerer sie sind und je höher sie sich befinden. Begründung: Wenn man mit dem Körper einen Generator betreibt, dann kann man mit ihm Wasser erwärmen oder Lampen zum Leuchten bringen. 9 Für diese Energie müssten 5 große Tauchsieder mit der Leistung 1kW mehr als 5 Stunden in das Badewasser gehalten werden! 42 Abbildung 28: Wassererwärmen durch Umrühren? Abbildung 29: Wasser und Steinen in großer Höhe sieht man ihre Energie an! 43 • Je schwerer der Körper ist, desto mehr parallel geschaltete Lampen kann er betreiben (denn mit jeder Lampe wird es schwerer, den Generator zu drehen). • Je höher der Körper liegt, desto länger kann er den Generator betreiben. Man kann sich genauer überlegen, wie viel Energie in jedem hochgehobenen Körper steckt: • Da zwei Gewichtstücke auf dem 10m-Turm zusammen natürlich doppelt so viel Energie haben wie eins von ihnen, ist die Lageenergie proportional zur Masse des Körpers. ∆EL ∼ m • Mit dem Gewichtstück auf dem 10m-Turm können zwei Gewichtstücke (nacheinander), z.B. mit einer festen Rolle, um 5m hoch gehoben werden (Die Energie der Lage.ppt). Seine Energie in 10m Höhe ist also doppelt so groß wie die eines Gewichtstückes in 5m Höhe. • Zusammengenommen gilt: Die Energie ∆E, die erforderlich ist, um einen Körper der Masse m um ∆h in die Höhe zu heben, ist proportional zu m und ∆h: oder ∆E ∼ m∆h ∆E = mg∆h (25) (26) mit einer noch unbekannten Proportionalitätskonstanten g 10 . Oder kurz: Ein Körper der Masse m enthält in der Höhe h die Lageenergie EL : EL = mgh (27) • Um den Wert der Konstanten g zu bestimmen, muss die Erwärmung gemessen werden, die mit einem hochgehobenen Körper erzielt werden kann. 2.5.1 Umwandlung von Lageenergie in thermische Energie • Mit dem folgenden Experiment kann man direkt zeigen, dass beim Herunterfallen Lageenergie in thermische Energie umgewandelt wird (Abb. 30): In ein langes Plexiglasrohr wird ca. 1kg Kupferschrot gefüllt. Wenn man durch Drehen des Rohres das 10 Analog zum Begriff der spezifischen Wärmekapazität könnte man diese Konstante als spezifische Lageenergie aller Körper bezeichnen. Dieser Ausdruck ist jedoch völlig unüblich, da dieselbe Konstante meist in einem ganz anderen Zusammenhang (beim Freien Fall) eingeführt wird. 44 Abbildung 30: Erwärmung von Bleischrot durch fortgesetztes Fallenlassen“ ” 45 Abbildung 31: Kann man durch Handbetrieb eines Tauchsieders Wasser erwärmen? Schrot um die Länge des Rohres fallen lässt, muss das Kupferschrot anschließend etwas erwärmt sein, da es an Höhe verloren hat, sich aber nicht mehr bewegt. Da der Effekt zunächst unmessbar klein ist, wird das Schrot um eine größere Strecke fallen gelassen, indem das Rohr mehrfach so gedreht wird, dass das Schrot erneut die Länge durchfällt. Ergebnis: Bereits nach wenigen Wiederholungen kann man mit einem Temperaturfühler eine deutliche Erwärmung um mehrere Kelvin messen. • Um Wasser zu erwärmen, muss man sehr viel mehr Energie aufwenden: Mit einem Quirl Wasser durch Umrühren zu erwärmen, ist völlig hoffnungslos (Abb. 28). Selbst wenn man das Rühren mit einem Magnetrührer automatisiert, erzielt man erst nach einer Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 1K und das bei weniger als 100g Wasser11 ! • Um zu messen, wie viel Energie in einem hoch gehobenen Körper steckt, müsste man mit ihm Wasser erwärmen. Dazu könnte man mit dem Hinabsinken des Körpers einen Generator betreiben und die abgegebene Energie mit einem Zähler messen. Umgekehrt wäre es auch möglich zu messen, wieviel Energie nötig ist, um ihn mit einem Elektromotor hochzuheben. Bei einem solchen, im Prinzip richtigen, Experiment dreht sich allerdings die Zählerscheibe fast gar nicht, sodass man die Energie nicht messen kann. • Man kann mit dem Generator auch Wasser erwärmen und die Energie durch die Temperaturerhöhung des Wassers messen. Experimente: 1. Statt der Kurbel wird an den Handgenerator ein Schnurlaufrad befestigt, sodass er durch ein Gewicht betrieben werden kann. Es wird versucht, eine Tempera11 Beim Rühren muss das Wasser abgedeckt werden, um zu verhindern, dass durch das Rühren zusätzlich Wasser verdunstet. Sonst ist das Wasser anschließend nicht wärmer, sonder kälter (so in der Vorlesung am 1.6.2007)! 46 turerhöhung zu messen, nachdem ein 1kg-Gewichtstück um ein Meter hinabgesunken ist. Ergebnis: Es ist keine Temperaturerhöhung feststellbar. 2. Der Generator wird mit der Hand betrieben. Auf diese Weise wird versucht, Wasser zu erwärmen (Abb. 31). Ergebnis: Man muss sich stark anstrengen und lange kurbeln, bis das Wasser merklich wärmer wird: Kurz vor dem körperlichen Zusammenbruch des Assis” tenten“ war eine Temperaturerhöhung um 1K erreicht – bei einer sehr kleinen Wassermenge! • Um durch solche Experimente tatsächlich bestimmen zu können, wieviel Energie in einem hoch liegenden Körper steckt, muss sehr sorgfältig gemessen werden, weil die in Laborexperimenten dabei erzielbaren Temperaturänderungen sehr klein sind. Information: Das Ergebnis solcher Messungen ist: Um einen Körper der Masse m = 1kg um 1m hoch zu heben, ist eine Energie von ungefähr 10J erforderlich. Mit anderen Worten: Die KonJ . stante g in (26) hat ungefähr den Wert g ≈ 10 kg·m Der genaue Wert der Proportionalitätskonstanten beträgt12 g = 9.81 J kg · m . (28) Die Bedeutung dieses Zahlenwertes wird erst im Laufe der Zeit deutlich werden. Einen ersten Eindruck kann man allerdings dadurch bekommen, dass man den Wert anders schreibt und ihn mit der spezifischen Wärmekapazität von Wasser vergleicht: g = 0.00981 kJ kJ ≈ 0.01 , kg · K kg · m cW = 4.19 kJ kJ ≈4 kg · K kg · m So kann man erkennen, dass ein Körper der Masse 1kg erst in 400m Höhe genügend Energie enthält, um ein Liter Wasser damit um 1K erwärmen zu können! 2.5.2 Die Erhaltung der Lageenergie • Wenn ein Pendel schwingt, erreicht der Pendelkörper nach jeder Schwingung (näherungsweise) wieder die Ausgangsposition. Niemals schwingt er von allein weiter (Abb. 32)! • Das folgende Experiment veranschaulicht die Ursache: Wenn die Bewegung eines Fadenpendels so gestört wird, dass es nur mit verkürztem Faden weiterschwingen 47 Abbildung 32: Wird der Morgenstern“ zuschlagen? ” Abbildung 33: Durch Hemmung erreicht das Pendel zwar einen größeren Winkelausschlag (es kann sogar überschlagen!), aber nur dieselbe Höhe. 48 Abbildung 34: Nach der Talfahrt wird dieselbe Höhe wieder erreicht. Abbildung 35: Die Erwärmung von Boden und Reifen beim Bremsen kann mit einer Infrarotkamera nachgewiesen werden. (Quelle: http://www.fh-brandenburg.de/∼piweb/projekte/thermo galerie.html) kann (Abb. 33), dann erreicht es zwar einen größeren Winkel, aber höchstens dieselbe Höhe wie zu Beginn: Die Lageenergie wird nicht größer! • Experiment: Bei einer Achterbahn“ (Kugellaufbahn) erreicht der Wagen, un” abhängig von der Hangneigung, (näherungsweise) die Ausgangshöhe (Abb. 34). Die etwas geringere Endhöhe zeigt an, dass Energie verloren gegangen ist. Sie wird durch Reibung hervorgerufen, die zu einer geringen Erwärmung von Bahn und Rad führen muss. Tatsächlich kann man solche Erwärmungen mit einer Infrarotkamera nachweisen (Abb. 35)! Bei schwingenden Pendeln und rollenden Kugeln erreicht der Körper, wenn er sich nicht mehr bewegt, die Ausgangshöhe wieder: Immer wenn sich der Körper nicht bewegt, hat seine Lageenergie (näherungsweise) denselben Wert. 2.5.3 Hausaufgaben 8 1. Wofür ist mehr Energie erforderlich: (a) um 4 Kisten Wasser in den 2. Stock zu tragen oder (b) um 3 Kisten Wasser in den 3. Stock zu tragen? 2. Beim berühmten Niagara-Wasserfall stürzt das Wasser 50 Meter in die Tiefe. 12 Da das Ergebnis dieser Experimente an verschiedenen Orten auf der Erde zu etwas unterschiedlichen Ergebnissen führen, eigentlich formulieren: . . . beträgt in Miteleuropa . . .“. Auf dem Mond ist der Wert ” von g um den Faktor 6 kleiner als auf der Erde! 49 (a) Berechnen Sie, um wieviel das Wasser im unteren Becken wärmer ist als oben. Gehen Sie dabei davon aus, dass die gesamte Lageenergie in thermische Energie des Wassers umgewandelt wird. (b) Wie stark würde sich unter derselben Voraussetzung das Wasser eines Gebirgsbaches erwärmen, der eine Höhendifferenz von 50 Metern durchläuft? (c) Begründen Sie, dass die Erwärmung tatsächlich noch geringer ist. 3. Berechnen Sie die Energie, die nötig ist, um das Wasser eines Vollbades (200 Liter) um 30K zu erwärmen. Veranschaulichen Sie diese Energie durch Vergleich mit einem Bergsteiger (m = 75kg), der vom Meeresniveau einen Berg von 5000m Höhe erklimmt! 4. (a) Wie groß ist die Leistung einer Bergsteigerin (m = 60kg), die einen Höhenunterschied von 500m in 45min überwindet? (b) Berechnen Sie die Leistung eines Hochspringers (75kg), der in 0.2s um 1.50m nach oben springt? 2.6 2.6.1 Die Bewegungsenergie Gegenseitige Umwandlung von Lageenergie und Bewegungsenergie • Beispiele für Umwandlungen zwischen Lage- und Bewegungsenergie: – Beim schwingenden Pendel wird die anfängliche Lageenergie (an der höchsten Stelle) vollständig in Bewegungsenergie (an der tiefsten Stelle) und diese anschließend wieder vollständig in Lageenergie umgewandelt: Die Ausgangshöhe wird (fast) wieder erreicht. – Beim hüpfenden Ball wird die anfängliche Lageenergie vollständig in Bewegungsenergie (direkt vorm Aufschlagen), diese in Verformungsenergie des Balles und des Bodens, diese wieder in Bewegungsenergie des Balles und schließlich wieder vollständig in Lageenergie umgewandelt: Der Flummy erreicht (fast) wieder die Ausgangshöhe. – Bei einer eine schiefe Ebene hinabrollenden Kugel wird die anfängliche Lageenergie in Bewegungsenergie13 und diese beim Hinaufrollen wieder vollständig in Lageenergie umgewandelt: Die Kugel erreicht – unabhängig von der Steigung der beiden Streckenabschnitte! – (fast) wieder die Ausgangshöhe. • Folgerung: Da bei diesen Vorgängen die Lageenergie zum Schluss ebenso groß ist wie zu Beginn, ist sie auch zwischendurch nicht kleiner geworden. Bei diesen Beispielen handelt es sich um die Umwandlung von Lageenergie in Bewegungsenergie und zurück in Lageenergie. Dabei geht (fast) keine Energie verloren. 13 und Rotationsenergie 50 2.6.2 Wie hängt die Bewegungsenergie mit der Masse und der Geschwindigkeit zusammen? • Wenn sich zwei Körper gleich schnell bewegen, enthält der mit der größeren Masse mehr Energie. Klar: Um einen schweren Lastwagen in Bewegung zu setzen, braucht man mehr Energie als bei einem Pkw, und die Wirkung beim Aufprall auf ein Hindernis ist bei einem Lastwagen auch viel größer als bei einem gleich schnellen Pkw. • Weil zwei gleiche Körper, die sich gleich schnell bewegen, auch dieselbe Bewegungsenergie enthalten, enthalten sie zusammen doppelt so viel Energie wie einer von ihnen. Mit der Verdopplung der Masse hat sich auch die Energie verdoppelt: Die Bewegungsenergie von Körpern ist (bei gleicher Geschwindigkeit) proportional zu ihrer Masse: Ekin ∼ m (29) • Offensichtlich gilt: Je größer die Geschwindigkeit eines Körpers ist, desto größer ist seine Energie, d.h.: desto mehr Energie ist erforderlich, um ihn auf diese Geschwindigkeit zu beschleunigen, desto mehr Energie gibt er aber auch ab, wenn er wieder abgebremst wird. • Vermutung: Doppelte Geschwindigkeit zeigt doppelte Energie an. • Problem: Wie kann das untersucht werden? • Idee: Umwandlung der Bewegungsenergie in eine messbare Energieform. Lageenergie kann bereits gemessen werden. Also: Umwandlung von Geschwindigkeit in Höhe (Wurf senkrecht nach oben) oder Umwandlung von Höhe in Geschwindigkeit (Kugel auf schiefer Ebene14 ) Wenn die Bewegungsenergie eines Körpers proportional zu seiner Geschwindigkeit ist, dann muss er – die doppelte Höhe erreichen, wenn er mit doppelter Geschwindigkeit hochgeworfen wird, bzw. – die doppelte Geschwindigkeit erhalten, wenn er aus doppelter Höhe hinunterfällt oder -rollt. • Experimente: 1. Eine kleine Kugel, z.B. aus Knetgummi, wird mehrmals mit dem Arm so in die Höhe gestoßen, dass jedes Mal etwa dieselbe Höhe erreicht wird. Anschließend 14 Man kann auch Körper einfach fallen lassen. Dabei wird aber die Geschwindigkeit schnell so groß, dass sie nicht mehr freihand gemessen werden kann. 51 s2 PP ~ PP PP ~ h2 h1 PPP P s1 P P ~ ~ Abbildung 36: Zur Messung der Abhängigkeit zwischen Geschwindigkeit und Bewegungsenergie wird sie mehrmals mit den Fingern in die Höhe geschnipst, sodass sie wieder immer dieselbe Höhe erreicht. Schließlich wird sie gleichzeitig in die Höhe gestoßen und geschnipst. Beobachtung: Die Kugel fliegt viel höher als erwartet. Folgerung: Durch das gleichzeitige Stoßen und Schnipsen erhält die Kugel die doppelte Geschwindigkeit. Wenn obige Vermutung zuträfe, müsste die Kugel dann die doppelte Energie haben und schließlich die doppelte Höhe erreichen. Da sie höher fliegt, muss ihre Energie mehr als doppelt so groß sein. 2. Eine Kugel rollt eine schiefe Ebene hinab, zunächst aus einfacher, dann aus doppelter, dreifacher und vierfacher Starthöhe. Unten angekommen, wird ihre Geschwindigkeit gemessen, indem die Strecke gemessen wird, die die Kugel in einer vorgegebenen Zeit rollt (Abb. 36). Beobachtung: Wenn die Kugel aus doppelter Höhe hinabrollt, schafft sie unten viel weniger als die doppelte Strecke. Bei dreifacher Höhe ist sie zwar schneller, schafft aber immer noch nicht die doppelte Strecke. Erst bei Start aus vierfacher Höhe rollt sie unten die doppelte Strecke in derselben Zeit. Folgerung: Bei doppelter Energie hat die Kugel noch nicht die doppelte Geschwindigkeit. Erst bei vierfacher Starthöhe, also vierfacher Energie, erreicht sie die doppelte Geschwindigkeit. • Ergebnis: Die Bewegungsenergie eines Körpers ist nicht proportional zu seiner Geschwindigkeit. Die doppelte Geschwindigkeit zeigt bereits eine vierfache Bewegungsenergie an. Die Bewegungsenergie eines Körpers ist proportional zum Quadrat seiner Geschwindigkeit: Doppelte Geschwindigkeit bedeutet vierfache Energie, dreifache Geschwindigkeit neunfache Energie usw. Ekin ∼ v 2 Zusammen mit (29) ergibt sich daraus: Ekin ∼ mv 2 52 (30) • Die Proportionalitätskonstante in dieser Beziehung muss gemessen werden15 . In der Vorlesung fehlt dafür die Zeit. Information: Für die Bewegungsenergie gilt: Ekin = m 2 v2 (31) Ein Körper mit der Masse 2kg hat eine Bewegungsenergie von 1 Joule, wenn seine Geschwindidgkeit 1 ms ist. Weil die Einheiten auf beiden Seiten von Gleichung (2.6.2) übereinstimmen müssen, zeigt sich darüber hinaus: 1J = 1kg 2.6.3 m s2 (32) Hausaufgaben 9 1. Zwei Kugeln rollen unterschiedlich steile Abhänge hinunter, starten aber aus derselben Höhe. (a) Welche Kugel ist schneller unten? (b) Welche Kugel erreicht die größere Geschwindigkeit? 2. Ein Flummy wird aus unterschiedlichen Höhen fallen gelassen. (a) Wie groß ist seine Geschwindigkeit direkt vor dem Aufschlagen, wenn die Starthöhe h1 = 1m (h2 = 2m) ist? (b) Aus welcher Höhe muss er fallen gelassen werden, damit seine Auftreffgeschwindigkeit v = 10 ms ist? (c) In welcher Höhe über dem Boden hat er dann die Geschwindigkeit v2 = 5 ms ? (d) Der Flummy wird aus 10m Höhe fallen gelassen. Stellen Sie in einem Diagramm dar, wie sich seine Geschwindigkeit mit der Höhe ändert! abgebremst wird, erwärmen sich 3. Wenn ein Auto aus der Geschwindigkeit v = 50 km h seine Scheibenbremsen um ∆ϑ = 5K. Wie heiß werden die Bremsen, wenn das Auto abgebremst wird? von v0 = 100 km h 53 Abbildung 37: Das Rad rollt immer höher. Wird hierEnergie erzeugt? 2.7 2.7.1 Der allgemeine Energieerhaltungssatz Die Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile (1. Art) • elektromagnetisches Spielzeug – Ein Schwungrad rollt eine schiefe Ebene hinab und eine andere wieder hinauf. Dabei erreicht es von selbst“ allmählich immer größere Höhen. ” – Ein Pendel beginnt von selbst“ immer höher zu schwingen (Abb. 37). ” • Der Springbrunnen in Abbildung 39 scheint ewig zu fließen und Wasser über die Oberfläche hinaus in die Höhe zu spritzen. Ist das möglich? • Es hat im 19. Jahrhundert recht lange gedauert, bis sich die Experten endgültig davon überzeugt hatten, dass Maschinen, die scheinbar Energie aus dem Nichts erzeugen, nicht funktionieren können, d. h. dass ihnen auf irgendeine, evtl. sehr schwer zu entdeckende, Weise Energie zugeführt werden muss oder dass sie bald aufhören werden sich zu bewegen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden von den Patentämtern keine Anträge mehr geprüft, die Vorschläge für solche so genannten Perpetua mobilia enthalten. • Es gibt kein Perpetuum mobile: Einer Maschine, die sich ständig bewegt (und dabei Energie abgibt), muss Energie zugeführt werden. • Bei Geräten, bei denen offensichtlich an einer Stelle die Energie immer größer wird (z.B. die Lageenergie in den Umkehrpunkten obiger Spielzeuge), ist sicher, dass an einer anderen Stelle die Energie abnehmen muss oder dass dem Gerät von außen Energie zugeführt werden muss. Sehr häufig wird die abnehmende Energie in einer verborgenen Batterie enthalten sein. Diese Aussage kann man treffen, ohne die Funktionsweise der Geräte, die sehr verwickelt sein kann, zu durchschauen! 15 Der Versuch mit rollenden Kugeln ist dafür ungeeignet, weil sich die Kugeln (anders als z. B. ein Schlitten) nicht nur vorwärts bewegen, sondern dabei auch noch rollen. 54 Abbildung 38: Das Pendel schwingt immer höher. Woher kommt die Energie? Abbildung 39: Ein ewig fließender Brunnen? 55 2.7.2 Der Energieerhaltungssatz • Wenn Eis oder siedendem Wasser Energie (Schmelz- bzw. Verdampfungswärme) zugeführt wird, steigt die Temperatur nicht. Daraus kann man schließen, dass Wasser von 0◦ C mehr Energie enthält als Eis von 0◦ C und Wasserdampf von 100◦ C mehr als Wasser von 100◦ C. Die Verdampfungswärme wird beim Koondensieren des Wasserdampfes wieder frei, die Schmelzwärme beim Gefrieren von Wasser. • Beide Vorgänge spielen in Natur und Technik eine sehr große Rolle. Die PP-Präsentation Schmelz-undVerdunstungswaerme.ppt enthält einige Beispiele. • Alle Erfahrungen, die wir mit dem Energiebegriff gemacht haben, veranschaulichen den folgenden sehr allgemeinen Energieerhaltungssatz: Bei allen Vorgängen in der Natur oder in der Technik bleibt die Energie erhalten: Die Energie eines Körpers kann sich nur dadurch ändern, dass er Energie an einen anderen Körper abgibt oder Energie von einem anderen Körper erhält. Oder kürzer: Energie kann von Körper zu Körper übertragen, aber weder erzeugt, noch vernichtet werden. 2.7.3 Hausaufgaben 10 1. Das folgende Bild ist einem Schulbuch für die Klasse 6 entnommen ([1], S. 105). (a) Beschreiben Sie, wo und in welcher Form in diesem Bild überall Energie auftritt. (b) Benennen Sie einige auftretende Energieumwandlungen! 2. Beschreiben Sie, wie die folgende Weckmaschine“ ([1], S. 114) funktionieren soll! ” 56 Beschreiben Sie auch, welche Energieumwandlungen dabei auftreten! 3. Versuchen Sie, die Funktionsweise des in Abbildung 39 gezeigten Springbrunnens herauszufinden und zu beschreiben: (a) nur energetisch, (b) auch mechanistisch“: Wie funktioniert der Brunnen? ” 57 Abbildung 40: Das Bücken nach Kreide mit ausgestreckten Knien (links) ist unmöglich, wenn die Füße direkt an der Wand stehen (Mitte). 3 Mechanik 3.1 3.1.1 Gleichgewicht und Hebel Gleichgewicht • Stabiles, labiles und indifferentes Gleichgewicht am Beispiel einer Kugel (Abb. 41): Das Gleichgewicht eines Körpers ist stabil, wenn sich der Körper bei einer Störung von selbst wieder in die Gleichgewichtslage zurückbewegt, instabil, wenn sich der Körper bei einer Störung immer weiter von der Gleichgewichtslage entfernt, indifferent, wenn sich der Körper in jeder Lage im Gleichgewicht befindet, und metastabil, wenn die Gleichgewichtslage nur bei kleinen Störungen stabil bleibt. • Einführungsexperimente: – Bücken mit ausgestreckten Knien nach einem Stück Kreide (Abb. 40): ∗ leicht möglich für sportliche Menschen (links), ∗ aber unmöglich, wenn man mit den Füßen direkt an der Wand steht (Mitte). Beobachtung und Begründung: Das vordere Übergewicht muss durch Ausgleich nach hinten kompensiert werden. 58 Abbildung 41: Unterschiedliche Arten von Gleichgewichten – veranschaulicht am Beispiel einer Kugel auf einer Unterlage Abbildung 42: Das Vorbeugen eines Modellmenschen“ ” 59 Abbildung 43: Vorbeugen mit Ausgleichsgewicht“ ” – Nachbau des Effektes anhand eines Modellmenschen aus Stativstangen (Abb. 42) – Man kann sich weiter vorbeugen, wenn man ein Bein nach hinten ausstreckt (Abb. 43). Beobachtungen: Je weiter das Übergewicht nach vorn, ∗ desto größer muss das Gegengewicht sein oder ∗ desto weiter muss es nach hinten bewegt werden. – Der durchgesägte Besen (Abb. 44): ∗ Der Besen findet (aufgrund von Reibung) selbstständig seinen Schwerpunkt (links). ∗ Der Besen wird an dem aufgefundenen Schwerpunkt durchgesägt. Frage: Welcher der beiden entstandenen Teile ist schwerer? Oder sind beide Teile gleich schwer? 3.1.2 Hebel • Beantwortung der letzten Frage mit einer Balkenwaage“, durch Aufhängen der Be” senteile an einen Hebel (Abb. 44, Mitte und rechts): Der abgesägte Stiel ist deutlich leichter als der Teil mit dem Besen. Gleichgewicht bedeutet nicht gleiches Gewicht“ auf beiden Seiten! Im ” Gleichgewicht befinden sich die schwereren Teile eines Körpers näher am Drehpunkt. • Erste Experimente an zweiseitigem Hebel: Damit sich der Hebel trotz unterschiedlichen Gewichts im Gleichgewicht befindet, muss der schwerere Teil des Besens näher an den Drehpunkt geschoben werden. Das war auch die Situation, als 60 Abbildung 44: Der Besen findet sein Gleichgewicht – mit ungleichen Gewichten! der Besen mit Stiel im Gleichgewicht war: Der schwere Besen befand sich sehr nahe an dem Gleichgewichtspunkt. • Erste halbquantitative Ergebnisse: – Je größer das Gewicht auf einer Seite des Hebels ist, desto näher muss es am Drehpunkt aufgehängt werden, damit der Hebel (mit demselben Gegengewicht auf der anderen Seite) im Gleichgewicht bleibt. – Statt das schwerere Gewicht näher an die Achse zu schieben, kann auch ein weiteres Gegengewicht angehängt werden. 3.1.3 Hausaufgaben 11 1. Informieren Sie sich über die Gesetze des zweiseitigen und des einseitigen Hebels! 2. Finden Sie in Ihrer täglichen Umwelt mindestens fünf verschiedene Hebel und formulieren Sie zugehörige Je-desto-Sätze! 3. Geschicklichkeitsaufgaben: (a) Versuchen Sie, einen Bleistift auf seiner Spitze zu balancieren! (b) Stecken Sie eine Stecknadel in einen Korken. Versuchen Sie dann, den Korken auf dem Stecknadelkopf zu balancieren! 4. Unterstützen Sie ein langes Brett (ein Lineal tut’s auch!) in der Mitte, sodass ein zweiseitiger Hebel daraus entsteht. Versuchen Sie, mit mehreren gleich schweren Gewichtstücken (z.B. gefüllten Getränkedosen) das Hebelgesetz zu demonstrieren! 61 Abbildung 45: Balancieren“ eines Bleistiftes ” Belasten Sie diesen Hebel einseitig durch zwei Gewichte übereinander. Finden Sie dann zwei Möglichkeiten, den Hebel mit zwei Gewichten ins Gleichgewicht zu bringen, die sich nicht an derselben Stelle befinden! Versuchen Sie, geeignete Stellen vorherzusagen! 3.1.4 Der Schwerpunkt • weitere Gleichgewichtsspielereien – Balancieren eines Bleistiftes auf der Spitze (s. Abb. 45) – Balancieren eines Korkens auf Stecknadelkopf (s. Abb. 46) – Artist“ (s. Abb. 47) ” • kurze Wiederholung: Auffinden des Gleichgewichtspunktes“ beim Besen ” Demonstration: 1. Wenn der Besen im Gleichgewichtspunkt unterstützt wird, befindet er sich in jeder Position im Gleichgewicht (indifferentes Gleichgewicht). 2. Wenn der Besen oberhalb dieses Punktes aufgehängt wird, befindet er sich im stabilen Gleichgewicht. 3. Wird der Besen unterhalb des Gleichgewichtspunktes unterstützt, muss er balanciert werden (instabiles Gleichgewicht). Sonst dreht er sich so, dass sich dieser Punkt senkrecht unter der Aufhängung befindet. • Diesen Gleichgewichtspunkt“ nennt man den Schwerpunkt des Besens: ” Der Schwerpunkt eines Körpers ist der Punkt, in dem man sich die ganze Masse des Körpers vereinigt denken kann. Wenn 62 Abbildung 46: Balancieren“ eines Korkens auf einer Stecknadel ” Abbildung 47: Seiltänzerin“ ” 63 Abbildung 48: Ein zweiseitiger Hebel wird mit unterschiedlichen Gewichten ins Gleichgewicht gebracht. der Körper am Schwerpunkt aufgehängt oder unterstützt wird, befindet er sich in jeder Orientierung im Gleichgewicht. Der Körper befindet sich im stabilen Gleichgewicht, wenn sich sein Schwerpunkt unter der Aufhängung. Wenn sich der Schwerpunkt des Körpers oberhalb der Standfläche befindet, befindet er sich im, je nach Höhe und Größe der Standfläche, mehr oder weniger metastabilen Gleichgewicht. • Die obigen Gleichgewichtsspielereien beruhten darauf, dass durch Zusatzkörper der Schwerpunkt unter den Unterstützungspunkt verlegt wurde. • Gleichgewicht und Schwerpunkt: Das Gleichgewicht eines Körpers ist stabil, wenn sich der Schwerpunkt unter dem Unterstützungspunkt befindet (dann muss bei einer Kippung des Körpers der Schwerpunkt gehoben, also Energie zugeführt werden), instabil, wenn sich der Schwerpunkt über dem Unterstützungspunkt befindet (dann verringert sich beim Kippen des Körpers die Höhe des Schwerpunktes; Energie wird frei.), indifferent, wenn sich beim Kippen“ des Körpers die Höhe des Schwerpunktes ” nicht verändert, 3.1.5 Das Hebelgesetz für den zweiseitigen Hebel • Experiment: An einen in der Mitte drehbar gelagerten Hebel werden auf beiden Seiten zunächst Gewichtstücke angehängt (Abb. 48). 64 links ml ll 1 kg 0.5m 2 kg 0.25m rechts mr1 lr1 mr2 lr2 1 kg 0.5m 2 kg 0.25m 1 kg 0.25m 1 kg 0.75m 1 kg 0.25m 1 kg 0.75m links rechts ml ll mr1 lr1 + mr2 lr2 0.5 kg*m 0.5 kg*m 0.5 kg*m 0.5 kg*m 0.5 kg*m Ergebnis: ml ll = mr1 lr1 + mr2 lr2 + . . . • Experiment: Die Gewichte dadurch ersetzt, dass der Hebel mit Federkraftmessern im Gleichgewicht gehalten wird. • Kräfte werden (meist) mit Federkraftmessern gemessen. Die zugehörige Einheit ist Newton. Die Gewichtskraft eines Körpers mit der Masse 1 Kilogramm beträgt ungefähr 10 Newton (10N,genau: 9.81N). Fg ≈ m · 10 N (genau: 9.81N ) kg (33) • Umrechnung obiger Messergebnisse: links Fl 10 N ll 0.5m 20 N 0.25m Fr1 10 N 20 N 10 N 10 N rechts lr1 Fr2 lr2 0.5m 0.25m 0.25m 10 N 0.75m 0.25m 10 N 0.75m links rechts Fl ll Fr1 lr1 + Fr2 lr2 5 N*m 5 N*m 5 N*m 5 N*m 5 N*m • Ergebnis: Hebelgesetz für Kräfte: Am zweiseitigen Hebel herrscht Gleichgewicht, wenn das Produkt aus Kraft und Kraftarm auf der linken Seite ebenso groß ist wie die Summe der entsprechenden Produkte auf der rechten Seite. Flll = Fr1 lr1 + Fr2 lr2 + . . . 65 (34) Abbildung 49: Zweiseitiger und einseitiger Hebel 3.1.6 Der Hebel als Kraft verändernde Maschine“ ” • Wenn man mit Hilfe eines Hebels einen Schrank anheben will, ist man weniger daran interessiert, dass der Hebel sich im Gleichgewicht befindet, als an der Kraft, die man mit seiner Hilfe auf den Schrank ausüben kann. Statt der Kraft, die auf den Hebel ausgeübt werden muss, damit er im Gleichgewicht ist, kann man auch die Kraft betrachten, die der Hebel dabei auf einen anderen Körper ausübt. In dieser Betrachtungsweise verändert der Hebel eine Kraf: Auf der einen Seite wird eine Kraft auf den Hebel ausgeübt, und auf der anderen Seite übt der Hebel eine Kraft auf einen anderen Körper aus. Je nach den Längen der zugehörigen Hebelarme kann diese Kraft größer, gleich oder kleiner als die auf den Hebel ausgeübt Kraft sein. Für die Messung macht das keinen Unterschied: Es ist gleichgültig, ob die Kraft gemessen wird, die auf den Hebel ausgeübt werden muss, damit er im Gleichgewicht ist, oder die Kraft, die der Hebel auf einen anderen Körper ausübt, wenn er im Gleichgewicht ist. • Beispiele: – Ein Flaschenöffner kann als einseitiger Hebel betrachtet werden, mit dem es möglich ist, mit einer kleinen Kraft eine große Kraft auf den Kronkorken auszuüben (Abb. 50). – Die Kneifzange als (doppelter) zweiseitiger Hebel (Abb. 51). Es gibt Zangen mit sehr kurzen Kneifbacken und sehr langen Griffen (Warum?). – Mit einem Schraubenzieher kann eine Schraube umso stärker gedreht werden, je dicker der Griff ist. 66 Abbildung 50: Der Flascheöffner als einseitiger Hebel Abbildung 51: Die Kneifzange als Hebel ([3], S. 40) 67 Abbildung 52: Beim Unterarm greift der Bizeps an einem sehr kurzen Hebelarm an. Der zur Hand gehörende Kraftarm ist viel länger. (citePhysikPlus9, S. 42) Abbildung 53: Das so genannte Wellrad“ als Hebel ([3], S. 41) ” – Schraubenschlüssel für große, schwer zu drehende Schrauben sind sehr lang. – Wenn eine Türklinke abgebrochen und deshalb sehr kurz ist, ist es kaum noch möglich, die Tür zu öffnen. – Der Unterarm als einseitiger Hebel (Abb. 52): Der Bizeps muss sehr stark ziehen können, weil er an einem sehr kurzen Hebelarm angreift. 3.1.7 Scheibe und Rad als Hebel • Ein Wellrad, eine Scheibe mit zwei Schnurlaufrillen mit unterschiedlichen Radien r1 und r2 , kann als Hebel mit Hebelarmen der Längen r1 und r2 betrachtet werden (Abb. 53). Wenn aber mit den Schnüren in unterschiedliche Richtungen gezogen wird, können die Arme dieses Hebels beliebige Winkel zueinander annehmen: Ein Rad kann man sich denken als viele (geeignete) Hebel“ (Abb. 54, links). ” 68 Abbildung 54: links: Beim Wellrad stehen Kraft und Kraftarm immer senkrecht aufeinander. rechts: Im Allgemeinen kommt es auf den senkrechten Abstand“ an. ” • An einem Rad mit Löchern können die Kräfte in unterschiedlichen Richtungen angreifen. Dann gilt das Hebelgesetz nicht mehr in der bisher besprochenen einfachen Form. Man bemerkt vielmehr, dass es nicht auf den tatsächlichen Hebelarm ankommt, sondern auf den Abstand, den die Verlängerung der Kraft vom Drehpunkt des Hebels hat. Dieser gedachte Hebelarm steht immer senkrecht auf der Richtung der angreifenden Kraft (Abb. 54, rechts). • Versuche wie die in Abbildung 55 dargestellten bestätigen diese Aussage. • Das Produkt aus angreifender Kraft und senkrechtem Abstand zur Drehachse heißt Drehmoment16 . • Mit dem Begriff des Drehmomentes kann nun das Hebelgesetz für zweiseitige und einseitige Hebel und für Räder allgemein formuliert werden: Allgemeines Hebelgesetz: Am Hebel herrscht Gleichgewicht, wenn die Summe der rechtsdrehenden Drehmomente gleich der Summe der linksdrehenden Drehmomente ist. 3.1.8 Hausaufgaben 12 1. Geben Sie an, welche Kräfte der Hebel auf einen vertikalen Kraftmesser in den Positionen a - e ausübt! 16 Anders ausgedrückt: Das Drehmoment ist das Produkt aus Kraft, (tatsächlichem!) Kraftarm und dem Sinus des eingeschlossenen Winkels. 69 Abbildung 55: links: Wenn das Gewicht an die Punkte E, D oder C angehängt wird, hat es dieselbe Wirkung. rechts: Die Kräfte F1 und F2 haben dieselbe Wirkung. ([3], S. 38) 2. Begründen Sie, dass sich dieser Balken im indifferenten Gleichgewicht befindet. Was muss man daran verändern, damit daraus eine Balkenwaage wird? 3. Sie müssen einen Schrank auf einer Seite anheben, um eine Rolle darunterschieben zu können. Dazu ist eine Kraft FS = 500N erforderlich. Sie können aber höchstens mit einer Kraft Fmax = 200N heben. Stellen Sie in einer Skizze dar, wie Sie das Problem 70 (a) mit einem einseitigen Hebel und (b) mit einem zweiseitigem Hebel lösen können. Tragen Sie in die Zeichnung die entsprechenden Hebelarme ein. Wie lang müssen sie sein? 4. An einem Kran hängt eine Last von 500 kg. Der 20 m lange Arm bildet einen Winkel von 45◦ mit der Horizontalen. Die hydraulische Stütze steht in 4 m Abstand von der Drehachse senkrecht auf dem Arm. Mit welcher Kraft wirkt dabei die Stütze auf den Arm, wenn sie ohne Last mit 1 kN unterstützt werden muss? 3.2 3.2.1 Hebel und Drehmomente am Fahrrad Hebel am Fahrrad • Je breiter der Lenker, desto leichter lässt sich lenken – desto weiter aber muss man dabei die Arme bewegen. • Bremsen: Am Handgriff übt man an langem Hebel eine Kraft aus, die am kurzen Hebel verstärkt auf den Seilzug ausgeübt wird. Am Bremshebel wird diese Kraft (durch den Seilzug) am langen Hebel ausgeübt und am kurzen Hebel noch einmal vergrößert auf die Felgen ausgeübt. • Der Antrieb besteht aus den Pedalen (Hebel), Kettenblatt (Rad), Ritzel und Hinterrad (Wellrad). Er soll im Folgenden genauer untersucht werden. 3.2.2 Die Gangschaltung • Die Überlegungen und Ergebnisse dieses Abschnittes sind ausführlich dargestellt in der PP-Präsentation Fahrrad.pdf. 71 Abbildung 56: Kraftmessungen am Fahrrad: Schulbuchdarstellung (links, [3], S. 44) und ihre Realisierung in der Vorlesung • Kraftübersetzung: Das Verhältnis zwischen der Kraft, mit der die Pedale getreten werden, und der Kraft, die vom Hinterrad auf die Straße ausgeübt wird, lässt sich durch Experiment bestimmen (Abb. 56). Es lässt sich aber auch berechnen: – Wenn man Pedale und Kettenblatt als Wellrad auffasst, gilt F1v · l1v = F2v · l2v =⇒ F2v = l1 l2 F1v v – Fasst man Ritzel und Hinterrad ebenfalls als Wellrad auf, gilt wieder Abbildung 57: Zur Kraftübersetzung beim Fahrradantrieb ([3], S. 40) 72 Abbildung 58: Zur Berechnung der Streckenverhältnisse ([3], S. 40) F2h = l1 l2 F1h h – Das Kettenblatt zieht aber über die Kette am Ritzel. Die Kraft F2v am Kettenblatt stimmt also überein mit der Kraft F1h am Ritzel. Die beiden Gleichungen lassen sich also zusammenfassen zu: F1h = F2v F2h = =⇒ l1 l2 h l1 l2 F1v (35) v – Im Beispiel der Abbildung 57 ergibt sich daraus F2h = 2 1 1 F1v = F1v 1 10 5 – Wenn man also vorn das Verhältnis der Hebelarme klein macht (indem man ein großes Kettenblatt wählt) und ebenso hinten (indem man ein kleines Ritzel wählt), verringert sich die Kraft, mit der das Hinterrad die Straße nach hinten ” schiebt“. Das ist sinnvoll z.B. beim Bergabfahren oder bei Rückenwind. – Wenn man umgekehrt ein kleines Kettenblatt und ein großes Ritzel wählt, kann man eine große Kraft auf die Straße ausüben. Das ist erforderlich beim Bergauffahren oder bei Gegenwind. • Die Wahl der Hebelarme hat aber auch Einfluss auf die Streckenverhältnisse oder, anders ausgedrückt, darauf, wie weit man mit einer Kurbeldrehung kommt (Abb. 58): – Wenn das Kettenblatt dreimal so groß ist wie das Ritzel, dann dreht sich das Ritzel – und damit das Hinterrad! – dreimal so schnell wie das Kettenblatt. – Mit jeder Umdrehung des Hinterrades kommt man aber um eine Strecke weiter, die gleich dem Umfang des Rades ist. 73 • Zusammengenommen ergibt sich: Je größer man das Kettenblatt und je kleiner man das Ritzel wählt, desto weiter kommt man mit einer Umdrehung der Kurbel, desto kleiner ist aber die Kraft, mit der man sich nach vorn schieben“ kann. ” 3.2.3 Hausaufgaben 13 1. Berechnen Sie die Drehzahl und die Drehmomente an den Wellen 2 und 3! Die roten Zahlen geben jeweils die Zahl der Zähne an. Lösung: (a) Am Wellrad 1 Ist die Kraft am kleinen Zahnkranz doppelt so groß wie am großen, also 10N . (b) Da diese Kraft am zweiten Wellrad bei 8-mal so großem Hebelarm angreift, ist das Drehmoment an Wellrad 2 8-mal so groß wie an Wellrad 1. (c) Die Kraft am kleinen Zahnkranz von Wellrad 2 ist 3-mal so groß, also 30N . (d) Da diese Kraft am dritten Wellrad bei 3-mal so großem Hebelarm angreift, ist das Drehmoment an Wellrad 3 3-mal so groß wie an Wellrad 2, also 24-mal so groß wie an Wellrad 1. (e) Für jede Umdrehung von Wellrad 3 muss sich Wellrad 2 3-mal drehen. (f ) Für jede Umdrehung von Wellrad 2 muss sich Wellrad 1 8-mal drehen. (g) Für jede Umdrehung von Wellrad 3 muss sich Wellrad 1 also 24-mal drehen. 2. Die Gangschaltung 74 (a) Berechnen Sie, wie groß in den beiden dargestellten Übersetzungen jeweils die Kraft am Hinterrad ist. Lösung: Nach (35) gilt für die linke Abbildung: 1 3 18 60N = 60N = 10N 36 9 6 F = und für die rechte Abbildung F = 4.5 18 1 60N = 60N = 30N 36 4.5 2 (b) Wie weit kommt der Fahrer jeweils mit einer Kurbeldrehung? Lösung: Da im linken Bild das Kettenblatt dreimal so groß ist wie das Ritzel, hat es auch dreimal so viele Zähne. Mit einer Kurbeldrehung dreht sich das Hinterrad also dreimal. Entsprechend dreht sich im rechten Bild das Hinterrad nur einmal bei jeder Kurbeldrehung. Zusammengenommen ergibt sich: Mit der linken Einstellung kommt der Fahrer dreimal so weit pro Kurbeldrehung, kann dafür aber nur eine um den Faktor 3 kleinere Kraft auf die Straße ausüben. Das Produkt aus zurückgelegter Strecke und ausgeübter Kraft ist in beiden Fällen gleich groß! 3. Bei einem Fahrrad sei der Radius des Kettenblattes halb so groß wie die Länge der Tretkurbel. Der Radius des Hinterrades sei 10 mal so groß wie das Ritzel (Abbildungen 58 und 57). (a) Wie groß ist die Kraft, die das Hinterrad nach hinten auf die Straße ausübt, wenn mit einer Kraft von 100 N auf die Pedale getreten wird? Lösung: F = 20N (s. Vorlesung) (b) Was ändert sich am Ergebnis, wenn i. das Ritzel durch ein kleineres, ii. das Kettenblatt durch ein größeres, iii. die Tretkurbel durch eine längere ersetzt werden? Lösung: i. Die Kraft wird kleiner. ii. Die Kraft wird ebenfalls kleiner. iii. Die Kraft wird (nach Gleichung (35)) größer. 75