Ausgabe 5 Das Schmetterlingsorgan Steuerzentrale des Körpers Schilddrüse gesund? Seite 2 S C H I L D DRÜSENWOCHE PAPILLON 11. bis 15. April 2011 bundesweite Aktionswoche dieses Jahr zum 5 Mal Seite 3 Patienten berichten Operation wäre vermeidbar gewesen Seite 5 Schwanger Medikamente nicht absetzen Seite 7 Aktuelles Inhalt Aktuelles 2 Schilddrüsenwoche Papillon 2011 Schlucktest und Tastuntersuchung Im Fokus Schilddrüse – kleines Organ mit großer Wirkung Gesundheit „hautnah“ 4-5 Patienten berichten über ihre Erfahrungen Präparatewechsel kann böse Folgen haben Medizin aktuell 3 SCHILDDRÜSENWOCHE PAPILLON 6-7 Schilddrüsenknoten doppelt packen Schwanger mit kranker Schilddrüse Jodversorgung immer noch nicht optimal Vorsorge Check-up 35 Unser Rezept für die Schilddrüse Info-Service für Patienten 11. bis 15. April 2011 8 Impressum Herausgeber: Schilddrüsen-Initiative Papillon 10898 Berlin · www.schilddruese.de Konzeption, Gestaltung, Text und Layout: www.kleinundhalm.de Schilddrüsenwoche 2011 Mit Fingerspitzengefühl gegen Kropf & Co. Vom 11. bis 15. April 2011 ist „Ihre Schilddrüse in guten Händen“, denn Deutschland macht den Schilddrüsen-Check. Dabei geht es vor allem um die Früherkennung möglicher Erkrankungen und um die Besonderheiten der Therapie. Mehrere tausend Hausärzte stehen mit ihren Teams Rede und Antwort zu Schilddrüsenerkrankungen und halten ausführliches Informationsmaterial bereit. In diesem Zeitraum führen Ärzte verstärkt Tastuntersuchungen an der Schilddrüse durch. Nehmen Sie die Gesundheit Ihrer Schilddrüse in die Hand Machen Sie den Schlucktest – ganz einfach zu Hause Meistens ist uns gar nicht bewusst, dass wir überhaupt eine Schilddrüse haben. Gehen Sie daher mit uns auf Spurensuche und machen Sie den Schlucktest. Er gibt Auskunft darüber, ob Ihre Schilddrüse womöglich vergrößert oder knotig verändert ist. Sie brauchen dazu nur einen Handspiegel und ein Glas Wasser. Und so geht’s: Legen Sie den Kopf in den Nacken und nehmen Sie einen Schluck Wasser, behalten Sie dabei die Stelle des Halses im Blick. Beobachten Sie während des Schluckens, ob unterhalb des Kehlkopfes Schwel- lungen hervortreten. Wiederholen Sie den Test am besten einige Male. Sollten sich Schwellungen zeigen, machen Sie bitte einen Arzttermin aus. Es könnten Halten Sie den Spiegel so, dass Sie den eine vergrößerte Schilddrüse oder knotige Teil Ihres Halses zwischen Kehlkopf und Veränderungen vorliegen. Ein Arzt kann beurteilen, ob eine Behandlung nötig ist. Schlüsselbein sehen können. 2 Eine telefonische Beratung rundet das Service-Angebot ab. Unter der Hotline 069-63 80 37 27 können Betroffene und Interessierte während der Aktionswoche von 9-18 Uhr Fragen zur Schilddrüse stellen (ärztliche Sprechstunde von 16 bis 18 Uhr). Weitere Informationen: HOTL INE www.schilddruese.de 06963 80 www.forum-schilddruese.de 37 27 www.arbeitskreis-jodmangel.de Im Fokus Das Schmetterlingsorgan „Heiß“oder „kalt“? Die Schilddrüse – so klein und doch so wichtig Eine Frage der Farbgebung Die Schilddrüse ist eine der wichtigsten Drüsen in unserem Körper. Das kleine Organ liegt im unteren Halsbereich versteckt, knapp unterhalb des Kehlkopfes. Sie hat einen rechten und linken Lappen, die in der Mitte durch einen Steg verbunden sind. Das gibt ihr die Form eines Schmetterlings. Im gesunden Zustand ist sie von außen nicht zu sehen und kaum zu tasten. Atem- und Schluckbeschwerden sowie häufiges Räuspern sind demnach alarmierende Zeichen. Diese treten jedoch erst auf, wenn die Erkrankung schon weit fortgeschritten ist. Daher sollte die Schilddrüse bei jedem Gesundheits-Check abgetastet werden, um mögliche Erkrankungen rechtzeitig zu entdecken. Steuerzentrale des Körpers Die Schilddrüse ist lebensnotwendig. Sie stellt eine Reihe von Hormonen her, speichert diese und gibt sie nach Bedarf an den Organismus ab. Zusammen mit anderen Hormonen regeln die Schilddrüsenhormone zahlreiche Stoffwechselvorgänge. Sie sind besonders am Eiweißaufbau und am Wachstum von Knochen und Muskelgewebe beteiligt. Daneben regulieren sie die Funktion von Nerven, Herz, Kreislauf und Muskeln. Ist der Hormonhaushalt gestört, kommt der ganze Organismus durcheinander. Schilddrüse aus dem Takt Bei drei von vier Schilddrüsenerkrankungen handelt es sich um eine Schilddrüsenvergrößerung. Durch diese kann die Luftröhre eingeengt oder der Stimmbandnerv verdrängt werden, so dass die Stimme heiser klingt. Jod & Hormon: Im Anfangsstadium lässt sich eine vergrößerte Schilddrüse meist mit einem Kombina­ tionspräparat aus dem Spurenelement Jod und dem körpereigenen Schilddrüsenhormon L-Thyroxin behandeln. Das Hormon „entlastet“ die Schilddrüse und stoppt den Wachstumsimpuls. Das zusätzliche Jod füllt den Jod-Speicher wieder auf. So normalisieren sich die Größe der Schilddrüse und die Körperfunktionen wieder, die Beschwerden vergehen. Wichtig ist, dass die Therapie mit Jod und L-Thyroxin so früh wie möglich beginnt, um eine Operation zu verhindern. Manchmal hilft nur eine Operation Wenn die Erkrankung schon weit fortgeschritten ist, kann eine Operation nötig sein. Dabei entfernt der Arzt das überschüssige und krankhafte Schilddrüsengewebe und Szintigramm gesunde und vergrößerte Schilddrüse In einer erkrankten Schilddrüse können sich auch so genannte „heiße“ oder „kalte“ Knoten bilden. Heiße Knoten sind überaktiv, produzieren unkontrolliert Hormone und führen so zu einer Überfunktion der Schilddrüse. Kalte Knoten sind in ihrer Funktion stark eingeschränkt bis inaktiv und können in seltenen Fällen bösartig sein. Kehldeckel Zungenbein Schildknorpel Kehlkopf Schilddrüse Luftröhre Mit einer bildgebenden Untersuchungs- methode kann der Charakter von Schilddrüsenknoten bestimmt werden. Dieses so genannte Szintigramm zeigt heiße Knoten in den warmen Farben Rot und Gelb. Kalte Knoten sind dagegen in kühlen Farben Blau und Violett dargestellt. Die Kombi für die Schilddrüse lässt einen kleinen, aber ausreichenden Rest bestehen. Der Erfolg ist meist schnell und sicher. Trotzdem bleibt das Risiko, einen Rückfall zu erleiden, falls der Patient keine „Kropfvorsorge“ betreibt. Nach der Operation soll­- ten Betroffene zur weiteren Hormonversor-­ gung und Vorsorge L-Thyroxin in Kombination mit Jod einnehmen. Das Risiko für ein erneutes Wachstum der Schilddrüse kann so deutlich vermindert werden. Therapie mit Radiojod Bei bestimmten Erkrankungsformen, etwa knotige Vergrößerungen mit Überfunktion der Schilddrüse, kann Ihnen Ihr Arzt auch eine Radiojod-Therapie nahelegen. Der Patient schluckt dabei eine genau berechnete Menge therapeutisch radioaktives Jod (Radio- jod) in Form einer Kapsel. Ebenso wie „normales“ Jod aus der Nahrung sammelt sich das schwach radioaktive Jod in der Schilddrüse und reichert sich dort speziell in den Knoten an. Die gezielte Strahlung zerstört bzw. verkleinert dann das erkrankte Gewebe. Patienten müssen für die Therapie einige Tage in der Klinik bleiben. Auch eine Kombination der einzelnen Therapieverfahren ist möglich. Welche Therapie geeignet ist, hängt neben dem Lebensalter und Begleiterkrankungen des Patienten auch von den konkreten Untersuchungsergebnissen ab. 3 Gesundheit „hautnah” Patienten berichten über ihre Erfahrungen „Rollkragenpullis kann ich nicht ertragen.” Gabi K. ging frühzeitig zum Arzt und bekam ihre Schilddrüse wieder in den Griff Die junge Mutter leidet seit rund 15 Jahren an einer vergrößerten Schilddrüse. „Mein Hals wurde immer dicker und ich hatte ständig das Gefühl, dass irgendwas am Hals drückt“, beschreibt sie diesen Zustand. Damals kam aber auch alles zusammen: viel Stress im Job und ungesunde Ernährung. „Ich habe mich mit 20 Jahren schon als Kosmetikerin selbstständig gemacht, da blieb einfach nicht viel Zeit. Auf meinem Speiseplan standen nur Fastfood und Fertiggerichte.“ Zum Glück ging Gabi K. rechtzeitig zu einem Facharzt für Radiologie. Als der die Symptome hörte, tastete er gleich den Hals ab. Im Anschluss untersuchte er noch die Blutwerte und „durchleuchtete“ ihre Schilddrüse mit einer so genannten Szintigrafie. Die Diagnose: Neben der vergrößerten Schilddrüse hatten sich heiße Knoten gebildet. Diese sind zwar gutartig, müssen aber in bestimmten Fällen operativ entfernt werden oder mit einer Radiojodtherapie behandelt werden. Gabi K. hatte Glück – bei ihr haben sich die Knoten nicht weiter vergrößert. Heute geht Gabi K. alles etwas entspannter an. Und sie hat einiges über Schilddrüsenerkrankungen gelernt. „Ich weiß zum Beispiel, dass ich ein erhöhtes Risiko habe, da schon meine Mutter Probleme mit der Schilddrüse hatte. Dieses Risiko habe ich wohl an meine Tochter weitergegeben.“ Rollkragenpullis kann sie bis heute nicht ertragen, doch das sieht sie positiv: „Dadurch, dass ich so frühzeitig beim Arzt „Das erinnert mich daran, dass ich meine war, reichte es scheinbar aus, dass ich mein Schilddrüse, und die meiner Tochter, ganz Leben komplett umgekrempelt habe.“ besonders im Auge behalten sollte.” Studie vergleicht Tastsinn mit Technik Mit Tastuntersuchung dem Kropf auf der Spur Ärzte können mit bloßen Händen Schilddrüsenoperationen verhindern, so das Fazit einer Untersuchung, in der eine einfache Tastuntersuchung mit dem Ultraschall verglichen wurde. Im Rahmen der Schilddrüsenwoche Papillon 2006 wurden 865 Patienten per Zufall ausgewählt und zunächst mittels Tastuntersuchung begutachtet. Auf diese Weise wurde bei 37,6 Prozent der Männer und 40,3 Prozent der Frauen eine vergrößerte Schilddrüse, eine so genannte Struma, entdeckt. Die ertasteten Befunde wurden anschließend per Ultraschall überprüft und in 86,1 Prozent der Fälle bestätigt. 4 Eines war bereits vor Beginn der Vergleichsstudie klar: Je größer ein Kropf oder Knoten, desto wahrscheinlicher deren Entdeckung durch die Tastuntersuchung. Kleine Knoten bis 1 cm Durchmesser waren nur zu 30 Prozent tastbar, ab 2 cm wurden jedoch bereits 70 Prozent und ab 3 cm rund 80 Prozent entdeckt. Die ärztlichen Fachgesellschaften empfehlen eine weitere Abklärung ab einem Knotendurchmesser von 1 cm. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die therapiebedürftigen größeren Knoten relativ sicher getastet werden konnten. Vergrößerungen ohne Knoten wurden sogar in 98,4 Prozent der Fälle richtig beurteilt. Prof. Markus Luster, Ulm: „Durch das gründliche Abtasten der Schilddrüse können behandlungsbedürftige Schilddrüsenvergrößerungen mit oder ohne Knoten in vielen Fällen aufgespürt werden.“ Gesundheit „hautnah” Patienten berichten über ihre Erfahrungen Tischtennisball am Hals „Hätte ich meine Schilddrüse früher untersuchen lassen, wären die Operationen wohl vermeidbar gewesen.“ Eine Freundin machte Katja T. auf eine Verhärtung an ihrem Hals aufmerksam. Ein Untersuchung beim Arzt brachte es schnell ans Licht: Dahinter steckte eine vergrößerte Schilddrüse mit einem Knoten, der bereits auf die Größe eines Tischtennisballs angewachsen war. Katja T. ging es wie vielen Patienten mit knotigen Veränderungen der Schilddrüse: Sie hat lange überhaupt nichts bemerkt. Die junge Frau fühlte sich gesund, ging mehrmals in der Woche zum Sport und abends oft aus. Alles ganz normal. Ihre Rastlosigkeit und Nervosität hatte sie auf ihr Temperament geschoben. Erst als eine Freundin sie auf die kugelartige Erhebung am Hals aufmerksam machte, suchte sie so schnell wie möglich ihren Arzt auf. Anhand einer Tastuntersuchung stellte dieser fest, dass die Schilddrüse seiner Patientin stark vergrößert zu sein schien. Eine weitere Untersuchung bei einem Spezialisten bestätigte dann den Verdacht: In der Schilddrüse hatte sich ein Knoten mit einem Durchmesser von etwa drei Zentimetern gebildet. Die Vergrößerung war zum Zeitpunkt der Diagnose bereits so weit fortgeschritten, dass das Wachstum nicht mehr einzudämmen war. Damit war eine Operation, bei der ein Teil der Schilddrüse und der Knoten entfernt wurden, unumgänglich. Nachdem in dem entfernten Knoten ein kleiner Tumor entdeckt wurde, musste dann in einem zweiten Eingriff die Schilddrüse komplett entfernt werden. „Hätte ich meine Schilddrüse frühzeitiger untersuchen lassen, wären diese Operationen wohl vermeidbar gewesen“, weiß Katja heute. Um den Verlust des Organs auszugleichen, nimmt Katja seitdem regelmäßig das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin ein. So kann sie uneingeschränkt ihren Alltag bestreiten. „Das Tückische an dieser Krankheit“, so weiß Kaja heute aus eigener Erfahrung, „ist, dass sie lange Zeit keine klaren Symptome zeigt.“ Sie rät deshalb jedem, seinen Arzt regelmäßig auf die Schilddrüse anzusprechen. Bereits eine einfache Tastuntersuchung kann erste Hinweis auf eine Vergrößerung geben und damit eine Operation verhindern. Therapie mit Schilddrüsenhormon Präparatewechsel kann böse Folgen haben Fast jeder Patient, der regelmäßig Medika- menten einnehmen muss, kennt das Problem: Immer wieder erhält man das Produkt eines anderen Herstellers – je nachdem mit welchen Pharmafirmen die eigene Krankenkasse gerade einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Im Falle von Schilddrüsenhormonen ist das nicht nur lästig, es kann sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken. Nur ungern denkt Sibylle K. an die erste Zeit nach ihrer Schilddrüsenoperation zurück. Damals dauerte es mehrere Wochen, bis ihr Arzt die für sie richtige Dosis des Schilddrüsen- hormons L-Thyroxin gefunden hatte. „Dies war eine Zeit mit immer wieder auftretenden Symptomen wie Nervosität und Herz- jagen, zahlreichen Arztbesuchen und Laborkontrollen“, erinnert sich Frau K. Dann endlich war das für sie passende Präparat in der richtigen Dosierung gefunden und Frau K. war über drei Jahre gut eingestellt. „Bis auf die tägliche Einnahme der kleinen Tablette am Morgen habe ich nichts mehr von meiner Erkrankung gemerkt“ so die Patientin. Als sie dann wieder einmal in der Apotheke ihr L-Thyroxin-Rezept vorlegte, händigte der Apotheker ihr nach einem Blick in seinen Computer das Präparat eines anderen Herstellers aus. „Machen Sie sich keine Sorgen, da ist genau der gleiche Inhaltsstoff in der gleichen Dosierung drin“, beruhigte der Apotheker. Im guten Glauben nahm Frau K. daher die neuen Tabletten ein. Nach einiger Zeit fiel ihr auf, dass sie vermehrt müde und antriebslos war und deutlich an Gewicht zunahm. „Das werden die Wechseljahre sein“, dachte sich Frau K. noch. Erst Monate später bei ihrem jährlichen Labor-Check beim Arzt fiel dann anhand des TSH-Wertes auf, dass sie mit den neuen Tabletten nicht ausreichend versorgt und in eine Schilddrüsenunterfunktion gerutscht war. Nach erneuter Umstellung auf ihr früheres Präparat ging es Frau K wieder gut und die Werte normalisierten sich. „Heute weiß ich, dass man bei gut eingestellten Patienten Schilddrüsen-Präparate nicht einfach austauschen sollte“, so die Patientin. Sie achtet jetzt jedes Mal bei der Verschreibung darauf, dass ihr Arzt das „Aut-Idem“-Kreuz auf das Rezept setzt und damit einen Austausch in der Apotheke ausschließt. Frau K. weiß als Schilddrüsenkarzinom-Patientin auch, dass in ihrem Fall die Unterfunktion nicht ungefährlich war. So hätte der mit der Unterfunktion verbundene erhöhte TSH-Wert ein Wachstumsanreiz für verbliebene Karzinomzellen sein können. Gleich und doch nicht gleich – wo liegen die Unterschiede? Die Therapie mit dem Schilddrüsenhormon L-Thyroxin ist vor allem in der Anfangsphase nicht ganz einfach. Jeder Patient braucht eine individuelle „Wohlfühldosis“, die der Arzt erst einmal herausbekommen muss. Warum führt aber ein Präparat mit genau der gleichen Dosis L-Thyroxin zu ganz unterschiedlichen Wirkungen? Die Präparate unterscheiden sich vor allem dadurch, wie viel des L-Thyroxins aus der Tablette aufgenommen wird und dann tatsächlich am Wirkort ankommt. Dies kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein und hängt von vielen Faktoren ab. Hat man einmal das richtige Präparat mit der richtigen Dosierung für den Patienten gefunden, sollte man nicht ohne Not wechseln, empfehlen heute die Experten. Ist das doch einmal nötig, muss man im Prinzip wieder ganz von vorne anfangen und anhand der TSH-Werte die richtige Einstellung prüfen. 5 Medizin Große wissenschaftliche Studie zur Knotenkropf-Therapie Schilddrüsenknoten doppelt packen Jeder vierte Erwachsene in der Bundesrepublik hat knotige Veränderungen in der Schilddrüse. Eine große wissenschaftliche Studie hat jetzt gezeigt, mit welchen Medikamenten man die gutartigen Knoten am besten bezwingen kann. Operiert werden müssen die gutartigen Knoten nur, wenn sie sehr groß geworden sind oder man eine Krebserkrankung nicht mit Sicherheit ausschließen kann. In den allermeisten Fällen lohnt sich die medikamentöse Therapie mit einer Kombination von Schilddrüsenhormon (L-Thyroxin) und Jod. Weltweit größte Studie zu Schilddrüsenknoten berichtete der Studienleiter Prof. Dr. Martin Grußendorf aus Stuttgart auf dem HenningSymposium in Heidelberg. Um mehr als 20 % ging die Knotengröße innerhalb eines Jahre unter der Kombination zurück – damit auch deutlich mehr als unter der bisher von vielen Ärzten eingesetzten alleinigen L-ThyroxinTherapie. Neues Kombi-Präparat für die Kropftherapie Dies wurde jetzt erstmals auch in einer großen wissenschaftlichen Studie bestätigt. In der LISA-Studie wurden bundesweit mehr als 1000 Patienten mit gutartigen Schilddrüsenknoten behandelt. In vier Gruppen bekamen die Patienten entweder ein Scheinmedikament (Placebo), L-Thyroxin, Jod oder eine Kombination von L-Thyroxin und Jod. Das Ergebnis war eindeutig: „Mit der Kombination von L-Thyroxin plus Jod erreichte man eine deutlich stärkere Abnahme der Knotengröße als in den anderen Therapiegruppen“, Um diesen neuen Erkenntnissen gerecht zu werden, ist jetzt ein neues Kombinationspräparat aus L-Thyroxin plus Jod für die KropfTherapie auf den Markt gebracht worden. Neben L-Thyroxin in verschiedenen Dosierungen enthält das neue Präparat ein Plus an 75 Mikrogramm Jod. Diese Menge Jod ist auch für ältere Patienten unbedenklich, bei denen hohe Jodgaben vermieden werden sollten. Wie entstehen eigentlich Schilddrüsenknoten? Nur in sehr wenigen Fällen versteckt sich ein Schilddrüsenkrebs hinter einem Knoten. Die meisten Knoten sind gutartig, können aber durch ihr Wachstum oder im weiteren Verlauf auch durch eine ungezügelte Hormonproduktion zu Problemen führen. Die Ursache liegt meist schon länger zurück. Durch den jahrzehntelang herrschenden Jodmangel in Deutschland wurde die Schilddrüse über lange Zeit in ihrer Arbeit behindert. Für die Bildung des lebensnotwenigen 6 Schilddrüsenhormons (L-Thyroxin) ist das Spurenelement unverzichtbar. Um den Mangel an Jod auszugleichen und trotzdem noch genug Hormon zu produzieren, nimmt die Schilddrüse an Größe zu. Es bildet sich ein Kropf (von Ärzten auch Struma genannt). Im Laufe der Zeit können sich dabei dann auch einzelne oder mehrere knotige Veränderungen bilden – man spricht dann von einem Knotenkropf (oder Knotenstruma). Medizin Schwanger mit kranker Schilddrüse Auf keinen Fall die Medikamente absetzen Viele Frauen nehmen aus Sorge um ihr ungeborenes Kind in der Schwangerschaft nur sehr ungern Arzneimittel ein. Bei einer Funktionsstörung der Schilddrüse sind es aber gerade die Medikamente, die eine gesunde Entwicklung des Kindes gewährleisten. Sowohl eine Unter- als auch eine Überfunktion der Schilddrüse kann die Schwangerschaft und die Entwicklung des Kindes gefährden. Außerdem können die Schild­- drüsenfunktions-Störungen verhindern, dass überhaupt eine Schwangerschaft eintritt. Auch leichtere Schilddrüsenfunktions-Störungen sollten daher bereits bei geplanter Schwangerschaft behandelt werden. Bei der Unterfunktion ist es wichtig, dass der Hormonbedarf während der Schwangerschaft angepasst wird, da das Kind jetzt mitversorgt werden muss. Auch Jod müssen die Mütter jetzt einnehmen. Nur so hat das Kind die Chance, selbst mit der Schilddrüsenhormonproduktion zu beginnen. Deutschland ist Weltmeister bei Schilddrüsenoperationen Beim Operieren von Schilddrüsen scheinen wir unschlagbar: Jedes Jahr werden in Deutschland 110.000 Patienten an der Schilddrüse operiert – einer von 750 Bundesbürger muss unters Messer. In Großbritannien wird dagegen nur einer von 6000 Menschen an der Drüse operiert. Wesentlich häufiger als in unseren Nachbarländern landen Patienten wegen gutartigen Schilddrüsenbefunden auf dem Op-Tisch. Woran kann das liegen? Zum einem an dem Jodmangel, der besonders deutliche Spuren in deutschen Schilddrüsen hinterlassen hat. Aber auch Mängel in der Diagnostik können die Operationsraten in die Höhe treiben meinte Professor Dr. Thomas Steinmüller aus Berlin. Durch ein routinemäßiges Abtasten der Schilddrüse in der Praxis kann man hier vorbeugen. Bei unklaren Befunden, kann man mit einer Feinnadelpunktion mit Gewebeprobe eine Krebserkrankung ausschließen. Auch das kann dem Patienten oft eine Operation ersparen. Auch eine Überfunktion der Schilddrüse muss in der Schwangerschaft konsequent behandelt werden. Andernfalls drohen vermehrte Schwangerschaftskomplikationen wie Früh- und Fehlgeburten. Bei Schwangeren mit Schilddrüsenerkrankungen sollten Gynäkologe und Endokrinologe sehr eng zusammen arbeiten, forderte Prof. Dr. Christine Spitzweg aus München auf dem HenningSymposium in Heidelberg. Jodversorgung immer noch nicht optimal Der früher zu wenig beachtete Jodmangel in Deutschland ist die Ursache der meisten Schilddrüsenerkankungen. Wie sieht es heute damit aus? In den letzten 10 bis 20 Jahren ist viel erreicht worden. Etwa 85% der Privathaushalte, 80% der Kantinen und 60 – 80% der Gastronomiebetriebe benutzen heute Jodsalz, was deutlich zur Verbesserung der Jodversorgung beigetragen hat. „Insgesamt kann man die Jodversorgung heute mit einem ‚ausreichend’ benoten“, so Prof. Joachim Feldkamp aus Bielfeld. Bei Kindern und Jugendliche geht die Zahl der Jodmangel-Kröpfe auch bereits zurück. Trotzdem: der Jodmangel ist noch nicht vom Tisch. Gerade Patienten, die bereits Veränderungen der Schilddrüse aufweisen, zeigen häufig immer noch eine nicht ganz ausreichende Jodversorgung. Beim Thema Jod muss man also weiter bei der Stange bleiben, betonte der Experte. 7 Vermischtes Essen gegen den Kropf Schilddrüsenerkrankungen durch richtige Ernährung vorbeugen Der Jodgehalt pflanzlicher und tierischer Lebensmittel ist vom Jodgehalt des Bodens abhängig. In Deutschland – ein jodarmes Gebiet – tragen die Grundnahrungsmittel Fleisch, Milch, Kartoffeln und Getreide von Natur aus nur wenig zur Jodversorgung bei. Daher ist die Industrie irgendwann dazu übergegangen, einige Nahrungsmittel mit Jod anzureichern, etwa Salz, Brot, aber auch Wurstwaren. In den letzten zehn Jahren hat sich dadurch die durchschnittliche Jodaufnahme verbessert. Natürlicherweise viel Jod enthalten Meeresfische wie Seelachs und Kabeljau, aber auch Garnelen und Muscheln. Deswegen sind in südlichen Ländern, in denen viel Fisch gegessen wird, Schilddrüsenerkrankungen sehr viel seltener anzutreffen. Daher gilt auch bei uns: Mindestens einmal pro Woche Meeresfisch auf den Tisch! Mikrogramm Jod in 100 g Lebensmittel*: Seelachs: 158 µg Rotbarsch: 70 µg Garnelen: 130 µg Miesmuscheln: 130 µg Heilbutt: 52 µg Hering: 28,2 µg Roggenbrot: 8,5 µg Weißbrot: 5,8 µg Käse (Edamer): 5 µg Kartoffeln: 3,8 µg *Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Schilddrüsenuntersuchung inklusive Dorade mit Champignonfüllung Zutaten: 1 Dorade (küchenfertig) 100 g Champignons 1 Zwiebel 2 Knoblauchzehen Thymian, Olivenöl, Salz, Pfeffer aus der Mühle Zubereitung: 1. Champignons putzen und in Scheiben schneiden. Die Zwiebeln und den Knoblauch ebenfalls in feine Scheiben schneiden. Pilze, Zwiebeln, Knoblauch und ca. 1/2 Bund Thymian vermischen. 2. Den Fisch waschen, trocken tupfen und von innen salzen und pfeffern. Mit der Hälfte der Pilzmischung füllen und mit Küchengarn zusammenbinden. Etwas Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Dorade von beiden Seiten kurz anbraten. Die restlichen Pilze kurz mitbraten. Alles in eine Auflaufform geben und mit Salz und Pfeffer würzen. 3. Den Fisch im vorgeheizten Backofen (100° C) etwa 50 Minuten schmoren. Nach 25 Minuten einmal wenden und erneut salzen und pfeffern. Quelle: Du Darfst (www.du-darfst.de) Service für Patienten Haben Sie Fragen zu Ursachen, Symptomen und Therapie von Schilddrüsenerkrankungen? Hier finden Sie HOTL weiteren Rat: INE Forum Schilddrüse e.V. 8 06963 80 37 27 Auf der Internet-Seite www.forum-schilddruese.de finden Sie neben umfangreichen Informationen auch einen Bestell-Service für Broschüren zu folgenden Themen: Deutschlands Versicherungen bieten Männern und Frauen ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre einen allgemeinen Check-up beim Hausarzt. Ziel ist das frühzeitige Erkennen häufig auftretender Krankheiten und ihrer Risikofaktoren. Zunächst erstellt der Arzt ein persönliches Risikoprofil anhand von Fragen nach Lebensgewohnheiten, Vorerkrankungen in der Familie sowie zu gesundheitlichen Bedingungen im Arbeits- und privaten Umfeld. Darüber hinaus gehören zum Check-up eine eingehende körperliche Untersuchung einschließlich Blutdruckmessung sowie eine Laboruntersuchung von Blut- und Urin-Proben. So kann der Arzt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und Nierenerkrankungen bestimmen. Schilddrüse nicht vergessen! Die Schilddrüse sollte ebenfalls ab 35 alle zwei Jahre untersucht werden. Darum gilt: Bitten Sie Ihren Arzt gezielt darum, eine Tastuntersuchung (Palpation) durchzuführen. Sollte er etwas Verdächtiges feststellen, wird er den Befund durch eine Ultraschall- oder auch Blutuntersuchung abklären. Quelle: AOK Bundesverband 35 auf einen Blick Check-up Wer Alle Versicherten ab dem 35. Lebensjahr Wann Alle zwei Jahre als Kassenleistung Wo Bei Hausärzten oder hausärztlich tätigen Internisten Was Erstellung des individuellen Risikoprofils; körperliche, klinische und Laboruntersuchungen (Blut-, Urinuntersuchung); Beratung Zu beachten Nach der Schilddrüse fragen! Fragen & Antworten zur Schilddrüsengesundheit Die vergrößerte Schilddrüse (auch in türkischer Sprache) Die Tastuntersuchung Hashimoto-Thyreoiditis Operation der Schilddrüse Radiojod-Therapie Während der Schilddrüsenwoche vom 11. bis 15. April 2011 können Sie zwischen 9 Uhr und 18 Uhr unter der Telefonnummer 069/63 80 37 27 Fragen zur Schilddrüse stellen (ab 16 Uhr bis 18 Uhr auch mit ärztlicher Beratung). 324896-019440 Individuelle Defizite gibt es aber immer noch, da nicht alle Menschen die gleichen Ernährungsgewohnheiten haben. Das Jod-Defizit sammelt sich schleichend über viele Jahre an und kann auch nicht kurzfristig durch eine vermehrte Jod-Aufnahme ausgeglichen werden. Deswegen sollten wir stets darauf achten, genügend Jod aufzunehmen, etwa indem wir Jodsalz verwenden. Mit dieser so genannten „Jodsalzprophylaxe“ können Sie der Entstehung eines Kropfs vorbeugen. Alle zwei Jahre zur Vorsorge –