1 Braunbrust-Schilfamadinen – ruhige Vögel für Gruppen- oder Schwarmhaltung Haltung und Zucht Obwohl die Braunbrust-Schilfamadinen (Munia castaneothorax) als eine der ersten australischen Prachtfinken-Arten nach Europa gelangten, ging das Interesse an ihr schon mehrfach wieder zurück.Heute ist es nicht einfach an diese Tiere zu kommen.René Scholz berichtet hier über die Haltungsgeschichte und seine persönlichen Erfahrungen mit dieser Art, für die er gleichzeitig auch Werbung machen möchte. René Scholz, Hildesheim A ls eine der ersten australischen Prachtfinkenarten gelangte die BraunbrustSchilfamadine zu uns nach Europa. Sie wurde schon im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts eingeführt und das in ziemlich großer Zahl. Doch war ihr Ruf in der damaligen Zeit nicht so gut, man sagte ihr eine schlechte Züchtbarkeit und ein trä- 204 GW 7/05 ges Wesen nach. Heute wissen wir, dass es eher an der Haltung lag und nicht an den Tieren. Heutzutage ist es schwer, Tiere zu bekommen – und garantierte Paare. Gerade die Weibchen sind selten geworden. Hier liegt der Grund am Desinteresse an Schilfamadinen zum Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Langsam aber er- wacht der Bestand in Deutschland. Um diese Spezies wieder in Erinnerung zu bringen, habe ich diesen Bericht verfasst. Systematik Als Amadina castaneothorax wurden sie von John Gould 1837 beschrieben. In Deutschland gliedern wir sie mit 19 weiteren Arten zu denn Nonnen, Munia (Hodgson, 1836), daher ist ihr Name heute Munia castaneothorax. In englischsprachigen Werken finden wir die Gliederung in die Gattung Lonchura, welche bei uns nur die Bronzemännchen beinhaltet, aber bei den englischen Zuchtfreunden werden gar 35 Arten der Gattung Lonchura zugerechnet. Dr. Russ teilte sie 1898 in die Gattung Spermestes, aber hier muss ich anmerken, dass alle Amadinen (also starkschnäbligen Prachtfinken) in die heutige Gattung der Elsterchen eingeteilt wurden. Die Zahl der Unterarten ist sechs und nicht wie in selbst jüngsten Berichten und dem Internet aufgeführt sieben. Neben der Nominatform castaneothorax (Gould, 1837) sind dies noch die ebenfalls auf dem australischen Festland vorkommende Unterart assimilis (Mathes, 1910). Übrigens wird diese Unterart oft nicht anerkannt, obwohl sie farblich doch schon deutlich von der Nominatform getrennt werden kann. Die weiteren Formen kommen auf Neuguinea vor. Es sind ramsayi (Delacour, 1943), deren Synonym nigriceps (Ramsay) auch als eigene Unterart galt. Die Subspezies sharpii (Madarasz, 1894) ist bei uns auch als Zwergschilfamadine bekannt (Schreibweise auch oft sharpei), daneben gibt es noch die Unterarten uropygialis (Stresemann & Paludin, 1934) und boschmai (Junge, 1952). Weitere deutsche Namen für die Braunbrust-Schilfamadinen sind Braunbrustnonne (so der eigentliche neue Name), Gemeiner und Kastanienbrüstiger Schilffink und einfach nur Schilffink. Die gebräuchlichen Namen im Ausland sind: Chestnutbreasted Munia/Mannikin (Englisch), Donacole commun (Französisch), Bruinborstvink (Niederländisch), Brunbrystet Sivfinke (Dä- nisch), Donacola de pecho castaño (Spanisch). Beschreibung Bei der Nominatform ist das Gefieder des Rückens und der Flügel zimtbraun, der Oberkopf und der Nacken sind grau, mit den schwarzen Federspitzen wirkt das Ganze gesäumt. Die Wangen und die Kehle sind braunschwarz, an den Wangen sind vermehrt graue Schaftstriche erkennbar, daran schließt sich das hellbraune Brustschild an, welches manchmal leicht weiß gewölkt ist. Zwischen der weißen bis gelblichen Unterseite und der Brust verläuft ein schwarzes Band. In den Flanken sind sie mit wenigen braunen und braunschwarzen Flecken verziert. Die Unterschwanzdecken sind schwarz, der Bürzel ist strohgelb und das mittelste Federnpaar des Schwanzes ist gelblich mit braunen Farbanteilen, die restlichen Federn sind graubraun und haben gelbliche Säume. Der Schnabel ist hell bleigrau, die Beine sind fleischfarben mit grauem Schimmer. Die Weibchen kann man äußerlich oft nicht eindeutig unterscheiden. Manchmal erkennt man aber besonders auf der Oberseite mattere Farbtönungen und die Wangen sind mehr mit graubraunen Schaftstrichen gekennzeichnet. Aber die- se Kennzeichen sind immer unter Vorbehalt zu betrachten. Die Nominatform ist etwa 11 cm groß, davon entfallen auf das Schwanzgefieder 30 bis 35 mm. Jungtiere sind auf der Oberseite dunkelbraun, die Unterseite ist heller mit isabellweißem Gefieder. Das Schwanzgefieder ist graubraun. Die Brust erscheint leicht rostig braun. In der Größe sind sie etwas kleiner als adulte Tiere. An den Wangen erscheinen einige Exemplare schon schwärzlich gefärbt. An der rein schwarzen Gesichtsmaske ist assimilis sofort zu erkennen. Neben der bei beiden Geschlechtern intensiv gefärbten Maske ist auch das Gefieder der Oberschwanzdecken und der Bürzel intensiver, es erscheint goldbraun. Im direkten Vergleich empfinde ich diese Form etwas kleiner, aber nur sehr gering. Ramsayi erinnert in erster Linie an die vorgenannte, besitzt sie doch auch die intensive schwarze Wangen- und Kinnpartie, aber der Kopf ist noch dunkler als bei dieser. Dies wird dadurch bedingt, dass die Federmitten auf dem Kopf bereits schwarz sind und nicht nur die Spitzen, der Grauanteil verringert sich dadurch bei glatt anliegendem Gefieder. Das Oberschwanzgefieder ist rotgelb. Ramsayi sehr ähnlich ist boschmai. Doch der Kopf ist von noch dunkleren Federn geprägt. Das Brustschild ist auch noch dunkler und das schwarze Brustband ist schmaler, verläuft teilweise sogar unregelmäßig. Das Oberschwanzgefieder ist strohgelb. Außerdem wirkt diese Unterart noch kleiner. Die Zwergschilfamadine sharpii ist wohl am deutlichsten von allen anderen Unterarten zu trennen, aber in der Literatur wird sie häufig als die kleinste Unterart bezeichnet, was zwar richtig sein mag, aber es sind auch boschmai und die noch folgende uropygialis ähnlich klein. Am deutlichsten ist bei sharpii der sehr helle Kopf und Nacken. Er ist fast ohne jegliche Zeichnungsmerkmale, es gibt aber auch Tiere, bei denen dies nicht ganz zutrifft. An den Flanken erkennt man eine deutlichere schwarz-weiße Zeichnung, hinzu kommt noch der Bürzel, welcher zusammen mit den Oberschwanzdecken kastanienbraun erscheint, Gelb fehlt in der Schwanzfärbung eigentlich, fällt aber bei manchen gehaltenen Tieren dennoch öfters auf, könnte aber auch an der Haltung an sich liegen. Die Größe beträgt bei von mir selbst vermessenen Tieren zwischen 95 und knapp über 100 mm, also nicht wie in Fachbüchern genannt 90 mm! Als letzte Unterart ist noch uropygialis zu nennen, diese sind sharpii am ähnlichsten, sind aber wenige mm größer. Das Kopfgefieder ist nicht ganz so hell, das Oberschwanzdeckgefieder ist mehr goldbraun, somit heller als sharpii, jedoch dunkler als bei assimilis, deren Gefieder dort wirklich goldbraun ist. Gesang Nur die Männchen lassen einen melodischen Gesang ertönen, dies sogar ziemlich häufig. Dabei hüpft das Männchen erst neben einem Weibchen auf und ab, dann reckt es seinen Kopf seitlich vor und fängt mit einer einsilbrigen glockenähnlichen Tonlage an, daran schließt sich dann der liebliche Gesang an, den Bielfeld mit „tschieuk tschieuk tschieuk, tui tui tui, wie wie wie“ beschreibt. Die Tiere können aber auch von anderen Vogelarten lernen und bringen diese in ihrem Gesang ein. Das dominierende Männchen in einer Gruppe hat einen höheren und län- 1 Zuchtpaar BraunbrustSchilfamadinen (links 1,0) mit ihren fünf Wochen alten Jungvögeln. 2 Braunbrust-Schilfamadine, Männchen Seitenansicht. 3 Männchen Rückenansicht. 2 3 GW 7/05 205 geren Gesang als die anderen Männchen. Kontaktrufe innerhalb des Verbandes hören sich nach „tziet“ oder „tjiet“ an und werden von Männchen und Weibchen vorgetragen. Freileben Das Verbreitungsgebiet ist für die entsprechenden Unterarten: 1) castaneothorax – in Australien von Sydney in einem schmalen Streifen entlang der Küste und die gesamte Kap-York-Halbinsel. 2) assimilis – ist ebenfalls in Australien heimisch, von Derby über das Kimberlyplateau und weiter ins Arnhemland. 3) ramsayi – auf Neuguinea entlang des Papua-Golfes von der Mündung des Fly-River, westlich bis zur OwenStanley-Kette. 4) boschmai – auf Neuguinea im Maoke-Gebirge rund um Ertsberg und die Seenplatten Wissel, Paniai und Tiji. 5) sharpii – im nördlichen Neuguinea zwischen Jayapura und Bogia, geht in das Zentrum der auch Irian genannten Insel bis zu den Anfängen des Maoke-Gebirges vor. 6) uropygialis – hat von allen das kleinste Verbreitungsgebiet und kommt nur im Bereich des Wanggar-Flusses vor. Der Lebensraum ist vielseitig, jedoch kommen sie mehr in der Nähe von Sümpfen und Seen vor. Besonders in den dort zu findenden Schilfdickichten und wilden Grasbeständen trifft man sie an. Die Braunbrust-Schilfamadinen klettern sehr gerne in den dichten Halmen umher und verstecken sich auch gerne darin. Auf Neuguinea herrscht der tropische Regenwald vor. Hier kommen die jeweiligen Subspezies in den niederen Bereichen vor (boschmai geht als Einzige auf ca. 2.000 m über NN). Sie sind am meisten in Flussnähe und nicht unbedingt im tiefen Urwald. Im Lebensraum von sharpii gibt es auch Sekundärwälder, in denen sie an den Rändern vermehrt vorkommen. Die Schilfamadinen kommen das ganze Jahr über in Gruppen vor, außerhalb der Jugendpflege sind sie dabei in sehr großen Schwärmen zusammen. Es herrscht ein sehr ausgeprägtes Sozialverhalten, in dem es auch zu Rangordnungskämpfen kommt, die darin münden, dass die 206 GW 7/05 siegenden Männchen ihren lieblichen Gesang ertönen lassen und somit immer Artgenossen anlocken, die zuhören. Selbst zur Brutzeit sind sie gesellig, die einzelnen Paare animieren sich sogar gegenseitig. Das Brutverhalten wird von der Regenzeit (ca. Oktober/November beginnend) eingeleitet, dabei brüten die beiden australischen Unterarten dann in der zweiten Hälfte dieser Phase (Januar/Februar). Die Nester werden etwa bis 1 m Höhe in Schilf und Büschen angelegt, dieses Nest ist recht klein und wird aus großen Halmen und langen Blättern geflochten, eine Auspolsterung scheint nicht zu erfolgen. Das Gelege aus 5 bis 6 Eiern (selten mehr) wird von beiden Partnern gemeinschaftlich bebrütet. Die südlichen Vorkommen haben anscheinend keine festgelegte Brutzeit und zeitigen über das gesamte Jahr verteilt ihre Gelege, ebenso ist es bei den Unterarten von Neuguinea. Jungtiere versammeln sich nach dem Ausfliegen zu eigenen Gruppen zusammen. Hier ist schon beobachtet worden, dass die Eltern mitunter auch andere Junge füttern. Es gibt immer Folgebruten, sodass eine große Reproduktionsrate vorherrscht, dennoch sind die Bestände, obwohl stabil, nicht unbedingt sehr groß, es scheinen nicht nur viele Junge in der Mauser umzukommen, sondern auch in der Folgezeit. Es gibt bisher nur Bestandsrückgänge in Ost-Australien, wo sich das Muskat-Bronzemännchen (Lonchura punctulata) immer mehr vermehrt, die Bronzemännchen drängen auch andere Arten sehr zurück und scheinen für einige Arten in Zukunft bestandsbedrohend zu sein. Fütterung Die richtige Ernährung ist nicht nur bei diesem Prachtfinken sehr wichtig, sondern überhaupt bei allen Vogelarten. Wichtig ist als erstens ein sehr ausgewogenes Hauptfutter, welches eine gute Hirsemischung für Prachtfinken (es gibt auch Mischungen für starkschnäblige Arten) bedeutet. Diese sollte nicht zu viele Fettanteile besitzen. Des Weiteren eignen sich auch Gras- und Wildkräutersamen, aber möglichst in kleiner Menge. Ich reiche auch Kolbenhirse, die- 4 5 se wird bevorzugt angenommen, da es aber bei ständiger Gabe zu einer einseitigen Ernährung kommt, sollte man es nicht übertreiben. Das vitaminreiche Grünfutter gebe ich täglich. Neben geriebener Mohrrübe und klein geschnittenem Salat sind auch Löwenzahn und besonders frisches junges Gras begehrt. Ich nehme dazu flache Schalen und bedecke sie mit Blumenerde, dann wird diese angefeuchtet und mit vielen Grassamen (im Gartenmarkt erhältlich) bestreut. Nach wenigen Tagen, natürlich immer befeuchtet halten, kommen dann die ersten Sprösslinge und wenn man noch ein paar Tage wartet, so sind sie dann so groß, dass sie ideal zu Verfütterung geeignet sind. Man sollte immer möglichst vieles versuchen, ich selber stelle wöchentlich immer andere Sorten an Obst und Gemüse zusammen, wir finden so viele unterschiedliche Sachen auf dem Markt, dass es eine sehr lange Liste wäre, die ich an dieser Stelle erwähnen müsste, hier sollte der gewissenhafte Vogelpfleger selber entscheiden, wie groß sein Angebot ist. Oft muss man aber die Tiere an dieses wichtige Zusatzfut- ter gewöhnen, hierzu eignen sich Zebrafinken, die an solche Futtersorten gewöhnt sind. Das Lebendfutter wird bei Schilfamadinen eher nebensächlich, denn in der Ruhephase wird es nur selten genommen. Dagegen konnte ich mit Anfang der Brut eine vermehrte Aufnahme feststellen und während der Brut selber wurde bis etwa zum zehnten Lebenstag viel Animalisches zu sich genommen. Ich gebe hier neben Ameisenpuppen noch Fliegenmaden, wenige geteilte Mehlkäferlarven und auch Regenwürmer. Ich „züchte“ die auch als Tauwürmer bekannten Regenwürmer in Blumenkästen auf der Fensterbank. Dieser ist mit mehreren Pflanzen versehen, so sieht das Ganze schöner aus und die Würmer haben auch Futter. Eine Seite lasse ich etwas frei, dort kann ich dann zu einem späteren Zeitpunkt die Würmer ausgraben. Ich gebe nur wenige große Regenwürmer in diese Behältnisse. Besonders im Winter kann ich dort viele kleine Würmer sammeln. Diese gebe ich dann in mit Blumenerde gefüllte Schalen. Die Prachtfinken sind sehr wild auf dieses Futter 6 7 4 Jungvögel einen Tag alt. Haltung in Menschenobhut 5 Im Alter von fünf Tagen. Die erste Haltung der Nominatform dürfte im Zoologischen Garten zu London im Jahre 1860 erfolgt sein. Danach gelangte die Art in großen Zahlen in den Handel. Der Vogel wurde als den Nonnen ähnlich aber interessanter beschrieben, jedoch konnten sich nicht viele Zuchtfreunde von dieser Art begeistern lassen – sie galten als zu träge im Käfig und brutfaul. Dazu schrieb auch Lichtenstädt in seinem Buch (ca. 1910): „. . . trotz aller ihm angebotenen Nistgelegenheiten hat er sich bis jetzt bei uns nicht fortgepflanzt“. Ob dies nur die Zucht bei Lichtenstädt betrifft (er geht aber bei den gesamten Arten in seinem Buch nur zweimal auf eigene Erfahrungen ein) oder die Zucht der Art überhaupt, kann man leider nicht daraus lesen. In der neueren Literatur wird auch nicht auf eine mögliche Welterstzucht eingegangen, nur dass Teschemaker 1906 in England die Erstzucht gelang. Dafür kennen wir aber aus der früheren Gefiederten Welt schon Berichte über Braunbrüstige Schilffinken, oder auch einfach nur über die Schilffinken. Sie zählten im 6 Die Jungvögel sind jetzt neun Tage alt. 7 Im Jugendgefieder, 33 Tage alt. und sammeln sich sehr schnell an diesen Schalen, um nach den Würmern zu scharren, somit haben sie auch ein wenig Ablenkung. Frisches Trinkwasser steht ständig zur Verfügung und wird in zwei getrennten Trinkröhrchen gereicht, dazu ist in einem weiteren Trinkröhrchen Vitaminsaft ohne Zuckerzusatz. Der Vitaminsaft scheint dabei sogar am liebsten genommen zu werden, dies ist aber von Tier zu Tier unterschiedlich. Da Schilfamadinen zur übermäßigen Futteraufnahme neigen und dadurch einen Leberschaden erleiden können, ist es wichtig, ihnen nicht zu viel anzubieten. Beim Körnerfutter in etwa nur das, was innerhalb des gesamten Tages aufgenommen werden kann. Am besten reicht man zweimal am Tag Futter, so kann man die Aufnahme besser kontrollieren. letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zu den gewöhnlichsten Erscheinungen auf dem Vogelmarkt, dennoch waren sie nicht so günstig im Preis wie die afrikanischen Prachtfinken. Das hat sicher an dem größeren Transportaufwand gelegen (wir müssen bedenken, damals kamen die Tiere aus Australien per Schiff zu uns und es starben viele dabei). Die beiden Weltkriege ließen die Bestände arg schrumpfen und sogar gänzlich verschwinden. Ab 1950/ 51 waren sie dann wieder vermehrt im Handel. Man hatte aber Probleme in der Eingewöhnung. Sie brauchten hohe Temperaturen und waren sehr anfällig, sodass man immer noch Verluste hatte. Kamen sie aber durch, waren sie sehr ausdauernd, wie wir es auch von anderen Vertretern der Gattung Munia her kennen. Seit dem Ausfuhrverbot Australiens 1960 gibt es nur noch in Europa gezüchtete Braunbrust-Schilfamadinen. Selbst in den Jahren nach der Ausfuhrsperre waren sie zahlreich, da sie sehr gut und ergiebig züchteten. Es waren beide australischen Unterarten im Handel. Heute setzt sich dabei assimilis in den Beständen mehr durch. Weiterhin gelangte 1970/71 ramsayi in den Handel, diese dürften aber gegenwärtig keine Rolle mehr spielen. Auch sharpii kam 1980 nach Europa, die bereits wenige Monate nach dem Auftauchen erfolgreich gezüchtet wurden. Weckauf war der Erste, der darüber berichtete. In den 80er Jahren folgten verstärkte Importe dieser Unterart und auch Zuchtberichte in den Zeitschriften. Heute werden sie noch regelmäßig aber seltener gezüchtet, und es gibt noch immer Wildfänge im Angebot der Händler. Haltung und Zucht Diese Art ist gänzlich für eine Haltung in kleinen Käfigen ungeeignet. Ich selbst pflege meine Tiere jetzt in Vitrinen von 1 m³. Im hinteren Bereich ist eine Bambusmatte angebracht, an der sehr gerne senkrecht hängend verweilt wird. Die Seitenwände sind mit Nadelgehölzen und Schilf versehen, Letzteres wird in Backsteinen befestigt. Als Sitzstangen verwende ich neben natürlichen Ästen auch raue Rund- und Eckhölzer aus dem Baumarkt. In meinem Bestand befinden sich seit 2001 Vertreter von assimilis, Mitte 2004 kam noch sharpii hinzu. Nach meinen bisherigen Beobachtungen sind sich beide Unterarten im Wesen vollkommen gleich, jedoch sind bei mir die sharpii etwas ruhiger. In Ermangelung eines Weibchens kam es zwischen einem sharpiiMännchen und einem Blasskopfnonnen-Weibchen (Munia pallida) zur Verpaarung. Daraus resultierte ein befruchtetes Fünfergelege, doch es schlüpften keine Jungtiere. Auch bei anderen Züchtern kam es zu Mischlingen. Bei Mayer findet sich in der Gefiederten Welt Januar 2001 ein Bild eines Mischlings sharpii mit einer Hadesnonne (Munia stygia). Wegen der Gefahr von Mischlingsbruten müssen wir diese Art nur für sich allein halten oder nur mit Spezies vergesellschaften, die eine geringe Verwandtschaft zu ihr haben. Mehr zufällig kam ich im Oktober 2001 zu den Braunbrust-Schilfamadinen – ein Zoohändler in Bad Pyrmont hatte zwei Tiere. Ich hatte bereits in einigen Zeitschriften gelesen, dass sie recht selten geworden sind. Da sie mir auch farblich sehr gefallen haben, übernahm ich sie. Anfangs kamen sie in eine größere Voliere zusammen mit Zebrafinken, Spitzschwanzamadinen und Mexikanischen Baumwachteln. Es kam bereits drei Wochen nach Einsetzen zu einem Brutversuch. Das Nest wurde in einen „Korkenzieher“ gebaut und zwar direkt unter der Volierendecke. Es wurden Kokosfasern und Heu verwendet, entgegen dem Nestbau in freier Natur wurden auch Sharpiefäden und Federn als Polstermaterial eingebaut. Das Nest hatte etwa die Größe von 15 cm im Durchmesser und war 19 cm hoch. Der Nesteingang war mittig und 5 cm groß. Es wurden nur drei Eier gelegt. Da ich das Treiben genauestens beobachten konnte, habe ich mitbekommen, dass bereits nach dem ersten Ei gebrütet wurde. Nach 14 Tagen schlüpfte das erste Jungtier, zwei Tage später folgte das nächste. Aus dem dritten befruchteten Ei schlüpfte nichts, das Junge war beim Schlupf abgestorben. Beide Alttiere kümmerten sich um die rosigfarbenen Jungen und GW 7/05 207 huderten die meiste Zeit gemeinsam. Das Futter wurde größtenteils vom Männchen herangeschafft, das Weibchen verließ nur sehr selten das Nest. Nach einer Woche wurde ein Tier aus dem Nest geschmissen, es war nicht sehr gut genährt, wie auch sein noch im Nest verbliebenes Geschwister. Die Haut war nun dunkler und die ersten Federkiele waren an den Flügeln erkennbar. Ab dem 10. Lebenstag wurde das Jungtier nicht mehr gehudert. Ich brauchte mir aber keine Sorgen zu machen, da die Temperatur bei 20 °C lag. Das Junge entwickelte sich ziemlich gut, die ersten Federn brachen zuerst an den Flügeln durch und die Augen öffneten sich auch allmählich. Am 23. Tag verließ das Junge das Nest, das Gefieder war noch ziemlich lückenhaft. Insgesamt war es braun, die Unterseite war braunweißlich, die Wangen schwärzlich. Es hielt sich anfangs in direkter Nestnähe auf und kehrte nachts zurück. Es dauerte bis in die neunte Lebenswoche, bis das Gefieder komplett war. Dabei begann auch die Mauser, es kamen zuerst die schwarzen Wangen und die weiße Unterseite hervor. Leider verstarb das Jungtier im Alter von 14 Wochen, denn es blieb mit dem rechten Fuß an der Bepflanzung hängen. Das Altpaar kümmerte sich bis zu dieser Zeit immer 8 Zum Vergleich: Links 1,1 ZP Zwergschilfamadinen (ganz links 1,0, daneben 0,1), rechts 2,0 Braunbrust-Schilfamadinen. Fotos: H. Mayer um sein Junges und es schlief auch immer in der Mitte der beiden. Es waren zur gleichen Zeit fast gleichaltrige Zebrafinken in der Voliere. Diese beachteten die junge Schilfamadine überhaupt nicht, obwohl diese mehrfach versuchte, sich ihnen anzuschließen. Es muss noch erwähnt werden, dass kurz nach dem Ausfliegen des Jungtieres ein weiteres Gelege mit fünf Eiern gelegt wurde. Dieses wurde aber nach 10 Tagen verlassen. So sah es auch im restlichen Jahr 2002 sowie dem Jahr 2003 aus. Es gab insgesamt fünf Gelege mit 3 bis 7 Eiern. Insgesamt waren es 27 Eier, davon waren aber nur neun befruchtet. Nur in einer Brut schlüpften vier Junge, die aber überhaupt nicht gefüttert und in den ersten Lebenstagen aus dem Nest befördert wurden. In Gesprächen mit anderen Züchtern und aus der Literatur konnte ich entnehmen, dass die BraunbrustSchilfamadinen in der Brut und Versorgung ihrer Jungen eigentlich sehr zuverlässig sind. Da sie aber drei Bruten in einer eigenen Vitrine ohne Besatz machten, konnten Störungen nicht der Grund gewesen sein. Die Tiere akzeptierten auch mein Handeln in ihrer Behausung und waren nicht scheu. Neues Glück mit neuen Vögeln? Leider verstarb das Männchen im Februar 2004. Es fraß in den Tagen zuvor nicht mehr viel und wurde völlig teilnahmslos. Selbst die Zwangsernährung mit einer Pipette brachte nichts und es verstarb. Ich versuchte mehrfach ein neu- es Tier zu bekommen. Ich hatte zwar inzwischen Kontakt zu neuen Züchtern, aber die meisten hatten nur Jungtiere zur Abgabe und ich wollte ein mindestens einjähriges Männchen. Es vergingen Monate, in denen das Weibchen mit Gelben und Weißbrust-Schilfamadinen (Munia flaviprymna & Heteromunia pectoralis) vergesellschaftet wurde. Es gab keinerlei Probleme und es wurde in diese Gruppe integriert. Im Oktober bekam ich von Zuchtfreunden aus Sachsen-Anhalt und aus Bremen zusammen 3,1 Tiere der auch in meinem Bestand befindlichen assimilis. Zusammen mit dem alten Weibchen wurden alle in eine Vitrine von 1 m³ gesetzt. Die Tiere gewöhnten sich sehr schnell aneinander und sie betrieben sehr viel gegenseitige Gefiederpflege. Wenn eines der Männchen anfing zu singen, hörten alle anderen zu. Ich hoffe, dass ich dieses Mal mehr Glück mit den BraunbrustSchilfamadinen habe. Während ich diesen Bericht schreibe, haben zwei Männchen mit dem Nestbau begonnen, beide in halb offenen Nistkästen. Es bleibt abzuwarten, wann mir endlich ein voller Nachzuchterfolg vergönnt ist. Bei meinem sharpii-Pärchen, ich besitze 3,1 dieser Unterart, kam es im September 2004 zum Nestbau. Dabei wurde zwischen Schilfhalmen gebaut und eine Nisthilfe in Form eines Bastnestes genutzt. Darauf wurde dann mit Kokosfasern weitergebaut, allerdings nicht so „kunstvoll“, wie ich es von den Vögeln bereits gewöhnt war. Das erste Ei wurde am 19. September gelegt und es folgten noch sechs weitere. Erst als alle sieben Eier gelegt waren, begannen beide Alttiere fest zu brüten. Am 10. Oktober schaute ich beim Füttern der Tiere nach und bemerkte, das drei Junge geschlüpft waren, die restlichen Eier waren unbefruchtet. Die Jungen wurden sehr gut gefüttert und wuchsen sehr gut heran. In der Färbung waren sie mit den Jungen, die mein assimilis-Paar hatte, gleich, aber sie waren etwas kleiner und an den Wangen weniger schwärzlich gefärbt. Die Jungen sind mittlerweile ausgeflogen und sehr aktiv. Sie halten ihre Eltern auf Trapp. Es erfolgte bisher aber noch kein Nachgelege. Ich bin stolz darauf, dass die Jungen (bisher) noch gesund sind. Das Männchen fütterte sie bis zur dritten Woche nach dem Ausfliegen, obwohl sie schon bereits nach einer Woche am Futterplatz zu finden waren. Ausklang Nachdem wir die Braunbrust-Schilfamadinen Ende der 80er Jahre vernachlässigt haben, entwickelt sich nun langsam wieder ein guter Zuchtstamm. Es bleibt natürlich abzuwarten, ob es jetzt klappt, genug Züchter für diese Art zu gewinnen, denn leider versiegte schon mehrfach in der Geschichte das Interesse an dieser Spezies. Im Wesen sind es sehr ruhige Tiere, die sich sehr für eine Gruppen- oder Schwarmhaltung eignen. Aber wir sollten sie unbedingt unterartenrein halten und auch die Nominatform niemals aus den Augen verlieren. Denn es ist auffällig, dass ihr Bestand immer mehr zurückgeht. Auch der Bestand von sharpii muss noch anwachsen, damit wir von Wildfängen unabhängig werden. Der Preis ist gegenwärtig relativ hoch und es ist nicht immer sehr einfach, ein garantiertes Paar zu bekommen, aber dies wird sich sicherlich in naher Zukunft ändern. Ich bin immer an Kontakt zu weiteren Züchtern dieser Art interessiert, zwecks Erfahrungsaustausch und möglichem Tiertausch zur Blutauffrischung. Ich würde mich freuen, wenn sich weitere Zuchtfreunde bei mir melden würden. Anschrift des Verfassers: René Scholz, Ludwigstr. 10, 31137 Hildesheim, email: [email protected] 208 GW 7/05