Vorlesung 6 Mikroökonomische Konzepte der Umweltökonomie 1. Externe Effekte 2. Das Coase Theorem 3. Öffentliche Güter Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 1 Marktversagen (einige Annahmen für Funktionsfähigkeit des Marktes sind verletzt) : 1. Umweltqualität ist ein öffentliches Gut. 2. Es bestehen Externalitäten: Aktivitäten und Güter beeinflussen andere Marktteilnehmer. Problem: der Preis eines Gutes erfasst nicht die gesamten Vorteile und Kosten Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 2 1. Externe Effekte Produktion oder Konsum von Gütern erzeugt externe Effekte (z.B. Umweltschäden). Externalität: Handlung eines Produzenten oder Konsumenten, welche andere Produzenten oder Konsumenten beeinflusst, aber im Marktpreis nicht berücksichtigt wird. Negative externe Effekte: es gibt Kosten Dritten gegenüber das Gut wird durch den Preis überbewertet, es wird zu viel von dem Gut produziert Positive externe Effekte: es gibt Vorteile Dritten gegenüber das Gut wird durch den Preis unterbewertet, es wird zu wenig von dem Gut produziert Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 3 4 Typen von Externalitäten: 1. Negative Produktionsexternalität (Fluglärm, verschmutze Flüsse, Luftverschmutzung, …) 2. Positive Produktionsexternalität (selten, z.B. Honigbienen in der Nähe von Fruchtplantagen) 3. Negative Konsumexternalität (Rauchen, laute Musik, …) 4. Positive Konsumexternalität (Grippe-Impfung, …) Externalitäten werden nicht im Marktpreis berücksichtigt es können ökonomische Ineffizienzen entstehen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 4 Beispiel 1: Benzinmarkt (Effekt der Benzinproduktion auf Luft- und Wasserqualität) Angebotskurve: P = a+bQ Nachfragekurve: P = c-dQ P.. Preis; a,b, c, d … Konstante; Q Menge Im Normalfall gilt: Grenznutzen (MPB) = Grenzkosten (MPC) = Marktgleichgewichtspreis Externe Grenzkosten: MEC = eQ (proportional zur Menge an produziertem Benzin) (pc,Qc) Wettbewerbsgleichgewicht (effizient ohne externen Effekte) (pe,Qe) effizientes Gleichgewicht im Fall externer Effekte Schwierigkeit soziale Kosten zu messen, daher sind umweltpolitische Maßnahmen erforderlich! Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 5 G= P Q – K(Q)-D(Q) D(Q) externe Kosten der Produktion dG/dQ = P-K‘(Q)-D‘(Q) = 0 P = K‘(Q)+D‘(Q) Preis = private Grenzkosten (MPC) + Grenzumweltschaden (MEC) = soziale Grenzkosten der Produktion Soziale Grenzkosten geben die zusätzlichen Kosten an, die gesellschaftlich durch eine zusätzliche Einheit Produktion entstehen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 6 Wohlfahrtsgewinne und –verluste: Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 7 Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 8 Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 9 Monopolistische Unternehmen auf Angebotsseite Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 10 2 Arten von Marktversagen a) Umweltschaden als externer Effekt - Überproduktion b) Monopolistischer Anbieter- Unterproduktion Theorie des Zweitbestens (second best solution, Perman et al. S. 142 ff) Die beste aller Welten ist eine Welt ohne Verzerrungen. Eine Welt mit zwei oder mehreren Verzerrungen kann besser sein, als eine Welt mit nur einer Verzerrung. Dieser Fall ist möglich, wenn sich die Verzerrungen gegenseitig ganz oder teilweise aufheben. Eine Korrektur nur einer der beiden Verzerrungen kann zu Wohlfahrtsverlusten führen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 11 Beispiel 2: Technologische externe Effekte: technische Interdependenzen zw. ökonomischen Aktivitäten, die nicht im Marktgeschehen erfasst werden, analog auch im Konsumverhalten möglich Die u.a. Einzelentscheidungen der Wirtschaftssubjekte garantieren bei Vorliegen externer Effekte nicht mehr eine optimale Allokation der Güter und Faktoren. Firma A: produziert Menge x eines Gutes mit Ressource LA: x = f(LA) es fallen Schadstoffe h(x) an, diese werden in Fluss abgegeben, welcher von Firma B zur Produktion des Gutes y (Fische) genützt wird. Firma B: produziert Menge y eines Gutes: y = g(LB,h(x)) Optimalitätsbedingungen für Gut A und Gut B bei Preisen p und q, sowie gegebenem Lohn w: p df g w, q w dLA LB Der Einfluss von Firma A auf die Produktion von Firma B wird ignoriert. Firma A produziert daher mehr als gesellschaftlich optimal wäre. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 12 Internalisierung der externen Effekte (Firma A kauft Firma B auf): max p f (LA ) q g (LB, h(f (LA ))) w LA w LB df g dh df q w dLA h df dLA dg q w dLB p da g 0, f 0 h es wird weniger LA im Optimum eingesetzt Das Maximierungsverhalten der Einzelfirmen führt bei Vorliegen von externen Effekten nicht zu einer effizienten Allokation von Ressourcen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 13 Möglichkeiten der Korrektur: (a) Einführung von Steuern oder Subventionen um Preise zu korrigieren (Preise bestimmen das individuelle Verhalten) (b) Markt für Externalitäten schaffen (c) Eigentumsrechte definieren Ad (a) Steuern oder Subventionen pq g dh h df := gesellschaftliche Preis (ist niedriger als p – Preis der nur die privaten Aspekte berücksichtigt). Steuer in der Höhe der Differenz zw. p und gesellschaftlichem Preis q g dh h df Dadurch wird Firma A gezwungen, ihrer Entscheidung den niedrigeren Preis zugrunde zu legen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 14 Pigou-Steuer: Steuer, die auf dem Wert des geschätzten Schadens basiert. (Umweltabgaben, Verschmutzungsgebühren) Optimale Pigou Steuer entspricht den externen Grenzkosten im gesellschaftlichen Optimum. (Bsp. Benzin) Praktisches Problem: Bestimmung der Steuerhöhe, Wechselwirkung zw. Unternehmen und auch Produktionstechniken müssten gut bekannt sein. Dies sind aber meist private Informationen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 15 Ad (b) Markt für Externalitäten Gleichgewichtspreis für die Externalität? Höchstbetrag, den das von der Externalität betroffene Unternehmen für deren Verringerung zahlen würde = Grenzanstieg der Gewinne, die durch die Verringerung der Externalität verursacht werden. Gewinn von Firma B: G q gLB,h( x ) w LB dG / dh q g / h r r:= Preis für Externalität Ein etablierter Markt für die Externalitäten als Kuppelprodukt führt zu Pareto effizienten Allokationen. Optimierungsproblem der Firma A: max p f (LA) r h(f (LA)) w LA (p r dh / df ) df / dLA w Notwendige Bedingung: Diese entspricht der Bedingung der gesellschaftlichen Effizienz. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 16 Praktisches Problem: Einrichtung des Marktes kann sehr kostspielig sein Beispiel: Handel mit CO2 Emissionszertifikaten. Ad (c) Eigentumsrechte definieren Gesetzliche Regelungen, die angeben, was Individuen oder Unternehmen mit ihrem Eigentum tun dürfen. Wenn Externalitäten einer Firma auf eine andere Firma negative Effekte, haben, so ist es profitabel, eine Übertragung des Eigentums einer Firma an eine andere vorzunehmen. Eigentumsrechte sind eine wesentliche Voraussetzung für die Lösung von Externalitätsproblemen nach der Ansicht von Ronald Coase. Änderungen in den Eigentumsrechten führen daher zu Änderungen in der Ausgestaltung von Verhandlungslösungen. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 17 Bsp.: Ein Unternehmen leitet Abwässer in einen Fluss Annahme 1: das Unternehmen besitzt Eigentumsrechte, den Fluss für die Entsorgung zu nutzen, die Fischer haben jedoch keine Eigentumsrechte, das Unternehmen externalisiert die durch das Abwasser entstehenden Kosten Annahme 2: der Fluss ist im Eigentum der Fischer, das Unternehmen muss für das Recht der Abwasserentsorgung zahlen. die Kosten könnten internalisiert werden und es käme zu einer effizienten Ressourcenallokation Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 18 3. Das Coase-Theorem Ronald Coase „The problem of social cost“ (1960) Coase Behauptung: Existenz externer Effekte benötigt nicht automatisch eine Staatsintervention („Pigou-Steuer“). Beteiligte können selbst eine effiziente Lösung durch Verhandlungen erreichen. Eigentliche Frage ist: „Wer darf wen schädigen“?, nicht die Frage, wie Schädiger abgehalten werden kann. Existenz von Eigentumsrechten im Zentrum der Analyse. Eigentumsrechte bestimmen, wer was darf. z.B. Rauchverbot: Raucher können ihre Situation durch Entschädigung an Nichtraucher für die Verletzung des Rauchverbots verbessern. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 19 Das Coase Theorem: „Wenn ein vollständiges System von Eigentumsrechten existiert, ist es möglich, eine effiziente Internalisierung des externen Effektes durch direkte Verhandlungen der involvierten Parteien zu erreichen.“ d.h. es muss ein funktionierendes System von Eigentumsrechten und deren Sanktionierung gewährleistet sein. Die Behauptung von Coase gilt, wenn es keine Transaktionskosten gibt. Eine Verhandlungslösung kann immer erreicht werden, wenn die Transaktionskosten geringer sind als die Nutzengewinne, die durch die Verhandlungslösung erzielt werden können. Das Coase Theorem ist keine empirisch überprüfbare Hypothese. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 20 Die expliziten Annahmen des Coase Theorem: 1. Eigentumsrechte sind definiert und kostenlos durchsetzbar. 2. Keine Transaktionskosten. Die impliziten Annahmen sind: 1. Vollständige Information aller Beteiligten. 2. Beide Parteien streben eine Lösung an, die für beide Vorteile bringt. 3. Die Parteien können frei miteinander kommunizieren. Hauptproblem in der Lösung der Frage: Wie können externe Effekte am besten internalisiert werden? Ist eine zentrale oder dezentrale Lösung vorzuziehen? Pigou Steuer = zentraler Lösungsansatz Verhandlungslösungen = dezentraler Lösungsansatz (Führen nicht zu effizienter Internalisierung wenn private Information existiert und strategisch genützt wird.) Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 21 4. Öffentliche Güter Klassifizierung von Gütern und Ressourcen Rivalisierendes Gut: Der Konsum einer Person reduziert den Konsum für andere Personen. Rivalisierend Güter müssen unter Verbrauchern aufgeteilt werden. z.B.: Möbelstück, Sitzplatz in einem Konzert Nichtrivalisierendes Gut: Konsum des Gutes reduziert nicht den Konsum für andere Personen. z.B.: öffentliche Fernsehsender, Leuchtturm, Feuerwerk Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 22 Ausschließbares Gut: Güter, von deren Konsum Verbraucher ausgeschlossen werden können. z.B.: Automobile Nichtausschließbares Gut: Güter, von deren Konsum Verbraucher nicht ausgeschlossen werden können, so dass es sehr schwierig oder sogar unmöglich ist, etwas für ihre Nutzung zu berechnen. z.B.: nationale Verteidigung, Leuchtturm, öffentlicher Fernsehkanal Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 23 Private Güter: rivalisierend und ausschließbar Öffentliche Güter: nichtrivalisierend und nichtausschließbar Die Grenzkosten der Bereitstellung an einen zusätzlichen Verbraucher sind gleich null und niemand kann vom Konsum des Gutes ausgeschlossen werden. z.B.: Straßenbeleuchtung, Polizei, Landesverteidigung, Umweltqualität, etc. Die Liste öffentlicher Güter ist sehr viel kürzer als die Liste der Güter, die der Staat zur Verfügung stellt! Öffentliche Güter müssen nicht vom Staat produziert werden! Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 24 Ressourcen im Gemeineigentum: rivalisierend und nichtausschließbar z.B.: Ein Meer ist nichtausschließbar aber die Fischerei ist rivalisierend. (Je mehr Fische gefangen werden, umso weniger steht den anderen zur Vefügung.) Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 25 (A) Öffentliche Güter führen zum Problem des Trittbrettfahrers (free rider) Es fehlen die Anreize für das konsumierte Gut zu zahlen. (B) Ressourcen im Gemeineigentum verursachen das Problem der Allmende (tragedy of the commons). Es fehlen die Anreize den übermäßigen Gebrauch einer Ressource zu verhindern. Es kann zu Überfüllungs- oder Erschöpfungserscheinungen kommen. Viele Allgemeingüter wurden als freie Güter angesehen. Es werden aber zunehmend private Eigentumsrechte für Allgemeingüter begründet. Exklusive Eigentumsrechte Rivalität bei Nutzung Keine Rivalität bei Nutzung privates Gut keine exklusiven Eigentumsrechte Allgemeingut öffentliches Gut Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 26 Öffentliche Güter und das Problem der Trittbrettfahrer Effizientes Niveau für ein privates Gut: Grenznutzen einer zusätzlichen Einheit = Grenzkosten für die Produktion dieser Einheit. Öffentliche Güter: Welchen Wert misst jeder Verbraucher einer zusätzlichen Produktionseinheit bei. Der Grenznutzen ist durch die Addition der Werte aller Verbraucher, die das Gut nutzen, gegeben. D.h. die Nachfragekurven der einzelnen Verbraucher werden vertikal und nicht horizontal (wie bei der Marktnachfrage) addiert! Privates Gut: Preis des Gutes für alle Konsumenten gleich. Konsumenten entscheiden über die Menge, die man erwerben möchte. Öffentliches Gut: die Menge ist für alle gleich verfügbar, aber die Zahlungsbereitschaft ist individuell verschieden. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 27 Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 28 Öffentliche Güter und Marktversagen Bei einem nichtausschließbarem Gut profitieren alle Konsumenten. Für die Konsumenten besteht kein Anreiz, für das Gut den Preis zu bezahlen, den es wert ist. Konsumenten agieren als Trittbrettfahrer (free rider). Trittbrettfahrer: ein Konsument oder Produzent, der für ein nichtausschließbares Gut nichts bezahlt in der Erwartung, dass andere dafür bezahlen. Zahlungswilligkeit für öffentl.Güter oft zu gering. Marktprinzip versagt: wahre Zahlungsbereitschaft kann nicht erfasst werden. Anwesenheit von Trittbrettfahrern schwierig bis unmöglich diese Güter effizient auf dem Markt anzubieten (d.h. Unternehmen werden es nicht anbieten) das öffentliche Gut muss subventioniert oder durch den Staat bereitgestellt werden, wenn dies effizient geschehen soll. Der Staat kann Steuern und Gebühren festlegen um das Gut zu finanzieren. Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 29 Literatur: R. Perman, Y.Ma, J. McGilvray, M. Common (2003) Natural Resource and Environmental Economics. Kapitel 5 (Welfare Economics and Environment) B. Böhm (2007) Skriptum Umweltökonomie Institute for Mathematical Methods in Economics Economics 30