The left bundle branch block as an expression of nutritional

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The left bundle branch block as an expression of nutritional
deficiency - a model
Wolfgang Herzberg, Jan Herzberg
28.4.2016
Minderleistung oder gar Ausfall des Reizleitungssystems der Herzkammern sind in der Regel durch
Mangelernährung (Sauerstoff- oder Substrat-Mangel) verursacht. Am Beispiel der großen
Variationsbreite auftretender Linksschenkelblöcke soll die Komplexität der Ursachen aufgezeigt
werden.
Zunächst sollen die ursächlich wirksamen „Akteure“ vorgestellt werden, wobei der wichtigste
„Akteur“ bis heute nicht wahrgenommen wird und somit als eine Hypothese am Schluss der
Aufzählung in die Betrachtung eingeführt wird:
1. Der ventrikuläre Reizleitungsbaum trägt die Erregung vom AV-Knoten über eine
Depolarisationswelle bis in die peripheren Purkinje Fasern. Da der Zustand der
Depolarisation jeder einzelnen Reizleitungszelle etwa 200ms erhalten bleibt, bevor die
Repolarisation einsetzt, kann mit der Depolarisationswelle eine wachsende extrazelluläre
Negativität entstehen, die ihrerseits das Fortschreiten der Depolarisationswelle fördert – und
nach 200ms „stirbt“, weil die Repolarisation die extrezelluläre Negativität neutralisiert.
2. Da der Baum des Reizleitungssystems wasserdicht eingescheidet ist (Abb.1) und darin von
einer Nährflüssigkeit umgeben ist - denn eine Vaskularisation existiert im Kammerbereich
nicht - kann sich die extrazelluläre Negativität im gesamten Hohlraumsystem elektrostatisch
äquilibrieren.
Abb.1 Das mit schwarzer Tusche gefüllte Schlauchsystem des papillären Reizleitungssystems. (Aus Schütz S.6) (1)
2
3. Intramural geht das Hohlraumsystem der Purkinje Fasern in das Perimysium der
Myokardzellen über. Das extrazelluläre Transsudat der koronaren Versorgung tritt an dieser
Stelle in das Hohlraumsystem des Reizleitungsbaumes über.
4. Die koronare Durchblutung der linken Herzkammer reicht bei passivem Myokard
(Leichenpräparat) im Maximum des systolischen Druckes nur bis zur Mitte der myokardialen
Wandstärke (Abb.2).
Abb.2 Querschnitt durch ein mit Tusche-Ringerlösung post mortem durchströmtes Herz, bei dem gleichzeitig in der linken Kammer ein
intraventrikulärer Druck von der Höhe des normalen systolischen Druckes eingestellt wurde: Anfärbung (schwarz) nur der äußeren Schale
des linken Ventrikels (E.Schütz, S.472). (1)
Soweit unsere gesicherten Kenntnisse. Nun die unverzichtbare Hypothese:
5. Die myozytäre Kraftrichtung setzt sich intramural immer aus zwei Vektoren zusammen:
einem tangentialen und einem radiären (Abb.3). Die tangentialen Vektoren erzeugen in
Summe den systolischen Ventrikeldruck, der über die Wandspannung – also die tangentialen
Kräfte – etwa so wie bei einem Luftballon erzeugt wird. Die radiären Vektoren erzeugen
zusätzlich einen Ventrikelwanddruck, der keinen Einfluss auf den Ventrikelinnendruck
besitzt. Er legt sich aber innerhalb der Myokardwand additiv über den systolischen
Ventrikeldruck. In der Systole kann darum das Myokard auch gegen den Ventrikeldruck nach
innen ausgepresst werden wie ein Schwamm und das dabei exprimierte Paravasat ernährt
vornehmlich die inneren Wandschichten des Myokards und sammelt sich schließlich im
hermetisch geschlossenen Reizleitungssystem (Abb.1).
Abb. 3 Histologisches Myokard-Bild. Nimmt man willkürlich an, dass die tangentiale Ausrichtung der Horizontalen des Bildes entspricht und
die Vertikale des Bildes der radiären Richtung entspricht, dann sind auch die senkrecht orientierten Vektoren der eingezeichneten
Vektordiagramme radiär ausgerichtet.
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6. Der intramurale Druck übersteigt in der Systole somit immer den jeweiligen Ventrikeldruck
und kann so das Hohlraumsystem des Reizleitungssystems in Richtung AV-Knoten
perfundieren. Die Perfusionsflüssigkeit ernährt die Reizleitungszellen (2).
Der Gedanke, dass in der Systole „aus den Venen und Kapillaren der Inhalt herausgepresst wird wie
aus einem Schwamm“, wurde von Langendorff schon 1899 geäußert (Schütz S.464)(1). Gemeint war
natürlich das Auspressen nach außen. Wenn aber im statischen Druckversuch (Abb.2) in der Systole
nur etwa 50% der linken Kammerwandstärke perfundiert wird, dann wird die Perfusion durch ein
Auspressen nach außen für die inneren Wandschichten nicht verbessert. Ebenso gäbe es keine
Erklärung dafür, wie das Reizleitungssystem der Kammern ernährt werden kann, wenn es dazu keine
Vaskularisation gibt (2) und aus hydrodynamischen Gründen auch nicht geben kann. Gibt es aber ein
intramurales Druck-Maximum in der Systole, das etwa mittig in der Wand lokalisiert ist, dann wird
besagter „Schwamm“ sowohl nach innen als auch nach außen ausgepresst.
Die nun folgende in sich schlüssige Darstellung des Ursachen-Gefüges, das zu den verschiedenen
Formen des Linksschenkelblockes führt, basiert auf dieser entscheidenden Annahme.
Sofort wird damit verständlich, dass dann der AV-Knoten die letzte Wiese der Ernährung ist. Bei
angespannter Versorgungslage fällt das Reizleitungssystem der Kammern also vom AV-Knoten her
aus. Eine Mangelsituation kann demnach durch vermindertes Angebot oder durch erhöhten
Verbrauch verursacht sein. Insbesondere Huftiere („Fluchttiere“) haben deshalb große
Glykogenreserven im Reizleitungssystem.
Da insbesondere die linke Kammer die Hauptlast der Pumpleistung zu tragen hat, treffen dort
erhöhter Substratbedarf und begrenztes Angebot häufig kritisch aufeinander mit der potentiellen
Folge bleibender Schäden. Kann das Myokard die erforderlichen Leistungen z.B. bei Hypertonus und
nach Infarkten nicht mehr erbringen, entsteht eine Myokardinsuffizienz – die Wandstärke der
Muskulatur nimmt durch Dehnung ab. Mit der vermehrt tangentialen Ausrichtung der Myokardzellen
aufgrund dieser konsekutiven Dilatation verkürzen sich die radiären Vektoren der Muskelfasern.
Damit nimmt der systolische Wandinnendruck ab und das pro Zeit in das Reizleitungsnetz exportierte
Substratvolumen nimmt sowohl an Größe als auch an Qualität ab. So erklärt sich, dass eine akute
Stauungsdilatation häufig von neu auftretenden Reizleitungsstörungen begleitet wird.
Nun muss nicht gleich der AV Knoten ausfallen; denn dieser wird ja von zwei Schenkeln versorgt, so
dass die Defizite des linken Schenkels u.U. vom ungestörten rechten Schenkel kompensiert werden
können. Der linke Schenkel aber ist häufig zuerst betroffen – je basisnäher je stärker. Eine nutritive
Störung der Reizleitungszellen behindert die energieabhängige Membran-Repolarisation und
verschlechtert damit die Startbedingungen der nachfolgenden Depolarisation: die Wiederherstellung
des MRP (membrane resting potential) gelingt in der zur Verfügung stehenden Zeit nur unvollständig
und somit werden die in der Depolarisation transmembranös verschobenen Na+ Ionen Mengen
geringer. Damit verlängert sich die Zeitspanne, um die zur Überwindung der Membranschwelle der
Papillarmuskeln erforderliche extrazelluläre Negativität aufzubauen. Das induktiv magnetische
Summationsfeld der Papillarmuskeldepolarisation – das „Q“ - kommt dann im EKG links etwas später
als rechts (Abb.4).
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Abb.4 Stadium 1 des Links-Schenkelblockes. Im basisnahen Segment ist die Reizleitung verlangsamt. Dieses wird durch eine Verringerung
des Faser-Querschnittes veranschaulicht. (Modifikation nach C.J. Rothberger in Schütz)(1)
Da die Papillarmuskelerregung aufgrund der Synchronität ihrer Myokardzelldepolarisationen die
extrazelluläre Negativität sprunghaft ansteigen lässt, unterstützt die früher einsetzende
Papillarmuskeldepolarisation der rechten Kammer über einen im gesamten Hohlraumsystem sich
(dynamisch) äquilibrierenden Anstieg der extrazellulären Negativität auch jene des linken Schenkels.
Damit wird dann auch die Membranschwelle der linken Papillarmuskeln erreicht. Das bedeutet, dass
das initiale Zeichen der nutritiven Störung des linken Schenkels in einer zeitlichen Qrechts – Qlinks –
Dissoziation besteht. Mit wachsender nutritiver Insuffizienz nimmt diese Dissoziation zu. Sie kann
aber nicht unbegrenzt wachsen, denn die sehr kurze QR – Zeit (Abb.5) der ungestörten Kammerseite
begrenzt das zur Verfügung stehende Zeitintervall.
Abb.5 Das „Q“ (kleine negative Zacke) und das seitengleiche „R“ (große positive Zacke) als Einzelsignale (schwarz) und in
Summation (rot). Das EKG zeigt als ein Ergebnis der magnetischen Feld-Summationen nur die roten Ausschläge. Fällt das
„R“ aber aus (pardé Q), wird das ganze schwarze „Q“ sichtbar.
Wenn die Qrechts – Qlinks – Dissoziation den Wert dieser QR-Zeit erreicht, wird die Membranschwelle
des Arbeitsmyokards der ungestörten rechten Kammer zeitgleich mit der Membranschwelle der
Papillarmuskeln der linken Kammer überschritten. Mit diesem extrem großen Anstieg extrazellulärer
Negativität fallen dann die Depolarisationen von rechter Kammer und linken Papillarmuskeln (fast)
zeitlich zusammen. In der Folge geht das induktiv magnetische Signal der linken Papillarmuskeln im
„R“ der rechten Kammer unter – das linke Q „verschwindet“.
Mit dem weiteren Fortschreiten der Reizleitungsstörung bricht schließlich die Reizleitung hinter der
basisnahen Septum-Durchtrittsöffnung des linken Schenkels ganz ab, da die Versorgung mit
Sauerstoff und Energieträgern dort schließlich komplett ausfällt. Man kann das als einen Infarkt der
betroffenen Abschnitte des Reizleitungssystems bezeichnen. Funktionell wirkt dieser Infarkt wie eine
Durchtrennung (Abb.6).
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Abb.6 Stadium 2 des Links-Schenkelblockes. Das basisnahe Segment ist avital. Im nachgeschalteten Segment ist die Reizleitung
verlangsamt. Dieses wird durch eine Verringerung des Faser-Querschnittes veranschaulicht. (Modifikation nach C.J. Rothberger in
Schütz)(1)
Der noch vitale Anteil des linken Schenkels ist nun elektrophysiologisch vom AV Knoten getrennt und
erzeugt in seinen noch ernährten Abschnitten nach jeder Depolarisation über seine Na+ Ionen
Leckkanäle eine niederfrequente Depolarisation, die nur deshalb nicht durchschlägt, weil die
Sinuserregung über den rechten Schenkel die Membranschwellen der Papillarmuskeln und des
Arbeitsmyokards der rechten Kammer in regelrechter Zeit erreicht und dann mit dem großen
Negativitätsanstieg der Depolarisation des rechten Arbeitsmyokards über die transseptalen
Anastomosen des Purkinje Systems und die basisnahe Septum-Durchtrittsöffnung des linken
Schenkels das gesamte Papillar-und Arbeitsmyokard der linken Seite depolarisiert. Da aber die
wachsende Funktionsstörung des linken Reizleitungssystems zusammen mit der Trennung vom SinusSignal gemessen am konstant großen Hohlraumsystem immer weniger extrazelluläre Negativität
erzeugt, muss eine immer größere Kompensation vom rechten Reizleitungssystem her erfolgen, was
die Zeit bis zum Erreichen der linken Membranschwellen stetig verlängert. Das „linke Q“ bleibt nun
für immer maskiert; denn die linken Papillarmuskeln kontrahieren ja synchron mit dem linken
Arbeitsmyokard. Damit arbeitet das linke Herz wie mit einem rechts-Herz-Schrittmacher, dessen EKG
ja ebenfalls durch ein rechts und links „maskiertes Q“ charakterisiert ist. Ferner folgt das linke „R“
nun dem rechten, während die zeitliche Reihenfolge beim gesunden Herz umgekehrt ist. Genauer:
das rechte „R“ beginnt etwa 20ms früher als das linke, das rechte dauert aber länger als das linke;
dadurch ist gewährleistet, dass das linke „R“ sein Maximum früher erreicht (Abb.7).
Abb.7 Linkes und rechtes „R“ (schwarz). Das linke „R“ hat eine größere Summationsfeldstärke (oben) und ist darum in der Amplitude
größer und in der Dauer kürzer. Das rechte „R“ besitzt aufgrund seiner geringeren Muskelmasse (unten) eine geringere Amplitude und eine
längere Dauer. Die Summation aus beiden magnetischen Feldern (rot) belässt die Zeiten der Maxima unverändert und besteht aus den
Differenzen der jeweiligen zeitgleichen Feldstärken.
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Da nun die Depolarisation der linken Kammer immer durch die Myokarddepolarisation der rechten
Kammer ausgelöst wird, folgt nunmehr das linke „R“ dem rechten. An diesem Punkt der Entwicklung
tritt der Linksschenkelblock in eine folgenschwere und irreversible Phase ein: Das Septum wird von
nun an immer über den rechten Schenkel depolarisiert. Damit setzt eine Dissoziation zwischen
Septumdepolarisation und linker Kammerwanddepolarisation ein. Diese Zweizeitigkeit der
Linksherzdepolarisation erzeugt die charakteristischen Blockbilder im EKG.
Mit Beginn dieser Dissoziation kommt ein ganz neues Kräftespiel zustande. Betrachten wir zunächst
den muskulären Apparat. Eine MRI-Tractographie des Herzens im Querschnitt (Abb.8) zeigt sehr
anschaulich die funktionelle Einheit des linken Ventrikels. Da diese Technik „Protonenbewegungen in
der Zeit und ihre Richtungen“ visualisiert, sind es quasi dynamische Bilder der Herzaktion.
Vergleichbare Bilder erhält man auch nachts im Straßenverkehr bei sehr langer Belichtungszeit.
Während das Lumen des linken Venrikels zentral-ovalär gestaltet ist und die Dynamik der Kontraktion
gewissermaßen wie ein Wirbel um dieses Lumen herumläuft, ist der rechte Ventrikel exzentrisch und
wie „angeklebt“. Die Kontraktion des rechten Ventrikels kommt dadurch zustande, indem sich die
viel dünnere rechte Herzwand an den in Kontraktion befindlichen linken Ventrikel anpresst. Dabei ist
das Lumen des rechten Ventrikels im Querschnitt wie ein „Schiffchen“ mit spitzwinkligem Bug und
Heck gestaltet. Damit dieses physiologische Bild zustande kommen kann, muss die synchrone
Depolarisation der linken Kammer jener der rechten vorausgehen oder mindestens zeitgleich sein.
Abb.8 MRI-Tractographie vom Herzen. Querschnitt in der Ventrikelebene. Die einzelnen Strichführungen sind rechnerisch geschaffene
Hauptbewegungsrichtungen von Protonen (sprich: H2O). Die Farben geben an, in welcher Neigung zur Schnittebene diese „Fasern“
verlaufen. Rechs: rechter Ventrikel, links: linker Ventrikel
Nun haben aber die degenerativen Folgen des Linksschenkelblockes dazu geführt, dass die rechte
Kammer zuerst erregt wird und diese dann die linke Kammer erregt. Wie wird sich die MRITractographie verändern?
Es ist Konsens, dass die Durchsetzung des Kammermyokards mit dem Purkinje-Netz ubiquitär ist. Das
bedeutet, dass das Septum sowohl von der rechten Kammer als auch von der linken zuerst erregt
werden kann – oder von beiden mehr oder minder synchron. Wenn nun die rechte Kammer – sei es
im Sinus-Rhythmus, sei es in Folge eines Schrittmachersignals – das Septum depolarisiert und die
linke Kammer bleibt „in Verzug“, dann müsste in der Tractographie (Abb.8) das Lumen der rechten
Kammer augenblicklich ovalär-konzentrisch werden. Ein massiges Septum treibt zusammen mit einer
schmächtigen rechten Ventrikelwand den systolischen Auswurf der rechten Kammer voran. Da
normalerweise das Septum seine Leistung gar nicht in den Dienst des rechten Ventrikels stellt,
sondern lediglich als stabiles Widerlager für die Arbeit der rechten Ventrikelwand dient, wird zu viel
Kraft in die Systole des rechten Herzens investiert – es entstehen ungewohnt hohe Spitzendrucke, die
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je größer sind je mehr sich der linke Ventrikel verspätet. In unserer Tractographie müssten wir in
diesem Moment das Septum als eine in das Lumen des linken Ventrikels hineingewölbte Wand
erkennen. Einen Augenblick später (über konkrete Millisekunden wird noch zu reden sein!) hat die
über das Septum kommende Erregung auch das Myokard der linken Kammerwand erfasst. Die
Kontraktion der linken Ventrikelwand zwingt das Septum in die alte Position zurück – erhöht sie
dadurch den rechten systolischen Spitzendruck noch um ein weiteres? Die Systole des linken
Ventrikels arbeitet nun mit einem Septum, das bereits seinen Tonus langsam verliert. Trotz
maximaler Kontraktion der linken Ventrikelwand weicht das Septum weiter nach rechts aus und der
systolische Auswurf der linken Kammer verfehlt den üblichen aortalen Spitzendruck.
Soweit das Szenario unter rein qualitativen Aspekten. An dieser Stelle ist es hilfreich, denselben
Vorgang nochmals durchlaufen zu lassen, wobei die Rrechts - Rlinks Dissoziation 200ms beträgt. Da die
Kontraktion der Kardiomyozyten etwa 200ms nach der Depolarisation (R) ihr Maximum erreicht und
nach etwa 400ms wieder erschlafft ist (Abb.9), würde ein zeitlicher Versatz der rechts-links
Aktivitäten um 200ms dafür sorgen, dass die Depolarisation der linken Kammer ein erschlafftes
Septum “vorfindet“.
Abb.9 Einteilung der physiologischen Herzaktion (nach C.J. Wiggers aus Schütz). Auf der x-Achse ist die Zeit in Sekunden aufgetragen.
Neben den schon erkannten Veränderungen der systolischen Spitzendrucke (rechts erhöht, links
erniedrigt) kämen in diesem extremen Szenario noch weitere Auswirkungen zum Vorschein. Wenn
der linke Ventrikel in der Systole das schlaffe Septum nach rechts hinüber dehnt, dann sind alle
transseptalen rechts-links-Verbindungen (Abb.10) des Reizleitungssystems „plegisch“ weit offen.
Zudem hat zwar die linke Ventrikelwand maximale Kontraktionsarbeit geleistet; aber der
Ventrikeldruck ist dennoch geringer als üblich, da das Septum „nicht mitmacht“. Diese maximale
Kontraktion der linken Ventrikelwand erzeugt zudem eine Verkürzung ihrer Umfänge und eine
Zunahme der Wandstärke mit der Folge, dass die radiär ausgerichteten Kraftvektoren der
Muskelfasern größer werden. Das bedeutet, dass der Füllungsdruck im linken Reizleitungssystem
sowohl absolut als auch in Relation zum Kammerdruck höher ist als üblich, das Schlauchsystem also
aufgedehnter ist als sonst. Da zudem die transseptalen Perforantes des Reizleitungssystems weiter
sind als üblich und der links-rechts-Kammer-Druckgradient in diesem Moment vielleicht
110:10mmHg beträgt, kommen auf den Füllungsdruck des Schlauchsystems noch die 100mmHg der
Kammer-Druck-Differenz. Alles zusammen führt zu einem erheblichen Substratexport innerhalb des
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Schlauchsystems von links nach rechts: das linke Reizleitungssystem verhungert langsam, das rechte
wird alimentiert. Gleichzeitig führt die links-systolische Dehnung des Schlauchsystems zu einer
Vergrößerung des im Schlauchsystem eingeschlossenen Raumes – die eingelagerte Flüssigkeitsmenge
nimmt zu. Da die Signaltransportgeschwindigkeit des Reizleitungssystems wesentlich von der Rate
abhängig ist, mit welcher die extrazelluläre Negativität wächst, führt die Raumvergrößerung zu einer
Verdünnung der produzierten Negativitäts-Mengen und damit zu einer Verlangsamung der
Reizleitungsgeschwindigkeiten im linken Ventrikel. Somit addieren sich die negativen Effekte einer
unzureichenden Substratversorgung des Reizleitungssystems mit denen einer sinkenden Effizienz der
erregungsbedingten Produktion extrazellulärer Negativität (Abb.10). Funktionell verwischen sich
dadurch die Grenzen zwischen bereits abgestorbenem Reizleitungsgewebe und noch vitalem
Gewebe, das aber nicht mehr wirksam an der Reizleitung teilnehmen kann, weil die erforderlichen
Raumdimensionen des Schlauchsystems verloren gegangen sind. So gelangt schließlich mit dem
Erregungsbeginn des linken Kammerwandmyokards endlich so viel Negativität in das
Schlauchsystem, dass auch alle noch vitalen Abschnitte des linken Reizleitungssystems vollständig
depolarisiert werden – aber viel zu spät und völlig wirkungslos. Dennoch muss auch noch die letzte
vitale Zelle des Reizleitungssystems depolarisiert werden, damit keine Automatie-Zentren entstehen
können.
Abb.10 Stadium 3 des Links-Schenkelblockes. Das basisnahe Stamm ist avital. In den nachgeschalteten Verzweigungen der „false tendon“
ist die Reizleitung verlangsamt. Dieses wird durch eine Verringerung des Faser-Querschnittes veranschaulicht. (Modifikation nach C.J.
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Diese „Einbahnstraße“ lässt schließlich nur noch die terminalen Purkinje-Netze der linken Kammer
funktionell intakt, während alle sektorverbindenden „false tendons“ abgestorben oder wirkungslos
geworden sind. Damit ist die Erregungsausbreitung der linken Kammer immer langsamer geworden
und die beschriebenen fatalen Gradienten sind weiter gewachsen (Abb.11).
Abb.11 Stadium 4 des Links-Schenkelblockes. Der Stamm mit seinen Hauptverzweigungen ist avital bzw. funktionslos. In den
nachgeschalteten „false tendon“ ist die Reizleitung verlangsamt. Dieses wird durch eine Verringerung des Faser-Querschnittes
veranschaulicht. (Modifikation nach C.J. Rothberger in Schütz)
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Faz
1. Solange ein linkes „Q“ im EKG identifizierbar bleibt, wird das Sinus-Signal über den linken
Schenkel transportiert, der damit noch intakt ist.
2. Der „point of no return“ ist überschritten, wenn die Erregung der rechten Kammer jener der
linken vorausgeht.
3. Die synchrone Erregung von Septum und linker Ventrikelwand ist für den Erhalt der Funktion
des linken Reizleitungssystems essentiell und muss darum alle Erwägungen den rechten
Ventrikel betreffend überwiegen.
4. Es spricht darum viel dafür, den ersten Schrittmacher als einen „links-Herz-Schrittmacher“ zu
legen.
Literatur
1. E. Schütz: Physiologie des Herzens, Springer Verlag Berlin 1958
2. R. Caesar, G. Edwards, H. Ruska: Electron Microscopy of the Impulse Conduction System of
the Sheep Heart, Zeitschrift für Zellforschung Bd.48, 698- 719, 1958
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