10 Wichtige durch Impfungen vermeidbare - mimi

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10 Wichtige durch Impfungen vermeidbare Erkrankungen oder
Erreger
Nachfolgend sind die wichtigsten impfpräventablen Erreger bzw. erregerbedingten Erkrankungen in alphabetischer Reihenfolge kurz dargestellt. Als Ergänzung empfehlen wir die online abrufbare Sammlung des Deutschen Grünen Kreuzes „Infektionserreger von A bis Z“.
10.1
Cholera
Die Cholera ist die schwerste Form einer infektionsbedingten Durchfallerkrankung und
kommt vor allem in Teilen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas vor. Sie wird durch Bakterien
hervorgerufen, die unter anderem nicht nur die Wasseraufnahme aus dem Darm hemmen,
sondern zusätzlich auch die Wasserabgabe in den Darm steigern. Unbehandelt verläuft sie
durch den hohen Wasser- und Salzverlust meist rasch tödlich. Obwohl Durchfälle bei Fernreisen sehr häufig sind, spielt die Cholera hierbei zum Glück nur eine untergeordnete Rolle.
Der Choleraerreger wird mit dem Stuhl oder Erbrochenen eines infizierten Menschen ausgeschieden und kann sowohl durch Schmierinfektion als auch über verunreinigtes Trinkwasser
oder Nahrungsmittel auf andere Menschen übertragen werden. Es gibt „Dauerausscheider“,
die infektiös sind, ohne selbst Krankheitszeichen zu zeigen. Wichtige Risikofaktoren sind
also schlechte hygienische Verhältnisse und enger Kontakt zur einheimischen Bevölkerung.
Es ist ein oraler Lebendimpfstoff verfügbar, der jedoch nicht gegen alle Erreger gleichermaßen wirksam ist.
10.2
Diphtherie („echter Krupp“)
Die Diphtherie ist eine durch das Gift des Diphtheriebakteriums hervorgerufene lebensbedrohende Krankheit. Das Bakterium wird vorwiegend durch Tröpfcheninfektion mit der Atemluft übertragen. Das Gift zerstört die Eiweißbildung der Zellen, wobei ein einziges Giftmolekül
ausreicht, um eine ganze Zelle zu zerstören. An der Eintrittspforte des Bakteriums, also dort,
wo der Erreger in den Körper eindringt, bilden sich durch Zellzerstörung und Flüssigkeitsaustritt typische Beläge, oft verbunden mit einem süßlichen Geruch. Diese Beläge können sich
in die Atemwege ausdehnen und so bis zur Erstickung führen.
Gelangt das Gift über das Blut in den Körper, so zerstört es durch die Hemmung der Eiweißproduktion weitere Zellen, vor allem in gut durchbluteten, stoffwechselaktiven Organen wie
dem Herzmuskel, aber auch Nieren, Nervensystem und Leber. Vor allem die toxische Herzmuskelschädigung führt oftmals zum Tode.
Eine hohe Impfbeteiligung hat die Diphtherie in Deutschland bis auf wenige Erkrankungen
zurückgedrängt. Da Diphtherie jedoch weltweit, besonders in einigen osteuropäischen Ländern, weiterhin auftritt, ist die Gefahr, sie in unser Land einzuschleppen, jederzeit gegeben.
Ein Totimpfstoff ist als Bestandteil vieler Kombinationsimpfstoffe verfügbar, unter denen entsprechend den Vorgaben des Impfkalenders ausgewählt werden kann.
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10.3
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Die Impfung gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis oder kurz FSME wird häufig
fälschlich als „Zeckenimpfung“ bezeichnet. Die Impfung schützt jedoch nicht vor Zecken oder
deren Biss, sondern vor der Infektion und Erkrankung durch mittelsZeckenbiss evtl. übertragene FSME-Viren. Die Zeckenpräsenz bedingt auch die Häufung der Erkrankung in der Zeit
von April bis Oktober und damit nicht nur im Frühsommer – der Name ist also irreführend.
Auch in Gebieten mit einem hohen Erkrankungsrisiko ist nur ein Teil der Zecken mit dem
Erreger belastet und daher überhaupt infektiös. Nur etwa jede 10. Infektion führt zu einer
Erkrankung, die mit Fieber und unter Beteiligung der Hirnhäute (Hirnhautentzündung, Meningitis), in schweren Fällen aber auch des Gehirns und Rückenmarks einhergehen kann.
Zur Behandlung der FSME gibt es keine Medikamente. Bei etwa 10 bis 30 % der Erkrankten
bleiben Dauerschäden wie Lähmungen am Zentralnervensystem zurück. Etwa 1 % der Erkrankten – vor allem Ältere – stirbt an der Erkrankung oder ihren Folgen.
Zur Prophylaxe sind Totimpfstoffe für Kinder und Erwachsene verfügbar. Die STIKO empfiehlt die Impfung nur für Bewohner oder Besucher ausgewiesener Risikogebiete (Tab. 4).
Diese werden anhand aktueller Daten regelmäßig neu von der STIKO festgelegt.
Während die Impfung für Bewohner und Reisende in ausgewiesene Risikogebiete innerhalb
Deutschlands von den Kassen gemäß Schutzimpfungsrichtlinie übernommen wird, ist dies
bei Reisen in Risikogebiete außerhalb Deutschlands, wie beispielsweise Österreich, Ungarn,
Tschechien, Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Russland und andere osteuropäische Länder (trotz teilweise erheblich höheren Risikos!) nicht der Fall.
Eine Übersicht über die Situation in den einzelnen Ländern finden Sie im Epidemiologischen
Bulletin Nr. 16 von 2005.
Bundesländer mit definierten FSME-Risikogebieten:
¾ Baden-Württemberg (42), Bayern (78), Hessen (8), Rheinland-Pfalz (1), Thüringen (7)
Bundesländer mit vereinzelt auftretenden einheimischen FSME-Erkrankungen, in denen jedoch kein
Landkreis die Definition für ein FSME-Risikogebiet erfüllt:
¾ Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen,
Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein
Bundesländer, in denen bisher keine FSME-Erkrankungen erworben wurden:
¾ Berlin, Bremen, Hamburg
Tab. 4: Zusammenfassung des FSME-Infektionsrisikos nach Bundesländern
In Klammern ist die Zahl der als Risikogebiet definierten Kreise angegeben. Aktuell werden insgesamt 136 Kreise in
Deutschland von der STIKO als FSME-Risikogebiete ausgewiesen. Die STIKO empfiehlt die Impfung nur für Bewohner
oder Besucher eben dieser ausgewiesenen Risikogebiete. Das heißt, dass beispielsweise nur für sehr wenige Einwohner
oder Besucher von Rheinland-Pfalz – nämlich nur im ausgewiesenen Risikogebiet – die Impfung empfohlen und erstattet
wird. Nach Epi Bull 17 (2010)
10.4
Gelbfieber
Gelbfieber ist eine durch infizierte Mücken übertragene Viruskrankheit, die in den tropischen
Regionen Afrikas und Südamerikas, dem sogenannten Gelbfiebergürtel, verbreitet ist.
Bei dieser schweren Viruserkrankung kommt es zu Kopfschmerzen, hohem Fieber, Schüttelfrost, eventuell blutigem Urin, Erbrechen und schließlich Organversagen, Leber- und Nieren-
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schäden, Delirium und Bewusstlosigkeit. Wenn die Leber betroffen ist, sterben an dieser
schweren Erkrankung bis zu 50 % der Betroffenen. Auch bleiben häufig Dauerschäden zurück. Es gibt aber auch relativ häufig leichte oder untypische Krankheitsverläufe.
Eine spezifische Behandlung des Gelbfiebers ist nicht verfügbar. Der beste Schutz bleibt
daher die rechtzeitig durchgeführte Gelbfieberimpfung. Ist diese – z. B. aufgrund einer ausgeprägten Hühnereiweißallergie – nicht möglich, verringert ein (sowieso zu empfehlender)
intensiver Mückenschutz das Risiko, sich anzustecken.
International wird von vielen Ländern, in denen Gelbfieber vorkommt, bei der Einreise eine
Impfbescheinigung verlangt. Außerdem verlangen viele Länder, die selbst nicht im „Gelbfiebergürtel“ liegen, in denen sich das eingeschleppte Virus aber ausbreiten könnte (z. B. in
Asien), ebenfalls eine Impfbescheinigung, wenn der Reisende sich vorher in einem Gelbfiebergebiet aufhielt.
Dieses Impfzertifikat wird üblicherweise im Impfbuch eingetragen und ist 10 Tage nach der
Impfung mit dem Gelbfieber-Lebendimpfstoff für 10 Jahre gültig. Als einzige Impfung darf
die Gelbfieberimpfung nur von zugelassenen Gelbfieberimpfstellen durchgeführt werden.
Erfolgt die Impfung nicht dort, fehlt dem Zertifikat das erforderliche Siegel und ist bei der Einreise ungültig.
Bestehen Kontraindikationen gegen die Impfung, so kann der Impfarzt dies bescheinigen.
Allerdings ist es dann den lokalen Behörden des jeweiligen Landes überlassen, ob sie der
Einreise zustimmen.
Zertifizierte Gelbfieberimpfstellen in Ihrer Nähe finden Sie beispielsweise über die Seiten
¾ des Deutschen Grünen Kreuzes (DGK) http://dgk.de/gesundheit/impfeninfektionskrankheiten/krankheiten-von-a-bis-z/gelbfieber/gelbfieberimpfstellen.html
¾ oder der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e. V.
(DTG) http://dtg.org/aerzte.html
10.5
Hämophilus influenzae Typ b (Hib)
Das Bakterium Hämophilus influenzae Typ b (Hib) wird über Tröpfcheninfektion oder direkten
Kontakt übertragen. Der Name des Erregers ist irreführend – mit der Influenza oder Grippe
(s. a. 10.9) hat er wenig zu tun. Nach 2 bis 5 Tagen entsteht zumeist eine fieberhafte Infektion des Nasenrachenraums, aber auch Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündung, Bronchitis und Lungenentzündung sind möglich. Die schlimmste Komplikation ist eine eitrige
Hirnhautentzündung (Meningitis). Vor allem Säuglinge sind gefährdet. Unbehandelt sterben
60 bis 90 % der Erkrankten. Auch bei rechtzeitiger, optimaler Behandlung mit Antibiotika
sterben dennoch mehr als 5 % der Betroffenen. Nach überstandener Hirnhautentzündung
kommt es häufig zu dauerhaften Folgeschäden des Nervensystems wie Hörschäden, Sehstörungen oder geistiger Behinderung. Etwa 5 % der Kinder sind nach einer Hib-Hirnhautentzündung körperlich und geistig schwerstbehindert. Eine weitere gefährliche Komplikation
einer Hib-Infektion ist eine sehr plötzlich einsetzende Kehlkopfentzündung mit akuter Erstickungsgefahr bei Kleinkindern.
Bereits zwei Jahre nach Einführung der Hib-Impfung in Deutschland im Jahre 1990 waren
Hib-Infektionen um mehr als 80 % zurückgegangen.
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In Deutschland werden Säuglinge mit Kombinationsimpfstoffen geimpft, die eine HibKomponente enthalten.
10.6
Hepatitis A (HAV)
Die Hepatitis A ist eine durch das Hepatitis-A-Virus (HAV) hervorgerufene Leberkrankheit.
Das Virus wird mit dem Stuhl eines infizierten Menschen ausgeschieden und kann sowohl
durch Schmierinfektion als auch über verunreinigtes Trinkwasser oder Nahrungsmittel übertragen werden.
Bei Kleinkindern verläuft die Infektion häufig unerkannt oder mit wenig ausgeprägten Krankheitszeichen. Je älter die Infizierten sind, umso schwerer sind die auftretenden Krankheitszeichen wie Übelkeit, Erbrechen, Gelbsucht und Krankheitsgefühl. Tödliche Verläufe sind
jedoch relativ selten. Anders als bei der Hepatitis B oder C wird die Hepatitis A nicht chronisch. Typisch ist jedoch auch eine langanhaltende, teilweise Monate dauernde Genesungsphase.
Hepatitis A ist in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland und den meisten Industrieländern selten geworden. In verschiedenen (süd)europäischen sowie in zahlreichen tropischen und subtropischen Ländern ist Hepatitis A jedoch weiterhin sehr präsent. Deshalb ist
es auch sehr kurzfristig vor Reisen in diese Länder sinnvoll, sich durch eine Hepatitis-AImpfung zu schützen. Außerdem sollten aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit medizinisches
Personal, Mitarbeiter in Kinderheimen und Kindertagesstätten, Pflegeheimen oder ähnlichen
Einrichtungen, Küchen- und Reinigungspersonal, Kanalisations- und Klärwerksarbeiter und
weitere Personengruppen in Deutschland geschützt werden.
Es sind Hepatitis-A-Totimpfstoffe – auch in Kombination mit einem Schutz gegen Typhus
oder Hepatitis B – verfügbar.
10.7
Hepatitis B (HBV)
Die Hepatitis B ist eine durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) hervorgerufene Leberentzündung.
Die Übertragung dieses Virus erfolgt durch Blut (insbesondere unter der Geburt) oder Körperflüssigkeiten eines infizierten Menschen (z. B. beim Geschlechtsverkehr). Die Hepatitis B
beginnt – teilweise erst Wochen bis Monate nach der Infektion – mit Übelkeit, Erbrechen,
Müdigkeit. Danach kann es zu einer Gelbsucht kommen. Etwa 1 % der Erkrankten stirbt, bei
etwa 5 bis 10 % der Erwachsenen, etwa 50 % der Kinder und bis zu 90 % der Neugeborenen wird die Erkrankung chronisch. Die Behandlung der chronischen Hepatitis B ist langwierig, schwierig und oft nicht erfolgreich. In Deutschland sind etwa 0,7 bis 1 % der Bevölkerung
chronisch mit HBV infiziert, in anderen Ländern – z. B. in afrikanischen und asiatischen Ländern – ist die Häufigkeit chronisch Infizierter wesentlich höher.
Mancher chronisch Infizierte hat keine Anzeichen einer Erkrankung und ist dennoch eine
potentielle Infektionsquelle für seine Umgebung.
Zum Schutz vor Hepatitis B verwendet man das künstlich hergestellte Oberflächenantigen
des Hepatitis-B-Virus. Es ist als Einzelimpfstoff, in 5- und 6-fach-Kombinationsimpfstoffen für
Säuglinge und in Kombination mit einem Hepatitis-A-Impfstoff verfügbar.
Neben den im Impfkalender aufgeführten Standardimpfungen gegen Hepatitis B sollten auch
zahlreiche weitere Personengruppen eine Hepatitis-B-Prophylaxe erhalten: so unter ande-
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rem Patienten mit chronischer Nierenkrankheit und Dialysepatienten, Patienten mit häufiger
Übertragung von Blut oder Blutbestandteilen. Ebenfalls sollten Personen mit chronischer
Leberkrankheit, Mitarbeiter in allen Bereichen des Gesundheitswesens einschließlich Auszubildender und Studenten, Familienangehörige und andere Kontaktpersonen von Hepatitis BInfizierten, Menschen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung, Drogenabhängige, Personen nach Verletzungen mit möglicherweise erregerhaltigen Gegenständen
(z. B. Nadelstichverletzung) und nicht zuletzt Reisende in tropische und subtropische Gebiete, in denen die Hepatitis B gehäuft auftritt, wenn ein enger Kontakt zur einheimischen Bevölkerung zu erwarten ist, sich vorbeugend durch Impfung gegen Hepatitis B schützen.
10.8
Humane Papillomviren (HPV)
Humane Papillomviren sind verantwortlich für eine große Zahl gut- und bösartiger Tumorerkrankungen. Viele davon werden durch Kontaktinfektionen beim Intimverkehr übertragen.
Gebärmutterhalskrebs (Abb. 24) ist fast ausnahmslos durch diese Viren bedingt. Trotz aller
Früherkennungsmaßnahmen erkranken allein in Deutschland immer noch jedes Jahr zwischen 6.000 und 7.000 Frauen neu an diesem Krebs. Gut ein Drittel der Erkrankten stirbt
trotz modernster Therapie an dieser Krankheit. In Ländern mit schlechter Vorsorgestruktur
finden sich oft noch weitaus dramatischere Zahlen.
Auch eine große Zahl weiterer Krebsarten, so z. B. der Krebs von Scheide und Scheidenvorhof, das Peniskarzinom, das Analkarzinom sowie verschiedene Tumore im Kopf-HalsBereich werden durch Papillomviren mit verursacht. Darüber hinaus werden die zwar zumeist nicht tödlichen, aber stark stigmatisierenden und psychisch belastenden, schwer behandelbaren Genitalwarzen durch bestimmte Papillomviren ausgelöst.
Abb. 24: Anatomie des weiblichen Genitales
Humane Papillomviren können Infektionen und in der
Folge Erkrankungen des äußeren Genitalbereichs,
der Scheide, des Muttermundes und des Gebärmutterhalses verursachen. Auch die Haut und Schleimhaut des Analbereiches kann betroffen sein.
Muss der Gebärmutterhals wegen Krebs oder einer
Krebsvorstufe operativ behandelt werden, kann es
zu einer lokalen Gewebsschwächung kommen, die
bei nachfolgenden Schwangerschaften z. B. zu Frühgeburten führen kann.
Obwohl über 100 verschiedene Papillomviren bekannt sind, sind nur etwa 15 davon mit einem hohen Risiko für eine bösartige Tumorerkrankung behaftet. Allein zwei dieser HPVTypen, als HPV-16 und HPV-18 bezeichnet, sind zusammen für mindestens 70 % aller Gebärmutterhalskrebserkrankungen verantwortlich. Von den vergleichsweise selten für bösartige Tumore verantwortlichen Papillomvirustypen sind es HPV-6 und HPV-11, die zusammen
für rund 90 % aller Genitalwarzen verantwortlich sind.
Während Genitalwarzen meist bereits wenige Monate nach der Infektion auftreten, dauert es
von der Infektion bis zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs Jahre bis Jahrzehnte. Auch
führt bei weitem nicht jede Infektion zu Genitalwarzen oder Krebs. Vor allem bei jungen
Menschen ist der Körper meist in der Lage, die Infektion selbst zu beseitigen. Allerdings sind
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erneute Infektionen möglich. Da die meisten Menschen sich im Laufe ihres Lebens mindestens einmal mit humanen Papillomviren anstecken, führt aber auch diese kleine Zahl von
Infizierten, bei denen diese nicht von selbst ausheilt, zu einer erheblichen Zahl von Erkrankungsfällen. Hinzu kommt, das „nur“ etwa 30 bis 70 % der Frauen mit einer sogenannten
hochgradigen Läsion, genannt CIN3, d. h. einer direkten Krebsvorstufe, überhaupt im Laufe
der Zeit tatsächlich an Gebärmutterhalskrebs erkranken würden. Leider ist es unmöglich zu
erkennen, bei welcher Frau dies der Fall sein wird und bei welcher nicht. Deshalb werden
solche Krebsvorstufen behandelt.
Das seit den 1970er Jahren durchgeführte Krebsfrüherkennungsprogramm („Pap-Abstrich“17)
hat die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebs in Deutschland zwar deutlich reduziert, jedoch
stagniert diese positive Entwicklung seit einigen Jahren.
Die Folge: Jedes Jahr werden in Deutschland rund 140.000 operative Eingriffe durchgeführt,
um solche hochgradigen Veränderungen zu entfernen. Dies entspricht rein rechnerisch etwa
400 Eingriffen jeden Tag.
Ein solcher Eingriff ist nicht nur nicht risikofrei – die Komplikationsrate liegt bei etwa 7 % – er
hat oft auch Folgen: Die Aufgabe des Gebärmutterhalses besteht unter anderem darin, das
ungeborene Kind bis zur Geburt sicher in der Gebärmutter zu halten. Durch die operative
Schwächung dieses Gewebes steigt das Risiko für eine Frühgeburt stark an. Durch Vernarbungen kann zudem die Passage für den männlichen Samen behindert und so die Fruchtbarkeit eingeschränkt werden. Gelegentlich muss bei fortgeschrittener Erkrankung die gesamte Gebärmutter entfernt werden, so dass überhaupt keine Schwangerschaft mehr möglich ist.
Die Mehrzahl der Frauen, die wegen einer solchen Krebsvorstufe behandelt werden muss,
ist zum Zeitpunkt des Eingriffs Anfang 30, d. h. genau in dem Alter, bei dem die meisten ihre
Familienplanung noch nicht abgeschlossen oder noch gar nicht begonnen haben.
Für Scheiden- und Scheidenvorhofkrebs gibt es kein Früherkennungsprogramm, obwohl
auch an dieser Krebsart jährlich fast 2.000 Frauen in Deutschland neu erkranken und 600
sterben. Sie werden häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt, so dass ausgedehnte, oftmals verstümmelnde Operationen unumgänglich sind.
Während Gebärmutterhalskrebs nur Frauen betrifft, treten Genitalwarzen bei beiden Geschlechtern auf. Sie sind zwar zumeist gutartig, jedoch schwer zu heilen und neigen dazu,
immer wieder aufzutauchen. Die flachen oder auch blumenkohlartigen Genitalwarzen sind
psychisch sehr belastend. Oft gehen Betroffene lange Zeit aus Scham nicht zum Arzt. Die
Therapie ist meist langwierig.
In Deutschland sind zwei sehr wirksame und sehr sichere (s. a. Abb. 22) HPV-Impfstoffe
verfügbar. Beide Impfstoffe decken mit HPV-16 und HPV-18 die beiden hauptverantwortlichen Viren für Gebärmutterhalskrebs ab. Ein Impfstoff schützt zusätzlich vor HPV-6 und
HPV-11, die zusammen für 90 % der Genitalwarzen verantwortlich sind. Da die Impfstoffe
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Der „Pap-Test“ (eigentlich Papanicolaou-Abstrich) ist ein Suchtest und dient der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs. Mittels Watteträger oder einer kleinen Bürste werden aus dem Gebärmutterhals Zellen entnommen. Diese werden gefärbt und unter dem Mikroskop beurteilt. So lassen sich Entzündungen, Gebärmutterhalskrebs und seine Vorstufen entdecken. Er ist allerdings nicht 100%ig zuverlässig.
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nicht vor allen HPV-Typen schützen, muss auch weiterhin das Angebot der Früherkennungsuntersuchungen unbedingt genutzt werden.
Die HPV-Impfung sollte idealerweise nicht erst unmittelbar vor Aufnahme sexueller Kontakte,
sondern so früh wie möglich erfolgen, da das Immunsystem im Kindes- und Jugendalter im
Allgemeinen sehr gut auf Impfungen anspricht. Zudem sind beide Impfstoffe nur vorbeugend
wirksam. Die Impfstoffe haben keinen Einfluss auf eine bereits bestehende Infektion. Allerdings ist „Jungfräulichkeit“ – entgegen weit verbreiteter Meinung – keine Voraussetzung für
die Impfung, da kaum eine Frau positiv für alle im Impfstoff abgedeckten HPV-Typen ist,
selbst wenn sie sich bereits bei Sexualkontakten infiziert hat. Sie kann also trotzdem von der
Impfung profitieren. Heilt eine vorbestehende Infektion mit einem Impfstoff-HPV-Typ aus, so
ist sie danach durch die Impfung vor einer erneuten Infektion mit diesem Typ geschützt, wohingegen eine ausgeheilte Infektion nicht zwangsläufig zum Schutz vor einer Infektion führt.
Gemäß STIKO ist die HPV-Impfung eine Standardimpfung für alle Mädchen zwischen 12
und 17 Jahren und wird so auch von allen gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Auch eine
erst kurz vor dem 18. Geburtstag begonnene Impfserie wird – sofern danach zeitnah abgeschlossen – von den Kassen übernommen. Viele Kassen übernehmen zudem auf Anfrage
auch freiwillig die Impfung von Frauen über 18 Jahre ganz oder teilweise.
Auch Jungen und Männer können durch den Schutz vor Genitalwarzen von der Impfung profitieren. Allerdings muss die Impfung dann meist selbst bezahlt werden.
Weitere Informationen finden Sie auch online
¾ Deutsche Krebshilfe http://www.maedchen-checken-das.de/hpv-impfung.html
¾ Deutsches Grünes Kreuz http://www.dgk.de
¾ HPV-Impfstoffhersteller
10.9
Influenza (echte Grippe)
Die durch Tröpfcheninfektion und verunreinigte Oberflächen übertragenen, weltweit vorkommenden Influenzaviren verursachen die manchmal tödliche Influenza oder Grippe. Aufgrund der Namensähnlichkeit wird sie von Laien häufig mit der lästigen, aber zumeist
harmlosen Erkältung, dem sogenannten grippalen Infekt, verwechselt.
Jedes Jahr rollt die sogenannte „saisonale Grippe“-Welle – vor allem in der Zeit von Februar
bis Anfang April – über Deutschland hinweg und führt bei etwa 5 bis 20 % der Bevölkerung
zu zahllosen Erkrankungen unterschiedlichen Schweregrades.
Im Schnitt sterben an der saisonalen Grippe oder ihren Folgen in Deutschland zwischen
8.000 und 11.000 – vor allem ältere – Menschen. Das sind fast doppelt so viele Tote wie im
deutschen Straßenverkehr. Daneben führt die Influenza jährlich im Schnitt zu einem Verlust
von rund 1 Million Arbeitstagen und einem gesamtwirtschaftlichen Schaden von etwa 2,5
Milliarden Euro. Nur etwa 10 % dieser Summe sind direkte medizinische Kosten.
Nach einer Inkubationszeit von 1 bis 3 Tagen beginnt die Krankheit sehr plötzlich mit
schwerem Krankheitsgefühl, schweren Kopf- und Gliederschmerzen und hohem Fieber mit
Temperaturen um die 40 °C. Zugleich tritt oft ein trockener Husten auf, daneben Halsschmerzen und Schmerzen in der Brust. Schnupfen kommt hingegen selten vor.
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Die Krankheit verläuft in vielen Fällen ohne Folgen. Es kann aber auch zu Komplikationen
kommen. Dazu gehören akute Herz- und Kreislaufschwächen, Herzmuskelentzündungen
sowie zusätzliche bakterielle Infektionen, vor allem der Lunge, die im ungünstigsten Fall innerhalb weniger Tage zum Tod führen können. Besonders gefährdet sind Säuglinge,
Schwangere, ältere Menschen und Risikopatienten mit Vorerkrankungen wie Diabetes,
Asthma, Herz- oder Nierenleiden.
Daher empfiehlt die STIKO auch die jährliche Impfung aller über 60-Jährigen sowie aller
chronisch Kranken, Schwangere und Menschen mit Publikumsverkehr. In einigen Bundesländern gibt es weit darüber hinausgehende Impfempfehlungen.
In Deutschland und Europa sind derzeit zahlreiche Totimpfstoffe verfügbar. Da die Viren für
praktisch alle diese Impfstoffe auf Hühnereiern gezüchtet werden, ist eine echte (allerdings
extrem seltene) Hühnereiweißallergie eine Kontraindikation für die Grippeimpfung. Sie darf
also solchen Personen nicht verabreicht werden. Für diese Fälle steht demnächst wohl ein
Impfstoff zur Verfügung. Durch Zugabe eines Wirkverstärkers oder durch intradermale Impfung (d. h. in die oberste Hautschicht) wird die Wirkung beim Geimpften bei manchen Impfstoffen für Ältere, besonders Gefährdete, gezielt verbessert.
10.10 Japanische Enzephalitis
Die Japanische Enzephalitis ist eine Infektion, die durch ein Virus ausgelöst wird. Als Folge
kann eine Gehirnentzündung auftreten. Das Virus wird meist durch Mücken von (Haus-)
Schweinen oder Wasservögeln auf den Menschen übertragen. Die meisten Bewohner in
Ländern, in denen diese Krankheit auftritt, infizieren sich bereits vor dem 15. Lebensjahr,
erkranken dabei gar nicht oder leiden nur unter grippeähnlichen Allgemeinsymptomen. Ältere
Menschen haben ein erhöhtes Risiko, nach einer Infektion ernster zu erkranken. Im Mittel
verläuft die Erkrankung bei etwa 1 % der Infizierten schwer. Es kommt zu einer Gehirnentzündung (Enzephalitis), die bei etwa 40 % der Betroffenen schwere, bleibende Schäden am
Gehirn zurücklässt. Die Sterblichkeit liegt zwischen 20 und 30 %. Bei Schwangeren besteht
zudem in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln das Risiko einer Infektion des Ungeborenen und einer Fehlgeburt.
Die Japanische Enzephalitis ist besonders in drei Regionen Asiens verbreitet, in denen ausgedehnter Reisanbau und/oder Schweinezucht betrieben werden: China und Korea; indischer Subkontinent (Indien, Bangladesh, Nepal, Sri Lanka) und Südost-Asien (Myanmar,
Thailand, Kambodscha, Laos, Vietnam, Malaysia, Indonesien, Philippinen). In den gemäßigten Zonen Asiens tritt die Krankheit besonders im Sommer und Herbst auf, in tropischen/subtropischen Regionen während der Regenzeit; einzelne Fälle werden das ganze
Jahr über beobachtet.
Mücken sind besonders abends und nachts aktiv. Daher senken allgemeine Maßnahmen
zum Schutz vor Mückenstichen, wie sie auch in Malaria-Gebieten empfohlen werden, das
Infektionsrisiko.
In Deutschland steht ein Totimpfstoff zu Verfügung. Er ist für Erwachsene ab 18 Jahren zugelassen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt die Impfung nur Asienreisenden, die sich während mückenreicher Jahreszeiten einen Monat oder länger in Gebieten
aufhalten, in denen die Japanische Enzephalitis gehäuft auftritt.
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10.11 Masern
Deutschland hat sich gegenüber der WHO verpflichtet, bis 2010 die Masern zu eliminieren.
Mit größeren Ausbrüchen in jüngster Vergangenheit – 2006 in Nordrhein-Westfalen, 2008 in
Bayern und Baden-Württemberg, 2009 in Hamburg und dem angrenzenden Niedersachsen
und bis jetzt bereits über 300 gemeldeten Fällen in 2010 (hauptsächlich in Berlin) – ist dieses
Ziel leider noch in weiter Ferne, vor allem, weil leider auch heute noch viele Menschen die
Masern als harmlose Kinderkrankheit ansehen. In einigen Kreisen werden Kinder sogar gezielt auf „Masernpartys“ mit dem Erreger infiziert. Wer sich erstmals mit den Masern infiziert,
wird fast in jedem Falle auch erkranken. Der Erreger – ein Virus – wird dabei durch Tröpfcheninfektion übertragen, wobei es zunächst vor allem die Schleimhäute der Augen und der
Atemwege befällt.
Etwa ein bis zwei Wochen nach der Infektion – die Infektiosität beginnt bereits vier bis fünf
Tage vorher – kommt es zu hohem Fieber, Husten, Schnupfen und Bindehautentzündung.
Nach kurzem Fieberrückgang kommt es zu neuerlichem Temperaturanstieg und einem typischen Hautausschlag. Das Virus unterdrückt die Immunabwehr, wodurch als häufige Komplikation bakterielle Lungen-, Mittelohr-, aber auch Kehlkopfentzündungen auftreten können.
Einige dieser Entzündungen können auch direkt durch das Virus hervorgerufen werden.
Die schwerste und gefürchtetste Komplikation ist aber die Hirnentzündung (Masernenzephalitis), manchmal verbunden mit einer Hirnhautentzündung (Masern-Meningoenzephalitis).
Etwa jeder 250. Erkrankte ist von dieser Komplikation betroffen, von denen trotz aller Maßnahmen etwa 20 % versterben. Die meisten Überlebenden leiden an bleibenden Gehirnschäden. Auch am Auge kann es zu Vernarbungen kommen, mit Folgen für die Sehfähigkeit
und damit für Schule und Beruf.
Darüber hinaus gibt es mit der selten auftretenden, aber immer tödlich verlaufenden, sogenannten subakut sklerosierenden Panenzephalitis, kurz SSPE, eine besonders grausame
Spätfolge der Masern: Bei einigen Patienten kommt es Jahre nach den scheinbar überwundenen Masern zu einem rasch fortschreitenden Verlust motorischer und intellektueller Fähigkeiten, bis der Patient schließlich nach einigen Monaten, selten auch Jahren, verstirbt.
Heute betrifft fast ein Drittel der in Deutschland auftretenden Masernfälle Jugendliche und
Erwachsene, bei denen die Komplikationsrate wesentlich höher ist als bei Kleinkindern.
In Deutschland sind Lebendimpfstoffe gegen die Masern verfügbar. Es ist (für beide Geschlechter) sinnvoll, gleichzeitig mit der Impfung gegen Masern auch gegen Mumps und Röteln zu impfen (MMR-Impfstoff). Nur mit einer zweimaligen Dreifach-Impfung gelingt es zuverlässig, sich zu schützen. Für nach 1970 geborene Erwachsene empfiehlt die STIKO bei
unklarem Impfstatus oder bisher nur einmaliger Impfung die Verabreichung einer weiteren
Dosis MMR-Impfstoff. Seit 2006 ist auch eine Kombinationsimpfung (MMRV) verfügbar, die
zusätzlich gegen Windpocken (Varizellen) schützt. Die MMR(V)-Impfung ist auch problemlos
möglich, wenn bereits Immunität gegen Masern, Mumps, Röteln oder Varizellen bestehen
sollte. Die Impfviren werden nicht auf Kontaktpersonen übertragen; die Impfung eines Kindes
ist also auch dann möglich, wenn in der Umgebung eine Schwangere oder ein immungeschwächter Patient lebt. Auch die gelegentlich auftretenden Impfmasern sind nicht ansteckend. Hatten ungeimpfte oder nur einmal geimpfte Kinder Kontakt zu einer an Masern erkrankten Person, sollten sie innerhalb der nächsten drei Tage nach Kontakt geimpft werden.
Dies kann den Ausbruch verhindern oder zumindest abschwächen.
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10.12 Meningokokkenerkrankungen
Meningokokken (Neisseria meningitidis) sind weltweit verbreitete Bakterien, die durch Tröpfcheninfektion oder engen Kontakt übertragen werden. Sie kommen bei ca. 10 % der Bevölkerung im Nasen-Rachenraum vor, ohne krank zu machen. Sie können jedoch verschiedene
Krankheitsbilder auslösen. Vor allem wenn das Immunsystem, etwa durch andere Infektionen, geschwächt ist, vermehren sich die Bakterien, durchdringen die Schleimhäute und lösen Hirnhautentzündung und „Blutvergiftungen“ (Sepsis) aus. Jedes Jahr erkranken einige
hundert Menschen in Deutschland an einer schweren Meningokokken-Infektion, die Mehrheit
davon Kinder unter 4 Jahren. Das Spektrum der Erkrankung reicht von leichten Verläufen
ohne Therapiebedarf bis hin zu einer hochakuten Erkrankung, die trotz Behandlung innerhalb weniger Stunden zum Tod führt. Die Hirnhautentzündung (Meningitis) beginnt mit starkem Krankheitsgefühl, hohem Fieber, Erbrechen, Schüttelfrost, Gelenk- und Muskelschmerzen, Krämpfen oder Bewusstseinsstörungen.
Bewusstseinstrübung, punktförmige Hautblutungen und Kreislaufkollaps sind Hinweise auf
einen lebensbedrohenden Krankheitsverlauf. Gelangen die Erreger in den Blutkreislauf, kann
dies zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung führen. Als typisches Zeichen einer Hirnhautentzündung tritt im Verlauf eine Nackensteifigkeit auf. Aufgrund des oftmals rasanten
Verlaufs nach Erkrankungsbeginn sterben auch heute noch – trotz prinzipiell wirksamer Antibiotika und Intensivmedizin – etwa 10 % der Patienten. Auch Komplikationen und Spätfolgen
wie Blindheit, Hörverlust, Lähmungen, Krampfleiden sowie der Verlust von Gliedmaßen können auftreten.
Es sind 13 verschiedene Meningokokkentypen bekannt, wobei für etwa 90 % der weltweit
auftretenden Erkrankungsfälle die Typen A, B, C und Y (sowie regional W135) verantwortlich
sind. In Deutschland ist sind die B-Meningokokken für etwa 70 % aller Fälle verantwortlich, gefolgt von den C-Meningokokken mit etwa 20 %.
Meningokokken-Erkrankungen können – insbesondere bei schlechten hygienischen Bedingungen – überall auftreten. In Teilen Afrikas jedoch, vor allem südlich der Sahara vom Sudan
bis Gambia, dem sogenannten „Meningitisgürtel“, kommt es insbesondere in der Zeit von
Dezember bis Juni immer wieder zu größeren Meningitis-Epidemien, vor allem durch die
Typen A und C. Eine ähnliche Situation findet sich von November bis Mai auch in Teilen Indiens und Nepals.
Gegen die in Deutschland vorherrschenden B-Meningokokken gibt es bisher noch
keinen Impfstoff, wohl aber gegen die A, C, Y und W135. Eine Impfung kann damit derzeit
nicht alle Meningokokkenerkrankungen verhindern.
Es stehen verschiedene Totimpfstoffe zur Verfügung: So mehrere auch von der STIKO empfohlene Konjugatimpfstoffe gegen die C-Meningokokken, die bereits im Säuglingsalter eingesetzt werden können und Teil des Impfkalenders sind. Seit kurzem ist zudem ein ab 11 Jahren zugelassener Konjugatimpfstoff gegen A, C, Y und W135 verfügbar.
Daneben gibt es zwei Polysaccharidimpfstoffe, die im einen Falle die Typen A und C, im anderen Falle die Typen A, C, Y und W135 abdecken. Beide sind ab 2 Jahren zugelassen.
Neben der im STIKO-Impfkalender bereits allgemein empfohlenen Impfung gegen die CMeningokokken ist eine breitere Impfung, d. h. auch gegen die anderen impfpräventablen
Typen, bei Nachholimpfungen sowie bei Reisen in Gebiete mit erhöhtem Risiko sinnvoll, vor
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allem bei längerem Aufenthalt und engerem Kontakt zur dortigen Bevölkerung. Hier sollte
nach Empfehlungen der STIKO dem Konjugatimpfstoff möglichst der Vorzug gegeben werden.
Schüler und Studenten mit einem längeren Aufenthalt in Ländern wie England, Irland oder
Spanien, in denen die Impfung gegen Gruppe C allgemein oder gezielt für diese Altersgruppe empfohlen wird, sollten ebenfalls geimpft werden. Für USA-Aufenthalte ist für Schüler und
Studenten die Impfung mit einem Vierfach-Konjugatimpfstoff gegen A, C, W135 und Y empfehlenswert.
Saudi-Arabien verlangt während der Mekka-Wallfahrten von Pilgern (Hajj) und Besuchern
eine Bescheinigung über die Impfung (einzutragen in das internationale Impfbuch) mit einem Vierfach-Impfstoff gegen die Typen A, C, W135 und Y. Diese ist für die Einreise frühestens 10 Tage nach der Impfung und für maximal drei Jahre gültig.
10.13 Mumps
Mumps ist eine durch Tröpfcheninfektion übertragene Viruserkrankung. Zwei bis drei Wochen nach der Infektion kommt es bei einem Teil der Infizierten zur Erkrankung, die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits etwa 1 Woche früher. Neben Fieber ist eine Entzündung und
Schwellung der Speicheldrüsen, vor allem der Ohrspeicheldrüsen (aber auch der Bauchspeicheldrüse!) typisch. Essen, Kauen und weites Öffnen des Mundes sind daher oft
schmerzhaft. Bei etwa 10 % der Erkrankten tritt eine entzündliche Reizung der Hirnhäute auf
(Mumps-Meningitis), die oftmals zu starken Kopfschmerzen und Erbrechen führt, meist aber
folgenlos abheilt. Gelegentlich kommt es zu einer Entzündung des Gehirns. Eine seltene,
aber typische Komplikation von Mumps ist eine meist einseitige, mitunter aber auch beidseitige Hörstörung. Mumps ist eine Ursache für bleibende Schwerhörigkeit oder Taubheit bei
Kindern.
Besonders problematisch kann eine Mumpserkrankung nach Beginn der Pubertät sein. Sie
führt bei etwa einem Viertel der Erkrankten zur Entzündung der Geschlechtsdrüsen – den
männlichen Hoden und den weiblichen Eierstöcken. Als Folge kann eine verminderte oder
völlige Unfruchtbarkeit auftreten.
Zur Impfung gegen Mumps muss – wie auch generell von der STIKO empfohlen – ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR) oder Masern-Mumps-RötelnVarizellen (MMRV) verwendet werden.
Die MMR/MMRV-Impfung ist auch problemlos möglich, wenn bereits eine Immunität gegen
Masern, Mumps oder Röteln bestehen sollte. Die Impfviren werden vom Geimpften nicht auf
Kontaktpersonen übertragen, so dass eine Impfung auch bei Kontakt zu Schwangeren möglich ist.
10.14 Pertussis (Keuchhusten)
Keuchhusten oder Pertussis gehört immer noch zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten
im Säuglingsalter. Er wird durch ein Bakterium (Bordetella pertussis) hervorgerufen, das
durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen wird und zu einer Infektion der
Atemwege führt.
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Ein bis drei Wochen nach der Infektion beginnt die Erkrankung mit etwa zwei Wochen anhaltenden, zumeist milden Erkältungssymptomen. In dieser Zeit ist die Ansteckungsgefahr am
höchsten. Danach beginnt die für den typischen Keuchhusten charakteristische, mehrwöchige Phase mit heftigem Husten und anschließend ziehendem und keuchendem Einatmen
(daher der Ausdruck „Keuchhusten“). Der Kopf läuft durch die Anstrengung rot an. Diese
Hustenanfälle wiederholen sich in kurzen Abständen mehrfach. Oft kommt es am Ende zum
Hochwürgen eines zähen glasigen Schleims, häufig auch mit Erbrechen. Zwischen den
hauptsächlich nachts auftretenden etwa 3–20 Anfällen in 24 Stunden sind die Erkrankten bei
komplikationslosem Verlauf meist beschwerdefrei.
Bei jungen Säuglingen kommt es oft zu einem „stillen Husten“ mit lebensbedrohlichen
Atemstillständen, wobei der Umstand, dass die Anfälle hauptsächlich nachts auftreten, ein
zusätzliches Risiko darstellt. Nach Meinung zahlreicher Experten ist Keuchhusten eine der
Ursachen für den plötzlichen Kindstod. Der Sauerstoffmangel kann auch zu bleibenden
Hirnschäden führen.
Unerkannt erkrankte oder infizierte Eltern (50 %) und Großeltern (30 %) sind die häufigste
Keuchhusten-Ansteckungsquelle für Säuglinge.
Durch den Druck bei den Hustenattacken kann es zu Blutungen, beispielsweise in den Augen aber auch im Gehirn kommen. Darüber hinaus sind vor allem bei älteren Menschen
Leistenbrüche, unwillkürlicher Harnabgang, „Hexenschuss“ oder sogar Knochenbrüche möglich. Die Schäden in den Atemwegen ermöglichen anderen Erregern, eine zusätzliche Infektion auszulösen: Lungen- oder Nasennebenhöhlenentzündungen sind keine Seltenheit. Etwa
ein Viertel aller Erkrankten erleidet eine Komplikation; bei den über 60-Jährigen sind es sogar über 40 %.
Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Keuchhusten keine Kinderkrankheit ist. Heute
sind über 80 % der Keuchhustenpatienten in Deutschland Jugendliche oder Erwachsene. Die durchgemachte Erkrankung (wie auch die Impfung) hinterlassen keinen lebenslagen Schutz. Eine neuerliche Erkrankung verläuft jedoch oft untypisch, so dass sie oft
nicht erkannt wird.
Zwar gibt es prinzipiell wirksame Antibiotika gegen die Keuchhustenbakterien, jedoch spielen
nach Beginn der typischen Symptome die Bakterien selbst kaum noch eine Rolle – die Therapie kommt zu spät. Daher kommen auch bei uns immer noch tödlich verlaufende Keuchhustenerkrankungen, vor allem bei Säuglingen, vor.
Eine gute Darstellung der Symptomatik finden Sie online unter: http://whoopingcough.net
Die STIKO empfiehlt die Grundimmunisierung für Säuglinge mit Kombinationsimpfstoffen, die
auch andere empfohlene Impfungen abdecken, und die regelmäßige Auffrischung bis zum
18. Geburtstag. Danach soll bei Erwachsenen bei der nächsten fälligen Tetanus-DiphtherieAuffrischung auch eine Auffrischung gegen Keuchhusten erfolgen.
Frauen mit Kinderwunsch, enge Kontaktpersonen von Säuglingen (Vater, ggf. Großeltern,
Babysitter, Tagesmutter, Hebamme etc.) sollten – sofern kein Schutz durch Impfung oder
durchgemachte Erkrankung in den letzten 10 Jahren besteht – möglichst mindestens 4 Wochen vor Geburt des Kindes eine Dosis Pertussis-Impfstoff erhalten. Darüber hinaus sollte
medizinisches Personal sowie in der Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe oder in Kinderbetreuungseinrichtungen Tätige geimpft sein.
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10.15 Pneumokokkenerkrankungen
Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) sind weltweit verbreitete, oft unterschätzte Bakterien, die durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen werden. Es sind
rund 100 verschiedene Typen bekannt, jedoch sind nur etwa ein Viertel davon (23) für 90 %
aller Erkrankungsfälle verantwortlich.
Viele Menschen tragen diese Bakterien auf ihren Schleimhäuten in sich, meist ohne zu erkranken. Pneumokokken können eine Vielzahl schwerer Krankheiten wie Hirnhaut-, Lungenund Mittelohrentzündung sowie „Blutvergiftung“ auslösen. Typische Krankheitssymptome
sind plötzliches hohes Fieber, Schüttelfrost, Husten oder eitriger Auswurf, bei Hirnhautentzündung zusätzlich die typische Nackensteifheit, darüber hinaus Kopfschmerzen, Übelkeit,
Krampfanfälle und Bewusstseinsstörungen.
Besonders gefährdet sind Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen und Personen mit chronischen Grundleiden. Bei Kindern unter fünf Jahren sind Pneumokokken die zweithäufigste
Ursache akuter bakterieller Hirnhautentzündungen. Etwa 10 % der daran erkrankten Kleinkinder sterben. Weitere 20 % behalten dauerhafte Hirnschäden zurück, so dass manche
dauerhaft zu Pflegefällen werden. Erwachsene erkranken hingegen häufiger an Lungenentzündungen, die bei Älteren häufig besonders schwer verlaufen.
Allein in Deutschland sterben jedes Jahr geschätzte 12.000 Menschen an einer Pneumokokken-Infektion (zum Vergleich: Im Straßenverkehr sterben hierzulande jährlich etwa 5.000
Menschen). Trotz wirksamer Antibiotika tritt die Hälfte dieser Todesfälle bereits innerhalb der
ersten 48 Stunden ein. Pneumokokken und Grippeviren bilden zudem eine bedrohliche Allianz, da sie jeweils dem anderen die Infektion stark erleichtern.
In Deutschland sind verschiedene Totimpfstoffe zum Schutz vor Pneumokokkenerkrankungen verfügbar.
Die STIKO empfiehlt seit 2006 die Pneumokokken-Impfung als Standard für alle Kinder ab
dem 2. Lebensmonat.
Für alle über 60-Jährigen als Standardimpfung empfohlen ist ein Impfstoff der 23 Pneumokokken-Typen abdeckt. Neben den über 60-Jährigen sollen altersunabhängig auch alle
chronisch Kranken mit diesem Impfstoff geimpft werden.
10.16 Poliomyelitis (Kinderlähmung)
Die Kinderlähmung ist eine Viruskrankheit, ausgelöst durch drei verschiedene Poliomyelitisvirustypen, die zu Lähmungen vor allem der Arme und Beine, teilweise auch von inneren
Organen (Harnblase und Darm) sowie der Atmung und damit auch zum Tod des Erkrankten
führen kann. Der Name Kinderlähmung ist irreführend, denn auch Erwachsene können daran
erkranken. Die meisten Erkrankten mit Lähmungen tragen Dauerschäden davon, manche
sind für den Rest ihres Lebens auf technische Hilfe beim Atmen angewiesen. Allerdings erkrankt im Schnitt nur etwa 1 % aller infizierten mit einer Lähmung, meist zeigen sich nur
grippeähnliche Symptome. Jedoch sind alle Infizierten rasch und für 3 Wochen bis 5 Monate
infektiös. Die Übertragung erfolgt dabei fäkal-oral, also durch mangelnde Sauberkeit nach
dem Toilettengang.
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Deutschland und Europa gelten seit 2002 als offiziell poliofrei. Erkrankungen wurden seither
nur von ungeimpften Reisenden aus Ländern mitgebracht, in denen die Krankheit auch heute noch weit verbreitet ist (Abb. 12). Die so eingeschleppten Krankheitserreger könnten sich
in einer Bevölkerung, die nicht mehr gegen Kinderlähmung geimpft wird, rasch ausbreiten.
Deshalb müssen die Impfungen gegen Kinderlähmung auch heute und in naher Zukunft weiter konsequent durchgeführt werden.
Bei den in Deutschland eingesetzten Poliototimpfstoffen handelt es sich um Impfstoffe, die
alle drei Virustypen abdecken. Die STIKO empfiehlt die Grundimmunisierung für Säuglinge
mit Kombinationsimpfstoffen. Gemäß STIKO sollte jeder Erwachsene über eine vollständige
Grundimmunisierung und mindestens eine Auffrischimpfung gegen Poliomyelitis verfügen.
Als einzige Reiseimpfung ist sie auch danach eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen.
10.17 Rotaviren
Rotaviren sind weltweit verbreitete, sehr umweltstabile Erreger von Durchfallserkrankungen.
Sie werden überwiegend fäkal-oral übertragen und zählen zu den ansteckendsten Krankheiten überhaupt – bereits 10 Viruspartikel genügen für eine „erfolgreiche“ Infektion. Aufgrund
dieser Eigenschaften sind Infektionen auch bei gutem Hygienestandard praktisch nicht zu
vermeiden. Rotaviren sind weltweit die mit Abstand häufigste Ursache schwerer Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Praktisch alle Kinder infizieren sich mit Rotaviren in den ersten zwei bis drei Lebensjahren – dem Alter mit dem höchsten Komplikationsrisiko. Mehr als 20 Brechdurchfälle innerhalb von 24 Stunden sind keine Seltenheit, wobei die Erkrankung in schweren Fällen bis zu acht Tage anhalten kann. Bei schweren Verlaufsformen kann es zu Störungen des Elektrolyt- und des körpereigenen Säure-BaseHaushaltes kommen, was im Extremfall zu Organversagen oder sogar zum Tod führen kann.
Rotavirus-bedingte Durchfallerkrankungen sind unberechenbar und nehmen oft einen nicht
vorhersehbarem Krankheitsverlauf.
Manche Kinder entwickeln nur eine mild verlaufende Durchfallerkrankung, aber nicht selten
liegen zwischen dem Beginn erster Symptome und der Notwendigkeit einer Notfallbehandlung im Krankenhaus nur wenige Stunden. Es gibt keine Möglichkeit vorauszusagen, bei
welchem infizierten Kind die Krankheit einen schweren Verlauf nehmen wird, und bis heute
gibt es keine spezifische Therapie. Aufgrund der guten medizinischen Versorgungssituation
sterben – anders als in den meisten „Entwicklungsländern“ – erkrankte Kinder in Deutschland glücklicherweise nur noch in Ausnahmefällen.
Man geht in Deutschland von etwa 500.000 Rotavirus-Erkrankungen pro Jahr aus, von denen etwa 100.000 beim niedergelassenen Arzt und ca. 15.000 stationär im Krankenhaus
behandelt werden müssen. Erkrankte Kinder sind gemäß Infektionsschutzgesetz vom Besuch vom Kinderhort bzw. Kindergarten und ähnlichen öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen ausgeschlossen. Daher führt auch ein milder Verlauf für die Eltern oft zu erheblichen
organisatorischen Problemen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz.
In Deutschland sind zwei sehr sichere und gut verträgliche Schlucklebendimpfstoffe verfügbar, mit denen auch frühgeborene Kinder geimpft werden können. In beiden Fällen muss die
Impfung nach der 6. Lebenswoche und vor der 12. Lebenswoche begonnen und vor der 24.
bzw. 26. Lebenswoche (d. h. mit einem halben Jahr) abgeschlossen werden.
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Anders als beispielsweise in Österreich, Australien oder den USA – wo sich jeweils bereits
deutliche Erfolge der Impfung zeigen – ist die Rotavirus-Impfung in Deutschland noch nicht
von der STIKO empfohlen. Sie ist daher noch keine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Allerdings erstatten schon heute die Krankenkassen von mehr als 60 % aller
Säuglinge auf freiwilliger Basis die Impfung, weitere auf individuelle Anfrage. Die Kosten der
Impfserie (2 oder 3 Impfschlucke) sind bei beiden Impfstoffen gleich.
Genauere Informationen auch zu Erstattungsfragen finden Sie online beispielsweise unter
¾ http://www.rotavirus-info.de
¾ http://impfkontrolle.de
¾ Deutschen Grünes Kreuz (http://www.dgk.de)
Als weitergehende Literatur empfiehlt sich beispielsweise:
¾ Schuster V. Rotavirus-Infektion – Prophylaxe und Therapie (2006); Uni-Med Verlag
10.18 Röteln
Das vor allem durch Tröpfcheninfektion übertragene Rötelnvirus verursacht die Röteln, eine
normalerweise harmlose Erkrankung, die eine meist lebenslange Immunität hinterlässt.
Die Problematik der Röteln liegt in der Infektion von Schwangeren, insbesondere im ersten
Drittel der Schwangerschaft. Hierbei infiziert das Virus fast immer auch das ungeborene
Kind und führt dort zu schwerwiegenden Missbildungen, vor allem der Augen, des Gehörs und des Herzens sowie zu Fehlgeburten. Gegen Röteln gibt es keine Therapie. Daher wird bei jeder Schwangerschaft vom betreuenden Gynäkologen die RötelnImmunitätslage bestimmt (etwa 6 % der Schwangeren haben keinen ausreichenden Schutz!)
und in den Mutterpass eingetragen. Ist der Schutz unzureichend, muss die Schwangere von
eventuellen Infektionsquellen ferngehalten werden, was – je nach Tätigkeit – ggf. ein vorübergehendes Arbeitsverbot einschließt. Ihre Umgebung sollte zur Unterbrechung von Infektionsquellen geimpft werden (das Impfvirus ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar).
Bei den Röteln kommt es zwei bis drei Wochen nach der Infektion zu Fieber, Schnupfen,
Kopfschmerzen, in manchen Fällen Gelenkschmerzen mit Gelenkentzündungen, einem Anschwellen der Hals- und Nackenlymphknoten und einem blassrosaroten Hautausschlag.
Mehr als die Hälfte der Infizierten zeigt jedoch überhaupt keine Krankheitssymptome – ist
aber dennoch ansteckend. Dies ist für Schwangere ein besonderes Problem, da sie so oftmals gar nicht erkennen können, dass sie Kontakt mit Röteln hatten oder haben.
Mit der generellen zweimaligen Rötelnimpfung für Jungen und Mädchen soll möglichst verhindert werden, dass sich Schwangere überhaupt infizieren können. Auch bei Frauen im
gebärfähigen Alter sollte bei unklarem Impfstatus oder bisher nur einmaliger Impfung ein
Schutz durch insgesamt zwei Impfungen aufgebaut werden. Die STIKO empfiehlt in allen
Fällen einen der Kombinationsimpfstoffe (zusammen mit einem Schutz gegen Masern,
Mumps und evtl. Varizellen; MMR bzw. MMRV) einzusetzen, unabhängig davon, ob gegen
die anderen im Impfstoff abgedeckte Erkrankungen bereits Immunität besteht oder nicht.
Die Impfung ist für Frauen mit Kinderwunsch und ohne ausreichenden Schutz auch nach
dem 18. Geburtstag eine Pflichtleistung der Krankenkasse. Auch in diesen Fällen wird die
MMR-Kombinationsimpfung eingesetzt.
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10.19 Tetanus (Wundstarrkrampf)
Wundstarrkrampf oder Tetanus nimmt eine gewisse Sonderstellung unter den Infektionskrankheiten ein, da ein an Tetanus Erkrankter für andere nicht infektiös ist. Tetanus ist eine
lebensgefährliche Krankheit, die Menschen jeden Alters bedroht und durch Giftstoffe des
Bakteriums Clostridium tetani hervorgerufen wird. Der vor allem in der Erde und im Straßenstaub vorkommende Erreger kann durch Schnitt-, Riss-, Biss- oder Schürfwunden sowie offene Ekzeme und Verbrennungswunden in die Haut gelangen, sich vermehren und das für
das Krankheitsbild verantwortliche Gift bilden. Muskelkrämpfe, die sogar zu Knochenbrüchen
führen können, kennzeichnen das meist sehr schwere Krankheitsbild. Die Beteiligung der
Atemmuskulatur führt ohne Therapie zum Erstickungstod. Aber auch bei modernen Behandlungsmethoden liegt die Sterblichkeit ungeimpfter Tetanuskranker noch immer bei mehr als
30 %. Eine überstandene Erkrankung führt nicht zur Immunität, man kann immer wieder an
Tetanus erkranken. Einzig die vollständige Impfung und deren regelmäßige Auffrischung alle
10 Jahre bietet Sicherheit. Ältere Menschen sind besonders gefährdet, an Tetanus zu erkranken, da sie häufig durch unterlassene Auffrischimpfungen über keinen ausreichenden
Impfschutz mehr verfügen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die jährlich bis zu 15 Tetanustodesfälle in Deutschland überwiegend ältere Menschen betreffen. Mit Tetanus-Bakterien
infizierten sie sich meist durch leichte Verletzungen oder durch andere Wunden, die im höheren Alter häufig sind, etwa ein offenes Bein oder schlecht heilende Wunden, beispielsweise
bedingt durch eine Zuckerkrankheit.
In Deutschland sind verschiedene Tetanus-Totimpfstoffe als Einzelimpfstoffe und in zahlreichen Kombinationen für jedes Alter verfügbar.
10.20 Tollwut (Rabies)
Die Tollwut ist eine hauptsächlich über den Speichel infizierter Tiere übertragene Viruserkrankung des Zentralnervensystems. Insbesondere über Bisse, aber auch durch Lecken
an (auch nur leicht) verletzter Haut gelangt das Virus in den Körper. Dort wandert es langsam entlang der Nervenbahnen bis in das Rückenmark und das Gehirn, wo es sich vermehrt
und sich schließlich weiter ausbreitet. Von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit
vergehen zwischen zehn Tage bis viele Monate, manchmal sogar Jahre. Nicht jeder Infizierte
erkrankt, aber jeder Erkrankte stirbt – bis heute ist keine wirksame Therapie bekannt. Der
Verlauf der Tollwut ist grausam. Bei lang andauerndem vollem Bewusstsein kommt es zu
schweren Muskelkrämpfen, im weiteren Verlauf zu Lähmungen. Oft lösen Licht oder auch
angebotenes Wasser heftige Abwehrreaktionen aus (sogenannte Photophobie und Hydrophobie). Schlucken führt zu massiven, äußerst schmerzhaften Schlundkrämpfen, weshalb
die Patienten ihren Speichel lieber aus dem Mund laufen lassen, als ihn zu schlucken. Der
Tod tritt meist durch Atemlähmung ein.
In Europa sind überwiegend Füchse, aber auch Fledermäuse, Überträger. In anderen Regionen der Welt spielen auch weitere Tiere, z. B. streunende Hunde und Katzen, eine wichtige
Rolle. Während die Tollwut in Nordamerika und Europa durch die Impfung der Füchse stark
zurückgedrängt wurde, stellt sie vor allem in Asien, aber auch in Afrika und Lateinamerika
weiterhin eine erhebliche Gefahr dar. Noch heute sterben weltweit jedes Jahr etwa 100.000
Menschen an der Tollwut.
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In Deutschland stehen sehr gut verträgliche Impfstoffe aus abgetöteten Tollwutviren zur Verfügung. In Abhängigkeit davon, ob die Impfung zur Vorbeugung oder aber nach Erregerkontakt erfolgt, unterscheidet sich die Zahl der erforderlichen Impfdosen und der Abstand zwischen den Impfungen. Nach Kontakt mit einem möglicherweise tollwutinfizierten Tier ist bei
fehlender vorbeugender Impfung neben der Impfstoffgabe oft zusätzlich eine passive Immunisierung mit Antikörpern erforderlich. Aber auch bei früher einmal durchgeführter vorbeugender Impfung muss umgehend ein Arzt aufgesucht werden, um zu klären, ob eine Auffrischung oder weitere Maßnahmen erforderlich sind.
Es ist wichtig zu wissen, dass vor allem in vielen sogenannten „Entwicklungsländern“ immer
noch Tollwut-Impfstoffe Verwendung finden, die bei höherer Nebenwirkungsrate eine wesentlich geringere Wirksamkeit aufweisen als die in den Industrienationen verfügbaren Präparate. Im Zusammenhang mit Tollwut im Ausland sollten sich vor allem ungeimpfte Urlauber
erkundigen, welche Impfstoffe verwendet werden, und notfalls den Aufenthalt abbrechen, um
zur Impfbehandlung oder Auffrischung der Impfung nach Deutschland zurückzukehren.
Deutschland gilt derzeit als tollwutfrei. Daher wird die Impfung zur Vorbeugung in Deutschland nur beruflich Gefährdeten (z. B. Forstpersonal und Jäger in Gebieten mit neu aufgetretener Tollwut) sowie für Reisen in entsprechende Regionen bei möglichem Kontakt, insbesondere bei Rucksack-, Abenteuer- und Trekkingreisen und bei Reisen in Länder ohne ausreichende medizinische Versorgung, empfohlen.
10.21 Typhus
Typhus ist eine durch das Salmonella typhi-Bakterium hervorgerufene Infektionskrankheit.
Es handelt sich um eine schwere Infektion mit hohem Fieber um die 40 °C, die sich etwa
über drei Wochen hinzieht. Das Fieber kann aber auch länger anhalten. Weitere Begleiterscheinungen sind Durchfälle, Benommenheit sowie eine angeschwollene Milz oder Leber.
Wegen seines zu Beginn häufig uncharakteristischen Krankheitsbildes wird Typhus oft erst
spät erkannt. Bei Komplikationen wie Darmblutungen oder Lungentyphus kann die Krankheit
auch tödlich verlaufen. Ohne Behandlung mit Antibiotika sterben etwa 10 bis 15 % der Erkrankten, mit Behandlung etwa 1 bis 2 %. Rund 2 bis 3 % der Erkrankten werden zu sogenannten Dauerausscheidern, die für ihr weiteres Leben ansteckend bleiben.
Wie verbreitet Typhus in einem Land ist, steht in engem Zusammenhang mit den dort herrschenden hygienischen Verhältnissen. Die Übertragung des Erregers erfolgt durch mit Stuhl
verunreinigte Nahrungsmittel und Getränke sowie durch Schmierinfektion. Regelmäßiges
Händewaschen und Vorsicht beim Essen sind deshalb auch hier dringend zu empfehlen. In
den meisten Industrieländern ist Typhus heute sehr selten. Die Ansteckungsgefahr besteht
vor allem in Nord- und Zentralafrika, aber auch in Asien, Süd- und Mittelamerika sowie
manchmal auch in Südeuropa.
Es stehen zwei Impfstofftypen zur Verfügung. Ein Lebendschluckimpfstoff und verschiedene
Totimpfstoffe, die auch in Kombination mit einem Schutz gegen Hepatitis A verfügbar sind.
Beim Schluckimpfstoff müssen für einen Impfschutz drei Kapseln im Abstand von je zwei
Tagen eingenommen werden, bei den Totimpfstoffen erfolgt eine Injektion.
Die Impfung wird allen Reisenden in Gebiete empfohlen, in denen Typhus weit verbreitet ist,
besonders wenn sie unter schwierigen hygienischen Bedingungen reisen. Aufgrund der
Problematik mit symptomlosen Dauerausscheidern ist das Infektionsrisiko aber auch bei ei-
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nem „Pauschalurlaub“ nicht auszuschließen, z. B. wenn Ausscheider von Typhusbakterien in
Hotels als Küchenpersonal arbeiten. Die Impfung wird deshalb für solche Länder auch Pauschalurlaubern empfohlen.
10.22 Varizellen (Windpocken)
Die Windpocken (Varizellen) sind eine sehr ansteckende Krankheit, die weltweit verbreitet ist
und durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV) hervorgerufen wird. Die Ansteckung erfolgt von
Mensch zu Mensch durch direkten Körperkontakt oder durch Tröpfcheninfektion.
Meist von Fieber begleitet kommt es etwa zwei Wochen nach der Ansteckung zu einem für
die Windpocken typischen, stark juckenden Hautausschlag: kleine rote Flecke, aus denen
sich rasch flüssigkeitsgefüllte Bläschen entwickeln. Diese trüben ein und verschorfen nach
einigen Tagen. Diese schubweise auftretenden Erscheinungen finden sich fast auf der gesamten Haut (sowie teilweise auch der Mundschleimhaut oder sogar der Scheide) in unterschiedlichen Entwicklungsstadien.
Der starke Juckreiz führt vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern oft zu starkem Kratzen,
wodurch Bakterien eindringen können und zu einer zusätzlichen Infektion führen können.
Auch hinterlassen die aufgekratzten Bläschen oft Narben.
Infizierte sind bereits zwei Tage vor Symptombeginn über Tröpfcheninfektion ansteckend,
nach Ausbruch der Hautsymptome kommt Kontakt mit dem stark virushaltigen Bläscheninhalt als Infektionsquelle hinzu. Bei gesunden Kindern sind schwerwiegende Komplikationen
bei Windpocken wie eine Gehirn- oder Lungenentzündung eher selten. Demgegenüber haben Jugendliche und Erwachsene ein höheres Risiko, schwer – mitunter auch tödlich – zu
erkranken. Besonders gefährdet sind alle nicht immunen Personen mit geschwächtem Immunsystem.
Gefährlich sind Windpocken zudem auch für nicht immune Schwangere. Bei Infektionen vor
allem bis zur 20. Schwangerschaftswoche können schwere Fehlbildungen beim Ungeborenen auftreten, allerdings ist das Risiko geringer als bei den Röteln. Erkrankt die Mutter um
den Geburtstermin (etwa fünf Tage vor bis zwei Tage nach der Entbindung), können Windpocken beim Neugeborenen oft lebensbedrohlich und komplikationsreich verlaufen, weil vor
der Geburt nicht genügend Antikörper von der Mutter aufs Kind übertragen wurden. Häufig
verlaufen die Windpocken bei Schwangeren in der zweiten Schwangerschaftshälfte auch
wesentlich schwerer und komplikationsreicher als bei gleichaltrigen, nicht schwangeren
Frauen.
Nach dem Abheilen verbleiben einige Viren lebenslang in bestimmten Nervenzellen. Von hier
aus können sie vor allem im höheren Lebensalter oder bei Abwehrschwäche wieder aktiv
werden und die Gürtelrose (auch Zoster oder Herpes zoster genannt) hervorrufen. Erwachsene mit Gürtelrose können Windpocken auf Ungeschützte übertragen, während umgekehrt
ein windpockenkrankes Kind keine Infektionsquelle für eine Gürtelrose darstellt.
In Deutschland sind Einzelimpfstoffe und Kombinationsimpfstoffe (zusammen mit einem
Schutz gegen Masern, Mumps und Röteln) verfügbar. Die STIKO empfiehlt die zweimalige
Impfung ab dem 11. Lebensmonat bis zum 2. Geburtstag. Darüber hinaus sollen Kinder und
Jugendliche sowie weitere Personen, die die Windpocken noch nicht durchgemacht haben
und bisher noch nicht zweimal geimpft wurden, ebenfalls zweimal geimpft werden.
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Dies gilt beispielsweise für Frauen mit Kinderwunsch, Neurodermitiker, Patienten vor geplanter immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation sowie deren Kontaktpersonen
und medizinisches Personal. Auch in Kinderbetreuungseinrichtungen Tätige sollten ausreichend geschützt sein.
Bei allen genannten Personengruppen müssen zwei Impfungen im Mindestabstand von vier,
besser sechs Wochen verabreicht werden. Eine nachträgliche Impfung, die den Ausbruch
verhindert oder aber abschwächt, ist nach Kontakt zu einem Windpocken- oder Zosterpatienten innerhalb weniger Tage möglich.
Die VZV-Impfviren können in extrem seltenen Fällen auf Kontaktpersonen übertragen werden, allerdings – im Gegensatz zu den echten Windpocken – nur über direkten Kontakt mit
Bläscheninhalt, die nur bei etwa 5 % der Geimpften im Rahmen der ansonsten harmlosen
Impfvarizellen auftreten. Personen mit stark geschwächter Abwehr und Schwangere ohne
gesicherten Schutz gegen Windpocken sollten daher den Kontakt zu Geimpften meiden, bei
denen Windpockenbläschen aufgetreten sind. Die Empfehlung gilt bis fünf Tage nach Auftreten der letzten frischen Bläschen.
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