Kirche und Politik Die Bedeutung der Botschaft Jesu im Umfeld der Parteien und ihrer Programme 1. Glaube ist politisch Glaube ist nicht nur Sache der Innerlichkeit, der Haltung des Vertrauens in das bergende, aber auch herausfordernde Geheimnis Gottes. Die Außenseite des Glaubens ist ein vom Glauben geprägtes Handeln im gesellschaftlichen Kontext. In diesem Sinn hat Glaube immer eine politische Dimension – von seiner Mitte her. - Wer sich zu Gott dem Schöpfer bekennt, zu Gott, der diese Welt in die Verantwortung der Menschen gegeben hat, der kann nicht gleichgültig sein gegenüber der Zerstörung der Schöpfung und einer unverantwortlichen Ausbeutung der Ressourcen dieser Erde. - Wer sich zu Jesus Christus bekennt, der das zerstreute Volk Israel gesammelt hat, der Zöllnern und Sündern in seiner Mitte einen Platz gegeben, der Frauen respektiert und Kinder zu sich gerufen hat, wer sich zu diesem Jesus bekennt, kann nicht gleichgültig sein gegenüber sozialen Konflikten, dem Graben zwischen Reich und Arm, gegenüber Benachteiligung und Ausgrenzung. - Wer sich zum Heiligen Geist bekennt, der das Angesicht der Erde erneuert, kann nicht gleichgültig sein gegenüber gesellschaftlichen Umbrüchen, neuen sozialen Bewegungen, den Zukunftsfragen der Menschheit. 2. Politik ist nie wertneutral Politik als Gestaltung der Gesellschaft orientiert sich an dem, was für verschiedene Gruppen oder die Gesellschaft als Ganze „wünschenswert“ ist. Dies bestimmt sich entscheidend nach Erfahrungen: Kontrast- (So nicht!) und Sinn-Erfahrungen (Es geht (mir auf)!) und wird in „Werten“ formuliert. Da die Erfahrungen nach Geschichte und Lebenslagen der Menschen unterschiedlich sind, ist eine Abstimmung der Vorstellungen vom Wünschenswerten notwendig. Die Pluralität von Erfahrungen und Werten fordert Diskurs und Dialog, Auseinandersetzung und Verständigung, um in Vereinbarungen (Normen) das Wünschenswerte umzusetzen. 3. Wie christliche Werte in die Politik eingebracht werden Als Glaubensgemeinschaft hat Kirche je nach politischem System unterschiedliche Möglichkeiten und Grenzen ihres Wirkens und damit des Einbringens von Werten. In einer parlamentarischen Demokratie können Kirchen ihre Werte einbringen: durch öffentliche Stellungnahmen der Kirchenleitungen als Beitrag zur ethischen Urteilsbildung bezüglich der Ziele wie der Mittel politischer Entscheidungen und durch das Engagement von Christinnen und Christen in politischen Parteien, Interessensvertretungen oder in zivilgesellschaftlichen Bewegungen. Im Respektieren der „relativen Autonomie“ der Sachbereiche und einer legitimen Pluralität möglicher Lösungen artikulieren die Kirchen ihr Verständnis von Mensch und Gesellschaft und ermutigen dazu, in eigener Verantwortung Lösungen in der angezeigten Richtung zu suchen. 4. Glaubwürdigkeit entscheidet sich an der Praxis Glaubwürdig ist das Einbringen christlicher Werte dort, wo die Kirchen und einzelne Christinnen und Christen ihre eigene Praxis danach ausrichten und damit Zeichen setzen: mit sozialen Einrichtungen und Initiativen, in Schulen und Bildungseinrichtungen, durch das Engagement in Projekten für Arbeitslose, Flüchtlinge, behinderte Menschen und sozial Benachteiligte, in Eine-Welt- und entwicklungspolitischen Aktionen, in Umweltinitiativen. Die Vielfalt der Probleme erfordert auch eine Vielfalt von Beiträgen. In ihnen übernehmen Christinnen und Christen Verantwortung für die Gestaltung der Welt, die Gott in unsere Hände gelegt hat. Gesellschaftspolitisches Engagement bringt Glauben zum Ausdruck. P. Alois Riedlsperger SJ, Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe), 1010 Wien, Schottenring 35 T: 01/310 51 59; F: 01/310 68 28; www.ksoe.at St. Georgen/Längensee 2013-04-04