Oktober 2010- eine Rezension von Tina Hormann: Alice Schwarzer – DIE GROSSE VERSCHLEIERUNG Für Integration, gegen Islamismus Alice Schwarzers neustes Buch (erschienen am 23. September 2010) ist eine Sammlung von politisch kritischen Auseinandersetzungen bezüglich des Islamismus in Deutschland, Frankreich und in islamischen Ländern. Unter den Überschriften „Mitten in Europa“, „Sie sagen nein!“, „Die KonvertitInnen“, „Exempel Frankreich“ und „Sind sie verloren?“ vereint das Buch Artikel von Alice Schwarzer, der EMMA - Verlegerin und Herausgeberin selbst, sowie von anderen Betroffenen und Expertinnen dieser Thematik, die in den letzten Jahren in der EMMA erschienen sind. Dabei wenden sich die Autorinnen, allen voran Alice Schwarzer, keineswegs gegen den Islam als Religion, sondern setzen sich kritisch mit dem aufkommenden Islamismus, also dem politisierten Islam, auseinander. Schon im Vorwort des Buches fordert Schwarzer genaues Hinsehen, denn die wahren Ziele der islamistischen Akteure, die mehr mit Macht als mit Glaube zu tun hätten, würden verschleiert, sodass Gutgläubige im Namen von falscher Toleranz und Religionsfreiheit in die Irre geführt würden. Thematisiert werden u.a. die Islamisierung des Westens, die für Schwarzer ganz klar die Einführung der Scharia in Europa bedeutet und die Debatte um die Verschleierung der Frauen. Für Schwarzer, genau wie für viele andere, ist das Kopftuch seit dem Sieg des iranischen Gottesstaates 1979 weltweit die Flagge der Islamisten, das sich seither auf dem Weg mitten nach Europa befindet, bis hinein in deutsche Schulen. Das Buch grenzt sich ab von „arroganten Westlern“ und wendet sich gegen eine „falsche Toleranz“, mit der wenig erreicht wird und am Ende die Gleichberechtigung der Geschlechter und eine angemessene Integration verhindert. Gefordert wird immer wieder die Achtung der eigenen, in unserem Kulturkreis üblichen Werte und Normen, die aus Angst vor Rassismus meist nicht artikuliert werden. Eine zu liberale Einstellung zum Kopftuch sei beängstigend, denn dabei handele es sich nicht nur um eine Glaubensfrage sondern um eine politisch, die zu einer systematischen Entrechtung der Frauen und Mädchen führe. Beeindruckend sind die Schilderungen von muslimischen Frauen, die sich gegen den politischen Islamismus auflehnen und für Verbote der Verschleierung von Frauen kämpfen. Genau wie viele Feministen weltweit wehren sie sich gegen die Erniedrigung der Frauen, fordern Gleichberechtigung der Geschlechter und erkennen in der Trennung von Staat und Religion die Grundlage für Demokratie. Ob in der Türkei, im Iran, in Afghanistan oder im Irak, das Buch zeigt anhand von Berichten betroffener Frauen, was mit Gegnern der Islamisten geschieht. Des Weiteren wird hingewiesen auf die Gefahren des Internets, wo perfekte Anleitungen zur Parallelgesellschaft gegeben werden und Propaganda für fundamentalistisches Gedankenguts betrieben wird. Auch die Rolle, die KonvertitInnen für die islamistische Gemeinde spielen und die Bedeutung von Konversionen stellt das Buch sowohl anhand von Fakten als auch von Erfahrungsberichten anonymer Autorinnen dar. Gegen Ende des Buches werden die Zustände in Frankreich dargestellt, wo die fundamentalistische Radikalisierung durch Islamisten doppelt so stark ist wie in Deutschland. Abschließend wird der Leser mit harten Erfahrungsberichten aus Afghanistan, Irak und Iran konfrontiert. 1 Alles in allem für mich ein Buch, das sich kritisch mit den Zuständen der islamischen Welt auseinandersetzt, sich auf Zahlen und Fakten bezieht, aber auch Erfahrungsberichte von Betroffenen mit einbezieht. Durch die Vielzahl von Autorinnen präsentiert das Buch Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und gewinnt an Breite. Kritik am Islam bzw. am Islamismus, vor allem von muslimischen Frauen, erzeugt beim Leser eine enorme Glaubwürdigkeit. Vor allem als Leserin fühlt und leidet man stellenweise mit den betroffenen Frauen. Im Ansatz wird versucht das dicht gesponnene Netz der islamistischen Elite in Deutschland zu durchleuchten. Es erstaunt welch große Rolle deutsche Konvertiten dabei spielen. Insgesamt ist das Buch für Interessierte der Thematik eine brisante Lektüre. Es kommt allerdings an vielen Stellen zu Wiederholungen – liegt sicherlich an der Struktur von unabhängig voneinander erschienen Artikeln – die auf den Leser stellenweise ermüdend wirken. Die Mischung aus älteren (2002) und aktuellen Artikeln (2010) zeigen einerseits die Entwicklung und vor allem die Dauer der Debatte, andererseits wird der in die Thematik einsteigende Leser verwirrt, da nicht selten erst am Ende des Artikels eine zeitliche Einordnung der gelesenen Inhalte vorgenommen wird. Nichtsdestotrotz ist das Buch eine Lektüre sowohl für Einsteiger, die sich basierend auf Zahlen und Erfahrungsberichten betroffener Frauen schlau machen wollen, als auch für Experten, die sich die Entwicklungen der letzten Jahre wieder ins Gedächtnis rufen wollen. 2