GERHARD SILBERBAUER QUALITATIVE RAUMENTWICKLUNG. EINE HERAUSFORDERUNG FÜR NIEDERÖSTERREICH IM ZUGE DER EUERWEITERUNG. Die Region beiderseits der 404 km langen Grenze Niederösterreichs zur Tschechischen Republik und zur Slowakei ist ein Raum mit rund 2 Millionen Menschen. Sieht man von der Großstadt Bratislava ab, gibt es im Niederösterreichisch-Tschechisch-Slowakischen Grenzraum insgesamt 20 Städte mit mehr als 10.000 Einwohner: 17 jenseits der Grenze, 3 bei uns. Reiht man diese 20 der Größe nach, so befinden sich die größten NÖ Städte im Grenzraum am untersten Ende dieser grenzüberschreitenden Rangordnung: Hollabrunn, Mistelbach und Zwettl. Was die Einwohnerzahl der Städte im Grenzland oder deren „kritische Masse“ - wie es im regionalpolitischen Jargon vieler EU-Dokumente heißt - anbelangt, haben die Tschechen und Slowaken die Nase weit vorne. Budweis (50 km von Gmünd entfernt) hat rund 100.000 Einwohnern, Jindrichuv Hradec (Neuhaus), etwa gleich weit von Gmünd entfernt wie Budweis, hat 23.000 Einwohner, Znaim (36 km nördlich von Hollabrunn) hat 36.000 Einwohner, Breclav (Lundenburg, 35 km nordöstlich von Mistelbach) hat 27.000 Einwohner, Hodonin (56 km ebenfalls nordöstlich von Mistelbach) ist etwa ebenso groß wie Breclav. Malacky, Senica und Pezinok mit um die 20.000 Einwohnern wären eigentlich nur Katzensprünge von unseren Grenzgemeinden entfernt –gäbe es leistungsfähige Grenzübergänge über die March. Können wir den Größenvorsprung der Tschechischen und Slowakischen Städte im Grenzland wettmachen, können wir verhindern, dass unsere Zentren dadurch an Bedeutung verlieren werden? Wir haben dann gute Karten in der Hand, wenn wir uns vornehmen, die größere Quantität jenseits der Grenze durch ein Mehr an Qualität oder durch eine bessere Vernetzung unserer Städte mit ihrem Umland, aber auch mit anderen Städten diesseits und jenseits der Grenze wettzumachen. Glücklicherweise schlafen unsere Städte nicht, sondern sind längst voll auf den Zug des Fitness-Programms des Landes aufgesprungen. Zum Beispiel Waidhofen an der Thaya, in dem ein multifunktionales innerstädtischen Nahversorgungs- und Dienstleistungszentrum zustande kam oder Laa, das nächstes Jahr ein großartiges Thermalbad eröffnen kann. Regionale Innovationszentren in Hollabrunn und Krems – letzterem sind ein Biotechnisches und ein Medizintechnisches Zentrum angeschlossen – sind weitere Belege dafür, dass unsere Städte bemüht sind, Funktionen zu erfüllen, die meist größeren Städten vorbehalten sind. Auch auf schulischem Gebiet versuchen die Städte aufzurüsten. Die Donau-Universität in Krems erweist sich immer mehr als wichtiger Motor im Vorbereitungsprozess auf die EU-Erweiterung. In Bruck an der Leitha ist man dabei, die Fußgänger-Zone und den Stadtplatz mit dem gleichen Komfort auszustatten, denn sonst nur Einkaufzentren bieten, mit günstig erreichG:\RU2\OEFFENTLICHKEITSARBEIT\LEK\TAGUNGSMAPPE\SILBERBAUER.DOC baren Parkmöglichkeiten, einheitlichen Öffnungszeiten der Geschäfte, einem beieindruckenden Ambiente usw. Zwettl ist dabei, ein Fußwegesystem zu realisieren, das die einzelnen Teile der Stadt besser verbinden soll. Laa und Retz sind schon vor geraumer Zeit darangegangen, eine bemerkenswerte Zusammenarbeit und Funktionsteilung mit ihren Umlandgemeinden in Gang zu bringen. Auch die Zusammenarbeit mit einem Partner jenseits der Grenze, wie sie die beiden Städte Poysdorf und Malacky, eingeleitet haben, um ihre Industriezentren (IZ) in Schwung zu bringen, ist ein erfolgversprechender Weg, aus der „Kleinheit“ auszubrechen und funktionelle Bedeutung zu gewinnen. ________________________________________ DR. GERHARD SILBERBAUER EU-ERWEITERUNGSBEAUFTRAGTER DES LANDES NIEDERÖSTERREICH G:\RU2\OEFFENTLICHKEITSARBEIT\LEK\TAGUNGSMAPPE\SILBERBAUER.DOC