Europa Nostra Kongress 2004, München Ein Beitrag von Carolin Ahrendt, Korrespondentin, München Europa Nostra, der pan-europäische Verband für Kulturerbe und Denkmalpflege mit Sitz in Den Haag, hat seinen Jahreskongress 2004 Anfang Juni in München abgehalten, und damit zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder in Deutschland (nach Berlin 1994). Bei dem Kongress wurden in bewährter Weise verbandstechnisch notwendige Veranstaltungen wie Beirats- und Mitgliederversammlung kombiniert mit internen Fachgruppen-Treffen zu den Themenfeldern, die aktuell im Fokus der Arbeit von Europa Nostra stehen, nämlich der Einfluss auf die Europapolitik sowie Unterstützungsmöglichkeiten für Zentral- und Osteuropa. Daneben gab es aber erstmals mit einer Podiumsdiskussion sowie dem Festakt zur Verleihung des Preises der Europäischen Union für das Kulturerbe/ Europa Nostra Preis 2003 auch öffentliche Veranstaltungen innerhalb des Kongresses. Die Podiumsdiskussion zum Thema Erhalt und Nutzung von Sakralgebäuden in Europa ging der länderübergreifend akuten Frage nach, wie mit dem Erhalt und der Restaurierung von Sakralgebäuden umzugehen ist angesichts dem Zahn der Zeit, der beständig an Kirchen und Kathedralen nagt, schwindender Besucherzahlen bei Gottesdiensten und allgemein kleiner werdender Finanztöpfe. Das mit Prof. Andrzej Tomaszewski (Präsident von ICOMOS Polen), Angus Fowler (Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V., Berlin), Emil van Brederode (Stichting Nationaal Contact Monumenten, Amsterdam) und Lester Borley (ehem. The National Trust for Scotland, Edinburgh und ICOMOS UK, London) international besetzte Podium stellte einhellig fest, dass das europäische Kulturerbe ein gemeinsames und grenzüberschreitendes ist, das Menschen braucht, die sich dafür zuständig fühlen. Umgekehrt ist ein Kulturdenkmal, das als solches aus politisch-religiösen Gründen abgelehnt wird und daher nicht erhalten werden soll oder aufgrund von Finanznöten von seiner Gemeinde nicht erhalten werden kann, dem Tode geweiht. In den Niederlanden hat man mit der erweiterten Nutzung von Sakralgebäuden einen Weg gefunden, die Kirchen inhaltlich neu auszurichten und damit gleichzeitig Finanzierungsquellen aufzutun. Zwei Bedingungen kristallisierten sich im Lauf der Diskussion an diese Umnutzung heraus: Sie muss reversibel zu sein – denn wer weiß, ob wir die Kirchen nicht in 50 Jahren wieder für religiöse Zwecke benötigen? – und den ursprünglichen Zweck des Gebäudes respektieren und zwar kreativ, aber dennoch sensibel mit ihm umgehen. Kirchen als Orte von Ruhe und von Gemeinschaft sollen daher Teil des öffentlichen Lebens bleiben und eignen sich damit v.a. als Konzert- und Theaterräume, Versammlungshallen oder Bibliotheken. Anschauliches Beispiel für eine derart neu genutzte Kirche ist die Allerheiligen Hofkirche in der Münchner Residenz, die am darauffolgenden Tag Ort der Preisverleihung war. 41 von einer unabhängigen Jury ausgewählte Preisträger aus 18 europäischen Ländern wurden von Europa Nostra ausgezeichnet für vorbildliche Maßnahmen zur Bewahrung des europäischen Kulturerbes. Zusätzlich haben Prinz Henrik von Dänemark und Harald Hartung, Referatsleiter Kultur in der Generaldirektion für Bildung und Kultur der Europäischen Kommission elf Medaillen (2. Preis) und 24 Diplome (3. Preis) für eine Vielzahl herausragender Denkmalschutz-/ Kulturerbe-Projekte vergeben. Viviane Reding, bei der Europäischen Kommission zuständig für Bildung und Kultur, unterstrich die Bedeutung dieser Preisausschreibung im Kontext der Erweiterung – und damit Bereicherung – der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedsländer, die alle stolz sind auf ihr reiches Kulturerbe und ein hohes Niveau bei denkmalpflegerischen Maßnahmen, was beides gesichert, gefördert und an neue Generationen weitergegeben werden muss. Schon seit 1978 hat Europa Nostra einen europaweiten DenkmalpflegeWettbewerb veranstaltet; in 2002 hat die Europäische Kommission Europa Nostra ausgewählt, diesen Preis gemeinsam zu verleihen und griff damit auf eine langjährige Erfahrung zurück, was das Identifizieren von privaten oder korporativen Verdiensten um das Kulturerbe betrifft. Eine der herausragenden Aktivitäten von Europa Nostra ist die Unterstützung nationaler Kampagnen zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes. Von jeher pflegt Europa Nostra daher enge Kontakte zu Europarat und UNESCO, seit einigen Jahren intensiviert der Verband außerdem seine Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, speziell bei der Definition und Umsetzung von EU-Politik in Bezug auf die Bewahrung des Kulturerbes. Email der Autorin: Carolin Arendt, [email protected]