klang der kulturen - kultur des klanges Böhmen - Prag „Verbreitung der neuen Blasinstrumente in Europa Entrée: Hörner Solo St.Hubert Lied (Ende 17.Jhd.) Bon repos Lied (um 1700) Johann Josef Fux Concentus Musico-Instrumentalis Ouverture, Aria , Menuet, Gique en Rondeau, Finale Anonymus Sonata a 3 (Vl.,Cor. Basso) Gottfried Heinrich Stölzel "Enharmonische Sonate" c-Moll für Cembalo Adagio Arpeggiato, Fuga, Allegretto Johann Anton Losy Suite in G für Laute solo Allemande, Courante, Sarabande, Menuet, Gavotte, Gigue František Václav Habermann Concerto in D per 2 corni, 2 violini e basso Allegro – Adagio – Allegro Jägerlieder (2 Hälfte 17.Jhd. Anfang 18.Jhd.) Koroptvičce. Eja chase řekni zase O Zajíčkovi. Nuž vzhuru myslivci Ó Diano! Pause Entrée: P.Christian Hirschmentzel Interludium Antonin Reichenauer Trio D dur per 2 Violini e Basso Antonio Vivaldi Trio g-Moll per liuto, archi e B.c. Jan Dismas Zelenka Capriccio Nr.1 D dur (Wien ca 1717) Andante.Allegro – Paysanne – Aria – Bourée – Menuet I.II Karl Kohaut Concerto in D per Violone, 2 corni, 2 violini e Basso Allegro – Largo – Allegro Kloster Osegg Kaffe-Music ARS ANTIQUA AUSTRIA Leitung: Gunar Letzbor „Die Anzahl der zuschauenden Herrschaften / die Zierde des Theatri, und dessen Veränderungen / welches mit viel 1000 Waxs-Lichter und Ampeln beleuchtet ware / die Geschicklichkeit deren Vorstellenden / dann die Kostbarkeit deren Kleidern / die auserlesene Music / und die zierlichst-aufgeführte Täntzen / können wohl bewundert / aber nicht beschrieben werden.“ So begeistert informiert das „Wiener Diarium“ über die Aufführung der Krönungsoper Costanza e Fortezza von Johann Joseph Fux (1660-1740) am 28. August 1723 in Prag aus Anlass der Krönung Kaisers Karls VI. zum böhmischen König und der Geburtstagsfeier seiner Gattin Elisabeth. Die Hauptstadt des böhmischen Königreichs wurde somit, nach mehr als 100 Jahren, wieder (wenngleich nur für einige Monate) ins Zentrum des europäischen kulturellen wie politischen Geschehens gerückt. Die großartig konzipierten Hoffeierlichkeiten im Sommer 1723 hatten natürlich einen politischen Hintergrund. Zum Einen mußte Karl VI. die Unterstützung des böhmischen Adels bei der Durchsetzung der „Pragmatischen Sanktion“ gewinnen, die eine Nachfolge am Habsburger Thron für die Tochter Karls VI., Maria Theresia, vor der ältesten Tochter seines Bruders – des Kaisers Josephs I. († 1711) - sichern sollte. Zum Anderen begrüßte auch der böhmische Adel die Möglichkeit, sich im Rahmen der österreichischen Monarchie zu präsentieren. So sparten beide Seiten nicht an Mitteln, und folglich erreichten der Umfang und die prachtvolle Ausstattung der Krönungsopernaufführung sowie der Begleitveranstaltungen (obligatorische Jagd, höfische Feste, Geburtstagsfest der Kaiserin usw.) beispielloses Ausmass. Diese Feierlichkeiten können als ein Beispiel des kosmopolitischen Musiklebens Prags im 18. Jahrhundert dienen. Fremde Musici, Virtuosi, Componisti haben ihre Reisen mit Vorliebe auch nach Prag geführt. Einige sind nur kurze Zeit geblieben, andere haben mehrere Jahre in Prag verbracht. Der Prager Adel zeigte gerne, dass er was von Musik versteht, und dass er gut informiert ist, was gerade in der europäischen Musikszene "en mode" ist. Und so „ hat der Freiherr Hartig in seinem Palast auf der Kleinseite prominente Gäste wie den Komponisten Gottfried Heinrich Stölzel, den Grafen Jan Antonin Losy (Logi) von Losinenthal oder Jan Dismas Zelenka emfangen, und bei den berühmten Komponisten in Italien Werke bestellt“. ( Stölzel: Lebenslauf) Die anonyme Sonate aus der Kremsier-Sammlung ist ein geheimnisvolles Stück, weil um 1670 das Horn in Mitteleuropa ein noch völlig unbekanntes Instrument war. Ist es das Werk eines ansässigen Musikers oder eine importierte Komposition? Welcher Hornist spielte dieses Werk? Die Böhmische Horspieltradition findet schon am Ende des 17. Jahrhundert ihren Anfang. Nachdem Graf Sporck anlässlich seiner Kavalier-Reise (1680 -1682) in Frankreich die Trompe de Chasse gehört hatte, wollte er unbedingt auch auf seinem Sommersitz Kuks solche Hörner reglmässig hören. So liess er in Frankreich Instrumente kaufen und zwei von seinen Jägern im kunstvollen Spiel auf diesem neuartigen Instrument in Frankreich ausbilden. -So weit die Legende…. Sicher ist, daß in Frankreich die Hörner nicht mehr ausschließlich als Signalinstrumente eingesetzt wurden, sondern auch als Orchesterinstrumente (J.B.Lully - La princesse dElide, 1664). Die böhmische Hornspieltradition ist dagegen schon um 1700 nachweisbar. Böhmische Hornisten fanden das ganze 18. Jahrhundert hindurch, als gefragte Meister ihres Instrumentes, in Europas Hofmusiken Anstellung. G.H.Stölzel (1690-1749) kam nach Prag unmittelbar nach Beendung seiner Italien-Reise im Jahr 1715 um dort drei Jahre zu bleiben. In Italien hatte er die wichtigsten Musikzentren Rom und Venedig besucht, dabei viele berühmte Komponisten kennengelernt (F.Gasparini, A.Marcello, A. Bononcini, D.Scarlatti usw.) und die italienische Oper studiert. Prag nahm ihn freudig auf. Hier komponierte er außer Instrumentalmusik auch seine frühen dramatischen Werke (Acis und Galthea, Venus und Adonis, Das durch Liebe besiegte Glück). Stölzel vermittelt uns auch ein aufschlußreiches Bild über die Lebensweise des sagenumwobenen Grafen Losy. Für die „Grundlage einer Musicalischen Ehrenpforte“ von Johann Mattheson berichtet er: „….daß des Herrn Grafen von Logi Hochgräfliche Gnaden, bey meiner Anwesenheit in Prag, schon ein Herr von hohen Jahren waren; dabey aber noch von munterem Geiste. Sie spielten, als ein Herr, der jährlich 80000 Kfl von seinen Gütern hatte, die Laute so gut ,als einer immermehr thun kann, der Profession davon macht, auf eine nette, vollstimmige, mehrenteils gebrochene, französische Art, fertig und gelehrt, indem Sie die Gründe der Setzkunst inne hatten. Dieses geschah gemeiniglich Vormittage etliche Stunden in ihrem Bette, als worin Sie sitzend eine kleine Laute schlugen, welches ich oft anhören die Gnade hatte. Kam Ihnen ein Einfall, der besonders nach Ihrem Geschmacke war, so schrieben Sie solchen gleich auf; liessen ihn aber auch hernach in ein dazu bestimmtes Behältniß verschliessen. Nach der Mittags-Tafel spielten Sie gemeiniglich die Violine, in dem Zimmer, wo Ihr überaus-wohlklingendes Clavicymbel stunde, mit welchem dazu accompagnieret wurde. Wie sich aber Se Hochgräfl. Gnaden die Schönheiten der Musik zu ihrem Vergnügen zu Nutz machten, kann ich nicht gnug beschreiben. Denn da wurde mancher Satz, der etwas artiges in sich hielt, wohl drey biß viermal wiederholet, und recht anatomiret. Sie verweilten auf einer wohlangebrachten Dissonantz, um sich recht satt zu hören, vielmehr sehr lange, und riefen dabey „ E´una nota d`oro“, d.i. Diese Note ist von Gold! Über nichts aber bezeugten Sie ein grösseres Vergnügen, als wenn ein Gang ungefehr in den lullischen oder fuxischen gusto einschlüge. Denn diese zween Meister, Lulli und Fux, hatten bey Ihnen vor allen den Vorzug. Wie denn auch am Abend gemeiniglich etwas aus den lullischen gedruckten Opern Ihrem musikalischen Divertissement den Schluß machte.“ Als der um das Jahr 1650 geborene Graf Johann Anton Losy von Losinthal im Hochsommer des Jahres 1721 seinen letzten Gang mit der in Adelskreisen hoch geschätzen Tradition der „Ars bene moriendi“ antritt, berichtet man von der vorgesehene Abschiedszeremonie: „ Es ist jetzo vor drey Wochen, daß unser lieber Vatter der Lauten alles verlassen und von dieser Welt in das Ewige verreist, nämlich der Graf Logi. Als man ihm vor drey Wochen den Todt angekündiget, daß es seines Aufkommens nicht nehr seyn würde, sprach er: a Dio Lauten, a Dio Geigen! Liesse darauf die Lauten und Geigen umkehren und ein schwartzes Bändgen um sie binden, anzuzeigen, daß die Laute auch todt wäre, und sollen also allen Lauten Trauer um ihn tragen.“ Frantisek Vaclav Habermann (1706 - 1783) studierte zuerst Philosophie an der KarlsUniversität, erst später wendete er sich der Musik zu. In Folge machte er in Europa eine große internationale Kariere. Durch seine Reisen nach Südeuropa ( Italien, Frankreich, Spanien) verschaffte er sich wertvolle Kontakte und auch eine prominente Dienststelle als Hofkpomponist des Herzogs von Toscana. Als er um 1740 aus unbekannten Gründen zurück nach Prag kam, war er schon eine anerkannte Autorität. G. F. Händel nützte Teile aus seiner Sammlung von 6 Messen ( Philomela Pia op.1 1747 ) in seinem Oratorium Jephta und im Orgelkonzert op.7 Nr.3. Wichtig war auch die pädagogische Tätigkeit Habermanns. Zu seinen Schüler gehören z.B. Mozarts zukünftiger Freund und großes Vorbild il divino Boemo Josef Myslivecek oder ein weiterer Freund und Prager Gastgeber Mozarts Frantisek Xaver Dusek. Antonín Reichenauer (1694 ? – 1750) zählt zu den vielen Komponisten, die nicht nur für Prager Kirchen und Paläste komponierten, sondern die sich auch außerhalb der Monarchie Respekt verschaffen konnten. Seine Orchesterwerke, die wahrscheinlich für die von Antonio Vivaldi gelobte Kapelle des Grafen Morzin geschrieben worden sind, finden wir in verschiedenen deutschen Archiven, insbesondere in Dresden. Antonio Vivaldi stand offensichtlich mit mehreren Persönlichkeiten aus Böhmen in Verbindung. Der Kapelle des oben genannten Grafen Morzin widmete er u.a. seine berühmte Sammlung „Il cimento dell`armonia e dell`inventione, op.8“ mit den gerngespielten „4 Jahreszeiten“ als zentrale Komposition. Unter der Schirmherrschaft des ebenfalls genannten Grafen Spork kam es zur Uraufführung zweier Opern ( Agrippo, Alcilda ) in Prag und auf Schloß Kuks. Das Trio in g-moll wiederum ist dem Prager Grafen und Lautenliebhaber Wrtba gewidmet. Unter diesen Vorzeichen ist es absolut nicht abwegig, von einem Aufenthalt Vivaldis in Böhmen in der Zeit um 1730 auszugehen. Im Jahr 1723 reiste eine Reihe von Musikern nach Prag, die Zeugen der großartigen Operaufführung des berühmten Hofoberkapellmeisters sein wollten, so auch Jan Dismas Zelenka (1679 – 1745). Dieser, bei J.J.Fux ausgebildete Komponist, stand im Dienst August des Starken und galt als „Favorit“ des Böhmischen Adels und der Jesuiten. Sein Melodram „Sub Olea Pacis et Palma Virtutis“ bildete gewissermaßen das Gegenstück zur Krönungsoper „Costanza e Fortezza“ von Fux. In Prag entstanden auch mehrere seiner anspruchsvollen Orchesterwerke. Mit ein wenig Fantasie kann man sich eine Aufführung in einem Prager Palast vorstellen, wo Persönlichkeiten wie F.M.Veracini, A.Caldara, J.D.Zelenka, G.Tartini, C.H.Graun etc. gemeinsam musizierten. Zelenkas Capricci Nr.1- 4 zählt man zu den Werken, die zur Zeit entstanden sind, als der junge Komponist bei J.J.Fux in Wien studiert hat. Der Kulturaustausch zwischen Wien und Prag war ein gegenseitiger. Viele Böhmische Musiker machten ihre Kariere in der Metropole der Österreichischen Monarchie. Auf diese Art kam auch die Familie Kohaut nach Wien. Karel Kohaut (1678 Prag - 1762 Wien) wechselte von Prag nach Wien als Musiker im Dienste des Herzogs A.F.K.Schwarzenberg. Sein Sohn - Lautenist und Komponist Carl Ignatz Kohaut (1726 - 1784), gehörte zu den Musikern, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch Musik verdienen mussten. Durch seine diplomatische Kariere als Sekretär der Kaiserlichen Kanzlei wurde er vom ökonomischen Druck eines Musiker befreit. Trotzdem schätzen ihn seine Zeitgenossen als einen hervorragenden Lautenspieler und Komponisten. Vaclav Luks