Menschenrechte-1 - Phileuropa – Zentrum für Europäische

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PHILOSOPHIE DER MENSCHENRECHTE
Das Wort ‚Menschenrecht‘ beinhaltet zwei Begriffe, die uns allen bekannt sind:
der Begriff ‚Mensch‘ und der Begriff ‚Recht‘. Der deutsche (europäische)
Philosoph G.W.F. Hegel schriebt 1807 aber, dass:
„Das Bekannte überhaupt ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt“
(G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes, in GW5, S. 26, Hamburg 1980)
Das Bekannte ist also nicht unbedingt gleich erkannt!
Wir wollen in diesem Seminar den Begriff ‚Menschenrecht‘ und die zwei
Begriffe, die ihn bilden, erkennen und unsere Bekanntschaft mit diesem Begriff
in Erkenntnis umsetzen. Wir werden sehen, dass das Ergebnis am Ende anders
sein wird als uns heute bekannt ist, d.h in diesem Umwandlungsprozess vom
Bekannten zum Erkannten der Begriff nicht nur Klarheit, Deutung, sondern auch
eine tiefere, andere Bedeutung gewinnen wird. Dieser Prozess wird als nicht nur
quantitativ (wir werden mehr über Menschenrechte wissen), sondern auch
qualitativ sein (wir werden anders über Menschenrechte denken).
Dieses Seminar will also nicht so sehr ‚informativ‘, wozu eigentlich heutzutage
google, wikipedia und ein Wochenende im Internet reichen würden, sondern
‚formativ‘ sein, d.h. wir sollen versuchen, unsere Art und Weise über die
Menschen, die Rechte und die Menschenrechte anders zu strukturieren. Heute ist
uns mehr oder weniger bekannt, was ein Menschenrecht ist, wir wollen aber
diese ‚Bekanntschaft‘, diese Meinung die wir haben, in Wissen, in Erkenntnis
umwandeln, transponieren.
Der Unterschied zwischen Wissen und Meinen, Episteme und Doxa
Um dieses wichtige Ergebnis zu erreichen, die erste Frage, die wir zu
beantworten haben, betrifft nicht direkt den Begriff ‚Menschenrecht‘ sondern
den Begriff Wissen, Erkenntnis: Was ist Wissen? Was ist Erkenntnis? Was
unterscheidet das ‚Meinen‘ vom ‚Wissen‘?
Mit der Beantwortung dieser Frage sind wir gleich mitten in der Philosophie,
insbesondere in der Erkenntnistheorie. Es ist also eine prinzipielle Frage, die zu
beantworten ist, bevor man überhaupt über Menschenrechte oder irgendwelchen
anderen Begriff der Philosophie nachdenkt.
Diese Unterscheidung wurde gleich am Anfang der Philosophie von einem
griechischen (europäischen) Denker gestellt, Parmenides, der meines Erachtens
zu Recht als den echten Gründer der Philosophie und insbesondere der
Metaphysik gehalten wird. Er hat scharf zwischen Sein und Nichts
unterschieden. Wir können das Nichts nicht denken, weil wir es immer als etwas
denken, das ist (versuchen Sie zum Beispiel an einem leeren Raum im
Universum zu denken, wo keine Materie ist, Sie denken diesen Raum als etwas
das ist, obwohl er in seinem Inneren nichts hat, leer ist).
Wir denken also immer etwas, das ist, auch wenn wir das Nichts denken
möchten. Dies bedeutet, sagt uns Parmenides, das Denken und Sein eins sind, es
sind dasselbe. Wir können nicht denken, ohne zu denken, dass etwas, das Objekt
unseren Denkens, ist. Es ist aber auch das Gegenteil wahr, dass Nichts ist, was
nicht gedacht wird! Es ist also für uns nur das existierend, was wir denken, was
wir nicht denken, ist für uns einfach nicht existierend.
„Denken und des Gedankens Ziel ist ein und dasselbe; denn nicht ohne das Seiende, in dem es
sich ausgesprochen findet, kannst Du das Denken antreffen. Es gibt ja nichts und wird nichts
anderes geben außerhalb des Seienden, da es ja das Schicksal an das unzerstückelte und
unbewegliche Wesen gebunden hat. Darum muß alles leerer Schall sein, was die Sterblichen
[in ihrer Sprache] festgelegt haben, überzeugt, es sei wahr: Werden sowohl als Vergehen,
Sein sowohl als Nichtsein, Veränderung des Ortes und Wechsel der leuchtenden Farbe.“
(Parmenides: Über die Natur, Fragment 8, aus: Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch
und Deutsch von Hermann Diels, 1. Band, Berlin 1922, S 157).
Wenn wir nun zurück zu unserer Anfangsproblematik des Begriffs
‚Menschenrecht‘ zurückkehren und diese Wahrheitstheorie von Parmenides
anwenden, bedeutet dies, dass wir uns zuerst im Klaren sein sollen, was es
‚denken‘ heißt, bevor ich uns überhaupt über etwas Inhaltliches Gedanken
machen, zum Beispiel über ‚Menschenrechte‘.
Insbesondere sollen wir verstehen, was das der Stoff, die Materie sozusagen des
Gedankens ist, also was Begriffe sind.
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