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Vorlesung zu: Special-Needs – Kinder und Jugendliche mit besonderem Bedarf in der Schule
8. Modul
WS 06/07
Thema der Vorlesung am 29.11. 2006
Sprachbeeinträchtigungen
Literaturhinweise
 Brügge, W./ Mohs, K./ Richter, E.: So lernen Kinder sprechen. Die normale und die gestörte
Sprachentwicklung. Ernst Reinhardt Verlag München Basel. 5. Auflage 2005
 Franke, U.: Logopädisches Handlexikon. Ernst Reinhardt Verlag München Basel. 7. Auflage
2004
 Hensle, U. / Vernooij, M. A.: Einführung in die Arbeit mit behinderten Menschen 1. Quelle und
Meyer Verlag. 6. Auflage 2000
 Szagun, G.: Sprachentwicklung beim Kind. Beltz Taschenbuch. Weinheim, Basel, Berlin 2000
 Artikel Sprachstörung. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Online im WWW unter URL:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sprachst%C3%B6rung&oldid=23158214 [Abgerufen:
8. Dezember 2006]
 Grohnfeldt: Sprachbehinderung, Sprachbehinderte, Sprachbehindertenpädagogik
 Artikel Sprachbehinderung. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Online im WWW unter URL:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sprachbehinderung&oldid=11073057 [Abgerufen: 8.
Dezember 2006]
Begriffliche Einteilungen
 Sprachheilpädagogik/Sprachbehindertenpädagogik: Als solche erst seit etwa 100 Jahren
gebräuchliche Bezeichnung. (vgl. Hensle & Vernooij 2000, 208) Sprachbehinderung als
übergeordneter Begriff oder Sammelbegriff für verschiedene Formen und Grade der
Beeinträchtigung des Sprachverhaltens (verbal oder schriftlich). (ebd., 205) Die
Sprachbehindertenpädagogik wird auch synonym für „Sprachheilpädagogik“ verwendet. (vgl.
Grohnfeldt, 135) Die frühe Literatur reihte – so Hensle und Vernooij (2000, 206f.; vgl.
Orthmann 1971, 35) – die Begriffe wie „Sprachbehinderung“, „Sprachstörung“,
„Sprachschädigung“, „Sprachauffälligkeit“ oder auch „Sprachbeeinträchtigung“ ohne
erkenntliche Abgrenzung aneinander. Orthmann kritisierte dies und forderte mehr Klarheit im
Gebrauch der Begriffe. In Folge kam es zu verschiedenen – mehr oder weniger tauglichen –
Abgrenzungsversuchen. (ebd.) Mehr dazu unter dem Punkt Allgemein )
 Pädagogik bei Sprachstörungen oder auch Pädagogik der gestörten Kommunikationsfähigkeit
(GKF) werden synonym verwendet. Vgl. angloamerikanischer Raum: Speech Pathology und
als Synonym dafür: „Speech Correction“, „Communication Disorder“) (vgl. Grohnfeldt, 135)
 Die Disziplin der Sprachbehindertenpädagogik umfasst die Bereiche der Prävention und
Diagnose, Beratung, Therapie und Rehabilitation. Zielgruppe sind Menschen mit Sprach-,
Sprech-, Rede-, Stimm- und Schluckstörungen. (ebd.)
 Artikel Pragmatik (Linguistik). In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Online im WWW unter
URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pragmatik_%28Linguistik%29&oldid=24510357
[Abgerufen: 9. Dezember 2006]
Sprachbehinderung: Definitionsversuche
 Sprachbehinderung: Oberbegriff für eine Vielzahl von Störungen in den Bereichen
Sprachentwicklung, der Fähigkeit sprachliche Strukturen für die Kommunikation zu
gebrauchen, der Stimme, des Sprechens, des Redeflusses,..(vgl. Artikel
„Sprachbehinderung“)
 " Sprachbehinderte sind Menschen, die beeinträchtigt sind, ihre Muttersprache in Laut
und/oder Schrift impressiv und/oder expressiv altersgerecht zu gebrauchen und dadurch in
ihrer Persönlichkeits- und Sozialentwicklung sowie der Ausformung und Ausnutzung ihrer
Lern- und Leistungsfähigkeit behindert werden." (ebd.)
1
 Bei Biewer Modul 9: Sprachbehinderung als eine „vorübergehende oder dauernde
Unfähigkeit, die allgemeine Umgangssprache in Laut und Schrift altersüblich zu verstehen, zu
verarbeiten und zu äußern“.
Sprachstörung: Definitionsversuche
- Eine Sprachstörung, bzw. ein Sprachfehler bezeichnen eine Störung der gedanklichen Erzeugung
von Sprache. Im Unterschied dazu kennzeichnet eine Sprechstörung primär die motorische
Erzeugung von Lauten. (vgl. Artikel „Sprachstörung“)
Wenn von einem Sprachfehler oder einer Sprachstörung die Rede ist, dann ist der Blick immer auf
den Gesamtablauf einer Sprache einer Person zu richten. Die Beeinträchtigung liegt dabei im
Sprachaufbau und im Sprachvermögen. (ebd.)
-
Sprachstörung als eine „Störung des Sprachaufbaus od. –vermögens. ->
Sprachentwicklungsstörung. u. – behinderung, Spracherwerbsstörung, -> Alalie, -> Dysphasie
(-> Dys-Agrammatismus), -> Aphasie, psychiatrische Sprachstörung. Vgl. a. Sprechstörung, > Redeflussstörung, -> Kommunikationsstörung -, ‚periphere’: -> Sprechstörung-, ‚zentrale’:
Störung durch Schädigung im Gehirn“. (n. Franke 2004, 208)
Allgemein
In Bezug auf die Begrifflichkeiten wurde ja bereits zu Beginn darauf hingewiesen, dass es
verschiedene Versuche der Abgrenzung gab. Zu diesen Versuchen ist z.B. der von PUPPE (1976,
141) verwendete Begriff der „Sprachauffälligkeit“ zu nennen, welche im weiteren Sinne als ein
„Symptom einer gestörten Sprachentwicklung“ zu verstehen war. Der von DOHSE (1977, 70)
gebrauchte Begriff sprach von einer „Sprachstörung“ als eine „umschriebene
Funktionsbeeinträchtigung“, während er im Begriff der „Sprachbehinderung“ „ein den ganzen
Menschen betreffendes Behinderungsgefüge“ beschreibt. KNURA (1974, 105ff.) wiederum verwendet
den Begriff der „Sprachbehinderung“ als Oberbegriff und trifft eine Abgrenzung in Bezug auf die häufig
gebrauchten Synonyme.
Vor allem bezüglich der Begriffe der „Sprachbehinderung“ und der „Sprachstörung“ gab es um 1980 –
so Hensle und Vernooij (2000, 207; vgl. Knura 1980, 3) – eine Weiterentwicklung und Präzisierung.
Grohnfeldt: „Einteilung der Sprachbehinderungen“ in
a) Störungen der Sprachentwicklung (z.B. Aussprachestörungen, Störungen der Semantik, des
grammatischen Regelsystems wie Syntax od. Morphologie)
b) Störungen der Rede (Stottern, Poltern, Mutismus, Sprechangst)
c) Zentrale Sprach- und Sprechstörungen (Aphasie, Dysarthrophonie, Apraxie)
d) Dysphonien (= Störung des Stimmklangs sowie der stimml. Leistungsfähigkeit. Ursachen:
organisch, funktionell oder psychogen)
e) Rhinophonien (= ebenso Störung des Stimmklangs sowie der Nasalität -> „offenes Näseln“ –
„geschlossenes Näseln“)
f) Myofunktionelle Störungen (bezieht sich auf Veränderungen des Schluckvorgangs)
(vgl. Grohnfeldt, 136)
Die Bereiche des Spracherwerbs zusammengefasst n. Franke (2004)
 Bereich der Pragmatik: (ling.) (Smiley u. Goldstein) Teil der Semiotik. Reihe von
soziolinguistischen Regeln, die sich auf den Gebrauch der Sprache in kommunikativen
Kontexten beziehen, z.B. Turn taking. (vgl. Franke, 173) Diese ling. Disziplin erforscht
sprachliches Handeln und die Verwendung von Sprache. (Artikel „Pragmatik“- Linguistik)
 Bereich der Semantik: Lehre von den Bedeutungen und den Inhalten von Wörtern und
Zeichen.
 Bereich der Grammatik: Betrifft den Sprachbau, weiters ein System , das Regeln für
Verbindungen von Wörtern und Sätzen angibt. Es wird beispielsweise zwischen einer
deskriptiven oder beschreibenden Grammatik (sprachlichen Einheiten eines Satzes werden
auf den versch. Ebenen, auf denen sie vorkommen – Morpheme, Wortgruppen – identifiziert
2
und bezeichnet) und einer generativen oder erzeugenden Grammatik (nach Chomsky:
Regelsystem, das auf explizite u. wohldefinierte Weise Sätzen Strukturbeschreibungen
zuordnet, so dass die Satzstruktur, phonet. Gestalt u. semant. Deutung bestimmt werden
kann.) unterschieden. (vgl. Franke, 92)
 Bereich der Phonologie/Aussprache: (n. Ulrich) die Lehre vom Phonem, seiner
Verbindungsmöglichkeit, seinem Vorkommen, seiner Funktion im Sprachsystem, z.B.
Lautdauer usw. (vgl. Franke, 167)
 vgl. Franke (2004)
Bereiche der Störungen des Spracherwerbs
Die folgend genannten Störung – den Spracherwerb betreffend – beziehen sich auf die bereits oben
angeführten 4 Bereiche.
 Störungen im Bereich der Pragmatik: können demnach ein fehlendes oder unangemessenes
sprachliches Handeln sein.
 Störungen im Bereich der Semantik: n. Wernicke z.B. eine Aphasie oder auch eine
Sprachentwicklungsstörung u. psychiatr. Erkrankung oder auch eine Wortschatzstörung (vgl.
Franke, 195), weiters eine fehlende Oberbegriffsbildung, Wortfindungsstörung. (Biewer Modul
9) Eine Aphasie kann erworben sein und durch hornorganische Schädigung entstehen. Es
können dabei alle Komponenten des Sprachsystems – Lautstruktur, Wortschatz, Satzbau,
Bdeutungsinhalte) – betroffen sein. (vgl. Franke, 21)
 Störungen im Bereich der Grammatik: z.B. Dysgrammatismus, Agrammatismus, Dysphasie.
(vgl. Franke, 92) Beim Dysgrammatismus wird bei Brügge (et. al., 53) 3 Schweregrade
unterschieden, wobei der so genannte Agrammatismus die schwerste Stufe bezeichnet. Unter
Dysgrammatismus wird das „Unvermögen des Kindes verstanden, seine Gedanken, Wünsche
und allgemeine Mitteilungen in der gebräuchlichen grammatikalischen Satzform
auszudrücken“. Oft trete der Dysgrammatismus als Teilsymptom einer
Sprachentwicklungsverzögerung auf. (ebd.) Es kommt zum Auslassen obligatorischer
Satzstrukturelemente.
 Störungen im Bereich der Phonologie/Aussprache: z.B. eine Störung in der Lautbildung (od.
Artikulation) und der Lautgliederung, wie das Stammeln (Dyslalie). Stammeln bezeichnet die
Unfähigkeit des Kindes, bestimmte Laute oder Lautverbindungen korrekt bilden zu können
oder diese an der entsprechenden Stelle im Wort bzw. dem Satz einzusetzen. (vgl. Brügge et.
al., 50f.) Es ist in diesem Bereich weiters zwischen phonologischen (Lautgliederung) und
phonetischen (die Lautbildung betreffend) zu unterscheiden.
Sprachbeeinträchtigung und Umwelt (n. Biewer Modul 9)
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Sprachentwicklungsgestörte Kinder kommen häufiger aus anregungsarmen sozio-kulturellem
Milieu.
Die Unkenntnis über Verschiedenheit und Komplexität von Sprachstörungen und über ihre
möglichen Auswirkungen auf das Lern- und Leistungsverhalten würden leicht zu einer
Unterschätzung der Sprachbehinderung und einer Überforderung und Benachteiligung
betroffener Kinder führen.
„Von vorrangiger Bedeutung ist das Ausmaß an negativen Zuschreibungsprozessen durch die
Umwelt. Sprachstörungen können dadurch eine hohe Lebensbedeutsamkeit und
psychosoziale Relevanz erhalten.“ (zit. n. Grohnefeldt, 136)
Als psychosoziale Ursachen können folgende genannt werden: z.B. mangelhafte oder
übermäßige Stimulationen, unzureichende Sprachmodelle, erzieherische Fehlhaltungen
(Kritik, Missbilligung, Verwöhnung), sozio-kulturelle Deprivation,..(vgl. Hensle & Vernooij 2000,
216)
Grundlagen der Pädagogik
 Lern- und Förderangebote im Bereich der Motorik: Mit Fokus auf die Feinmotorik -> Dafür wird
beispielsweise mit Materialen wie mit Bausteinen, Puzzle, Schere, Stifte (in versch. Stärke),
Fingerfarbe, Papier/Pappe zum Reißen oder Falten, Klebstift für Bastelarbeiten, Knete,
Knöpfe, Perlen oder auch Schnüre mit verdicktem Ende und Steckbretter verwendet. Ziel sei
es, dass die Kinder Sinneserfahrungen sammeln und eigene Fähigkeiten kennenzulernen und
diese zu erweitern. (vgl. Brügge et. al., 83)
3
 Lern- und Förderangebote im Bereich der Motorik: Mit Fokus auf die mundmotorische
Geschicklichkeit -> hier wären mögliche Spielideen, wie z.B. Seifenblasen, Kerzen ausblasen,
Kinderblasinstrumente wie Mundharmonika, Pfeifen oder ähnliches, mit der Zunge schnalzen,
mit dem Strohhalm trinken, leichte Gegenstände mit dem Strohhalm ansaugen und
transportieren, Schokostreusel mit der Zungenspitze von einem Teller aufnehmen,.. zu
empfehlen. (vgl. Brügge et. al., 85)
 Lern- und Förderangebote im Bereich der Wahrnehmung: Mit Fokus auf der auditiven
Wahrnehmung -> konkret die auditive Merkfähigkeit (kleine Aufträge und erzählte oder
vorgelesene Geschichten) und die auditive Differenzierung (verschiedene Geräusche, Klänge
und in weiterer Folge auch Sprachlaute voneinander unterscheiden lernen, z.B. mit
verbundenen Augen Geräusche erraten) (vgl. Brügge et. al., 86f.)
 Lern- und Förderangebote im Bereich der Wahrnehmung: Mit Fokus auf der visuellen
Wahrnehmung -> z.B. Farben, Formen und ähnliche Gegenstände im Alltag suchen, finden
und benennen: z.B. durch Memory, Domino, Puzzle, Kim-Spiele,…(ebd., 89)
Gezielte Angebote zur Förderung der sprachl. Entwicklung
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Sprachvorbilder -> Eltern sollten eigene Sprechweise – in Anwesenheit des Kindes –
beobachten und auch gegebenenfalls verändern. (vgl. Brügge et. al., 69)
Sprachliche Begleitung alltäglicher Handlungen
Zuhören
Kontakt zu Gleichaltrigen -> ist wichtig, um den Kindern in Kontakt mit anderen gleichaltrigen
Kindern im Spiel über Sprache zu fördern. (ebd., 73)
Korrigierende Rückmeldungen -> „Durch die Art der Äußerung im Gespräch können die Eltern
dem Kind eine ‚korrigierende Rückmeldung’ für die Bereiche Artikulation, Satzbau und
Wortschatz geben.“ (zit. n. Brügge et. al., 75) Es geht hierbei vor allem darum, die Äußerung
des Kindes im Gespräch aufzugreifen, um dem Kind anzuzeigen, dass man es richtig
verstanden hat. Zudem erhält das Kind dadurch eine Rückmeldung im Sinne eines „korrekten
sprachlichen Vorbildes“. (ebd.)
Sprachförderung durch Lieder, Fingerspiele und Reime
psychische Spannungen und Blockaden abbauen
Soziale Integration (s. Kontakt zu Gleichaltrigen)
Symptomkorrekturen (vgl. Grohnfeldt, 137)
Allgemeine Aktivierung von Selbstlernaktivitäten
Verbesserung der Lebenstüchtigkeit und Lebensqualität des Betroffenen unter
Rücksichtnahme der psychosozialen Faktoren. (ebd.)
Didaktische Hinweise
 Nach Knura/Neumann (1980, 165) können folgender Grundsatz und Standortbestimmung
auch heute noch geltend gemacht werden: ‚Die pädagogische Sichtweise erfordert es,
Sprachstörungen nie isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit ihrer Bedeutung für den
betroffenen Menschen und seine sozialen Bezüge zu sehen.’ (vgl. Hensle & Vernooij 2000,
225f.) Was soviel heißt wie, dass der Pädagoge die Sprachstörung auf jeden Fall in den
Gesamtkontext der Psychosozialen Situation des Schülers zu stellen hat, denn
„Überschneidungsbereiche sprachbezogener, kognitiver und psychosozialer Auffälligkeiten
werden vermehrt beobachtet“, so Grohnfeldt (137). Grohnfeldt sehe weiters in der
Kooperation von Lehrern der Sonderschule mit jenen der Allgemeinen Schule in additiven und
integrativen Formen des Zwei-Lehrersystems eine „Individualisierung der Maßnahmen“. (ebd.,
138)
 Das Vorschulter und das Grundschulalter würden sich aus pädagogischer Sicht am ehesten
dafür eignen, Sprachstörungen anzugehen.
Sprechflüssigkeitsstörungen am Beispiel des Stotterns
a) Definition: Beim Stottern handelt es sich um eine so genannte „Redeflussstörung“. Es kommt
hierbei zu Hemmungen und Unterbrechungen der interpersonellen Kommunikation. (vgl.
Franke, 217) Unter einer „Physiologischen Sprechunflüssigkeit“ sind
Wiederholungen/Unterbrechungen im Redefluss zu verstehen, die bei Kindern im Alter
zwischen 2 ½ bis 5 Jahren auftreten können. Es handelt sich hierbei aber um keine
Sprachstörung, auch wenn Ähnlichkeiten zum Stottern erkennbar seien. (vgl. Brügge et. al.,
56f.) „Das Kind kann in der Regel alle Laute und Wörter richtig aussprechen und auch den
4
Satz richtig bilden, ist aber nicht immer in der Lage, flüssig zu sprechen“. (zit. n. Brügge et. al.,
59) In Einzelfällen seien Mitbewegungen der Arme und Beine oder auch Anspannungen und
Mitbewegungen im Bereich des Gesichts zu beobachten. (ebd.)
b) Ursachen: Bezüglich der Ursachen des Stotterns werde schon länger geforscht, bis heute gibt
es aber keine eindeutigen Theorien. Als mögliche Ursachen werden bei Brügge (61) ein
„Ursachenbündel“ genannt – ähnlich wie bei der Sprachentwicklungsverzögerung – welches
verschiedene Faktoren einschließt, welche das Stottern bedingen würden und entstehen
ließen. Mögliche Ursachen können z.B. eine Sprachentwicklungsverzögerung, eine
sprachliche Gestaltungsschwäche, eine familiäre Sprachanlageschwäche oder auch ein
schlechtes Rhythmusempfinden sein. (vgl. Brügge et. al., 61f.)
c) Therapie: Was den therapeutischen Bereich betrifft, so könne man hier beispielsweise
„Ansätze im Bereich der Entspannung“ oder im Bereich der Sprechhilfen, der Stärkung der
Persönlichkeit sowie der sozialen Beziehungen nennen. Bei Kindern im Vorschulbereich – wie
auch im Kapitel oben besprochen – würde sich eine Elternberatung- und Hilfe empfehlen.
Weitere Möglichkeiten im Bereich der Therapie wären z.B. eine Kinderspieltherapie. (vgl.
Franke, 217)
Der Beginn des Stotterns

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

Anzeichen: vermehrt sei zu beobachten, dass die Kinder nur Lautwiederholungen an
der Stelle von Silben-, Wort und Satzteilwiederholungen geben. Auch ein oftmaliges,
häufigeres Auftreten von Wiederholungen in einem Wort, körperliche Anspannung bei
den Wiederholungen, verlängertes Dehnen einzelner Laute, körperliche Anstrengung
in den Pausen, Anspannungen im Mundbereich, Unflüssigkeiten in einer Dauer von
mehr als 6 Monaten, sprachlicher Rückzug seitens des Kindes (das Kind verliert
zunehmend Freude am Erzählen, bricht das Erzählen ab), aber auch ein allgemeiner
Rückzug (das Kind weicht Sprechsituationen gezielt aus). Diese genannten
Anzeichen müssen nicht gleichzeitig in Erscheinung treten und können auch in ihrer
Ausprägung und Deutlichkeit schwanken. Sie sind weiters abhängig vom
Tagesablauf, der Situation, Gesprächspartnern,..abhängig. (vgl. Brügge, 61)
Klonische oder dem klonischen Stottern ähnliche Sprechauffälligkeiten: Klonisch heißt
in Bezug auf das Stottern, dass es hierbei im Gesichtsbereich zum Auftreten von
Muskelkontraktionen kommen kann. Dies kann aber in Bezug für das Hängenbleiben
und Wiederholen von Lauten, Silben oder auch Wörtern sein. (vgl. Franke, 120)
Ad „Physiologische Unflüssigkeiten“: Es kann sich ein beginnendes Stottern daraus
entwickeln. Oft ist es für Erzieher/innen schwer ein mögliches beginnendes Stottern
von entwicklungsbedingten „physiolog. Unflüssigkeiten“ zu unterscheiden. (vgl.
Brügge, 59)
Zeitpunkt der Auffälligkeiten: etwa zwischen 2,5 und 5 Jahren. Selten im
Erwachsenenalter.
Multifaktorielle Sichtweisen des Stotterns
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-
Knura (1974, 119) nennt 4 Theorien aus der Literatur zum Stottern: a) Entwicklungstheorien (> Stottern durch Einfluss besonderer Umweltsituationen), b) Dysphemietheorien (-> Stottern
als Teilsymptom einer erblich bedingten organ. Störung), c) Neurosetheorien (-> Stottern als
Ausdruck eines psychoneurot. Zustandes – gegeben durch psych. Konflikte.) oder d)
Lerntheorien (-> Stottern als gelerntes Verhalten, welches andauernd verstärkt werde
und/oder durch dementsprechende verhaltensmodifikator. Techniken auch wieder verlernt
werden könne). (vgl. Hensle & Vernooij, 217)
Ursprung und Genese seien an interpersonelle und soziale Rahmenbedingungen geknüpft,
wie bereits angesprochen.
Es gibt auch neurowissenschaftliche Sichtweisen bezüglich Therapieren des Stotterns.
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Anhang
Unterschiede im individuellen Spracherwerb:
Quelle: Szagun (2000, 245; nach Bates et. al., 1988)
Strang 1
Strang 2
Semantik
Hoher Anteil von Nomen in den
ersten 50 Wörtern
Einzelne Wörter
Imitiert Objektnamen
Variabiltität in lexikalischen Kategorien
Nur bedeutungsvolle Elemente
Viele Adjektive
Flexibler Gebrauch von Objektnamen
Schnelles Vokabelwachstum
Geringer Anteil von Nomen in den
ersten 50 Wörtern
formelhafte Ausdrücke
Imitiert unselektiv
Geringe Variabilität in lexikalischen Kategorien
Gebrauch von Füllwörtern („dummy words“)
Wenige Adjektive
Kontextgebundener Gebrauch von Objektnamen
Langsameres Vokabelwachstum
Grammatik
Kombinationen von Inhaltswörtern bei
MLU von ca. 1.75
Bezug auf selbst und andere mit Namen
bei MLU von ca. 1.75
Expansion der Nominalphrase
Morphologische Übergeneralisierung
Konsistente Anwendung von Regeln
Neue Kombinationen
Imitation hinter spontaner Produktion
Schnelle Lerner
Flexionen und Funktionswörter bei
MLU von ca. 1.75
Bezug auf selbst und andere mit
Pronomen bei MLU von ca. 1.75
Expansion der Verbalphrase
Morphologische Untergeneralisierung
Inkonsistente Anwendung von Regeln
Starre Formen
Imitation spontaner Produktion voraus
Langsame Lerner
Pragmatik
Objektorientiert
Deklarativ
Geringe Variation von Sprechakten
Personenorientiert
Imperativ
Hohe Variation von Sprechakten
Phonologie
(betrifft den Bereich der Aussprache)
Wortorientiert
Hoher Grad an Verständlichkeit
Klare Segmentation
Konsistente Aussprache von Wörtern
Intonationsorientiert
Geringer Grad an Verständlichkeit
Suprasegmentell
Variable Aussprache von Wörtern
Quelle: Szagun
Anmerkung zu obiger Tabelle
Die beiden dargestellten Stränge beziehen sich in zum Einen (Strang 1) auf „Referentielle Kinder“ und
zum Andern (Strang 2) auf eher „Expressive Kinder“, bei denen vor allem eine größere Vielfalt an
Sprechakten erkennbar ist – um ein Beispiel zu erwähnen. (ebd., 245)
6
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