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10. Modul
Biewer Gottfried
Vorlesung zu: Special Needs – Kinder und Jugendliche mit besonderem Bedarf in der Schule
Störungen der sozialen und emotionalen Entwicklung
Literatur
Artikel „Emotionale Störungen“ in: Wikipedia, die Freie Enzyklopädie. Online im WWW unter URL:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Emotionale_St%C3%B6rungen_des_Kindesalters&oldid=251
54876 [Abgerufen: 17. Dezember 2006]
Artikel „ADHS“ in: Wikipedia, die Freie Enzyklopädie. Online im WWW unter URL:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivit%C3%A4tsst%C3%B6rung&oldid=24763539 [Abgerufen: 18. Dezember 2006]
Artikel „Verhaltensauffälligkeit“ in: Wikipedia, die Freie Enzyklopädie. Online im WWW unter URL:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Verhaltensauff%C3%A4lligkeit&oldid=23908329 [Abgerufen:
18. Dezember 2006]
Artikel „Stufentheorie des moralischen Verhaltens“ in: Wikipedia, die Freie Enzyklopädie. Online im
WWW unter URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Stufentheorie_des_moralischen_Verhaltens [Abgerufen:
27. Dezember 2006]
Berger, E. (2003): Entwicklungsneurologie. Facultas Verlag.
Kern/Mehl/Nolz/Peter/Wintersperger (1991): Projekt Psychologie. Verlag Niederösterreichisches
Pressehaus
Hensle/Vernooij (2000): Einführung in die Arbeit mit behinderten Menschen 1. Facultas UTB
Speck, O. (2005): System Heilpädagogik. Eine ökologisch-reflexive Grundlegung. 5. Auflage.
Reinhardt Verlag.
Artikel „Aggressionen im Vorschulalter“. Online im WWW unter URL:
http://bidok.uibk.ac.at/library/allgeuer-aggressionen.html#id2659038 [abgerufen am 27. Dezember 06]
Artikel „Hyperaktivität“: Online im WWW unter URL: http://bidok.uibk.ac.at/library/hoheneggerhyperaktivitaet.html?hls=Hyperaktivit%E4t#id3060333 [abgerufen am 27. Dezember 06]
http://bidok.uibk.ac.at/library/koeppel-projekt.html#id3069972 -> Köppel
Abbildung
Abbildung „Gehirnaktivität einer Person ohne ADS. Rechts: Aktivität einer Person mit ADS“: Online im
WWW unter URL: http://de.wikipedia.org/wiki/ADHS#Ursachen [abgerufen am 27. Dezember 06]
Was sind Störungen der sozialen und emotionalen Entwicklung? Definitionsversuche
 Emotionale Störungen des Kindesalters bezeichnen eine Gruppe von Störungen in der
Kinder- und Jugendpsychiatrie, bei der Angst durch bestimmte, im allgemeinen ungefährliche
Objekte, die sich außerhalb der Person befinden, hervorgerufen wird. Zu der Gruppe von
Störungen, nach dem ICD-10, werden Störungen gezählt, die eine Verstärkung normaler
Entwicklungen dar stellen. Darin unterscheidenen sie sich von den Phobien. Bei den
Emotionalen Störungen steht die Angst vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten
Situation im Vordergrund, die im allgemeinen ungefährlich ist. (ICD-10- Tabelle findet sich im
Anhang!)
 Bei Hensle & Vernooij (2000): „Verhaltensstörung ist – wie Devianz allgemein – das Ergebnis
sozialer Festlegungs- und Zuschreibungsprozesse. Sie ist keine Verhaltensqualität an sich,
sondern Ausdruck gesellschaftlicher Definitionen und unterliegt wie andere soziale
1
Phänomene historisch-kulturellen Veränderungen. Eine Definition von Verhaltensstörung kann
nur in Bezug zu geltenden Normen erfolgen. (ebd., 229)
 Speck (2005) verwendet anstelle von „Verhaltensstörungen“ auch den Begriff der „sozioemotionalen Störungen“. Er spricht vielmehr von einem „Störungsphänomen sui generis, das
übergreifend, d.h. abhängig und/oder unabhängig von anderen Entwicklungsstörungen
wirksam werden kann. Es ist eine eigene Dimension im Entwicklungs- und
Erziehungsprozess, die sowohl in Verbindung mit physischen Beeinträchtigungen des
Organismus als auch unabhängig von ihnen in Funktion tritt und in aller Regel die
Identitätsfindung und die soziale Integration direkt gefährdet“. (zit. n. Speck 2005, 208; vgl.
Speck 1984a/Schmid 1985)
 Aber nicht nur Speck übt Kritik am Begriff der Verhaltensstörung, auch Vernooij grenzt sich
von diesem Begriff ab, da sie in diesem eine Sperrung „gegen eine Subsummierung unter
‚Behinderungen’ und gegen eine additive Klassifikation zusammen mit den anderen
‚Behinderungarten’“ (Vernooij 1986, zit. n. Speck 2005, 208) sieht. Sie definiert den Begriff
weiters als ein Ergebnis von Zuschreibungsprozessen, als einen gesellschaftlich definierten
Begriff für ein von der (gesellschaftlichen) Norm abweichendes Verhalten.
 Festzuhalten ist jedoch, dass der Begriff „Verhaltensstörung“ heute allgemein gebräuchlich ist
und 1950 auf dem ersten Weltkongress für Psychiatrie festgelegt worden ist. (vgl. Hensle &
Vernooij 2000, 229) Er stellt einen Sammelbegriff für sämtliche Formen und Ausprägungen
von Fehlverhalten, vom pädagogischen Phänomen der „Erziehungsschwierigkeit“ bis hin zu
psychiatrischen Syndromen, von Psychopathie bis zu gravierenden Formen von
Verwahrlosung und Delinquenz dar. (ebd., vgl. n. Wiesenhütter 1964, Myschker 1998;
Vernooij 1984a, 1989a;)
Weitere Definitionen
 Havers (1978, 24): „Unter einer Verhaltensstörung versteht man eine Regelübertretung, die
vom Handelnden selbst oder von jemandem, der sich ihm gegenüber in einer Machtposition
befindet, als störend und unangemessen beurteilt wird“ (vgl. Hensle & Vernooij, 230; zit. n.
Havers)
 Myschker (1998, 41f.) : „Verhaltensstörung ist ein von den zeit- und kulturspezifischen
Erwartungsnormen abweichendes, maladaptives Verhalten, das organogen und/oder
milieureaktiv bedingt ist, wegen der Mehrdimensionalität, der Häufigkeit und des
Schweregrades die Entwicklungs-, Lern- und Arbeitsfähigkeit sowie das
Interaktionsgeschehen in der Umwelt beeinträchtigt und ohne besondere pädagogischtherapeutische Hilfe nicht oder nur unzureichend überwunden werden kann“ (ebd.)
Verhaltensstörung bedingt sich nach Myschker multifaktoriell und ist ganzheitlich ausgerichtet.
(vgl. Hensle & Vernooij, 236)
 Vernooij (1999): „Unter Verhaltensstörung wird ein Verhalten verstanden, welches von den
formellen Normen einer Gesellschaft und/oder von den informellen Normen innerhalb einer
Gruppe nicht nur einmalig und in schwerwiegendem Ausmaß abweicht. Dabei gelten sowohl
die Untererfüllung der Norm als auch deren Übererfüllung als Abweichung. In der Regel
werden Verhaltensstörungen von Autoritäten, von pädagogisch-psychologisch-medizinischen
Beurteilungsinstanzen (Eltern, Lehrer, Erzieher, Ärzte) festgestellt. Dabei sind a)
entwicklungs- oder krisenbedingte sowie b) situations- oder personenabhängige
Verhaltensabweichungen als vorübergehende, aktuell reaktive Auffälligkeiten nicht über den
Begriff Verhaltensstörungen zu fassen“. (vgl. Hensle & Vernooij, 231; zit. n. Vernooij 1999)
Wandel der Begrifflichkeit
-
Von assozial, disziplinlos, sittlich gefährdet, zuchtlos, psychopathisch, schwer erziehbar,
erziehungsschwierig, verwahrlost, deviant über
führungsresistent, gemeinschaftsschwierig, verhaltensauffällig, verhaltensgestört, kriminell,
delinquent. (vgl. Hensle & Vernooij, 230)
Sichtweisen von Verhaltensstörungen durch die Epochen:

bis ca. 1900: Moralisierung

1900 bis 1933: Humanisierung, Pädagogisierung/Psychologisierung, Pathologisierung

1933 bis 1945: Genetisierung und/oder Internierung/Euthanasie

ab ca. 1950: Psychologisierung

ca. 1968 bis 1975: Politisierung

ab ca. 1975 bis 1982: Egalisierung

ab ca. 1982: Medizinisierung

Quelle: nach Hensle & Vernooij (2000, 247)
2
Ergänzend
Was den Schulbereich anbelangt, so findet hier (vgl. Biewer Modul 10) zunehmend eine Ablösung der
Bezeichnung „Störung der sozialen und emotionalen Entwicklung“ von jenem der „Verhaltensstörung“
statt.
Prävalenz oder Häufigkeit von Verhaltensstörungen 1



Katharina Allgeuer hat sich zum Thema „Aggressionen im Vorschulalter“ (vgl. Bidok-Online)
unter anderem auch mit der Frage nach der Häufigkeit von Verhaltensstörungen literarisch
auseinandergesetzt und hat dabei festgehalten, daß es bei vielen oder bei den meisten der
bisher unternommenen Untersuchungen – bezüglich der Häufigkeit – in der Regel um
subjektive Einschätzungen, also so genannte Erfahrungswerte handle. Diese werden mit Hilfe
unterschiedlichster Methoden gewonnen, so Allgeuer weiter. Zwei der genannten Ansätze
wären z.B. THALMANN (1971), der Eltern von 150 Reutlinger Jungen im Alter von 7 bis 10
Jahren befragte. Das Ergebnis brachte, dass 20% der Kinder als deutlich und 30% als mäßig
verhaltensgestört eingestuft werden konnten. MYSCHKER (1980) machte eine Befragung mit
71 Lehrern an 6 Hamburger Sonderschulen bezüglich der Verhaltensstörungen ihrer Schüler.
Ein Prozentsatz von 46 konnte hierbei als verhaltensgestört ermittelt werden. (ebd.)
Das Hauptproblem bei derlei Untersuchungen ist jenes, dass die Aussagekraft eher gering ist,
weil „auffällige Verhaltensweisen keine objektiv definierbaren Kriterien, sondern vielmehr
Beobachterkriterien sind, die nur in dem je spezifischen normativen Bezugsrahmen Gültigkeit
besitzen“, so Allgeuer (Bidok-Online). Es gibt allerdings auch keine objektiven, validen und
reliablen Kriterien zur Bestimmung eines Verhaltens. Aus diesem Grund bleiben die
Einschätzungen über die Häufigkeiten eher subjektive Annahmen. (ebd.)
Wie es auch bei Prof. Biewer (vgl. Modul 10) zusammengefasst wird, so ist eine Bestimmung
von Häufigkeit in erster Linie auch einmal davon abhängig, wie der Begriff Verhaltensstörung
denn überhaupt definiert wird. Und wie schon obern angesprochen ist auch die Methodik bei
den jeweiligen Untersuchungen von großer Relevanz.
Prävalenz oder Häufigkeit von Verhaltensstörungen 2
-
-
vgl. Biewer: Modul 10 -> Quotendifferenzen von 1% bis 61%. Die Ursachen bzw. die
ausschlaggebenden Faktoren für diese starken Differenzen wurden bereits im Punkt 1
oberhalb genannt.
Bezüglich der Häufigkeit jener Verhaltensstörungen, die eine sonderpädagogische
Intervention erfordern, ergeben sich Differenzen im Ausmaß zw. 1 und 4%.
hierzu findet sich noch im Anhang ein Textausschnitt von HOHENEGGER ->
Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS): Begrifflichkeiten, Symptome
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) (desgleichen auch als
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom1 oder Hyperkinetische Störung beschrieben) ist nach
Wikipedia psychische Störung, die bereits im Kindesalter beginnt. Sie zeigt sich primär zum Beispiel
durch leichte Ablenkbarkeit und ein geringes Konzentrationsvermögen. Sie zeichnet sich weiters durch
ein leicht aufbrausendes Wesen mit der Tendenz zu unüberlegtem Handeln, oftmals auch kombiniert
mit Hyperaktivität (ADHS), aus. (Artikel „ADHS“: in Wikipedia, die Freie Enzyklopädie)
Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS): Ursachen
Bei Allgeuer (vgl. Bidok-Online) werden folgende Ursachen genannt:
a) Genetische Faktoren
b) Organische Faktoren
Laut Berger’s Entwicklungsneurologie (2003) handelt es sich beim so genannten
Hyperaktivitätssdyndrom um eine „stark von psychischen Faktoren abhängige allgemeine Zunahme
von Willkürbewegungen im Sinne einer ‚Antriebssteigerung’“. (ebd., 53)
1
3
c) Ökologische Faktoren
d) Psycho-soziale Faktoren
e) Perspektivenwechsel
- lineare Perspektive
- topologische Perspektive
a) Genetische Faktoren: Diese seien bei ca. 50% der darauf untersuchten ADHSBetroffenen ausgemacht worden. Das heißt, dass eine genetisch bedingte Anormalität
der neuronalen Signalverarbeitung im Gehirn vorherrscht, so Wikipedia. (Artikel
„ADHS“: in Wikipedia, die Freie Enzyklopädie) Betroffen sind hier vor allem die
neuronalen Regelkreise, welche für die Regulation bzw. auch für das
Zusammenwirken von Motivation, Kognition, Emotion und dem Bewegungsverhalten
zuständig sind. Da sowohl das Frontalhirn, wie auch das sogenannte Striatum (dies
ist ein Teil der Basalganglien) in diesen Regelkreisen eine wichtige Rolle spielen, wird
auch von einer Striatofrontalen Dysfunktion gesprochen. Diese ist zu einem gewissen
Teil vererbt, aber auch pränatal (vorgeburtlich) erworben sein. (ebd.) Was die Frage
der Erblichkeit betrifft, so ist diese als Ursachemöglichkeit mit Vorsicht zu genießen,
denn dies konnte – laut Hoheneggers Literaturrecherchen (vgl. Bidok-Online) – bisher
durch keinerlei Forschungsergebnisse endgültig geklärt werden. (ebd.)
b) Organische Faktoren: Wie schon oben angeschnitten sei hier abermals die
Hirnfunktionsstörung genannt. Die Faktoren können perinatal verursacht sein, wie z.B.
durch Sauerstoffmangel bei der Geburt (Zangengeburten), der Einsatz von
Saugglocken, Kaiserschnitten und Frühgeburten. Als möglicher Grund für
Schwierigkeiten in den Gehirnfunktionen kann beispielsweise – laut BERNAU - eine
Stoffwechselstörung im Gehirn genannt werden. (ebd.)
c) Ökologische Faktoren: Die klinische Ökologin Doris RAPP (vgl. Hohenegger/BidokOnline) beschreibt beispielsweise in ihrem Buch "Ist das Ihr Kind" , welche
Auswirkungen häufig unerkannte Allergien (z.B. auf Nahrungsmittel, Pollen,
Schimmelpilze oder Chemikalien) haben können. Diese Allergien können unter
anderem hyperaktives Verhalten mit sich bringen. (ebd.)
d) Psychosoziale Faktoren: Diese Faktoren sind von großer Bedeutung, da sie oftmals
bei einer recht schnellen Diagnose von Verhaltensstörung außer Acht gelassen
werden, also zum Beispiel in welchen Verhältnissen das Kind lebt. (vgl. Hohenegger)
e) Ad: a) und b): Abbildung, die die Gehirnaktivität eines Menschen ohne ADS und eines
Menschen mit ADS zeigt:
Links: Gehirnaktivität einer Person ohne ADS. Rechts: Aktivität einer Person mit ADS.
Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS): Therapie
Ziel: Ziel diese multimodale Behandlung (mehrere Behandlungsschritte parallel, wie Psychotherapie,
Psychosoziale Interventionen, Coaching) soll sein, die sozialen Fähigkeiten auszubauen und auch
eventuell mögliche Begleitstörungen zu behandeln. Die Behandlung richtet sich individuell nach der
Ausprägung der Störung. Oftmals kann die Therapie ambulant vorgenommen werden. (vgl. Artikel
„ADHS“) Vereinzelt ist aber auch eine Therapie in stationärem Rahmen nötig.
Behandlungsmethoden:
a) Psychopharmakotherapie
b) Provokations-/Neutralisationsmethode
c) Diätetische Maßnahmen
d) Verhaltensmodifikation
e) Spieltherapie
f) Festhaltetherapie
g) Homöopathie - Naturheilkunde - Bioboom
4
h) Begleitung statt Therapie
i) Das Reflecting Team (vgl. Hohenegger/Bidok-Online)
Ad Pharmakotherapie
Diese kann zum Beispiel mit so genannten Stimulanzien2 (wie Methylphenidat und
Amphetamindeprivate), aber auch mit Antidepressiva3 erfolgen.
Zum Methylphenidat ist anzumerken, dass es etwa seit 1959 angewandt wird. Was die
Langzeitanwendung angeht so gibt es eher kontroverse Diskussionen, obwohl bisher durchgeführte
Studien mit Kontrolltomographien keine Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung durch das
Methylphenidat ergaben.
Das Methylphenidat wird zum Beispiel in Deutschland unter dem Handelsnamen Ritalin, Ritalin SR,
Ritalin LA, Medikinet, Concerta, Methylphenidat Hexal und anderen geführt, da der Produktschutz
abgelaufen ist (siehe Generikum). Das Bekannteste unter den Methylphenidat-Präparaten ist Ritalin
(wird auch in den USA geführt). Bei den diversen Präparaten kann es vor allem Unterschiede in den
Füll- und Zusatzstoffen geben (z.B. in der Wirkdauer) (vgl. Artikel „ADHS“)
Aggressivität und Gewalt: Begriffliche Klärung
„Aggressivität wird als langzeitig überdauernde Bereitschaft und Einstellung zu aggressivem Handeln
betrachtet, während es sich bei Aggression um die Handlung selbst handelt. Das Verhältnis zwischen
Aggressivität und Aggression ist daher wie das der Gewaltbereitschaft zur Gewalt zu verstehen.
Aggressivität ist demnach eine, zur Gewohnheit gewordene aggressive Haltung, die die
Grundstimmung des Menschen darstellt (Fühlen, Denken, Handeln einer Person). Sie führt zu
aggressiven Handlungen in Kombination mit besonderen Situationen. Dieser Begriff wird daher
hauptsächlich beim Diagnostizieren bestimmter Verhaltensstörungen eingesetzt“. (vgl. Allgeuer/BidokOnline)
Von Verhaltensauffälligkeit oder -störung wird gesprochen, weil aggressives Verhalten immer im
sozialen Kontext (mind. 6 Monate) auftritt. Bevor ein bestimmtes kindliches Verhalten als
Verhaltensstörung bezeichnet werden kann zu, muss das auftretende negative Verhalten vielseitiger,
erkennbar häufiger, ausgeprägter und ausschließlicher als bei anderen Kindern sein und vom
Mediziner eigens diagnostiziert werden. Kindliches Verhalten ist ja vom jeweiligen Entwicklungsstand
abhängig und Entwicklung verläuft sehr individuell, daher erfordert eine Diagnose "Verhaltensstörung"
einen besonders vorsichtigen Umgang. (ebd.)
Die Prävalenz liegt zwischen 2%, bei Kleinkindern und 10%, bei Jugendlichen.
Aggressivität und Gewalt: Formen
2
Stimulantien, Amphetamine, Ritalin: Zur Pharmakotherapie noch ein kurze Ergänzung. In Bezug auf
die Behandlung mit Amphetaminen ist zu sagen, dass hier bei hyperaktiven und ständig unruhigen
Kindern, die auch stark unter Konzentrationsschwierigkeiten leiden, eine Ausgeglichenheit zu
beobachten ist. Eine Wirkung kann sich innerhalb der ersten 3 Wochen einstellen. Wichtig ist jedoch,
dass vor einer Behandlung mit Amphetaminen eine Diagnosestellung durch einen Kinder- und
Jugendpsychiater erfolgen sollte. Eine erfolgreiche Anwendung mit Methylphenidat (Ritalin) sei weiters
bei ADHS-Betroffenen bzw. bei Leuten, die aufgrund wechselnder Störungen der Aufmerksamkeit und
des Antriebs mit ADHS identifiziert wurden(auch Erwachsenen), festgestellt worden. (Benkert 2001,
118)
3
Antidepressiva-Behandlung: kann z.B. durch Strattera (mit dem Wirkstoff Atomoxetin) erfolgen. Es
handelt sich – so Wikipedia – um ein Antidepressivum in Form eines so genannten NoradrenalinWiederaufnahme-Hemmers. In vereinzelten Fällen ist auch eine Anwendung von Trizyklischen
Antidepressiva oder auch Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern möglich, vor allem dort, wo
das Methylphenidat keine Wirkung zeigt. Generell ist zu sagen, dass Antidepressiva in diesem Bereich
vor allem dann erfolgreich angewandt werden können, wo es in Folge der Symptomatik zu
Depressionen als Begleiterscheinung oder Folgeerkrankung kommt. (ebd.)
5
Aggressionen können sich in verschiedenst ausdrücken. Zum Beispiel nach außen gegen
irgendwelche Personen, aber auch in abgespaltener Form und folglich gegen die eigene Person (vgl.
auch Autoaggressives Verhalten). Beide Formen zeigen Probleme des Kindes auf und sind ernst
zunehmen! Aggressivität kann sowohl direkt (gegen andere Personen gerichtet) wie auch indirekt
(gegen Gegenstände gerichtet) ausgelebt werden. (vgl. Allgeuer)
Angst als Störung der emotionalen Entwicklung: Erklärungsmodelle
Ergänzung meinerseits: 3 Erklärungsmodelle d. Angst
1) Biologische Erklärung: „Die Biologie, insbesondere die Verhaltensforschung, geht davon aus,
dass jedes genetisch einprogrammierte Verhalten eines Organismus für das Überleben der
Art von Bedeutung sein muss – sonst hätte es sich nicht im Lauf der Entwicklung herausbilden
und erhalten können. Gilt dieser Grundsatz auch für das Angstverhalten?“ (vgl. Kern et. al.
1991, 60) Antwort: Ja, da es eine „normale und lebenserhaltende Reaktion darstellt“.
2) Psychoanalytische Erklärung: Nach FREUD -> Diese Modell ist eines der bekanntesten
Erklärungsmodelle in Bezug auf Angst. „Es berücksichtigt die tieferliegenden, unbewussten
Persönlichkeitsschichten des Menschen und auch die folgenschwere frühkindliche
Entwicklung“. (ebd.)
3) Lernpsychologische Erklärung: „Die Lernpsychologie untersucht, wie ein bestimmtes
Verhalten Schritt für Schritt als Ergebnis bestimmter Umweltbedingungen zustande kommt.
Dieser Vorgang wird als ‚Lernen’ bezeichnet…“ (ebd., 61) Vor etwas mehr als 50 Jahren hat
der amerikan. Behaviorist John B. Watson erste lernpsychologische Experimente durchgeführt
und zeigte damit, wie man einem Kind Schritt für Schritt beibringen könne, sich vor einem
beliebigen Tier oder einem Gegenstand zu fürchten, auch wie sich das Angstverhalten
ausweiten könne. (ebd.)
 Wie schon zu Beginn bei den Definitionen von „Emotionaler Störung“ erwähnt, „steht die
Angst vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation im Vordergrund“. Sobald
diese Angst – die an und für sich in Bezug auf die Situation oder das Objekt „unbegründet“
scheint/ist – für die Entwicklung in punkto Intensität und Dauer eine zunehmende
Beeinträchtigung bedeutet, so kann hier von einer Angst als Verhaltensstörung gesprochen
werden. Formen von Angst können zum Beispiel Trennungsängste (gewisse Angst bei der
Trennung mit den Eltern, z.B. erklärbar dadurch, da das Kind ja eine Bindung zu seinen Eltern
entwickelt und die Trennungsangst kann dann auftreten, wenn es z.B. Situationen gibt, „in
denen eine Zuneigungsperson das Kind, zumeist in einer unbekannten Umgebung, kurz oder
längerfristig zurückgelassen hat“. vgl. Wikipedia) Diese Trennungsängste erhalten erst dann
ihren Störungswert, wenn ‚eine unübliche Ausprägung, eine abnorme Dauer über die typische
Altersstufe hinaus und durch deutliche Probleme in sozialen Funktionen’ vorhanden ist“. (ebd.)
 Weitere Ängste können sein: Kontaktvermeidung, Überängstlichkeit und des weiteren
Panikstörungen, Phobien (Phobische Störung des Kindesalters, wie man im Anhang anhand
der Tabelle auch nachlesen kann. Bei dieser Störung meidet das Kind Situationen, in denen
es angstbesetzten Dingen ausgesetzt ist), Zwangsstörungen, posttraumatische
Belastungsstörungen, Störungen mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (hierbei handelt
es sich um eine durchgängige oder wiederkehrende, auch altersunanhängige Furcht vor
Fremden oder einem Vermeiden dieser.),… (Artikel „Emotionale Störungen“ in: Wikipedia, die
Freie Enzyklopädie)
Ad: Moralische Entwicklung, Erziehungsschwierigkeiten und Verhaltensstörungen
Hierbei ist die „Kognitive Entwicklungstheorie des moralischen Urteils“ von Lawrence Kohlberg zu
nennen, welche sich auf John RAWLS moralphilosophischer Gerechtigkeitstheorie stützt und weiters
eine Weiterentwicklung von PIAGETS Theorie der Moralentwicklung darstellt. Kohlbergs „Theorie der
Entwicklung des Moralbewusstseins“ beim Menschen basiert auf dessen Dissertationsarbeit (1958).
Dieser folgte hernach eine fast 30 Jahre laufende Längsschnittstudie. Die Theorie geht von der
Annahme aus, „dass sich das Moralbewusstsein beim Menschen stufenweise in immer derselben
Reihenfolge entwickelt, wobei nicht alle Menschen die höheren Stufen des Moralbewusstseins
erreichen“. (Artikel „Stufentheorie des moralischen Verhaltens“) Kohlberg spricht von seiner Theorie
als einer kognitive Entwicklungstheorie, wobei die Bezeichnung „kognitiv“ in diesem Kontext „als das
Denken und Urteilen über moralische Problemstellungen verstanden werden kann.“ (ebd.)
6
Der „Just-Community“ Ansatz beruht beispielsweise auf Kohlbergs Entwicklungsmodell.
Mobile Dienste
vgl. Biewer Modul 10
 In Deutschland: Erfahrungen mit Mobilen Diensten hier seit etwa Anfang der 80-er
 Aufgabenbereiche: Diagnostik und Beratung der Lehrkräfte
 In Österreich: an Sonderpädag. Zentren angesiedelt. Dabei sollen in erster Linie die
Regelschulen angesprochen werden.
(Anm.: Dieser letzte Punkt wird eventuell noch ausführlicher bearbeitet!)
Anhang
ICD-10-Codes
Emotionale Störungen des
Kindesalters
F93.0 Emotionale
Störung mit
Trennungsangst
des Kindesalters
F93.1 Phobische Störung
des Kindesalters
F93.2 Störung mit
sozialer
Ängstlichkeit des
Kindesalters
F93.3 Emotionale
Störung mit
Geschwisterrivalität
F93.8 Sonstige
emotionale
Störungen des
Kindesalters
F93.9 Emotionale
Störung des
Kindesalters, nicht
näher bezeichnet
Zur Häufigkeit
Die Frage nach der Häufigkeit lässt sich kaum beantworten. Die ständig wachsenden Zahlen von
Veröffentlichungen und wissenschaftlichen Untersuchungen verweisen auf einen starken Anstieg der
Verhaltensstörungen. Aussagen wie: "Eltern und Lehrer sind hinsichtlich der steigenden Zahlen von
Problemkindern ratloser denn je" (Vernooij 1992, Seite 12); "Auf einem großen Kinderärztekongress
wurde festgestellt, dass fast 15 % aller Schulkinder Lern- und Leistungsstörungen aufweisen ...
Genauso angestiegen sei der Teil der Schulkinder mit zusätzlichem hyperkinetischem Syndrom"
(Bernau 1995, Seite 92); "Ärzte schätzen die Häufigkeit und Bedeutung der MCD hoch ein" (Schmidt
1992, Seite 40) "Immer mehr Eltern, Erzieher/innen, Lehrer/innen und sonstige Fachleute aus dem
medizinischen und therapeutischen Bereich werden mit einer immer größer werdenden Zahl an sog.
,hyperaktiven Kindern' konfrontiert" (Hammer 1994, Seite 184) sind keine Ausnahme, sondern die
Regel. Hartmann schreibt, dass 43,7 % der männlichen Schulversager und 37,4 % der weiblichen
Schulversagerinnen in Heidelberg laut Statistik eine leichte frühkindliche Hirnschädigung aufweisen.
7
Ihren Angaben zufolge "wurde bei 74 Schulkindern einer ländlichen Gemeinde zwar nur in vier
Prozent der Fälle eine frühkindlich-leichte Hirnfunktionsstörung diagnostiziert. Es ergab sich aber bei
immerhin 14,6 % ein entsprechender Verdacht, und Grenzbefunde wurden sogar bei 46 % dieser
untersuchten Kinder festgestellt" (Hartmann 1994, Seite 42 - 43).
Die Tatsache, dass man heute dazu neigt, alle unruhigen Kinder als hyperaktiv zu bezeichnen, macht
die Sinnlosigkeit, irgendwelche Zahlen zu nennen, deutlich. "Angaben über auffällige
Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen hat es auch in früheren Generationen gegeben,
ohne dass ihnen derartige Aufmerksamkeit geschenkt wurde oder sie gar medizinisch behandelt
wurden" (Voss 1992, Seite 49).
Die Normabweichungen in neurophysiologischen, neuropsychologischen und Leistungsparametern
sind nach Schmidt überzufällig oft in der Bevölkerung zu finden. Sie kommen in extremen
Ausprägungen weitaus häufiger vor, "als es den Verteilungsgesetzmäßigkeiten für biologische oder
biologisch fundierte Merkmale, die sich in der Regel nach der Gaußschen Normalverteilung richten,
entspricht" (Schmidt 1992, Seite 44). Schmidt betont, dass keine Rede sein kann von einem Syndrom,
das bei einer hohen Anzahl von Kindern vorkommt. Deshalb ruft er alle Ärzte auf, von der Vorstellung
einer globalen minimalen cerebralen Dysfunktion als häufige kinderpsychiatrische Störung Abschied
zu nehmen.
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