Pressemitteilung „50 Jahre Nagelkreuzzentrum Ottobeuren“ vom 25.10.2014, Vesper am 18.10.2014 Friedensarbeit durch Versöhnung Ottobeuren seit 50 Jahren Nagelkreuzzentrum Abt Johannes Schaber bezeichnete die aus diesem Anlass besonders festlich begangene Vesper als den „ökumenischen Höhepunkt des Jubiläumsjahres“. Der Leitungskreis der Nagelkreuzgemeinschaft Deutschland kam eigens zu einem Treffen nach Ottobeuren. Dessen Vorsitzender, Oberkirchenrat Dr. Oliver Schuegraf, hielt die Predigt. Zugegen war auch die seit September amtierende Kanonikerin Dr. Sarah Hills aus der anglikanischen Kathedrale von Coventry, die weltweit den Kontakt zu den Nagelkreuzgemeinschaften hält sowie der Ottobeurer Gebetskreis, der sich jeden Freitag um 12 Uhr vor dem Benediktusaltar trifft. „Die Welt von 1964 war nach dem Weltkrieg eine zerbrochene Welt und auch die Welt von 2014 ist mit Blick auf die aktuellen Konflikte noch immer eine zerbrochene Welt. Die Friedensarbeit bleibt deshalb weiterhin eine wichtige Aufgabe“, so Hills in ihrer Rede beim anschließenden Festakt im Gästerefektorium der Abtei. Die Rolle Ottobeurens als Nagelkreuzzentrum hatte Dr. Schuegraf in die Predigt eingebaut, indem er den Psalm 100 „Jauchzet dem Herren alle Welt“ und seine musikalische Umsetzung betrachtete. Man fühle sich ganz anders angesprochen „als wenn nur die Worte in mein Ohr dringen. Im Psalm 100 macht sich die Freude Luft, das Gotteslob muss hinausposaunt werden“, so der Oberkirchenrat. Schon Martin Luther habe die Musik als „die beste Gottesgabe“ bezeichnet, die viele Anfechtungen verjage und dem Satan zuwider sei. In Ottobeuren gebe es mit den Basilikakonzerten seit 1949 ein immerwährendes musikalisches Gotteslob, seit genau 50 Jahren auch unter dem Versöhungszeichen des Nagelkreuzes von Coventry. Gleichwohl brachte Dr. Schuegraf seine Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Kontakte zum Ausdruck, „denn je mehr Nagelkreuzzentren mit ihrer Versöhnungsarbeit in das Lob Gottes gemeinsam einstimmen, umso kraftvollen wird dieses Lob ausfallen.“ Den musikalischen Part der Vesper übernahmen im Wechsel der Konvent und der „Chor96“ unter Leitung von Helmut Scharpf mit gregorianischen und romantischen Psalmvertonungen, abgeschlossen von einer der bekanntesten Hymnen im englischen Sprachraum „Abide with me“, ein klanglich mächtiger Abschluss, gemeinsam mit Dr. Josef Miltschitzky an der Marienorgel. Während der Tagung des Leiterkreises wurden drei Anträge auf Mitgliedschaft beraten und positiv beschieden, sodass es 2015 schon mehr als 60 Nagelkreuzzentren in Deutschland geben wird. Eine Mitgliedschaft setzt das Vorhandensein einer Gruppe voraus, eine finanzielle Beteiligung sowie eine Pilgerfahrt nach Coventry. Außerdem stand die Vorbereitung der Mitgliederversammlung im Oktober 2015 in Pforzen auf der Tagesordnung. Vertiefte Informationen zum Nagelkreuzzentrum, dem Gebetskreis und zur Vesper finden sich im virtuellen Museum Ottobeurens: www.ottobeurenmacht-geschichte.de Bildunterschrift: Abt Johannes Schaber, Dr. Sarah Hills (mit dem Nagelkreuz) und Dr. Oliver Schuegraf am Hochaltar der Basilika, umrahmt vom Ottobeurer „Chor96“. Das Bild mit 300dpi wurde von Dr. Joachim Sonntag aufgenommen und findet sich hier: www.ottobeuren-macht-geschichte.de/archive/files/21fe6cd753f27f82bba87a968406bf94.jpg Beschreibung und Auszüge aus der Predigt von Dr. Oliver Schuegraf (nicht Teil der PM) in der Vesper in der Basilika Ottobeuren, 18.10.2014: Oberkirchenrat Dr. Schuegraf ging in seiner Predigt auf die Bedeutung der Musik in Ottobeuren im Verständigungsprozess ein, was auch 1964 ausschlaggebend war. So wurde damals das „war requiem“ von Benjamin Britten erstmals in Deutschland aufgeführt. Seit 1967 finden regelmäßig Begegnungsveranstaltungen mit anderen Nationen statt. Für die Musik während der Vesper waren der Konvent und der Chor96 zuständig. Schuegraf zitierte Verse aus den Psalm 100, „Jauchzet dem Herren alle Welt“, und hatte dabei auch die musikalische Umsetzung – in einer Vertonung von Benjamin Britten („O be joyful in the Lord“) – im Ohr. Man fühle sich ganz anders angesprochen „als wenn nur die Worte in mein Ohr dringen. Im Psalm 100 macht sich die Freude Luft, das Gotteslob muss hinausposaunt werden.“ Der Oberkirchenrat zitierte Martin Luther, der in seiner „Vorrede auf alle gute Gesangsbücher“ unter dem Titel „Frau Musika“ schrieb: Die Musik ist die beste Gottesgabe. Sie ist das größte, ja wahrhaft ein göttliches Geschenk. Und deshalb dem Satan völlig zuwider. Durch sie werden viele große Anfechtungen verjagt. Musik ist der beste Trost für einen verstörten Menschen, auch wenn er nur ein ganz klein wenig zu singen vermag. Wer singt und musiziert macht sich nicht viel Sorgen. Er schlägt alle Sorgen aus und ist guter Dinge. Dr. Schuegraf während der Predigt (Auszüge): Jauchzet dem Herren alle Welt: Das Gotteslob beschränkt sich nicht nur auf das Volk Israel. Der Psalm weitet Gottes Handeln ins Universale, der Bund zwischen Gott und Israel wird entgrenzt auf alle Völker hin. Und in ein solch immerwährendes Lob wird hier in Ottobeuren seit 1949 in mittlerweile wohl ungezählten Basilikakonzerten musikalisch eingestimmt. Seit genau 50 Jahren auch unter dem Versöhungszeichen des Nagelkreuzes von Coventry. Damit ist Ottobeuren ein ganz besonderes Nagelkreuzzentrum in unserem weltweiten Netzwerk von Zentren, die sich für Versöhnung im Zeichen des Nagelkreuzes von Coventry einsetzen. Ich jedenfalls kenne keines, das sich der Versöhnung durch Musik, durch musikalische Begegnung verschrieben hat. Jauchzet dem Herren alle Welt. (…) Angefangen hat alles mit eben jeder deutschenglischen Begegnung im September 1964, in der das war requiem erstmals hier in dieser Basilika und das erste Mal auf deutschem Boden zu Gehör kam. Wie bereits bei der Erstaufführung in Coventry vereinten sich Stimmen von englischen und deutschen Solisten, um gemeinsam die sinnlose Zerstörungskraft des Krieges musikalisch zu beklagen. Und als Provost Howard im Rahmen dieser Begegnung das Nagelkreuz an Abt Vitalis Maier übergab, interpretierte er es mit den Worten: Wie groß auch immer der Drang sein mag, an der Vergangenheit aus persönlichen und nationalen Motiven festzuhalten: Der Christ ist verpflichtet, sie zu begraben, damit eine neue Vision, eine neue Hoffnung, ein neuer Glaube auferstehen kann. Das ist die Überzeugung und die Botschaft von Coventry. Den Neubeginn durch musikalischen Lobpreis zu ermöglichen, diesen Weg ist Ottobeuren weitergegangen. Es folgten deutsch-französische, deutsch-polnische, immer wieder europäische, aber auch christlich-jüdische Begegnungen. Ottobeuren mit seinen Konzerten wurde zu einem Ort, an dem sich Chöre und Orchester diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs, aber auch Politiker aus den unterschiedlichen Ländern Europas von Angesicht zu Angesicht treffen konnten. Jauchzet dem Herren, alle Welt. Die Gottesgabe der Frau Musika kann einen Beitrag dazu leisten, dass sich Völker näher kommen, aus aller Welt zusammenkommen, um Zorn und Hass der Vergangenheit zu begraben, wie Probst Howard es nannte. (…) Ich hoffe, dass die Abtei Ottobeuren und ihre Basilika sich weiterhin dieser besondere Aufgabe und Gabe im Dienste der europäischen Versöhnung stellen wird. Noch eine Hoffnung erlaube ich mir, anzuschließen: In den letzten Jahren war der Kontakt der Deutschen Nagelkreuzgemeinschaft und der Kontakt Coventrys zu Ottobeuren leider nicht mehr ganz so intensiv wie in früheren Jahren. Ich hoffe, dass sich dies auch wieder ändern wird. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn wir gemeinsam in Kontakt bleiben, wenn z.B. mal ein Vertreter von Ihnen zu einer unserer Mitgliederversammlungen kommen würde. Oder dass der Kreis hier wirklich das Nagelkreuzgebet jede Woche hochhält und sich durch das Gebet für Versöhnung und Frieden einsetzt, denn je mehr Nagelkreuzzentren mit ihrer Versöhnungsarbeit in das Lob Gottes gemeinsam einstimmen, umso kraftvollen wird dieses Lob ausfallen. Jauchzet dem Herren, alle Welt! Dienet dem Herren mit Freuden! Amen. Mehr zu Luther und die Musik siehe: http://www.martin-schlotz.de/system/files/1407/original/Martin_Luther_und_die_MusikVortrag_von_Martin_Schlotz.pdf?1341492611