www.gendeaf.org Ausgabe Nr. 6, 2005 Mitteilungsblatt des

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Bulletin Nr. 6
Ausgabe Nr. 6, 2005
Mitteilungsblatt des Europäischen Netzwerkes für genetisch bedingte Taubheit (GENDEAF):
pathogene Mechanismen, klinische und molekulare Diagnose, gesellschaftliche Auswirkungen.
Veröffentlicht mit Unterstützung der Europäischen Kommission, Fünftes Rahmenprogramm,
Lebensqualität und Management lebender Ressourcen.
REDAKTION
Patrizia Ceccarani (Lega del Filo d’Oro onlus, Osimo) – I
Giancarlo Cianfrone, (AIRS – Associazione Italiana per la Ricerca sulla Sordità, Roma) - I
Christina Fasser (RETINA International, Zürich) - CH
Vibeke Leth (Dänischer Verband für Kochlearimplantierte Kinder, Skaevinge) - DK
Anders Lindgren - S
Manuela Mazzoli (U.O.A. Otochirurgie, Padova) - I
Vanessa Migliosi (Internationale Vereinigung für Schwerhörige Jugendliche, Trento) - I
Milon Potmesil (Palacky Universität, Pädagogische Fakultät, Abteilung für Sonderpädagogik,
Olomuc) – CZ
Liebe Leser,
in den letzten beiden Jahren hat Sie das Newsletter “Gendeaf News“ aktuell über wichtige Themen
wie Genetik und Taubheit informiert.
Das Europäische Projekt Gendaef ist jedoch jetzt zum Abschluss gekommen und um uns von Ihnen
zu verabschieden, möchten wird diese letzte Ausgabe des Newsletters als eine Sonderausgabe
herausgeben.
Wie Sie wissen, hat vom 17. bis 19. März in Caserta die Abschlusskonferenz des Gendeaf-Projekts
stattgefunden, so haben wir, um Sie über die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Laufenden zu
halten, in dieser Ausgabe die wichtigsten Auszüge einiger im Laufe dieser Veranstaltung
gehaltenen Vorträge abgedruckt.
Ich hoffe jedenfalls, dass diese Vernetzungs- und Synergiearbeit auch in Zukunft fortgesetzt
werden können, wenn auch in anderer Form.
Mit freundlichen Grüßen,
Patrizia Ceccarani
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Bulletin Nr. 6
ZUSAMMENFASSUNG DER ABSCHLUSSKONFERENZ DES EUROPÄISCHEN NETZWERKS FÜR
GENETISCH BEDINGTE TAUBHEIT GENETIC AND DEAFNESS
Vom 17. bis 19.März 2005 fand in Caserta die Abschlusskonferenz des Europäischen Netzwerks für
genetisch bedingte Taubheit GENetic and DEAFness statt.
Das Arbeitsprogramm wurde in Form von Konferenzen und Fachvorträgen organisiert, dazu kamen
freie Vorträge und Posters.
Teilgenommen haben 250 Fachleute aus Italien und aus dem Ausland, die sich mit wichtigen
Themen wie der Forschung in der Molekularbiologie (Genotyp-Phänotyp, Mitochondrie, Connexin
26), der klinischen Praxis, den sozialen und kommunikationsbezogenen Auswirkungen von
genetischen Störungen, dem Einsatz des Cochlea-Implantats, der syndromischen und nichtsyndromischen Taubheit befassten .
Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Auszüge aus den verschiedenen Beiträgen.
DAS CONNEXIN
26 GEN
V. Migliosi, WP 7
Überblick über die Genetik der Connexonen, die mit Gehörlosigkeit assoziiert sind
Das Connexin 26 Gen ist hauptsächlich bei der Vererbung der rezessiven Gehörlosigkeit beteiligt.
Im Jahre 1997 zeigte eine Studie von Dr. D. P. Kelsell aus London, dass Connexin 26 Mutationen
für über 50 % der rezessiven Gehörlosigkeit im Mittelmeerraum verantwortlich sind. Dies war eine
äußerst wichtige Entdeckung, da nachfolgende Arbeiten zeigten, dass Connexin 26 Mutationen
auch in den meisten anderen Bevölkerungsgruppen vorliegen: 30% in Nordeuropa, 40% in den
USA, 22% in Brasilien, 25% im Fernen Osten, 17% in Ghana und 15% in Australien. Diese
Prozentzahlen zeigen, dass die Studie des Connexin 26 Gens bedeutende Auswirkungen auf die
molekulare Diagnose und die Beratung der Patienten hat. Die meisten der Connexin 26 Mutationen
werden rezessiv vererbt, obwohl einige seltene Mutationen entweder dominantem Hörverlust oder
syndromische Gehörlosigkeit verursachen, die mit Hautsymptomen einhergeht. Bis heute wurden
mehr als 80 Connexin 26 Mutationen gefunden, die in der „Cx26-deafness“ – Webseite unter
http://www.crg.es/deafness/cx26mut.php. aufgelistet sind.
Bei der rezessiven Vererbung sind beide Elternteile gesunde Träger mit zwei Kopien eines
mutierten und eines nicht mutierten Gens. Da zur Vererbung der Hörbehinderung zwei mutierte
Kopien nötig sind, ist die Eventualität, dass deren Kinder schwerhörig oder gehörlos sein werden,
gleich 25%, dass deren Kinder keine Gehörprobleme haben, jedoch Träger einer mutierten und
einer normalen Kopie sind, gleich 50% und dass ihre Kinder normal hören und keine Träger
mutierter Kopien sind, gleich 25%. Bei der dominanten Vererbung gibt es keine gesunden Träger.
Deshalb genügt eine mutierte Kopie, um Gehörverlust zu erzeugen: Ein Elternteil mit
Hörbehinderung besitzt zum Beispiel nur eine mutierte Kopie während die andere normal ist.
Diese Person heiratet einen normal hörenden Partner. Er oder Sie hat nun eine Eventualität von
50%, entweder ein Kind ohne Hörbehinderung oder ein Kind mit Hörbehinderung zu zeugen.
In den im Mittelmeerraum beheimateten Bevölkerungsgruppen ist die häufigste Mutation dieses
Gens die 35delG Mutation, welche für 80% der Mutationen verantwortlich ist. Die
Trägerinzidenz variiert von 1/35 in Südeuropa zu 1/79 in Nordeuropa. Dies bedeutet, dass
mindestens 3% der Bevölkerungsgruppen im Mittelmeerraum gesunde Träger sind.
Die Korrelation zwischen dem Mutationstypus in diesem Gen und des Schweregrads der
Hörbehinderung ist nicht geklärt. Trotzdem kann prinzipiell angenommen werden, dass Personen
mit der 35delG Mutation in beiden Kopien anscheinend einen bedeutend höheren Grad von
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Hörbehinderung haben (resthörig) als Personen mit der 35delG Mutation in einer von beiden
Kopien. Personen mit keiner 35delG Mutation in beiden Kopien haben eine bedeutend geringere
Hörbehinderung (leicht).
In anderen Bevölkerungsgruppen beobachtet man sehr häufig folgende Mutationen: Die 167delTMutation bei den Ashkenazi-Juden, die 235delC-Mutation in Ostasien (Japaner, Chinesen und
Koreaner), die R143W-Mutation in Ghana und die W24X-Mutation bei Indern und Romas
(Zigeuner).
Das Connexin 26 Gen (GJB2 – Gap Junction Beta-Protein 2) verschlüsselt eines der 6 Proteine, die
identische Untereinheiten bilden, die sich zu einer hexametrischen Struktur zusammenschließen.
Diese wird als „Connexon“ bezeichnet und bildet funktionell einen halben Transmembrankanal.
Durch die Aneinanderlagerung zweier Connexone (zweier benachbarter Zellen) kommt es zur
Ausbildung eines kompletten, funktionstüchtigen Transmembrankanals, der den Transport
chemischer Substanzen wie Kalium-Ionen ermöglicht. Connexin 26 ist in den Stützzellen des
Corti‘schen Organs sowie den angrenzenden epithelialen Zellen, in den Fibrocyten des Limbus
spiralis, der Prominentia spiralis und den Intermediär- und Basalzellen der Stria Vascularis
enthalten. Die Funktion des Connexons ist noch nicht gänzlich bekannt, aber es könnte KaliumIonen, welche durch gesunde Transduktion in die Haarzellen eindringen, dazu anregen, wieder in
die Endolymphe zu sezernieren.
Die Bedeutung weiterer Connexonen.
In der Familie der Connexin Proteine gibt es zwei weitere Connexonen, 30 und 31, die Connexin
26 ähnlich sind und ebenfalls Gehörlosigkeit verursachen. Connexin 31 scheint für die dominante
und die rezessive Gehörlosigkeit verantwortlich zu sein, aber es werden weitere Forschungen
benötigt , um diese Theorie zu bestätigen. Hier wird deutlich, dass verschiedene Mutationen in
demselben Gen verschiedene Typen von vererbten Hörbehinderungen erzeugen können.
Das Connexin 30 Gen ist sehr eng mit dem Connexin 26 Gen verwandt. Da ein hoher Anteil von
Patienten mit Hörbehinderungen (10% - 42% in verschiedenen Bevölkerungsgruppen) nur Träger
einer mutierten Kopie des Connexin 26 Gens sind, haben die Wissenschafter angenommen , dass
die zweite Mutation in einem Gen gefunden werden könne, das Connexin 26 sehr ähnlich ist. Sie
fanden heraus, dass den Gehörlosen, die nur eine Mutation des Connexin 26 Gens besaßen (50%),
auch ein 309 kb-Fragment des anderen Chromosoms fehlte, welches eine der beiden Kopien des
Connexin 30 Gens beseitigte. Diese Mutation wurde GJB6-D13S1830-Deletion genannt. Eine
weitere 232 kb-Deletion, GJB6-D13S1854-Deletion genannt, verantwortlich für 25% der bisher
noch ungelösten Fälle, wurde nach dem Screening nach der 309 kb-Deletion identifiziert. Der Rest
der Mutationen im betroffenen Connexin 26 Heterozygoten (10-30% der Fälle) wurde noch nicht
identifiziert. Die Entdeckung, dass sich im Ohr Connexin 26 und Connexin 30 Untereinheiten zu
einem "Functional Gap“ zusammenschließen, macht die wichtige Rolle von Connexin 30 deutlich.
Dazu kommt, dass Connexin 30 in einigen Familien für die dominante Form der Gehörlosigkeit
verantwortlich ist.
Ein weiteres Gen, das zur Connexin-Familie gehört, ist das Connexin 43 (GJA1), das nachweislich
für die oculo-dento-digitale Dysplasie (ODDD), ein dominantes autosomales Syndrom,
verantwortlich ist, in einigen Patienten mit konduktivem Hörverlust ( Schädigungen des Außenund Mittelohrs) assoziiert.
Im Gegensatz dazu weiß man heute (wie schon 2001 bekannt gegeben), dass Mutationen im
Connexin 45 Gen keine nicht-syndromale sensorineurale Gehörlosigkeit verursachen .
Therapie der durch Connexone verursachten Gehörlosigkeit.
Eine italienische Studie hat gezeigt, dass bei Kindern mit schweren, durch Connexin 26 Mutationen
hervorgerufenen Hörbehinderungen hervorragende Resultate erzielt wurden, als diese Cochlea
Implantate erhielten. Durch einige Fakten kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Gehörverlust
nicht immer angeboren sein müsse. Dies würde bedeuten, dass vor der endgültigen Schädigung ein
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Zeitfenster existiert, welches einen frühen akustischen Input zulässt. Dies würde auch die besseren
Resultate erklären, die mit Connexin 26 Gehörlosen nach der Implantation erreicht wurden. Eine
weitere Möglichkeit wäre, dass bei den Gehörlosen mit der Mutation des Connexin 26 Gens das
Ganglion spirale cochleae durch die Mutation nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Eine interessante Studie über die Sprechfähigkeit von implantierten Kindern mit Connexin 26
Mutationen und jenen mit Hörbehinderungen unbekannter Herkunft wurde in Israel durchgeführt,
welche keine signifikanten Unterschiede in der Sprechwahrnehmung zwischen den beiden Gruppen
feststellte.
Zusammenfassend heben diese Entdeckungen die Bedeutung der genetischen Beratung, der
Früherkennung und der Diagnose sowie die Tatsache, dass diese heute die besten
Rehabilitationsresultate erbringen, hervor. In Zukunft wird die Funktion der Connexonen im Ohr
noch besser verstanden werden, was erlaubt, die heutigen Therapien zu verbessern oder sogar neue
zu entwickeln.
DIE SOZIALEN UND KOMMUNIKATIVEN AUSWIRKUNGEN DER GENETISCHEN STÖRUNGEN
P. Ceccarani, WP 7
Die Beiträge, bei denen versucht wurde hervorzuheben, wie grundlegend es ist, die sozialen und
psychosozialen Auswirkungen der genetischen syndromischen oder nicht-syndromischen Taubheit
zu berücksichtigen, waren sehr zahlreich und interessant.
Die Kenntnis und das Erkennen der Funktionsstörungen und Krankheiten, die den Verlust des
Gehörs zur Folge haben, sind nicht nur für Eltern, Hals-Nasen-Ohrenärzte und Audiologen wichtig,
sondern auch für Lehrer, Logopäden, Psychologen, Kinderärzte und andere Fachleute, die sich mit
Personen beschäftigen , die Gehörprobleme aufweisen. Die Beteiligung der Vereine für Behinderte
und deren Familienangehörige, in einem gemeinsamen Engagement mit den Fachleuten ermöglicht
außerdem alltäglich die Lebensqualität der Personen mit genetisch bedingter Schwerhörigkeit zu
verbessern.
Der syndrombedingte Verlust des Gehörs ist bei 30% der gehörlosen Kinder die Hauptursache
(Grundfast 1993). Bei der syndromischen Gehörlosigkeit sind in der Regel auch andere Organe
beteiligt; so zeigen sich Fehlbildungen des Gesichtsschädels (kraniofaziale Fehlbildungen),
Knochenfehlbildungen, Sehschwäche, neurologische, dentale und kardiovaskulare Störungen und
Fehlbildungen.
Eine korrekte und schnelle Diagnose eines Syndroms, und somit auch des genetischen Aspekts, wie
des Usher-Syndroms, erleichtert nicht nur die Definition des Erbmodells, sondern erlaubt es auch,
die Anomalien der assoziierten Organe zu verstehen und in angemessener Weise einzugreifen.
Dadurch wird gewährleistet, dass den Symptomen, die auftreten könnten und der Rückbildung
einiger Verhaltensweisen möglichst schnell entgegengewirkt wird, d.h. rechtzeitig einigen
negativen Auswirkungen zuvorgekommen wird, die mit Schwerhörigkeit und Sehschwäche
verbunden sind .
Welchen Einschränkungen unterliegen Schwerhörige in den verschiedenen Bereichen des täglichen
Lebens? Je nach Ausmaß des Syndroms kann die Person mehr oder weniger große
Integrationsschwierigkeiten im Alltags- und Arbeitsleben zeigen; Es gibt nämlich zahlreiche
alltägliche Probleme, wie fehlender Zugang zu Informationen, Kontaktschwierigkeiten,
Schwierigkeiten bei der Kommunikation und Interaktion mit den Familienangehörigen und anderen
Personen, das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, kulturelle und soziale Isolation, die
Schwierigkeit, sich selbstständig zu bewegen sowie Schwierigkeiten bei der Freizeitgestaltung.
Eine erfolgreiche Kommunikation ist grundlegend für alle Lebensbereiche des Menschen und
Beeinträchtigungen auf der Kommunikationsebene haben eine Einschränkung der sozialen
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Beziehungen und Möglichkeiten zur Folge, erhöhen den Stress und die Angst, führen zu einem
negativen Selbstbild. Daher sind ein schnelles Erkennen, die Diagnose und die Rehabilitation der
Sprachschwierigkeiten grundlegend und wichtig.
Beim Großteil der Sprachstörungen ist die eigentliche Ursache nicht immer eindeutig, oft ist es der
Verlust des Gehörs, der die Sprachschwierigkeiten und deren Entwicklung verursacht (die Taubheit
kann als ein Verlust definiert werden, der ausreicht, die Sprache ohne Verstärkung schwierig oder
unmöglich zu machen), in anderen Fällen können auch Lernunfähigkeit, Gehirnlähmungen,
geistiges Zurückbleiben, Palatoschisis (Gaumenspalte) vorliegen.
In den letzten Jahrzehnten hat die Genetik große Fortschritte erzielt und es wurden die
Mechanismen beschrieben, die Verhaltens-, Sprach- und Hörstörungen auslösen können. Besonders
bei Kindern mit bestimmten Sprachstörungen , wurde die bedeutende Rolle der genetischen
Faktoren erkannt ; das Bestehen einer besonderen Sprachstörung in der Familiengeschichte und
das gleichzeitige Auftreten bei homozygoten Zwillingen scheint tatsächlich die Möglichkeit von
Sprachstörungen zu erhöhen . Die Sprachprobleme hängen nicht immer von einer einzigen
genetischen Störung ab, sondern können aus der Interaktion verschiedener Gene mit
Umweltfaktoren entstehen.
Dies kann als eine komplexe Störung interpretiert werden und die exakte Kombination der Gene,
die diese besondere Sprachstörung bedingen , kann von Individuum zu Individuum jeweils
unterschiedlich sein, wobei sich die Störung bei einigen Patienten nicht manifestieren muss.
Die Sprachentwicklung, die Ausbildung eines Kommunikationssystems, Unterschiede beim
Verständnis der gesprochenen oder geschriebenen Sprache können davon abhängen, ob die
Schwerhörigkeit erworben oder angeboren ist (Charge-Syndrom, Goldenhar-Syndrom etc.), oder ob
eine assoziierte Pathologie eingetreten ist (Usher-Syndrom): angeborene Schwerhörigkeit, langsam
fortschreitende Netzhautdegeneration.
Das Erlernen von nicht verbalen Kommunikationscodes, sowohl auf der Ausdrucks- als auch auf
der Verständnisebene, hängt von den sensoriellen Restfähigkeiten der Personen und von den
assoziierten Behinderungen ab. Verschiedene nicht verbale Systeme stehen zur Verfügung.
Wird ein Gegenstand mit einer bestimmten Aktivität assoziiert (weil er zum Beispiel an diese
erinnert oder für diese Aktivität verwendet wird), kann das Kind damit die notwendigen
Informationen verhalten, um zu verstehen, worum es geht oder was es tun soll, und somit handelt
es sich bereits hier um einen Kommunikationscode; auch eine Farbe, ein Objekt, ein Modell können
eine Aktivität darstellen, auf eine gefährliche Situation usw. hinweisen.
Wenn die Person fähig ist , Bilder zu unterscheiden, kann sie die piktographische Kommunikation
verwenden und wenn sie über eine Zeitvorstellung verfügt, können eben diese Bilder im Kalender
oder in einen Terminkalender eingefügt werden, um Termine planen und einhalten zu können.
In der Zeichensprache gibt es ebenso wie in der gesprochenen Sprache Strukturen und
grammatische Regeln, wir sprechen nämlich von: Konfiguration oder Stellung , die die Hand bei
der Ausführung der Zeichen einnimmt; Ort, wo das Zeichen ausgeführt wird; die ausgeführte
Bewegung, nicht mit der Hand ausgeführte Komponenten, wie etwa der Gesichtsausdruck oder die
Lippenbewegung.
Bei der Daktylogie, auch Fingeralphabet genannt, das oft mit der Zeichensprache verbunden ist,
stellen die unterschiedlichen Bewegungen und Stellungen der Finger jeweils einen Buchstaben des
Alphabets dar.
Die Personen, die nicht nur das Gehör, sondern auch das Sehvermögen verloren haben, können das
Malossi-System verwenden. Bei diesem System wird die Hand von der Person, der etwas mitgeteilt
werden soll, als eine Art Schreibmaschine verwendet. Das leichte Berühren oder Kneifen an
bestimmten Stellen der Hand entspricht einem bestimmten Buchstaben des Alphabets.
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Oft werden die verschiedenen Kommunikationscodes und die verschiedenen nicht verbalen
Sprachen gemeinsam verwendet, denn das Hauptziel ist es, dem Kommunikationsbedürfnis
nachzukommen.
Bessere Kommunikationsmöglichkeiten können geschaffen werden, wenn zum Beispiel die
gehörlose oder taubblinde Person auf einen Dolmetscher, eine Kontaktperson, auf ein Telefon mit
DTS, einen Computer mit Braille-Tastatur, eine Videolupe zurückgreifen kann.
Ein entsprechendes und rechtzeitig eingesetztes Hörgerät (in den ersten sechs Lebensmonaten) oder
das Cochlea-Implantat dienen dazu, die Hörfähigkeit zu verbessern, was sich positiv auf die
Interaktion des Kindes mit der Umwelt auswirkt sowie Sprachstörungen und den entsprechenden
Entwicklungsrückstand zu vermeiden .
Bei Fällen von präverbaler Taubheit sind die vorhandenen neuralen Strukturen, die normale
kognitive Funktion und der Verlust des Gehörs die wichtigsten Grundfaktoren, die den Erfolg des
Cochlea-Implantats ausmachen.
Um die Faktoren zu bestimmen, von denen die bessere auditive Diskriminierung mit CochleaImplatat abhängt, wurde bei anderen Untersuchungen die Fähigkeit zur auditiven Diskriminierung
der Sprache, zur Gestaltung eines Gesprächs und zur gesprochenen Sprache untersucht. Außerdem
ist es für eine umfassende Bewertung der Funktionalität oder der Nichteignung des CochleaImplantats notwendig, einen Magnetresonanztest beim Patienten durchzuführen, damit die
eventuellen Gegenanzeigen deutlich werden, wie etwa Nichtvorhandensein der Cochlea, KarotisAsthenie usw.
Immer mehr wissenschaftliche Arbeiten beschäftigen sich mit der Frage, wie Familienangehörige
und Verwandte mit der genetischen Beratung, der Taubheit und den damit verbundenen möglichen
Folgen umgehen.
Das am häufigsten eingesetzte Mittel in den verschiedenen Untersuchungen ist das Interview, das
mit Verwandten anhand eines Fragebogens geführt wird, in dem versucht wird, die verschiedenen
Funktionen, Erwartungen, Ergebnisse der genetischen Untersuchungen, der Emotionen während des
Tests, die möglichen Verhaltensänderungen gegenüber der Nachkommenschaft, eventuelle
Änderungen in den Familienbeziehungen und die Erwartungen hinsichtlich der Lebensqualität der
Nachkommen herauszufinden. Für die Fachleute ist es wichtig, Kenntnisse darüber zu gewinnen
und zu verstehen, ob die Kenntnis der Ursache für die Taubheit der Familie hilft, besser mit der
Behinderung zurecht zu kommen oder ein Schuldgefühl erzeugt, das sich auf die
Familienbeziehungen auswirkt. Das ist ein wichtiger Aspekt, um die Arbeit mit dem schwerhörigen
Patienten und seinen Familienangehörigen so situationsangemessen und funktional wie möglich
gestalten zu können.
Ein Fragebogen wurde in Wales (Cardiff) und in den Niederlanden (Amsterdam) verteilt;
letztgenannter wurde dann auf der Website des Holländischen Verbands Gehörloser und
Schwerhöriger veröffentlicht.
Eine wissenschaftliche Untersuchung (Stephens und Jones, 2005) gibt wenige veröffentlichte
Studien über die psychosozialen Auswirkungen der genetisch bedingten Taubheit an. Die
verfügbaren Informationen beschränken sich fast ausschließlich auf die Untersuchungen von
Kindern mit angeborener Taubheit und zeigen, dass Kinder mit ebenfalls gehörlosen Eltern
normalerweise kaum Verhaltensprobleme und beschränktere Hörfähigkeiten haben, sondern einen
besseren und häufigeren Gebrauch der Zeichensprache, bessere Schulerfolge und mehr
Selbstständigkeit aufweisen, und eine geringere positive Sensibilität gegenüber sich selbst zeigen.
Öffentliche Dienste, Behörden und Gesundheitsämter privater und sozialer Art arbeiten immer
häufiger mit Gehörlosen oder Taubblinden und ihren Familienangehörigen zusammen, um diese aus
ihrer Isolation zu befreien, Lebensfreude und Selbstständigkeit wiederzuerlangen und Stärken zu
entwickeln.
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ABSCHNITT VERSCHIEDENES
REHABILITATIONSENTSCHEIDUNGEN BEI STARKER SCHWERHÖRIGKEIT: DAS COCHLEAIMPLANTAT
A. Martini, P. Trevisi
Bei starker Schwerhörigkeit ist die Funktionstüchtigkeit des Innenohres wegen schlechter
Leistungsfähigkeit der Wimpernzellen im Inneren stark herabgesetzt oder überhaupt nicht
vorhanden. Unter diesen Bedingungen ermöglicht die Verstärkung der Töne mit herkömmlichen
Gehörprothesen nur die Wahrnehmung der intensivsten Töne, löst jedoch bei Schnecke (Cochlea)
und Nerven nicht jene Prozesse einer Zeit-Frequenz-Analyse aus, die für einen unversehrten
Gehörapparat typisch sowie zum Verständnis der gesprochenen Sprache erforderlich sind.
Das Cochlea-Implantat ist die geeignetste Prothese, um die Funktionen des Hörprozesses
zumindest teilweise wieder herzustellen, da sie direkt den Hörnerv anregt und dabei die
mangelhafte Schnecke (Cochlea) übergeht. Die Funktionsweise des Implantats kann wie folgt
vereinfacht werden: das von einem Empfängermikrofon aufgenommene Tonsignal wird analysiert
und am Cochleaknochen in elektrische Impulse, in einer Größenordnung von Milliampere,
umgewandelt. Dabei werden die Fasern von Nerv XIII erreicht, die je nach den
Spektraleigenschaften des eingehenden Signals selektiv aktiviert werden.
Schematisch betrachtet besteht das Cochlea-Implantat aus einem externen und einem internen Teil.
Der externe Teil besteht aus einem Empfängermikrofon, das hinter der Ohrmuschel angebracht ist
und die Töne in elektrische Signale verwandelt und diese an einen Prozessor weiterleitet. Es
handelt sich dabei um ein fortschrittliches Gerät, das in der Lage ist, das eingehende Signal zu
filtern, zu verstärken, anzupassen, zu codieren und an die äußere Antenne zu senden.
Das derart verarbeitete Signal wird durch elektromagnetische Induktion an die Antenne des internen
Teils übertragen, die mittels eines chirurgischen Eingriffs positioniert wird.
Der interne Teil besteht aus einem Empfänger-Stimulator sowie einem Elektrodensystem.
Erstgenannter besteht aus einem Keramik- oder Titaniummodul, das eine Empfängerantenne und
einen Mikrochip enthält. Der Mikrochip ermöglicht die Dekodierung der vom externen Prozessor
empfangenen Informationen und deren Übertragung an die Elektroden in der Schnecke (Cochlea),
um die Fasern des Cochleanerven in Echtzeit zu stimulieren.
Für wen eignet sich das Cochlea-Implantat
Alle Personen, die an starker Schwerhörigkeit leiden und keinen Nutzen von der Gehörprothese
ziehen können, sind potentielle Kandidaten für das Implantat. Die Entscheidung zum Eingriff wird
vor allem von der persönlichen Motivation des Patienten bedingt und erfordert ein komplexes
Verfahren zur klinischen Bewertung, das eine Bilanz zum Verhältnis zwischen den Risiken und
Vorteilen in Bezug auf die besondere klinische und psychologische Situation des jeweiligen
Patienten ergibt. Die zur Bewertung der effektiven Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs bei der
Verwendung des Implantats verfolgten Kriterien waren jahrelang ein Diskussionsgegenstand und
haben sich besonders seit dem Consensus Statement der NIH (National Institutes of Health) im
Jahre 1995 auf neue Patientengruppen erweitert. Grundlage dafür war eine Überlegung zur größeren
Wirksamkeit der Modelle der jüngsten Generation hinsichtlich der verbalen Kommunikation.
Während anfänglich die Meinung bestand, dass das Implantat nur von Patienten mit den besten
Entwicklungs- oder Anwendungsaussichten, den sog. ‘Star Patient’ verwendet werden sollte, haben
sich in den vergangenen zehn Jahren die Personen vervielfacht, die auf irgendeine Weise einen
vorteilhaften Lebensumschwung im Verlauf der Rehabilitation erzielen können, auch wenn sie kein
optimales Niveau der Wahrnehmungsleistung erreichen. Für eine sorgfältige Auswahl der
Kandidaten für das Implantat müssen zwei Faktoren erfüllt werden: 1) Prüfung der Unversehrtheit
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der betreffenden Gehörgänge hinter der Cochlea, so dass die funktionellen Voraussetzungen für
eine gute Nutzung der elektrischen Stimulation gewährleistet werden können, 2) sorgfältige
Bestimmung der persönlichen Merkmale, d.h. der extra-audiologischen Variablen des Patienten.
Auswahl und Beurteilung des Kandidaten für das Implantat
Die klinische Beurteilung verfolgt je nach dem Alter des Patienten, dem Zurückliegen des
Auftretens der Schwerhörigkeit, der Dauer des Gehörmangels, der zusätzlichen sowie erwarteten
Kommunikationsfähigkeiten, dem allgemeinen Gesundheitszustand und den spezifischen
Bedingungen, die durch eventuelle Krankheitsbilder im Zusammenhang mit der Taubheit bedingt
werden, unterschiedliche Verfahrenslinien.
Erstrangiges Ziel ist es dabei, Risikofaktoren im Zusammenhang mit dem Eingriff oder mit der
Verwendung des Implantats im täglichen Leben auszuschließen. Danach wird die audiologische
Bewertung vorgenommen, die folgende Ziele hat: 1) genaue Bestimmung der Gehörschwelle, 2)
Prüfung der Wirksamkeit der bisher verwendeten Prothese, 3) Ermittlung der verbliebenen
Wahrnehmungsfähigkeit, vor allem in Bezug auf das Hören von verbalem Material, um ein Profil
der Hör- und Kommunikationsschwierigkeiten des Patienten zu erarbeiten sowie eine vernünftige
Annahme einer Besserung mit dem Implantat festzusetzen .
1) Die Bestimmung der Hörschwelle, insbesondere des dauerhaften Gehörschadens, im
Unterschied zu vorübergehenden Problemen des Mittelohres, wird beim Erwachsenen durch eine
tonale Audiometrie und Impedanzmessung vorgenommen. Bei Kindern werden die
verhaltensbedingte Audiometrie und die Impedanzmessung auf Grund der geringen Zuverlässigkeit
der Untersuchungen subjektiver Art mit objektiven elektrophysischen Untersuchungen und
akustischen Otoemissionen (OEA) unterstützt.
Erstes Element der audiometrischen Untersuchung ist die Bestimmung der Gehörschwelle auf dem
Luftweg. Dieser Art von Bewertung können sowohl Erwachsene als Kinder im Alter von 3-4
Jahren unterzogen werden, wenn diese mitarbeiten. Bei Kindern im Alter von 3-4 Jahren basieren
die audiometrischen Methoden auf bedingten instrumentellen Reflexen (Peep-Show, Visual
Rinforcement Audiometry, Conditioned Orientation Response), die es ermöglichen, Grenzwerte zu
ermitteln, die sich den tatsächlichen Werten deutlich nähern. Die Impedanzmessung ist eine
objektive Untersuchung, die durch die Trommelfellmessung ein Eindringen in das Mittelohr und /
oder die mangelnde Funktionsweise der Ohrtrompete hervorhebt, während das
Vorhandensein/Fehlen des stapedialen Reflexes die Stärke der Schwerhörigkeit leugnet oder
bestätigt.
Neurophysiologische Tests spielen bei der Auswahl des mit einem Implantat zu versehenden
Patienten eine wichtige Rolle und verfolgen das Ziel, objektiv die Gehörschwelle und die Reaktion
des Cochlea-Nerven zu bestimmen.
Die ABR ist eine objektive, weder traumatische noch invasive Untersuchung, weshalb sie nicht nur
bei Erwachsenen sondern auch bei Kleinkindern während des spontanen Schlafs durchgeführt
werden kann, ohne dass eine Narkose erforderlich ist. Sie ist bei der Bestimmung der
Gehörschwelle durch die Stabilität der V-Welle selbst bei Intensitätsverringerungen bis zu
Grenzwerten zuverlässig und kann außerdem auch bei starker Taubheit bei 2-4 kHz vorgenommen
werden, unter Voraussetzung dass die mittelschweren Frequenzen relativ gut erhalten bleiben. Die
Untersuchung der Reaktionsmängel im Vergleich zu den Vorgabeparametern ermöglicht es
schließlich, die Reife der Nervenstrukturen des Stammhirnes zu bewerten.
Das Fehlen der oben beschriebenen morphologischen Parameter ist ein Anzeichen für eine
Schwerhörigkeit von mehr als 90 dB HL.
Die Untersuchung der otoakustischen Emissionen hat in letzter Zeit eine große Bedeutung bei der
Bewertung in präoperativer Phase bei Kleinkindern als Kandidaten für ein Cochlea-Implantat (IC)
gewonnen, da sie hilft auszuschließen, dass eine normale oder gute Cochleafunktion im Falle einer
fehlenden ABR bei Vorliegen eines Nervenleidens am Gehör besteht.
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Die Elektrocochleographie (ECochG) ist eine objektive audiometrische Methode, die auf der
Aufzeichnung der an der Cochlea als Reaktion auf einen Tonreiz erzeugten Potentiale, beruht.
Diese Technik der Aufzeichnung im ‘Nahfeld’ ermöglicht es, die Potenziale genau zu untersuchen
und dabei die durch die Cochlea bedingten Elemente (MC: Cochlea-Mikrofon) sowie jene des
achten Schädelnerven (PA: Globales Wirkungspotential) von den Nervenimpulsen, die von anderen
angrenzenden Teilen kommen, zu isolieren. Das Potential des Cochlea-Mikrofons verkörpert die
elektrische Tätigkeit basierend auf der Summe der zellfremden Ströme, die durch die CochleaAufteilung erzeugt werden. Das globale Wirkungspotential des 8. Nerven ist das Ergebnis der
synchronen Ausbreitung der Potentiale der Axone, aus denen dieser Nerv besteht . Da die ECochG
eine Vollnarkose erfordert, bleibt sie den Fällen vorbehalten, bei denen die ABR auf Grund der
unvollständigen Entwicklung der betroffenen Gehörgänge (bei sehr kleinen Kindern) bzw. des
Vorliegens von Erkrankungen des SNC oder Schädel-Gesichts-Syndromen nicht zuverlässig ist. Sie
ist bei der Differentialanalyse bei Nervenleiden des Gehörs wesentlich.
2 und 3) Die Prüfung der Wirksamkeit der Prothese (Untersuchung mit elektronischem Ohr,
Grenzwert im freien Feld mit Prothese) kann von der Bewertung der Gehörleistung bei verbalem
Material, das den Kommunikationsbedingungen im täglichen Leben am nächsten kommt, nicht
absehen.
Zur Beurteilung des effektiven Gewinns, den der Patient mit der Hilfsprothese erzielt, wird der
Test im freien Feld mit Prothese durchgeführt: es handelt sich um einen Test in geräuscharmer
Umgebung, in der der Ton über Lautsprecher in einer Entfernung von 1 m rechts und links zum
Patienten ausgestrahlt wird.
Bei Erwachsenen, die die verbale Sprache erlernt und gefestigt haben, bewertet die vokale
Audiometrie die Funktionsfähigkeit des gesamten Gehörapparates und aller Elemente, die nicht Teil
des Gehörs sind, sondern zum Verständnis der verbalen Sprache beitragen.
Die vokale Audiometrie ist von drei Intensitätsstufen gekennzeichnet:
- Erkennungsschwelle, bei der es zu keiner vokalen Identifizierung kommt 0%
- Wahrnehmungsschwelle, bei der die vokale Erkennung 50% beträgt
- Verständnisschwelle, die der Erkennung der gesamten vorgelegten Liste entspricht 100%.
Bei Vorliegen eines schweren Gehörmangels bleibt die vokale Schwelle auch bei maximaler
Intensität der Stimulation auf der Erkennungsschwelle und erreicht niemals die
Wahrnehmungsschwelle. Die Untersuchung sieht die Möglichkeit vor, für Erwachsene geeignete
Wort-/Satzlisten oder Listen für Kinder zu verwenden.
Die Beurteilung der verbalen Wahrnehmung bei Kindern, die noch keinen ausreichenden
Wortschatz für die vokale Audiometrie erworben haben, wird diese häufig bei freiem Sprechen
während der logopädischen Beurteilung durchgeführt. Häufig befinden sich die am schwersten
hörgeschädigten Kinder in einer Phase vor der Spracherlernung, obwohl sie bereits mehr als drei
Jahre alt sind. Die Wahrnehmungstests kommen in Abhängigkeit vom Alter und der
Sprachentwicklungsstufe des Kindes zur Anwendung (LiP, P.CA.P., T.A.P., TIPI 1 und TIPI 2). Sie
haben den Zweck, die Strategien zur Dekodierung des verbalen Signals zu bewerten, wobei ein
Fähigkeitsgrad bestimmt wird, der sich dem Status der Fähigkeit des Patienten bei der mündlichen
Kommunikation nähert.
Prognoseindex beim Cochlea-Implantat
Nach Bestimmung und Erfüllung der audiologischen Kriterien innerhalb des Protokolls für das
Cochlea-Implantat ist eine multidisziplinäre Einstufung erforderlich, um die Möglichkeiten sowie
die eventuellen Grenzen jedes Patienten bei der Benutzung des Cochlea-Implantats zu klären.
a) Die neuropsychiatrische und/oder psychologische Beurteilung zielt darauf hin, die
neurophysiologischen Funktionen der Person und die soziale Kompetenz des Kandidaten zu klären
(kognitiv, wahrnehmungs-, bewegungs- sowie gefühlsmäßig). Die durchgeführten Tests werden
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jeweils in Abhängigkeit vom Alter der Person, der Art der untersuchten Funktion und schließlich
der Vornahme eines Follow-up der Veränderungen bei den untersuchten Leistungen, ausgewählt.
Von grundlegender Bedeutung ist außerdem die Bewertung des familiären / sozialen Umfeldes.
b) die neuroradiologischen Untersuchungen: die Untersuchung des Schläfenknochens durch axiale
Computer-Tomographie (TAC) und die nukleare Magnetresonanz (RMN) ermöglichen die
Ermittlung der Widerstandsfähigkeit des Trommelfell-Steigbügels und des runden Fensters. Die
TAC hebt eventuelle Bereiche einer Verknöcherung hervor, während die RMN Bereiche mit
endolabyrinthischer Fibrose, feinsten Änderungen der Membranstruktur des Innenohres sowie das
Vorhandensein von Anomalien des Nervenblocks an Cochlea-Vestibularapparat offen legt. Die RM
darf nicht nur das Ohr und den statisch-akustischen Nerv betreffen, sondern auch das Gehirn in
seiner Gesamtheit, damit durch Missbildungen bedingte und vor allem sich ausbreitende
Krankheiten auszuschließen, die unter Umständen weitere Kontrollen mittels RM erfordern könnten
(unter Berücksichtigung der Einschränkungen, die diese Untersuchungen nach dem Anbringen des
IC haben).
Erweiterung der Auswahlkriterien
Abgesehen von den verschiedenen anwendbaren Protokollen muss die Beurteilung des Kandidaten
für das Implantat so weit wie möglich seinen tatsächlichen Verwendungsmöglichkeiten
entsprechen.
Allgemein wird anerkannt, dass das ideale Alter für eine Implantation zwischen 18 und 24 Monaten
liegt, und zwar als einen Kompromiss zwischen den Problemen hinsichtlich Anästhesie und
Diagnose einerseits und der Notwendigkeit, den Gehörmangel zu unterbrechen, andererseits. In
Fällen einer Hirnhautentzündung mit Verknöcherung ist es empfehlenswert, die ImplantatOperation so frühzeitig wie möglich vorzunehmen.
In den meisten Fällen handelt es sich bei der Implantat-Operation um einen einseitigen Eingriff, um
die chirurgische Invasivität zu minimieren und eine Seite für eventuelle zukünftige Entwicklungen
in der wissenschaftlichen Forschung zu erhalten. Andererseits bestehen pathologische
Bedingungen, wie starke Schwerhörigkeit in Zusammenhang mit Sehstörungen, bei denen der
Vorteil des beidseitigen Hörvermögens von absoluter Bedeutung ist.
Chirurgische Aspekte
Die Chirurgie strebt die Erreichung von zwei Zielstellungen an:
•
Einfügen der aktiven Elektroden in die Trommelfellrampe
•
Einsetzen und Befestigung des Empfänger-Stimulators in die Schläfenbeinschuppe.
Im Detail umfasst der chirurgische Eingriff für das Cochlea-Implantat: Ausbildung eines
Hautrandes, Mastoidektomie, hintere Tympanotomie, Unterbringung des Empfänger-Stimulators,
Cochleostomie, Befestigung des Implantats, Einfügen der Elektroden, Tests zur Kontrolle, Sutur.
Nach dem Einschneiden der Haut und der Herstellung eines Lappen unter Freilegung des
Warzenfortsatzes wird die Mastodektomie zur Ermittlung der seitlichen Höhlung, des seitlichen
Halbrundkanals, der Incusvertiefung und des nach unten verlaufenden Teils des Gesichtsnerven
vorgenommen. Das hintere Attika wird geöffnet, wobei der kurze Verlauf des Amboss, d.h. der
Ausgangspunkt für die hintere Tympanotomie erkennbar wird. Letztere besteht darin, dass eine
Knochenöffnung im hinteren Teil des äußeren Gehörgangs hergestellt wird, um die Wölbung und
den Fensterbereich hervorzuheben. Diese Öffnung hat die Form eines Dreiecks mit nach unten
gerichteter Spitze und wird unten durch den Knochenkanal, in dem der Gesichtsnerv verläuft, sowie
oben durch den Amboss und vorn durch die Trommelfellsehne begrenzt. Somit werden der Verlauf
entlang des Amboss, das Incus-Stapedial-Gelenk mit Stapedialsehne und der Fensterbereich
erkennbar. Bei Vornahme der posterioren Tympanotomie muss besondere Sorgfalt angewendet
werden, um eine Verletzung des Gesichtsnerven zu vermeiden. Sollte er freigelegt werden, muss
dieser Nerv von der Elektrode isoliert werden, um eine anomale Stimulation zu vermeiden.
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Danach ist es erforderlich, ein Knochenbett in der Schläfenbeinschuppe für die Unterbringung des
Empfängers herzustellen. Seine Position darf nicht zu hoch sein, wo die Schalendicke gering ist,
und nicht zu niedrig, wo die stärker gebogene Knochenposition des Warzenfortsatzes keine gute
Stabilität des Empfängers zulässt. Mit Hilfe eines Silikonmodells und eines dermographischen Stift
wird der zu fräsende Bereich abgegrenzt, um die Nische mit der erforderlichen Tiefe zu finden und
ein optimales Einfügen zu ermöglichen .
Der Zugang zur Trommelfellrampe ist auf zweierlei Art möglich: 1) über das runde Fenster durch
Abfräsen des oberen Randes der Nische, um eine gute Sichtbarkeit der Sekundärmembran zu
erzielen, deren Einschneiden es ermöglicht, die Trommelfellrampe zu erreichen. Der entstehende
Spalt wird dann entsprechend erweitert, um das Durchführen der Elektroden zu ermöglichen; 2)
durch Herstellung eines neuen Fensters an der Wölbung, vorn am Rand der Nische des ovalen
Fensters, wobei die Wölbung abgefräst wird, bis eine Öffnung entsteht, die mit der
Trommelfellrampe verbunden ist. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um die am häufigsten
verwendete Methode, da ermöglicht wird, direkten Zugang zur Rampe zu erhalten und eventuelle
Hindernisse in Zusammenhang mit einer Obliteration der Nische oder des Fensterrandes zu
umgehen. Jetzt können die Elektroden eingefügt werden, was durch ein entsprechendes
Führungsinstrument erleichtert wird. Während dieses Vorganges ist es von grundlegender
Bedeutung, äußerst vorsichtig zu verfahren, um eine Beschädigung der Elektroden zu vermeiden .
Nach dem Einfügen der Elektroden und vor ihrer endgültigen Befestigung ist es möglich, einige
Kontrolltests zur Prüfung der richtigen Funktionsweise und Positionierung der aktiven Elektroden
durchzuführen.
•
Integrity Test: beurteilt wird die richtige Funktionsweise des Implantats durch
Aufzeichnung der Abgabe von stimulierendem elektrischem Strom durch jede Elektrode.
•
Telemetrische Bewertung der Impedanz der einzelnen Elektroden: es handelt sich dabei
um einen guten Index für die richtige Funktionsweise und Positionierung der Elektroden.
Die Ermittlung einer geringen Impedanz, d.h. niedriger als bestimmte Werte, ist ein
Zeichen für guten Kontakt mit den Wänden der Schnecke. Besteht eine andere Impedanz
zwischen den aktiven, distaleren Elektroden im Verhältnis zu den restlichen, so ist es
möglich, dass sie sich außerhalb der Cochlea befinden.
•
Suche nach dem Grenzwert für den stapedialen Reflex: die Prüfung der Kontraktion des
ipsilateralen Stapediums ist äußerst wichtig, da die richtige Positionierung und
Funktionsweise des Implantats sowie des Gehörgangs bis zum Schaft angezeigt wird. Das
Fehlen des stapedialen Reflexes ist nicht unbedingt ein Hinweis auf Funktionsmangel
oder schlechte Positionierung.
•
Telemetrie der Nervenreaktion: die Aufzeichnung des Aktionspotentials des
Cochleanerven als Reaktion auf einen elektrischen Reiz, der vom System zur
Abstimmung des Implantats erzeugt wird, liefert die Bestätigung für die richtige
Positionierung dieses Implantats. Außerdem bietet die Bestimmung des Grenzwertes für
das Potential nützliche Informationen für die spätere Aktivierung.
Nach Überprüfung der richtigen Positionierung und Funktionsweise der Elektroden wird eine
Stabilisierung des Gerätes vorgenommen. Der sorgfältige Abschluss der Cochleostomie ist wichtig,
um eine mögliche Verschmutzung des Innenohres (und somit in besonderen Situationen, vor allem
bei Missbildungen, des Liquors) durch Infektionen des Mittelohres, die im Kindesalter äußerst
häufig sind, zu vermeiden. Die Verankerung der Elektrode bei posteriorer Tympanotomie ist vor
allem bei Kindern äußerst wichtig, da somit die Möglichkeit eines Herausziehens der Elektroden
aus der Schnecke während des Wachstums vermieden wird, da der Abstand zwischen der
posterioren Tympanotomie und der Nische des runden Fensters lebenslang unverändert bleibt.
Jetzt wird die Sutur des oberflächlichen Muskel-Haut-Lappen vorgenommen.
Am nächsten Tag wird eine Röntgenuntersuchung zur Kontrolle (Abbildung 10) durchgeführt, um
die Positionierung der Elektroden und die Tiefe ihrer Einfügung zu prüfen.
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Die Dauer des für den chirurgischen Eingriff erforderlichen Krankenhausaufenthalts beträgt im
Durchschnitt 3 Tage. Im Laufe des Monats nach der Entlassung werden wiederholte lokale
Kontrollen des Zustandes der chirurgischen Wunde bis zur vollständigen Vernarbung durchgeführt.
Etwa 30 Tage nach dem Eingriff wird das Cochlea-Implantat schrittweise auf allen Kanälen
aktiviert. Gewöhnlich wird die Konfiguration des Implantats 15-30 Tage nach der erstmaligen
Aktivierung vervollständigt.
Bei Patienten im Kindesalter ist eine Eingliederung des Patienten in ein Rehabilitationsprogramm
mit oralistischer Prägung, das eine optimale Nutzung der neu erlangten Wahrnehmungsfähigkeiten
anstrebt, eine unentbehrliche Voraussetzung für das gute Gelingen der Implantation.
Abstimmung des Implantats
Die Aktivierung der Elektroden erfolgt etwa 1 Monat nach dem chirurgischen Eingriff, um die
natürliche Einstellung des elektrolytischen Gleichgewichts und die Vernarbung des
Implantatbereichs zu ermöglichen; insbesondere wird zur Optimierung der Schnittstelle zwischen
den Elektroden und den Geweben empfohlen, mindestens 30 Tage nach dem chirurgischen
Anbringen des Empfänger-Stimulators zu warten, bevor die Aktivierung vorgenommen wird.
Die Abstimmung wird unter Teilnahme und Zusammenarbeit des Patienten vorgenommen, der
eingewiesen werden muss, um folgendes zu erkennen:
Das durch die elektrische Stimulierung hervorgerufene Hörempfinden
Das Empfinden einer subjektiven Intensität (Loudness)
Das Empfinden einer subjektiven Höhe (Pitch)
Den Unterschied von Loudness und Pitch zwischen zwei oder mehr Stimulationen
Die Mindestschwelle der Hörerkennung
Das Komfortniveau
Das maximal erträgliche Stimulationsniveau.
Zu diesem Zweck ist es nützlich, vor der Aktivierung einen Zeitraum für das akustische Training
(entweder mit vibrierenden Hilfsmitteln, wenn der Gehörmangel total ist) vorzusehen, um die
Kinder auf die Art der Tätigkeit vorzubereiten, die sie während der Konfiguration auszuführen
haben. Das akustische Training kann jedoch häufig nicht vor der Aktivierung des Implantats
beendet werden, da es die akustische Kompetenz des Patienten nicht ermöglicht, alle Anleitungen
bestens zu verstehen .
Folgende Parameter werden zur Abstimmung des Implantats eingestellt:
• Abstimmung der Mindestschwelle (Erkennung) und Höchstschwelle (maximales
Komfortniveau); die Aktivierung beginnt bei den apikalen Elektroden und wird zu den basalen
weitergeführt. Bei der ersten Sitzung werden die Erkennungsschwellen für das elektrische Signal
(minimale Hörbarkeit) und das maximal erträgliche Niveau ausfindig gemacht. Die
Mindestschwelle wird durch Erzeugung eines elektrischen Impulses mit steigender Stärke bis zum
Erreichen des Hörempfindens bestimmt. Das maximale Niveau wird auf der Grundlage des
Grenzwertes für den stapedialen Reflex des dem Implantat gegenüberliegenden Ohres bestimmt.
• Stimulationsweise, kann ein- oder zweipolig sein. Erstere sieht eine aktive Elektrode in der
Cochlea mit einer Masseelektrode außerhalb der Cochlea vor. Die zweite Methode sieht vor, dass
der Stromfluss zwischen der aktiven Elektrode und einer der danebenliegenden erfolgt. Sie ist
selektiver, da ein stärker begrenzter Bereich der Cochlea stimuliert wird, bedarf jedoch eines
stärkeren Stromflusses.
• Frequenzverteilung: in dieser Phase wird der Frequenzbereich des erzeugten Signals bestimmt.
Die Breite und die Obergrenze des Frequenzbereichs müssen in Abhängigkeit von der Anamnese
des Patienten unter Bezugnahme auf das Zurückliegen des Auftretens und die Dauer der Taubheit
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gewählt werden. Äußerst wichtig ist auch die Wahl der Verteilungsart des Tonsignals auf den
einzelnen Elektroden, die logarithmisch oder linear-logarithmisch erfolgen kann.
• Anzahl der aktiven Elektroden pro Zyklus: die am stärksten verbreiteten Cochlea-Implantate
lassen eine Auswahl der Anzahl der bei jedem Zyklus funktionierenden Elektroden zu, die von 1 bis
zur Gesamtanzahl der aktivierten Elektroden reichen kann.
Schließlich ist es möglich, eine Abstimmung der Empfindlichkeit des Mikrofons, des
Signalentzerrers und des akustischen Kontrasts des Signals vorzunehmen.
Einige objektive Methoden, wie die Untersuchung von objektiven Indikatoren, wie die elektrische
Bestimmung des stapedialen Reflexes (ESR), die durch elektrische Stimulation erzeugten
Potenziale des Schaftes (EABR), die Telemetrie der Nervenreaktion (NRT) und der Test der
funktionellen Unversehrtheit des Cochlea-Implantats (AEU) ermöglichen es,
nützliche
Informationen zur Konfiguration zu erhalten.
Die ESR besteht in der Messung des stapedialen Reflexes im Ohr auf der dem Implantat
gegenüberliegenden Seite mit einem normalen Impedanzmesser, wobei der Grenzwert des Reflexes
und das maximale Niveau des akustischen Komforts zueinander in Beziehung stehen.
Die EABR besteht in der annähernden Bestimmung der Erkennungsschwelle, basiert auf der
Untersuchung der 5. Welle des ABR-Verlaufs, der in Folge einer elektrischen Stimulation
aufgezeichnet wird. Die elektrische Stimulation erfolgt über das Cochlea-Implantat. Häufig weist
die zur Aufzeichnung der EABR erforderliche Stimulation eine derartige Intensität auf, dass sie für
den Patienten belästigend oder schmerzhaft ist, daher wird dieser Test gewöhnlich während der
Operationsphase durchgeführt . Man erhält dadurch vorzeitige Ergebnisse mit einer Latenz von
etwa 3,5-3,8 ms.
Die NRT ist ein System, das kürzlich von der Firma Cochlear entwickelt wurde und ermöglicht,
die hervorgerufenen elektrischen Potenziale, die durch die vollständige Aktivierung des
Cochleanerven (EAP) bedingt werden, zu messen. Dieses System wird als “Neural Response
Telemetry System” bezeichnet und besteht aus einer Software, die in der Lage ist, einer Stimulation
zu konfigurieren, die für die Erzeugung eines elektrischen Potentials des Cochleanerven und somit
für den Empfang, die Verarbeitung, Speicherung und Anzeige dieses Potentials geeignet ist. Diese
Methode weist zweifellos den Vorteil auf, jederzeit ausgeführt werden zu können, da es sich um ein
schnelles Verfahren handelt, zu dem keine besonderen Untersuchungsgeräte und keine Narkose
erforderlich sind. Es bestehen einige potentielle klinische Anwendungsmöglichkeiten für die NRT.
Die schnellste ist vielleicht die Verwendung der EAP-Ergebnisse zur Erleichterung der
Programmierung des Cochlea-Implantats. Dies könnte von großem Vorteil für die Audiologen sein,
die auch mit sehr kleinen Kindern arbeiten, bei denen sich die Programmierung des Prozessors nur
auf Grundlage subjektiver Antworten als äußerst schwierig erweisen kann. Einige Studien befassen
sich mit Daten hinsichtlich der Anwendung dieser Methode zur Ermittlung von nützlichen
Informationen für die Konfiguration des Cochlea-Implantats.
Die AEU ist schließlich ein Test, der im Falle von Patienten mit nicht zufriedenstellenden
Leistungen von Nutzen ist. Der Patient wird dabei nur gebeten, plötzliche Bewegungen zu
vermeiden. Bei diesem Test werden Oberflächenelektroden auf Stirn, Kinn und Ohrläppchen auf
der dem Implantat gegenüberliegenden Seite angebracht und der Speech Processor aktiviert. Es
kann somit die Funktionstüchtigkeit jeder einzelnen Elektrode geprüft werden.
Komplikationen
Die chirurgischen Komplikationen bilden einen relativ niedrigen Anteil und lassen sich in
schwerere (2-3%) und leichtere (5-7%) während und nach der Operation unterteilen. Zu den
Erstgenannten gehören: Lähmung des Gesichtsnerven, falsche Positionierung der Elektrode und
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Auftreten eines Gusher. Zu den post-operativen Komplikationen gehören: Nekrose des Lappens,
Herausziehen / Wandern des Empfängers sowie Änderung des Arrays.
Zudem können klinische kurz- oder langfristige Komplikationen sowie technische Probleme
auftreten.
Die Stimulation des Gesichtsnerven ist eine leichtere Komplikation, die mit einer Häufigkeit von
etwa 3,5% und häufiger bei Otosklerose und bei Missbildungen der Cochlea auftritt.
Die Hirnhautentzündung ist eine Komplikation, über die in letzter Zeit auf Grund einiger Todesfälle
stark diskutiert wurde. Bei Personen, die Träger eines IC sind, scheint die Infektion auf der
Cochleastomie zu beruhen, die im Falle einer akuten Ohrenentzündung einen Zugangsweg zum
Enzephalon darstellen kann. Aus diesen Gründen wird empfohlen, eine Impfung gegen die
wichtigsten Bakterienstämme vorzunehmen, die gemäß den vom Gesundheitsministerium bekannt
gemachten und periodisch aktualisierten Richtlinien für eine Hirnhautentzündung für
verantwortlich gehalten werden (Pneumokokko, Meningokokko, Haemophilus Influentiae).
Die Ergebnisse mit dem Implantat
Ziel des Implantats ist es, den Gehörkanal als primären Zugang zur Kommunikation wieder
herzustellen. Allgemein wird es als voller Erfolg betrachtet, wenn eine Hörleistung erreicht werden
kann, die mit der eines normal Hörenden vergleichbar ist: zum Beispiel ein Gespräch ohne
Zuhilfenahme des Lippenlesens sowie das Telefonieren bei Erwachsenen, und die fast
physiologische Entwicklung der Sprache bei Kindern.
Bei der Gesamtbeurteilung der Ergebnisse bei den einzelnen Patienten kann die Vorgeschichte und
die Kommunikationssituation vor der Implantation nicht außer Acht gelassen werden. Wer mit einer
starken Schwerhörigkeit geboren wird, hat anfänglich nur ein Hörproblem und entwickelt sich
heterogen in allen anderen Bereichen, die mit dem Gehör in Zusammenhang stehen (Sprache,
Erlernung, berufliche Verwirklichung). Manchmal bildet die Taubheit ein starkes Hindernis für den
Erwerb der verbalen Sprache. In anderen Fällen entwickelt sich die Sprache normal, jedoch kommt
es zu starken Einschränkungen bei der Selbständigkeit und im sozialen Leben. An welcher Stelle
dieser Kette von Ereignissen lässt sich das Cochlea-Implantat einordnen? Bei einigen Patienten
ermöglicht das Implantat einen ‘Ausgleich’ der Behinderung, bei anderen fügt es sich in den
Rehabilitationsweg ein und bewirkt einen Lebensumschwung. In beiden Fällen kann von vollem
Erfolg gesprochen werden.
Wie zuvor erwähnt, sind die Erwartungen und Ziele des Implantats bei Erwachsenen und Kindern
äußerst unterschiedlich. Bei Erstgenannten wird die Wiedergewinnung der Selbständigkeit im
täglichen Leben als wichtig betrachtet (Telefonbenutzung, zwischenmenschliche Kommunikation
auch mit Außenstehenden und ohne Lippenlesen), während bei Letzteren einer Entwicklung der
linguistischen Kompetenzen höchste Bedeutung zugeschrieben wird, die der von normal hörenden
Kindern so ähnlich wie möglich ist.
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Bulletin Nr. 6
BRIEFE
Liebe Patrizia,
mit großer Freunde möchte ich dir für die Gelegenheit danken, an der Abschlusskonferenz des
Projekts „Genetik und Taubheit“ , die letzten Monat in Caserta stattfand, teilzunehmen. Die gut
organisierte Veranstaltung hat mir die Möglichkeit gegeben, mit verschiedenen Fachleuten von
internationalem Ruf in Kontakt zu treten. Außerdem hat es der Deafblind International die
Gelegenheit geboten, sich über den neusten Stand der Forschung in Europa zu informieren und
einen konstruktiven Dialog mit verschiedenen Teilnehmern für die zukünftige Zusammenarbeit im
Bereich der Genetik und Taubheit einzuleiten.
Nochmals vielen Dank , dass Sie mir die Teilnahme ermöglicht haben.
William Green
Vorsitzender Deafblind International
Liebe Patrizia,
ich möchte dir hiermit formell für die mir gebotene Gelegenheit, an der Abschlusskonferenz des
Gendeaf-Projektes teilzunehmen, danken.
Es war für mich ein wertvoller Eintritt in eine Arbeitsgruppe, an die ich mich mit Freude anschloss.
Ich bin überzeugt, dass es für mich und durch mich auch für “Sense” von Vorteil sein wird.
Vielen Dank.
Tony Best
Geschäftsführender Direktor, SENSE London
Liebe Leser,
Bitte zögern Sie nicht, mit mir Kontakt aufzunehmen, falls sie weitere Informationen wünschen und/
oder Erläuterungen zu den Themen im Mitteilungsblatt oder zu irgendeinem anderen Thema, das
für Sie in Zusammenhang mit Genetik oder Gehörlosigkeit im Allgemeinen von Interesse ist.
Sie erreichen mich unter: [email protected]; [email protected]
Telefon: +39 071/72451 (Lega del Filo d’Oro: Zentrale)
+39 071/7245274 (Diagnostikzentrum); Fax: 071/717102
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Bulletin Nr. 6
ABSCHNITT VERANSTALTUNGEN UND VERSAMMLUNGEN
7th European Federation of Audiology Societies congress in Goteborg, Schweden, 19. – 22. June
2005
20th International Congress on the Education of the Deaf (20. Internationaler Kongress zur
Erziehung und Bildung Gehörloser), ICED 2005, Maastricht, Niederlande, 17. – 20. Juli 2005
6th DbI European Conference on Deafblindness (6. Europäische Konferenz zur Taubblindheit des
DbI) , Presov, Slovakei, 2. August 2005
The ICEVI European Conference 2005 (Europäische Konferenz des Internationalen Rates zur
Erziehung von Menschen mit Visueller Behinderung (ICEVI)), Chemnitz, Deutschland 14. – 18.
August 2005
Rubella Course, NUD, Nordic Staff Training Centre for Deaf Bind Service, Donninglund
(Danmark), 30.10 – 5.11.2005 (www.sorup.dk)
XXX Nationaler Kongress der Italienischen Gesellschaft für Audiologie und Phoniatrie “Attualità
und Sinergie” (Neuheiten und Zusammenwirken), Rom 14. –17. Dezember 2005
The 1° International Educational Conference on Batten Disease (1. Internationale
Bildungskonferenz zum Stock-Spielmeyer-Vogt-Syndrom), veranstaltet vom Resource Centre
Vision, Orebro, Schweden, 3. – 6. Mai 2006
NHS 2006 – Beyond Newborn Hearing Screening: Infant and Childhood Hearing in Science and
Clinical Practice, Centro Congressi Villa Erba, Cernobbio (Comer See), 31. Mai – 3. Juni 2006
Für den Inhalt dieser Publikation ist allein der Autor verantwortlich. Sie repräsentiert nicht die Meinung der
Organisation. Die Organisation übernimmt keine Haftung für die Weiterverwendung der hier veröffentlichten Daten.
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