3. Sy m phonie kon zer Saison t 2011 | 2 012 Charle s Dutoi t Dir ig Yuja W ent ang K l av ier o r ts w e c h s e l . 3. Sy m phonie kon zer Saison t 2011 | 2 012 Besuchen Sie den Ort, an dem Automobilbau zu einer perfekten Komposition wird: die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden. w w w.g l a e s e r n e m a n u fa k t u r . d e PA R T N E R D E R S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N Christi Chef an Thie d ir ig Sir Coli Ehre leman n ent a b 201 2 n Davis Nd ir ig ent s o 2 0 .11 .11 11 U h r S e mp e r o p e r | m o 2 1 .11 .11 2 0 U h r | d i 2 2 .11 .11 2 0 U h r 3. Symphoniekonzert Dir igent Charles Dutoit K l av i e r Yuja Wang Programm Sergej Prokofjew (18 9 1-19 5 3 ) Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 C-Dur op. 26 1. Andante – Allegro 2. Tema con variazioni. Andantino 3. Allegro ma non troppo Pau s e Claude Debussy (18 6 2 -19 18 ) Yuja Wang statt Martha Argerich Leider musste Martha Argerich ihre Mitwirkung am 3. Symphoniekonzert kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen absagen. An ihrer Stelle spielt nun die junge chinesische Pianistin Yuja Wang, die damit erstmals in den Konzer­ ten der Staatskapelle zu erleben ist. Statt der ursprünglich angekündigten Werke von Weber und Beethoven erklingt nun im ersten Konzertteil das dritte Klavierkonzert von Sergej Prokofjew. Der Rest des Programms bleibt unverän­ dert. Wir bitten um Ihr Verständnis und wünschen Ihnen ein schönes Konzert. Kost en lose Ei n f ü h ru ngen j e w ei ls 4 5 M i n u t en vor Begi n n i m Op e r n k e l l e r d e r S e mp e r o p e r »La Mer« (Das Meer), Drei symphonische Skizzen 1. De l’aube à midi sur la mer (Von der Morgendämmerung bis zum Mittag auf dem Meer). Très lent 2. Jeux de vagues (Spiel der Wellen). Allegro 3. Dialogue du vent et de la mer (Zwiesprache von Wind und Meer). Animé et tumultueux Ottorino Respighi (18 7 9 -19 3 6 ) »Pini di Roma« (Die Pinien von Rom) 1. P ini di Villa Borghese (Die Pinien der Villa Borghese). Allegretto vivace 2. Pini presso una catacomba (Pinien bei einer Katakombe). Lento 3. I pini del Gianicola (Die Pinien auf dem Janiculum). Lento 4. Pini della Via Appia (Die Pinien der Via Appia). Tempo di marcia Au fzeich n u ng du rch M DR F ig a ro. S e n d e t e r m i n : 2 9 . N o v e mb e r 2 0 1 1 , 2 0 . 0 5 U h r 2 3 3. SYMPHONIEKONZERT Charles Dutoit Dirigent C harles Dutoit gehört zu den großen Pultstars unserer Zeit. Der­ zeit amtiert er als Chief Conductor des Philadelphia Orchestra sowie als Artistic Director und Principal Conductor von dessen Sommerfestival in Saratoga. Darüber hinaus leitet er seit 2009 als Artistic Director und Principal Conductor das Royal Philhar­ monic Orchestra in London sowie das Verbier Festival Orchestra. Legendär ist seine Zeit als Artistic Director des Montreal Sympho­ ny Orchestra, mit dem er in 25 Jahren den Großteil seiner annähernd 200 Aufnahmen einspielte. Weitere Chefpositionen verbanden ihn mit dem Orchestre National de France in Paris sowie mit dem NHK Symphony Or­ chestra in Tokyo. Er war Artistic Director des Sapporo Music Festival in Japan und steht derzeit in gleicher Funktion dem Miyazaki International Music Festival vor. Charles Dutoit arbeitet regelmäßig mit den führenden Klangkörpern in den USA und in Europa. Seit seinem Debüt an der Wiener Staatsoper mit Anfang 20, das auf Einladung Herbert von Karajans erfolgte, dirigierte er regelmäßig am Royal Opera House Covent Garden in London, an der Deut­ schen Oper Berlin und an der New Yorker Metropolitan Opera. Seit 2003 leitete er Wagners »Fliegenden Holländer« und den gesamten »Ring« am Teatro Colón in Buenos Aires. Für seine musikalischen Verdienste wurde Charles Dutoit vielfach ausgezeichnet. Der gebürtige Schweizer – er wurde in Lausanne geboren – bereiste alle 195 Staaten dieser Erde und lebt derzeit in der Schweiz, in Paris, Montreal, Buenos Aires und Tokyo. Am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden ist er seit 2004 regelmäßig zu erleben, zuletzt im November 2009 mit Werken von Hector Berlioz, Maurice Ravel und Gustav Holst. 4 5 3. SYMPHONIEKONZERT Sergej Prokofjew * 1 1 . ( 2 3 . ) Ap r i l 1 8 9 1 a u f G u t S o n z o w k a ( J e k a t e r i n o s l a w , Uk r a i n e ) † 5. M ä r z 195 3 i n Mosk au Aufbruch und Heimweh Zu Sergej Prokofjews drittem Klavierkonzert Die Reise in den Westen Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 C-Dur op. 26 1. Andante – Allegro 2. Tema con variazioni. Andantino 3. Allegro man non troppo e n tsta n de n Besetz u ng zwischen 1917 und 1921 in St. Petersburg, London und Paris; Abschluss der Komposition 1921 im bretonischen Badeort Saint Brévin-les-Pins Klavier solo; 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, Schlagzeug (1 Spieler), Streicher Anfang Mai 1918 verließ der 27-jährige Sergej Sergejewitsch Prokofjew die Sowjetunion – in einer Zeit, in der viele Künstler und Literaten in roman­ tischer Aufbruchstimmung und im Elan einer »neuen Zeit« schwelgten. Prokofjew hatte die Monate des Revolutionsjahres 1917 vorzugsweise ab­ seits von St. Petersburg, dem Zentrum der Unruhen, zugebracht. Er sah sich mußevoll die Sterne durch ein Teleskop an, das er gekauft hatte, las Kant und Schopenhauer und fuhr mit einem Dampfschiff auf Wolga und Kama. Die Kompositionen, die Prokofjew damals vollendete – die »Symphonie classique«, das erste Violinkonzert, die dritte und vierte Klaviersonate – vermitteln auch nicht den geringsten Eindruck politischer Umwälzungen: kein Reflex der historischen Ereignisse, kein Widerhall von Umbruch und Umsturz ließe sich in diese Musik hineininterpretieren. Als Prokofjew am 8. (21.) April 1918 in St. Petersburg die kaum beachtete Uraufführung sei­ ner »Klassischen Symphonie« dirigierte, spürte er – nicht zum letzten Mal in seinem Leben –, dass er fehl am Platze war. Wenige Tage danach brach er zu einer Reise in den Westen auf, für einige Monate nur, wie er glaubte. V e r l ag u r au f g e f ü h r t am 16. Dezember 1921 in Chicago (Solist: Sergej Prokofjew; Chicago Symphony Orchestra, Dirigent: Frederick Stock) 6 7 Boosey & Hawkes – Bote & Bock, Berlin Im Exil Dau e r Doch als Sergej Prokofjew im Frühjahr 1920 in London mit Landsleuten zu­ sammentraf und vom Ausmaß des wirtschaftlichen Niedergangs in Russland erfuhr, musste er erkennen, dass sich seine »Reise« in einen langfristigen ca. 27 Minuten 3. SYMPHONIEKONZERT Aufenthalt verwandeln würde. Den Sommer 1921 verlebte der mittlerweile 30-jährige Komponist in St Brévin-les-Pins, einem Badeort in der Bretagne. Der Tagesablauf unterlag einer strengen Ordnung, ganz wie es Prokofjews Naturell entsprach. Die Mahlzeiten, die Klavierübungen, die Schachpartie, die Erholung beim Schwimmen – alles folgte einer pünktlichen und sys­ tematischen Regelmäßigkeit. »Ich stehe auf um 8.30 Uhr«, erzählte er in einem Brief. »Nachdem ich eine heiße Schokolade getrunken habe, sehe ich nach, ob der Garten noch da ist, wo ich ihn vermute. Dann setze ich mich an die Arbeit: Ich schreibe gerade das dritte Klavierkonzert.« Rückblicke Trotz allem konnte und wollte Prokofjew die Brücken in seine Vergangenheit nicht niederreißen. Bei der Komposition seines C-Dur-Konzerts verarbeitete er, gewissermaßen als »Rückversicherung«, eine Reihe älterer Skizzen: Aufzeichnungen von 1911 zu einem »sehr passagenreichen Klavierkonzert«, das Andantino-Thema einer Variationenfolge von 1913 und dazu zwei Varia­ tionen von 1916/17, zwei Themen für den Eröffnungssatz (darunter die von den Klarinetten exponierte Einleitungsphrase) aus denselben Jahren und schließlich musikalisches Material, das ursprünglich für das Experiment eines sogenannten »weißen Quartetts« bestimmt war, d.h. einer Komposi­ tion, deren Übertragung auf das Klavier ausschließlich die weißen Tasten benötigt hätte. Auch wenn die Detailanalyse des dritten Klavierkonzerts das eine oder andere dem heimatlichen Volkslied entlehnte Merkmal zu entde­ cken vermag, etwa im Hauptthema des Finalrondos, kann insgesamt von einer »russischen« Musik kaum die Rede sein: Im Jahr 1921 empfand das Prokofjew noch nicht als einen Mangel … Krise und Heimkehr E n fa n t t e r r i b l e m i t H e i m w e h : S e r g e j P r o k o f j e w ( u m 19 2 0 ) 8 9 Einige Jahre später war die Situation eine vollständig andere. Die Urauf­ führung seiner zweiten Symphonie im Jahr 1925 in Paris hatte Prokofjew in eine schöpferische Krise und heftigste Selbstzweifel gestürzt: »Der Erfolg war mittelmäßig, wenn auch ein Rezensent von einem siebenstimmigen Kontrapunkt begeistert war. Aber die Freunde schwiegen betreten. Es war vielleicht der einzige Fall, dass mir die Befürchtung kam, die Rolle eines Komponisten zweiten Ranges zu spielen.« Zwei Jahre danach gastierte er zum ersten Mal seit seiner Ausreise wieder in der Sowjetunion, und der Enthusiasmus, der ihn dort empfing, unterschied sich so erheblich von den meist lauen, mitunter gar feindseligen Reaktionen in Westeuropa und Amerika, dass der Gedanke an eine Heimkehr Prokofjew zunehmend be­ herrschte. Die Begegnung mit alten Freunden, mit Orten der Kindheit und 3. SYMPHONIEKONZERT Jugend, die Herzlichkeit des russischen Publikums verbanden sich mit einer (Selbst-)Erkenntnis, die den Komponisten nicht mehr loslassen sollte: Nur in Russland, das wurde ihm mit jedem Tag deutlicher, konnte er sich befreien aus der »Sackgasse«, in die er sich und die ganze westliche Musikwelt ver­ rannt glaubte. »Ihre Lieder, meine Lieder« »Ich muss zurück. Ich muss mich wieder in die Atmosphäre meines Hei­ matbodens einleben«, gestand Prokofjew. »Ich muss die russische Sprache in meinem Ohr widerhallen hören, ich muss mit den Leuten reden, die von meinem eigenen Fleisch und Blut sind, damit sie mir etwas zurückgeben, was mir hier fehlt: ihre Lieder, meine Lieder.« Und tatsächlich sollte Prokof­ jew dem ästhetischen Ideal einer »Neuen Einfachheit«, das er in zahllosen Interviews und Artikeln beschwor – Primat des Melodischen, Klarheit der Satztechnik, »Licht im Dickicht« der Kompositionsstruktur –, erst auf dem Heimweg nach Russland nahe kommen. In den folgenden Jahren hielt er sich denn immer häufiger und länger in der Sowjetunion auf, um schließlich 1936 definitiv seinen Wohnsitz in Moskau zu nehmen. Für seine Arbeit war die Rückkehr segensreich – politisch jedoch sollte sie ihm zum Verhängnis werden. W o l f g a n g S t ä h r l i n k s : D i e O r c h e s t r a H a l l ( h e u t e S y mp h o n y c e n t e r ) i n C h i c a g o , H e i m s t ä t t e d e s C h i c a g o S y mp h o n y O r c h e s t r a Hier fand 1921 mit Prokofjew als Solisten die Uraufführung des dritten Klavierkonzertes statt. Im gleichen Jahr kam in Chicago außerdem Prokofjews Oper »Die Liebe zu den drei Orangen« zur Weltpremiere. 10 11 3. SYMPHONIEKONZERT Yuja Wang Klavier S pätestens seit der Aufführung von Sergej Prokofjews drittem Kla­ vierkonzert im Eröffnungskonzert des Lucerne Festival 2009 unter der Leitung von Claudio Abbado weiß die Musikwelt, dass sich das chinesische Klavierwunder auf mehr als zwei Hände verteilt. 1987 in Peking geboren, studierte Yuja Wang zunächst in ihrer Heimat und ging dann im Rahmen eines Austauschprogramms über Kanada in die USA, wo sie 2008 bei Gary Graffman am Curtis Institute in Philadelphia ihr Konzertdiplom ablegte. Im Jahr 2006 erhielt sie den Gilmore Young Artist Award, im vergangenen Jahr wurde sie mit dem prestigeträchtigen Avery Fisher Career Grant ausgezeichnet. Bereits 2005 debütierte sie beim National Arts Center Orchestra in Ottawa, schon bald folgten Einladungen zu den wichtigsten US-Klangkörpern, darunter die Orchester in New York, Philadelphia, Chicago und Boston. Auch in Europa zählt Yuja Wang inzwischen zu den gefragtesten Pianistinnen ihrer Generation und ist bereits mit Orchestern wie dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam, dem Orchestre de Paris und der Berliner Staatskapelle unter Dirigenten wie Daniel Barenboim, Charles Dutoit, Daniele Gatti und Lorin Maazel aufgetreten. Im März 2011 musizierte sie an drei Abenden mit Stimmführern der Berliner Philharmoniker in der Salle Pleyel in Paris. Erst vor wenigen Wochen wurde ihr der ECHO Klassik in der Kategorie »Nachwuchskünst­ lerin des Jahres« verliehen. Die Jury zeigte sich in ihrer Begründung vor allem davon beeindruckt, wie »radikal kraftvoll, wie risikobereit, wie kom­ promisslos die zierliche Chinesin ihr Repertoire umsetzt«. Diese Eigenschaften dürften ideale Voraussetzungen für ihr nun anstehendes Debüt bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden sein. 12 13 3. SYMPHONIEKONZERT Claude-Achille Debussy * 2 2 . A u g u s t 1 8 6 2 i n S a i n t- G e r m a i n - e n - L a y e † 2 5 . M ä r z 19 18 i n Pa r i s »La Mer« (Das Meer), Drei symphonische Skizzen 1. De l’aube à midi sur la mer (Von der Morgendämmerung bis zum Mittag auf dem Meer). Très lent 2. Jeux de vagues (Spiel der Wellen). Allegro 3. Dialogue du vent et de la mer (Zwiesprache von Wind und Meer). Animé et tumultueux e n tsta n de n Besetz u ng zwischen 1903 und 1905; vollendet am 5. März 1905 in Eastbourne 2 Flöten, Piccolo, 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klarinetten, 3 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, 3 Trompeten, 2 Kornette, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug (3 Spieler), Glockenspiel (Celesta), 2 Harfen, Streicher u r au f g e f ü h r t am 15. Oktober 1905 in Paris (Orchestre Lamoureux, Dirigent: Camille Chevillard) V e r l ag Edwin F. Calmus, Florida Dau e r ca. 25 Minuten 14 15 »Heimgesucht von der See-Seh-Krankheit« Zu Claude Debussys »La Mer« Meer am Morgen Herrlich schäumende Salzflut im Morgenlicht, die tiefen Bläuen in weißen Stürzen auskämmend, hin über grünere Seichten zur Küste stürmend – ausrollend dich nun, die Felsen hochauf umleuchtend! Metallgrün stehen die runden rauschenden Büsche vor deinen fernher schwärzlichen Böen, und rötlich milchige Wolken strecken sich lang in den zärtesten Himmel darüber. Nicht nur Dichter wie Christian Morgenstern, von dem das hier abgedruckte Gedicht stammt, haben sich vom Meer, seiner Weite und seinen im Tageslicht changierenden Farben, der salzigen Luft und der frischen Brise angezogen gefühlt; in der Malerei bildet das sogenannte »Seestück« gar ein eigenes Genre. Auch zahlreiche Komponisten haben sich von der spiegelnden Wasser­ oberfläche, dem Spiel der Wellen oder gar stürmischen Fluten inspirieren las­ sen – allen voran Richard Wagner, der im Sommer 1839 bei seiner Überfahrt von Pillau (Ostpreußen) nach London auf dem kleinen Schoner »Thetis« einen lebensgefährlichen Sturm im Skagerrak erlebte, dessen pfeifender Wind und fliegende Gischt noch heute im nur etwas später entstandenen »Fliegenden Holländer« nachwirkt. Es mag daher auch kaum ein Zufall sein, dass sich vor allem jene Komponisten vom Meer als einem Ort menschlicher Sehnsucht und brodelnder Urgewalten faszinieren ließen und schöpferisch auseinander­ setzten, die mit ihm in direkte Berührung gekommen waren: So stammen die einschlägigen symphonischen Werke zumeist aus Skandinavien, wie von Kurt 3. SYMPHONIEKONZERT Atterberg (Symphonie Nr. 3 »Westküstenbilder«, 1914/16), Uuno Klami (»See­ bilder« op. 7, 1930/32) und Gösta Nystrœm (»Sinfonia del mare«, 1947/48), oder aus England, wie von Edward Elgar (»Sea Pictures«, 1899), Frank Bridge (»The Sea«, 1910), Ralph Vaughan Williams (»A Sea Symphony«, 1910) und Benjamin Britten (»Four Sea Interludes«, 1945). Französische Perspektiven Doch auch in der französischen Musikgeschichte ist um die Wende zum 20. Jahrhundert eine bisweilen starke Affinität zum Meer zu beobachten. Sie ist vor allem im kompositorischen Œuvre von Claude Debussy dokumentiert: zunächst in verschiedenen Liedern, dann auch in Klavierstücken wie »En ba­ teau« (»Im Boot«, aus der »Petite Suite« von 1889), »L’Isle Joyeuse« (»Die Insel der Freude«, 1904) und schließlich den »Reflets dans l’eau« (»Reflektionen im Wasser«, aus den »Images I«, 1904/05). Ein noch rauschhafterer Klang findet sich im letzten Satz der »Nocturnes« (1897/99), der mit dem Titel »Sirènes« auf eine Episode aus Homers »Odyssee« Bezug nimmt und vom Komponisten kommentiert wurde: »Das ist das Meer und seine unerschöpfliche Bewegung; über die Wellen, auf denen das Mondlicht flimmert, tönt der geheimnisvolle Gesang der Sirenen, lachend und in der Unendlichkeit verhallend.« Debussy, der nach dem ursprünglichen Wunsch der Eltern als Ma­ trose angeheuert hätte, wenn nicht Jahre zuvor seine außerordentliche mu­ sikalische Begabung entdeckt worden wäre, hatte seine offenkundige Vor­ liebe zum Meer gleichwohl kontinuierlich entwickelt und gepflegt. Überlie­ fert ist eine in diesem Sinne beispielhafte, wenn nicht gar richtungweisende Begebenheit aus dem Jahre 1889, die in der Bretagne spielt und durch Auf­ zeichnungen von René Peter (1872-1947) überliefert ist. Demnach hatte eine Gruppe von Künstlern und Literaten eine kleine Seefahrt von Saint-Lunaire nach Cancale (in der Nähe von Mont St. Michel gelegen) unternommen. Den allermeisten war schon bei der Umrundung der gefährlichen Landzunge von Pointe de Grouin elend zumute, als auch noch ein Sturm aufkam. Wind und Regen ließen das Schiff wie eine Nussschale auf den Wellen tanzen. Debus­ sy soll daran vollkommen Gefallen gefunden haben, während der Skipper sich darüber erboste und ihn fragte, ob er denn des Nervenkitzels wegen das Leben aller riskieren wolle. Debussy aber entgegnete: »Es gibt ein mäch­ tiges Gefühl, das ich bisher noch nicht erlebt habe: das Gefühl der Gefahr. Es ist nicht ganz unangenehm. Ich lebe!« Endlich angelandet soll sich De­ bussy später von der Gruppe für eigene Erkundungen entfernt und einen Zettel hinterlassen haben: »Ich bin nicht von der See-Krankheit heimgesucht worden, wohl aber von der See-Seh-Krankheit.« In Kenntnis dieser Vorgeschichte ist es nur ein kleiner Schritt zu den ersten Skizzen von »La Mer«, an denen Debussy allerdings in Bichain, einem 16 17 K e i n e A n g s t vo r d e n G e fa h r e n d e s M e e r e s : C l au d e D e b u s s y ( u m 19 10 ) 3. SYMPHONIEKONZERT kleinen Ort in Burgund, die Arbeit aufnahm. So heißt es bezeichnender­ weise in einem Brief vom 12. September 1903 an den befreundeten Kompo­ nisten und Dirigenten André Messager (1853-1929): »Sie wussten vielleicht nicht, dass ich für die schöne Laufbahn eines Seemanns ausersehen war, und dass nur die Zufälle des Daseins mich auf eine andere Bahn geführt haben. Nichtsdes­toweniger habe ich für sie [die See] eine aufrichtige Lei­ denschaft bewahrt. Sie werden nun sagen, dass der Ozean nicht gerade die burgundischen Rebhügel umspült …! und das Ganze einem Atelierstück ähnlich werden könnte; aber ich habe unzählige Erinnerungen – meiner Ansicht nach ist das mehr wert als eine Wirklichkeit, deren Zauber ja im allgemeinen recht auf unserem Denken lastet.« Drei Seestücke und mehr Gleich den nur wenige Jahre zuvor entstandenen »Nocturnes« (1897/99) hat Debussy auch die Partitur zu »La Mer« als eine Folge von drei Sätzen angelegt, diese aber mit einem Untertitel versehen, der gleichermaßen einen vorläufigen Entwurf wie einen gattungsspezifischen Anspruch in sich aufnimmt: »Trois esquisses symphoniques« (Drei symphonische Skizzen). Widersprüchlich erscheint dabei auf den ersten Blick der explizit symphonische Anspruch im Hinblick auf die einzelnen Satzüberschriften, die jedoch auf den zweiten Blick lediglich als charakteristische Titel, nicht aber als simples Programm aufzu­ fassen sind. Vielmehr gewinnt man tatsächlich den Eindruck eines übergeord­ neten dreisätzigen symphonischen Zyklus mit einem exponierten Kopfsatz, einem klanglich leichteren Scherzo und einem gewichtigen Finale, zumal die beiden Ecksätze thematisch deutlich aufeinander Bezug nehmen: So wird in der Einleitung des dritten Satzes das markante Thema aus der Introduktion des Kopfsatzes gleich zweimal aufgenommen (Trompete); zudem kehrt auch ein anderes Thema wieder (Hörner). Mit dieser strukturellen Verschränkung nimmt Debussy zweifelsohne kompositorische Verfahren auf, die sich – auf den französischen Traditionsraum bezogen – auch bei César Franck und Vin­ cent d’Indy (etwa in dessen zweiter Symphonie op. 57, 1902/03) finden. In dieses rein musikalische Konzept passen sich die einzelnen Satz­ überschriften nahtlos ein und zeichnen – nun gleichsam aus impressionis­ tischer Perspektive – jeweils einen atmosphärischen Aggregatzustand vor. So scheinen sich in dem mit »De l’aube à midi sur la mer« (Von der Morgendäm­ merung bis zum Mittag auf dem Meer) überschriebenen Kopfsatz die dichten grauen Nebelschleier erst allmählich über einer ruhigen Wasseroberfläche zu lichten (Einleitung), bevor das imaginäre Boot mit dem Komponisten langsam Fahrt aufnimmt und heiter zu gleiten beginnt, spätestens mit einem zweiten Thema, das durch die vierfach geteilte Cellogruppe einen besonderen klanglichen Reiz entfaltet. Die abschließende, fast apotheotische Coda wendet 18 19 » D i e g r o SS e W e l l e « , h o l z s c h n i t t v o n K a t s u s h i k a H o k u s a i ( u m 1 8 3 0 ) Einen Ausschnitt dieses Holzschnittes wählte Debussy als Titelmotiv für die Erstausgabe von »La Mer«. den zunächst auf h-Moll intonierten Satz in gleißendes Des-Dur – eine fas­ zinierende Aufhellung und tonartliche Fixierung eines mitunter nur schwer greifbaren Verlaufs. Auch der als dreiteiliges Scherzo gestaltete mittlere Satz (nahezu durchwegs im ¾-Takt) beginnt mit einer langsamen Einleitung; in diesem Fall ist mit ihr eine kurze Phase des motivisch-harmonischen Einschwingens verbunden. Wie nahe liegend die von Debussy gewählte Satzbezeichnung »Jeux de vagues« (Spiel der Wellen) für einen derartigen Satzcharakter ist, der mithin eher einen allgemeinen als einen speziellen (pro­ grammatischen) Anspruch in sich trägt, zeigt der entsprechende Satz in Max Regers Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin op. 128 (1913), der sich mit »Im Spiel der Wellen« auf das Treiben der Najaden bezieht. Das dem Modell eines Rondos verpflichtete Finale bezeichnet Debussy schließlich als »Dialo­ gue du vent et de la mer« (Zwiesprache von Wind und Meer) und nimmt damit den Wechsel der unterschiedlich bewegten, dynamisch gesteigerten und verdichteten Abschnitte auch in den Titel auf. Eine der sonst so wirksamen musikalischen Sturm-Darstellungen bleibt indes aus – erst in der Coda inten­ siviert sich das differenzierte Farbspektrum zu einem mächtigen, wie befreit klingenden dreifachen Forte des Orchesters. Michael Kube Ottorino Respighi * 9. J u l i 18 7 9 i n B o l o g n a † 1 8 . Ap r i l 1 9 3 6 i n R o m »Pini di Roma« (Die Pinien von Rom) 1. Pini di Villa Borghese (Die Pinien der Villa Borghese). Allegretto vivace 2. Pini presso una catacomba (Pinien bei einer Katakombe). Lento 3. I pini del Gianicola (Die Pinien auf dem Janiculum). Lento 4. Pini della Via Appia (Die Pinien der Via Appia). Tempo di marcia e n tsta n de n Besetz u ng 1923/24 in Rom 3 Flöten (3. auch Piccolo), 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klarinetten, Bassklarinette, 2 Fagotte, Kontra­ fagott, 6 Hörner, 4 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlag­ werk (5 Spieler), Celesta, Harfe, Klavier, Orgel, Streicher, Tonband; Bühnenmusik: 2 Trompeten, 2 Posaunen, 2 Baritone u r au f g e f ü h r t am 14. Dezember 1924 im Teatro Augusteo in Neapel (Orchester der Accademia di Santa Cecilia, Dirigent: Bernardino Molinari) V e r l ag Ricordi, Mailand Dau e r ca. 22 Minuten 20 21 Inspiriert durch die ewige Stadt Zu Ottorino Respighis »Pini di Roma« Dass Ottorino Respighi nicht mit Bühnenwerken (etwa »Belfagor« und »La fiamma«), sondern mit symphonischen Dichtungen, vor allem der soge­ nannten »Römischen Trilogie« wie auch der an älterer Musik orientierten Suite »Antiche danze ed arie« in die Musikgeschichte einging, muss mit Blick auf die große, zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch lebendige italie­ nische Operntradition überraschen. Diese Eigentümlichkeit ist freilich aus historischer Perspektive durch die ungewöhnliche Abfolge biographischer Stationen leicht zu erklären. So war Respighi zwar nach seinem Studium in Bologna beim Symphonieorchester der Stadt angestellt, doch nahm er für die Saison 1900/01 vertretungsweise die Stellung des Solobratschers der italienischen Operntruppe im entfernten St. Petersburg an und reiste 1902/03 nochmals in die russische Metropole. Hier lernte er nicht nur eine weitgehend unbekannte, slawisch geprägte Tradition kennen, sondern nahm auch Kompositionsunterricht bei Nikolai Rimski-Korsakow, dessen außer­ gewöhnlicher Sinn für Klangfarben in der bekannten »Scheherazade« zu bewundern ist. Dieser Zeit entstammt u.a. Respighis »Fantasia Slava« für Klavier und Orchester, mehr aber noch seine ebenso virtuose wie perfekte Kunst einer Instrumentation, durch die ein ganzes Orchester zum Leuchten gebracht wird. Zurück in Italien keimte bei Respighi das Interesse an Musik längst vergangener Epochen auf (zu der er bereits während seines Studiums durch Giuseppe Martucci einen Zugang gefunden hatte). Aus seinen Auf­ enthalten in Bibliotheken und Archiven, bei denen er Musik des 17. und 18. Jahrhunderts für sich entdeckte, gingen zahlreiche Orchesterbearbei­ tungen hervor, u.a. von Monteverdis »Lamento d‘Arianna«, später dann auch der Oper »L‘Orfeo« und von Bachs »Passacaglia«. Mit dem zeitgenössischen symphonischen Repertoire machte sich Respighi in den Jahren 1908/09 in Berlin bekannt, wo er als Korrepetitor der ausgezeichneten Sopranistin Etelka Gerster (1855-1920) wirkte. Bereits 1911 wurde Respighi Nachfolger seines Kompositionslehrers Luigi Torchi am Konservatorium in Bologna, 1913 erhielt er den Ruf an das angesehene Liceo musicale Santa Cecilia in Rom. 1919 heiratete er seine Kompositions­ 3. SYMPHONIEKONZERT schülerin Elsa Olivieri Sangiacomo, die sich in den folgenden Jahren als treibende Kraft hinter zahlreichen internationalen Aktivitäten und Kon­ zertreisen nach Nord- und Südamerika erweisen sollte. Die äußere ökono­ mische Freiheit wie auch sein von Arturo Toscanini verbreiteter internatio­ naler Ruhm ermöglichten Respighi Unabhängigkeit gegenüber Mussolinis faschistischem Regime – eine Unabhängigkeit, die sich vor allem in einem gleichgültigen Schweigen ausdrückte. Respighi starb 1936 an einer Entzün­ dung des Herzmuskels. Zwischen den Stühlen Respighi gehört zu der »generazione dell’80« – jener Generation der um 1880 geborenen Komponisten, die sich neben der Oper auch wieder der In­ strumentalmusik zuwandten, die für nahezu ein Jahrhundert in Italien ver­ nachlässigt worden war. Doch während Alfredo Casella (1883-1947), Gian Francesco Malipiero (1882-1973) und Ildebrando Pizzetti (1880-1968) in ihrem Schaffen der 1920er Jahre neue Wege beschritten, verharrte Respighi in seinem einmal ausgeprägten Personalstil, der in einer eigentümlichen Synthese einen hochromantisch intensiven Gestus mit impressionistisch flächiger Farbenpracht vereint. Dennoch blieb an einigen seiner Werke der Vorwurf des Eklektizismus haften. Nicht wörtliche Entlehnungen, sondern die verblüffende Nähe zu manchen Ausdruckscharakteren, Klängen und Techniken, wie man sie in den Kompositionen von Richard Strauss, Claude Debussy, Maurice Ravel und auch Igor Strawinsky findet, sorgen noch heute für Verunsicherung. Die Irritationen wären jedoch in doppelter Weise auf­ zulösen: Zum einen durch eine genauere Kenntnis von Respighis gar nicht so schmalem kompositorischen Schaffen, das neben den symphonischen Dichtungen auch mehrere Opern, Ballettmusiken, Kammer- und Klaviermu­ sik, vor allem aber Lieder (mit Orchester- oder Klavierbegleitung) umfasst. Zum anderen ist zu bedenken, dass sich Respighi ganz in der Tradition des 19. Jahrhunderts verankert sah und weder stilistisch noch kompositionstech­ nisch dagegen aufbegehrte. In diesem Sinne attestierte Ihm bereits 1933 Massimo Mila einen »gusto di ieri e non di oggi« (einen Geschmack von ges­ tern und nicht von heute). Doch war dies bereits eine Reaktion auf Res­pighis Unterschrift unter das 1932 veröffentlichte »Manifest italienischer Musik für die Tradition der romantischen Kunst des 19. Jahrhunderts«. Respighi – der symphonische Dichter i t a l i e n i s c h e s M e l o s u n d i mp r e s s i o n i s t i s c h e F a r b e n p r a c h t : O t t or i no R e spig h i ( u m 1918) 22 23 Im Bereich der symphonischen Dichtung haben vor allem jene Komponisten einen deutlichen Abdruck in Respighis musikalischer Sprache hinterlassen, die die Spielpläne und Programme der nördlich der Alpen gelegenen Musik­ 3. SYMPHONIEKONZERT zentren bestimmten – vor allem Richard Wagner und Richard Strauss, dane­ ben auch Maurice Ravel. Dies gilt zunächst für seine ambitionierte »Sinfonia drammatica« (1914). Das fast einstündige Werk, in dem sich ein Teil des bei Rimski-Korsakow erworbenen russischen Erbes widerspiegelt und mit dem sich Respighi als Komponist von reiner Instrumentalmusik zu positio­ nieren suchte (er bezeichnete das Werk als eine »Herkulesarbeit«), erlangte indes nicht den erhofften Erfolg. Dieser gelang erst mit den symphonischen Dichtungen der sogenannten »Römischen Trilogie«, wenngleich die drei Kompositionen ohne inneren Zusammenhang zu ganz unterschiedlichen Zeiten entstanden: »Fontane di Roma« (1914/16), »Pini di Roma« (1923/24) und »Feste romane« (1928). Ein wesentlicher Unterschied zu dem gängigen Bild einer symphonischen Dichtung besteht jedoch darin, dass sie nicht auf einem literarischen Vorwurf beruhen, der »erzählt« wird, sondern wie ein Tableau wirken. Für die »Fontane di Roma« wählte Respighi etwa einzelne Brunnen mit der dazugehörigen Umgebung aus, ordnete den »Pini di Roma« verschiedene Zeitalter und Plätze zu und bildete in »Feste romane« das Trei­ ben weltlicher und geistlicher Feiern seit der Antike ab. In allen Fällen die­ ser klanglichen Visualisierung wähnt sich der Zuhörer jeweils »an Ort und Stelle«. Zugleich versuchte Respighi durch die nahtlose Verbindung der ein­ zelnen Sätze ein größeres Ganzes zu schaffen. Ohne konkret an die Gattung »Symphonie« und die mit ihr verbundene Viersätzigkeit und Formensprache anknüpfen zu wollen, war es sein Bestreben, durch fließende Übergänge den gegensätzlichen und zumeist einfach gebauten Charakterstücken einen äußeren Halt zu geben – ein vergleichsweise einfaches und dennoch neuar­ tiges Verfahren, das etwa im Gegensatz zu den nach Gemälden von Arnold Böcklin geformten Vier Tondichtungen op. 128 (1913) von Max Reger steht, mit deren einzeln ausgeformten Satzcharakteren sich der Komponist (in einer ganz anderen Richtung) auf dem Weg zur »großen« Symphonie sah. »Pini di Roma« Die Geschichte der ewigen Stadt bot Respighi zahlreiche Inspirationsquel­ len. Bei den »Pini di Roma« handelt es sich allerdings nur um Schauplätze, die erst programmatisch belebt werden müssen – Respighi schildert also nicht die Pinien selbst (die Stadt- und Landschaftsbild prägende Schirm­ pinie wird bis zu 25 Meter hoch), sondern das, was in ihrem Schatten ge­ schieht. So sind es im ersten Abschnitt die Bäume im weitläufigen Park der Villa Borghese, unter denen Kinder einen Ringelreihen aufführen, sich am eigenen Geschrei berauschen, einen Abzählreim aufsagen und schließlich auseinanderlaufen. Die fast schon ekstatische Inszenierung wie Instrumen­ tierung dieses vor allem rhythmisch geprägten Satzes erinnert sicherlich nicht zufällig an die Jahrmarktsszene, mit der Strawinsky sein Ballett 24 25 P r o g r a mm z e t t e l d e r D r e s d n e r E r s t a u f f ü h r u n g d e r »Pi n i di Rom a« u n t e r F r i t z Busc h ( ja n ua r 19 2 6) Die Aufführung fand bereits ein gutes Jahr nach der Uraufführung in Neapel statt. Zwei Jahre später, im Februar 1928, stellte der Dresdner Generalmusikdirektor, der sich intensiv für das zeitgenössische Musikschaffen einsetzte, auch das dritte Klavierkonzert von Sergej Prokofjew mit dem Solisten Eduard Steuermann erstmals in Dresden vor. 3. SYMPHONIEKONZERT »Pétrouchka« (1911) eröffnet. Der zweite Abschnitt führt zu den Pinien bei den Katakomben – jenen kilometerlangen unterirdischen, in den weichen Vulkanstein gehauenen Gängen und Kammern, in denen die römischen Christen einst ihre Toten bestatteten. Zunächst entfernt, dann immer näher kommend, dringt aus ihrer Tiefe ein choralartiger Wechselgesang, der sich allmählich zu einem feierlichen Hymnus aufschwingt. Hier kommen dann auch in besonderer Weise die Posaunen zum Einsatz, die in der abend­ ländischen Musikgeschichte durch ihren gedeckten Ton vor allem in der Kirchenmusik Verwendung fanden, bevor sie im 19. Jahrhundert allmählich in die Standardbesetzung des Symphonieorchesters vordrangen. – Stehen­ de Klänge beschreiben im dritten Abschnitt die nächtliche Stille auf dem Janiculum, einer am rechten Ufer des Tibers gelegenen pinienbestandenen Anhöhe, die allerdings nicht zu den sagenumwobenen sieben römischen Hügeln zählt. In der Abendstimmung entfaltet sich eine kantable Linie der Klarinette, die bald von anderen Instrumenten weitergesponnen, bald von einigen Streichereinwürfen unterbrochen wird, die wie ein schwüler Wind­ hauch erscheinen. Fordert Respighi hier zunächst noch die Vorstellungs­ kraft des Auditoriums, so endet dieser Abschnitt verblüffend realistisch mit der Einbeziehung des phonographisch festgehaltenen Gesangs einer Nachti­ gall – wirklich »komponierter« Vogelimitationen, wie man sie in Beethovens »Pastorale« findet, bedurfte es in den 1920er Jahren nicht mehr … Dem hier gehuldigten Naturalismus ist auch der letzte Abschnitt verpflichtet. Mit ihm wird der Blick auf die von Pinien und Grabbauten gesäumte Via Appia gerichtet, einer 312 v. Chr. angelegten, vorwiegend militärisch genutzten Straße, deren Reste außerhalb der Stadt in idyllischer Umgebung liegen. Der von Respighi in einer musikalischen Apotheose dar­ gestellte Aufmarsch eines Heeres verweist aber nicht nur auf Historisches, sondern kann auch als zeitpolitischer Reflex auf Mussolinis »Marsch auf Rom« (Oktober 1922) gedeutet werden: »Der Dichter sieht im Geist uralten Ruhm wieder aufleben: Unter dem Geschmetter der Buccinen naht ein Kon­ sul mit seinem Heer, um im Glanze der neuen Sonne zur Via Sacra und zum Triumph auf’s Kapitol zu steigen.« PIANO GÄBLER Seit 1962 im Dienst des Dresdner Konzertlebens Steinway & Sons . Boston . Essex Klaviere Flügel Digitalpianos Mietinstrumente Finanzierung Konzertservice Michael Kube 26 27 P i a n o - G ä b l e r, I n h . G e r t G ä b l e r C o m e n i u s s t r. 9 9 . 0 1 3 0 9 D r e s d e n Tel.: 0351 - 268 95 15 . Fax: 0351 - 268 95 16 email: [email protected] . www.piano-gaebler.de 3. Symphoniekonzert 2011 | 2012 Orchesterbesetzung 1. Violinen Kai Vogler 1. Konz e rt m e i st e r Thomas Meining Michael Frenzel Volker Dietzsch Brigitte Gabsch Johanna Mittag Jörg Kettmann Susanne Branny Birgit Jahn Henrik Woll Anja Krauß Anett Baumann Roland Knauth Sae Shimabara Franz Schubert Renate Hecker 2. Violinen Heinz-Dieter Richter Konz e rt m e i st e r Matthias Meißner Annette Thiem Wolfgang Roth Stephan Drechsel Ulrike Scobel Olaf-Torsten Spies Alexander Ernst Mechthild von Ryssel Emanuel Held Holger Grohs Kay Mitzscherling Paige Kearl Maria Held Bratschen Jürgen Knauer Michael Schöne Uwe Jahn Claudia Briesenick Susanne Neuhaus Juliane Böcking Milan Líkař Friedemann Hecker*** Violoncelli Isang Enders Konz e rt m e i st e r Friedwart Christian Dittmann Solo Simon Kalbhenn Oboen Uwe Voigt Solo Solo ( B) Sibylle Schreiber Volker Hanemann Nicolas Naudot Klarinetten Wolfram Große Solo Egbert Esterl Uwe Fritzsching* Fagotte Joachim Hans Solo Solo Tom Höhnerbach Martin Jungnickel Andreas Priebst Jörg Hassenrück Anke Heyn Matthias Wilde Michael Peternek* Hannes Schirlitz Joachim Huschke Thomas Berndt Kontrabässe Ulrich Berggold* Solo Martin Knauer Helmut Branny Christoph Bechstein Fred Weiche Reimond Püschel Thomas Grosche Johannes Nalepa Flöten Michael Neuhaus Sabine Kittel Solo Solo Andreas Schreiber Stephan Pätzold Michael Horwath Bernhard Kury Jens-Jörg Becker Posaunen Sebastian Römisch Hörner Jochen Ubbelohde Solo David Harloff Harald Heim Manfred Riedl Eberhard Kaiser Klaus Gayer Trompeten Mathias Schmutzler Solo ( B) Tobias Willner Solo Peter Lohse Siegfried Schneider ( B ) Volker Stegmann Sven Barnkoth Solo Guido Ulfig ( B ) Jürgen Umbreit Frank van Nooy Stefan Langbein* ( B ) Stefan Wagner* ( B ) Tuba Hans-Werner Liemen Solo Pauken Thomas Käppler Solo Schlagzeug Christian Langer Frank Behsing Jürgen May Dirk Reinhold Stefan Seidl Harfen Astrid von Brück Solo Aline Khouri** Celesta / Orgel Clemens Posselt Klavier Hans Sotin * als Gast ** a ls Pr a k t ik a nt *** a ls Subst it ut ( B) Bü h n en musi k R espigh i 28 29 3. SYMPHONIEKONZERT Vorschau S o n n t ag 18 .1 2 .11 11 U h r M o n t ag 19.1 2 .11 2 0 U h r D i e n s t ag 2 0 .1 2 .11 2 0 U h r S e mp e r o p e r Georges Prêtre Dirigent Franz Schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 »Unvollendete« Gustav Mahler Symphonie Nr. 1 D-Dur »Titan« Kostenlose Konzerteinführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Opernkeller der Semperoper Thielemann conducts Faust Wagner: A Faust Overture Liszt: A Faust Symphony (DVD) Photo © Matthias Creutziger 4. Symphoniekonzert ab 10.10.2011 im Handel MU S I C TO WATCH Erleben Sie die schönsten Aufführungen mit Christian Thielemann, der Staatskapelle Dresden und vielen anderen Stars der internationalen Musikszene in HD-Qualität und mit Surround Sound: Im Fernsehen… I mpr e ss u m Bildn ac h w e is e Charles Dutoit: Matthias Creutziger; Orchestra Hall Chicago: Chicago Symphony Orchestra; Yuja Wang: Felix Broede; »Die große Welle«: de.wikipedia.org; alle übrigen Abbildungen: Archiv der Sächsischen Staatsoper Dresden Sächsische Staatsoper Dresden Intendantin Dr. Ulrike Hessler Spielzeit 2011|2012 Herausgegeben von der Intendanz © November 2011 R e da k t ion T e x t n ac h w e is e UNITEL CLASSICA ist der weltweite Fernsehsender für klassische Musik. In Deutschland können Sie UNITEL CLASSICA in HD-Qualität und mit Surround Sound über Telekom Entertain, Unitymedia, Kabel BW und NetCologne sowie in gewohnter Fernsehqualität über Sky empfangen. ...und auf CD, DVD & Blu-ray Wolfgang Stähr schrieb seinen Text für die Programmhefte der Münchner Philharmo­ niker. Die Texte von Dr. Michael Kube sind Originalbeiträge für dieses Programmheft. Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. Tobias Niederschlag G e s t a lt u ng u nd L ay o u t schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. D r u ck Silvesterkonzert 2010 Renée Fleming Christopher Maltman (DVD & CD) Beethoven: Missa solemnis Requiem-Konzert 2010 (DVD & Blu-ray) ab 14.10.2011 im Handel ab 11.11.2011 im Handel Brahms: Klavierkonzert Nr. 1 Maurizio Pollini (CD) Adventskonzert aus der Dresdner Frauenkirche Vittorio Grigolo (DVD, Blu-ray & CD) Union Druckerei Dresden GmbH An z e ig e n v e r t ri e b Keck & Krellmann Werbeagentur GmbH i.A. der Moderne Zeiten Medien GmbH Telefon: 0351/25 00 670 e-Mail: [email protected] www.kulturwerbung-dresden.de 30 w w w. sta at sk a pe ll e-dr esde n.de Erfahren Sie mehr zum Abonnement und den CD, DVD- und Blu-ray-Veröffentlichungen von UNITEL CLASSICA unter: www.unitelclassica.com UNITEL CLASSICA können Sie in folgenden Ländern empfangen: Deutschland, Österreich, Schweiz, Bulgarien, Tschechische Republik, Frankreich, Italien, Luxemburg, Slowakei, Spanien, Malta, Japan, Korea, Taiwan, Südafrika. 4 MF